Die vorliegende Seminararbeit geht den Widerlegungen der – nach Kant – drei möglichen Gottesbeweisarten auf den Grund. Liegt allen Dreien dasselbe Moment zu Grunde, das sie zu Fall bringt? Ich behaupte, dass dem so ist und werde dies begründen, indem ich den Kern der Widerlegungsstrategie Kants bei allen drei Gottesbeweisarten freilege.
Die systematisch-argumentative Widerlegung der Gottesbeweise durch Kant vollzieht sich im dritten und letzten Teil der transzendentalen Dialektik. Dieses Kapitel, das sich in sieben Abschnitte unterteilt, von denen drei auf die direkte Abhandlung der Widerlegung der drei Gottesbeweise entfallen, handelt von dem Ideal der reinen Vernunft. Gott, als der Frage nach dem Urwesen, stellt traditionell den Schlussstein und die Krönung aller menschlichen Erkenntnis dar. Somit wird der Beschäftigung mit ihm unter allen metaphysischen Themen ein Vorrang eingeräumt. Es passt also ins Bild, wenn Kant nach der Dekonstruktion der großen Themen der überkommenen Metaphysik im zweiten Hauptstück des zweiten Buch der Kritik der reinen Vernunft jenes Thema ans Ende und somit als Höhepunkt der transzendentalen Dialektik setzt. Zwar liegt bereits mit der vierten kosmologischen Antinomie der reinen Vernunft eine Demonstration der Unmöglichkeit eines Beweises Gottes vor, doch erhält dieses Thema durch die Bezeichnung „Ideal der reinen Vernunft“ eine neue Dignität. Im Zentrum steht hier, dass sich der Gottesbeweis als die Folge des natürlichen Ganges der reinen Vernunft ergibt, wenn eben jene die existierenden Gegenstände in ihrer Einheit oder Zweckmäßigkeit zu denken versucht. Die reine Vernunft versucht also jenseits der gänzlich bedingten phänomenalen Welt das Unbedingte zu erfassen. Diese Versuche der reinen Vernunft den Schritt vom Bedingten zum Unbedingten hin zu vollziehen wird innerhalb des – ins Blickfeld dieser Arbeit gestellten – Kapitels „Ideal der reinen Vernunft“ nachgezeichnet und sein Scheitern aufgezeigt.
Im Zentrum dieser Seminararbeit stehen die einzelnen Gottesbeweisarten und ihre Widerlegung. Jeder der erwähnten Textabschnitte der "Kritik der reinen Vernunft" rückt nur soweit ins Interesse der Betrachtung, wie er Begriffe enthält, die für die Erhellung der vorgenommenen Untersuchung unabdingbar sind. Es kommt zu der Klärung von Schlüsselbegriffen wie: „Ideal“, „durchgängige Bestimmung“ und „allerrealstes Wesen“, um nur einige an dieser Stelle anzuführen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Kants Gottesbegriff
- Der natürliche Gang der menschlichen Vernunft
- Der ontologische Gottesbeweis
- Der kosmologische Gottesbeweis
- Der physikotheologische Gottesbeweis
- Schlussteil
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit Kants Kritik der Gottesbeweise und untersucht, ob allen drei möglichen Gottesbeweisarten dasselbe Moment zugrunde liegt, das sie zum Scheitern bringt. Die Arbeit analysiert die Widerlegungsstrategie Kants und zeigt auf, wie er die Unmöglichkeit eines Beweises der Existenz Gottes allein aus spekulativer Vernunft heraus argumentiert.
- Kants Gottesbegriff und seine Beziehung zu den Kategorien, Ideen und Idealen
- Der natürliche Gang der menschlichen Vernunft und ihre Tendenz, das Unbedingte zu erfassen
- Die drei Gottesbeweisarten: ontologischer, kosmologischer und physikotheologischer Beweis
- Kants Widerlegungsargumente für die drei Gottesbeweisarten
- Die Rolle des „Ideals“ in Kants Kritik der reinen Vernunft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Ausgangsthese der Arbeit vor und führt in die Thematik der Gottesbeweise ein. Sie beleuchtet Kants Kritik an der Existenz eines Gegenstandes, der mit einem Begriff vollständig kongruiert, und argumentiert, dass die Existenz eines Gegenstandes über die einzelnen Bestimmungen des Begriffs hinausgeht. Die Einleitung führt den Leser in die Argumentationslinie der Arbeit ein und stellt die zentrale Frage nach der Unmöglichkeit eines Beweises Gottes aus spekulativer Vernunft heraus.
Der Hauptteil der Arbeit widmet sich zunächst der Klärung von Kants Gottesbegriff. Er beleuchtet die Beziehung zwischen Kategorien, Ideen und Idealen und zeigt, wie das „Ideal“ als ein durch Ideen bestimmtes Ding am weitesten von der objektiven Realität entfernt ist. Der Hauptteil untersucht anschließend den natürlichen Gang der menschlichen Vernunft und ihre Tendenz, das Unbedingte zu erfassen. Er analysiert die drei Gottesbeweisarten – den ontologischen, kosmologischen und physikotheologischen Beweis – und erläutert Kants Widerlegungsargumente für jede dieser Beweisarten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Kants Gottesbeweiskritik, die Unmöglichkeit eines Beweises der Existenz Gottes aus spekulativer Vernunft heraus, die drei Gottesbeweisarten (ontologischer, kosmologischer, physikotheologischer Beweis), die transzendentale Dialektik, das Ideal der reinen Vernunft, Kategorien, Ideen, Ideale, der natürliche Gang der menschlichen Vernunft, das Unbedingte, die objektive Realität, die Widerlegungsstrategie Kants.
- Arbeit zitieren
- Hermann Sievers (Autor:in), 2007, Immanuel Kants Gottesbeweiskritik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147856