Elisabeth I. Tudor - Die „jungfräuliche Königin“


Fachbuch, 2010

48 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst

Elisabeth I. Tudor

Die „jungfräuliche Königin“

Englands bedeutendste Königin des 16. Jahrhunderts war Elisabeth I. Tudor (1533–1603), genannt „Gloriana“, die glorreiche Königin. Aufgrund der Blüte von Schifffahrt, Handel und Kultur heißt ihre Regierungszeit von 1558 bis 1603 „Elisabethanisches Zeitalter“ oder „Goldenes Zeitalter Englands“. Die Herrscherin blieb unverheiratet und kinderlos, weswegen man sie als „the Virgin Queen“ („jungfräuliche Königin“) bezeichnete. Darauf beruht der 1584 geprägte Name Virginia für die erste englische Kolonie in Nordamerika.

Elisabeth I. Tudor kam am 7. September 1533 im königlichen Palast zu Greenwich (London) als Tochter von König Heinrich VIII. (1491–1547) und dessen zweiter Frau, Anna Boleyn (1507–1536), zur Welt. Da damals nur ein männlicher Erbe eine Garantie für die Stabilität der Staatsmacht darstellte, reagierte der Vater gar nicht erfreut, sondern zornig und enttäuscht.

Noch bevor Elisabeth ihr drittes Lebensjahr vollendete, wurde ihre Mutter unter der offensichtlich fadenscheinigen Anklage des Ehebruches in den Londoner Tower gebracht und dort am 19. Mai 1536 enthauptet. Heinrich VIII. erklärte im selben Jahr seine Ehe mit Anna Boleyn im Nachhinein für ungültig und die daraus hervorgegangene Tochter für illegitim.

Elisabeth musste den königlichen Hof verlassen und wuchs in Hatfield House auf. Kurz nach der Hinrichtung seiner zweiten Frau gab Heinrich VIII. am 30. Mai 1536 seiner dritten Gattin, Johanna (Jane) Seymour (um 1509–1537), das Jawort, die ihm am 12. Oktober 1537 endlich den sehnlichst erwarteten Sohn, Eduard VI. (1537–1553), schenkte.

Elisabeth war seit der Geburt des Thronfolgers schlagartig nahezu bedeutungslos, sie erhielt aber eine Erziehung wie die Söhne von höhergestellten Persönlichkeiten. Unter Anleitung des Humanisten Roger Ascham (1515–1568) aus Cambridge studierte sie klassische Literatur, Rhetorik, Geschichte, Moralphilosophie sowie die italienische, französische, griechische und lateinische Sprache. Außerdem lernte sie Singen, Tanzen und Musizieren.

Dank der Fürsprache von Katherine Parr (1512–1548), seit 1543 sechste und letzte Gattin Heinrichs VIII., wurde Elisabeth am königlichen Hof wieder aufgenommen. 1544 ließ man Elisabeth durch Parlamentsbeschluss — hinter ihren Halbgeschwistern, Eduard VI. (1537–1553) und Maria I. Tudor (1516–1558), – zur Thronfolge zu. Als König Heinrich VIII. am 28. Januar 1547 starb, folgte ihm der zehnjährige kränkelnde Eduard am 20. Februar 1547 auf den Thron.

Am 26. Februar 1547 schrieb der Lord Admiral Thomas Seymour (1508–1549) der jungen Prinzessin Elisabeth einen Heiratsantrag, den diese am Tag darauf abschlägig beantwortete. Daraufhin verlobte sich Seymour mit Elisabeths Gönnerin, Katharina Parr, und vermählte sich mit ihr Ende Mai 1547. Katharina Parr starb – wenige Tage nach Geburt einer Tochter – am 5. September 1548 am Kindbettfieber.

Am 16. Januar 1549 wurde Thomas Seymour festgenommen und angeklagt, er wolle Elisabeth heiraten und gemeinsam mit ihr den Thron erobern. Bei Verhören blieb Elisabeth souverän, auch dann als man ihr berichtete, Seymour sei am 20. März 1549 hingerichtet worden.

Für den minderjährigen Eduard VI. Tudor regierte sein Onkel Eduard Seymour (um 1500–1552), Earl of Hertford, ab 1547 Herzog von Somerset. Er war der Bruder von Königin Johanna Seymour und Schwager Heinrichs VIII. Durch außenpolitische Misserfolge und eine bauernfreundliche Sozialpolitik brachte er den Adel gegen sich auf. Am 22. Januar 1552 wurde Seymour wegen Hochverrats in London hingerichtet.

Als John Dudley, Herzog von Northumberland (1502–1553), das Haupt des Regentschaftsrates, das Ende des todkranken Königs Eduard VI. nahen sah, vermählte er am 21. Mai 1553 seinen Sohn Guilford Dudley (um 1530–1554) mit Jane Grey (1537–1554), einer Urenkelin Heinrichs VII. (1457–1509). Den jungen König überredete er dazu, seine Stiefschwestern Maria und Elisabeth von der Thronfolge auszuschließen.

Eduard VI. starb am 6. Juli 1553 im Alter von nur 15 Jahren. Nach seinem Tod wurde Jane Grey am 10. Juli 1553 zur Königin von England ausgerufen. Doch Maria I. Tudor, die Tochter Heinrichs VIII. und dessen erster Frau, Katharina von Aragonien (1485–1536), sammelte nach der Krönung ein Heer und zog in London ein. Neun Tage nach ihrer Thronbesteigung warf man Jane Grey und ihren Gatten in den Kerker. Beide wurden am 12. Februar 1554 in London hingerichtet.

Am 20. Juli 1553 bestieg Maria I. Tudor den englischen Thron, und am 30. Oktober jenes Jahres wurde sie gekrönt. Sie hatte eine freudlose Kindheit erlebt, da sie nach der Wiederverheiratung ihres Vaters 1536 für illegitim erklärt wurde und – als Bastard abgestempelt – getrennt von ihrer Mutter aufwuchs. Maria heiratete am 25. Juli 1554 den katholischen Thronfolger Philipp II. von Spanien (1527–1598), dessen erste Frau, die Infantin Maria von Portugal, 1545 gestorben war.

Gleich zu Beginn ihrer Herrschaft ergriff Maria I. Tudor – später „Maria die Katholische“ oder „Maria die Blutige“ („Bloody Mary“) genannt – strenge Maßnahmen zur Rekatholisierung von England. Aus Unzufriedenheit über die Wiedereinführung des Katholizismus in ihrem Land sowie über die Ehe mit dem unpopulären und erzkatholischen Philipp hoffte die Bevölkerung auf einen protestantischen Retter. Dabei fiel das Augenmerk auf die junge Prinzessin Elisabeth, die damit in große Gefahr geriet.

Nach der gescheiterten Rebellion von Sir Thomas Wyatt dem Jüngeren (um 1521–1554) im Januar 1554 wurde Elisabeth unter dem Verdacht der Komplizenschaft festgenommen und in den Tower geworfen. In langen Verhören beteuerte sie ihre Loyalität gegenüber ihrer königlichen Halbschwester Maria I. Tudor und ihre Anhängerschaft zum katholischen Glauben. Am 19. Mai 1554 durfte Elisabeth den Tower wieder verlassen, wurde aber in Woodstock unter Hausarrest gestellt.

Nach der Abdankung seines Vaters Kaiser Karl V. (1500–1558) im Jahre 1556 wurde Maria I. Tudors Gatte zum König von Spanien gekrönt, blieb jedoch bis 1558 in England. Am 17. November 1558 erlag die kinderlose und von ihrem Mann verlassene Maria I. Tudor ihrem Krebsleiden. Man bestattete sie am 14. Dezember 1558 in der Westminster Abbey, der Grabkirche vieler Könige.

Die 25-jährige Elisabeth I. wurde am 15. Januar 1559 in der Westminster Abbey zur Königin von England gekrönt. König Heinrich II. von Frankreich (1519–1559) bezichtigte sie als Thronräuberin (Usurpatorin) und ließ seine Schwiegertochter Maria Stuart (1542–1587), die Königin von Schottland, zur Königin von England ausrufen.

Elisabeth I. schloss am 12. März 1559 Frieden mit Frankreich. Mit Hilfe von William Cecil Baron Burghley (1520–1598), dem sie die Leitung der britischen Politik anvertraute, und gestützt auf eine solide Finanzpolitik, stellte sie eine starke Krongewalt her.

An einer Verbindung mit der jungen englischen Königin zeigten bald zahlreiche europäische Prinzen Interesse. Zu ihren Freiern gehörten König Philipp II. von Spanien, der Elisabeth I. als Persönlichkeit „voller Zauber und so strahlend wie ein Meeresfeuer“ rühmte, Erzherzog Karl von Österreich (1540–1590), Herzog Heinrich von Anjou (1551–1589), Erik XIV. von Schweden (1533–1577) und der spätere russische Zar Ivan IV. „Der Schreckliche“ (1530–1584).

Elisabeth I. entschied sich für keinen ihrer Bewerber. Ihr Herz gehörte ab 1559 ihrem verheirateten Oberstallmeister Robert Dudley (1532/1533–1588), dem Sohn von John Dudley, Herzog von Northumberland. Er war ständig in Nähe der Königin anzutreffen, und man behauptete sogar, Elisabeth erwarte ein Kind von ihm.

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Details

Titel
Elisabeth I. Tudor - Die „jungfräuliche Königin“
Veranstaltung
-
Autor
Jahr
2010
Seiten
48
Katalognummer
V147546
ISBN (eBook)
9783640574971
ISBN (Buch)
9783640575022
Dateigröße
4667 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Elisabeth I. Tudor, Hernrich VIII. Tudor, England, Könginnen, Maria I. Tudor, Katharina von Aragon, Johannes Seymour, Anna von Kleve, Katzarina Howward, Katharina Parr, Heinrich VIII. Tudor, Königinnen, Anna Boleyn, Ernst Probst
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2010, Elisabeth I. Tudor - Die „jungfräuliche Königin“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147546

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