In der Magisterarbeit wird untersucht, wie die Unsagbarkeit, die ein Krieg mit sich bringt, literarisch verarbeitet werden kann. Dafür werden die Texte des österreichischen Schriftstellers und Dichters Peter Handke analysiert, die die Konflikte auf dem Balkan Ende des 20. Jahrhunderts thematisieren. Es handelt sich dabei um sechs Bücher aus den Jahren 1986 bis 2003, deren Genre mit den Worten „essayistische Reiseberichte und märchenhaftes Theaterstück wohl am besten beschrieben werden können: "Die
Wiederholung", "Noch einmal für Thukydides" (1992), der Sammelband mit den drei Beiträgen für die „Süddeutsche Zeitung“: "Abschied des Träumers vom Neunten Land. Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien. Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen Reise", "Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg (1999)", "Unter Tränen fragend. Nachträgliche Aufzeichnungen von zwei Jugoslawien-Durchquerungen im Krieg, März und April 1999" (2000) und schließlich "Rund um das große Tribunal" (2003). Besonders auffällig bei der Lektüre dieser Texte ist für die Verfasserin dieser Arbeit, dass in ihnen eine andere Art von Sprache herrscht – anders als die Sprache der Medienberichterstattungen über den
Jugoslawienkrieg4 und anders als eine Sprache, die in den politischen Texten zum Balkankonflikt herrscht.
Auch die für Peter Handke evidente Problematik des Bilderverbots und der eigene Anspruch, arabesk und in Kleinstbildern zu erzählen, ist ein signifikanter Teil der vom Erzähler „codierten“ Meinungsäußerung gegen die westliche Medienlandschaft.
Das Vorhaben dieser Arbeit erwuchs dem Seminar „Diskursivierung des Balkan“. In diesem sollte besonders die Fragestellung beleuchtet werden, wie west- und osteuropäische literarische Werke über den Balkan sprechen. Hier ist der Balkan kein spezifisch explizierter, sondern meist eher ein trivialisierter
geografischer Ort. In der Literatur, so auch bei Peter Handke, dient er oft als rhetorisch geformtes „Irgendwo“, das bestimmte unerlaubte Themen der Politik, Religion oder Moral visualisierbar macht.
Verminderte logische Strukturen in der Sprache kennzeichnen diesen Diskurs. Der Balkan wird durch unterschiedliche Verfahren, wie durch die Arabeske, das Oxymoron oder völlige Abwendungen vom Text, z.B. durch das Verschweigen zum literarischen Ort der Abwesenheit.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- II. Theoretische Vorüberlegungen
- III. Forschungsgrundlagen
- IV. Die Unsagbarkeit in Peter Handkes Prosa aus theologischer Sicht
- IV.1 Direkter und indirekter Ausdruck des Numinosen nach Rudolf Otto – die Arabeske, das Dunkel und das Schweigen
- IV.2 Strategien der Negativen Theologie und Apophatik in Peter Handkes Prosa über den Jugoslawienkrieg
- IV.2.1 Politische Strategien der Negativen Theologie nach Jacques Derrida bei Peter Handke
- IV.2.2 Das Geheime als Träger der negativen Rede
- IV.2.3 Die Erfindung als Methode, Unsagbares zu sagen
- IV.2.4 Die Metaphorik der Unsagbarkeit
- IV.2.5 Der Ort in der negativen Rede
- IV.3 Religiöse Sprache in den Jugoslawien-Texten Handkes – Innovation und „investiertes Schweigen“
- IV.4 Irreligiöse Sprachen des Unsagbaren - Peter Handkes arabeske Miniaturbilder als negative Redeweise
- IV.5 Tropen und Figuren der Unsagbarkeit und Negativität – Apostrophe, Personifikation, Metapher
- IV.6 Durch das Symbol vom Unsagbaren sprechen
- IV.6.1 Grenz-Erfahrungen durch die Sprache bei Handke
- IV.6.2 Vielfältigkeit des Unsagbaren
- IV.7 Apophasis als Teil des Mystizismus und der Unsagbarkeit bei Peter Handke
- V. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Texte Peter Handkes, die sich mit den Sezessionskriegen auf dem Balkan Ende des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen. Sie untersucht die Sprache Handkes in Bezug auf die Unsagbarkeit des Krieges und die Schwierigkeit, die Ereignisse in Worte zu fassen. Ziel ist es, die literarischen Strategien zu analysieren, mit denen Handke dem Unsagbaren Ausdruck verleiht und die Komplexität des Konflikts erfahrbar macht.
- Die Unsagbarkeit des Krieges und die Suche nach einer angemessenen Sprache
- Die Rolle der negativen Theologie und Apophatik in Handkes Texten
- Die Bedeutung von Metaphorik und Symbolismus für die Darstellung des Unsagbaren
- Der Einfluss von Handkes Texten auf das Verständnis des Jugoslawienkriegs
- Die ästhetischen und ethischen Dimensionen von Handkes literarischem Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Kapitel I bietet eine Einleitung und stellt die Forschungsfrage sowie die wichtigsten Werke Peter Handkes vor, die für die Analyse relevant sind. Kapitel II beleuchtet die theoretischen Grundlagen der Arbeit und diskutiert die Konzepte der Unsagbarkeit, der negativen Theologie und der Apophatik. Kapitel III analysiert die Forschungsgrundlagen und beleuchtet die Bedeutung des Jugoslawienkriegs für die literarische Auseinandersetzung. Kapitel IV bildet den Kern der Arbeit und untersucht die Strategien der Unsagbarkeit in Peter Handkes Prosa anhand seiner Jugoslawien-Texte. Kapitel V fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen und bietet ein Resümee der wichtigsten Erkenntnisse.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Unsagbarkeit, negative Theologie, Apophatik, Jugoslawienkrieg, Peter Handke, Sprache, Literatur, Metaphorik, Symbolismus, ästhetische und ethische Dimensionen.
- Arbeit zitieren
- Katrin Saalbach (Autor:in), 2007, Das Unsagbare sagen: Peter Handke und der Krieg im ehemaligen Jugoslawien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147487