Heilung eines Aussätzigen, Exeges Lk 5,12-16


Seminararbeit, 2009

27 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

B Einleitung

C Hauptteil
1. Der Text
1.1. Die Übersetzung
1.2 Textkritik
2. Textanalyse
2.1. Kontextanalyse
2.2. Linguistische Analyse
2.3. Literarkritik
3. Formgeschichte
4. Traditions-/Motivgeschichte
5. Redaktionsgeschichte
6. Auswertung und Zusammenfassung

D Literaturverzeichnis

B Einleitung

Die vorliegende Seminararbeit befasst sich mit der Exegese der Perikope[1] Lukas 5, Vers 12-16. Diese, nach der Berufung Simons stehende Perikope handelt von der Heilung eines Aussätzigen durch Jesus. Als Textgrundlage für die Exegese dient die griechische Übersetzung von K. und B. Aland, da sich diese am ehesten in Wortwahl und Satzbau dem anzunehmenden Original nähert. Zuerst wird die Perikope übersetzt und mit Hilfe des kritischen Apparats ausgelegt und beurteilt. Das weitere Hauptaugenmerk der vorliegenden Exegese liegt dann auf der synchronen und diachronen Analyse der Perikope. Die synchrone Analyse beschäftigt sich einerseits mit der Kontext- und der linguistischen Analyse und andererseits mit dem synoptischen Vergleich. Arbeitsschritte in der diachronen Analyse sind die Untersuchung der Form- und der Traditionsgeschichte, sowie der religionsgeschichtliche Vergleich. Zum Schluss wird die Perikope redaktionsgeschichtlich analysiert, um die Ergebnisse im letzten Schritt noch einmal hervorzuheben und begründen zu können.

C Hauptteil

1. Der Text

12 Καὶ ἐγένετο ἐν τῷ εἶναι αὐτὸν ἐν μιᾷ τῶν πόλεων καὶ ἰδοὺ ἀνὴρ πλήρης λέπρας· ἰδὼν δὲ τὸν Ἰησοῦν, πεσὼν ἐπὶ πρόσωπον ἐδεήθη αὐτοῦ λέγων· κύριε, ἐὰν θέλῃς δύνασαί με καθαρίσαι. 13 καὶ ἐκτείνας τὴν χεῖρα ἥψατο αὐτοῦ λέγων· θέλω, καθαρίσθητι· καὶ εὐθέως ἡ λέπρα ἀπῆλθεν ἀπ᾽ αὐτοῦ. 14 καὶ αὐτὸς παρήγγειλεν αὐτῷ μηδενὶ εἰπεῖν, ἀλλὰ ἀπελθὼν δεῖξον σεαυτὸν τῷ ἱερεῖ καὶ προσένεγκε περὶ τοῦ καθαρισμοῦ σου καθὼς προσέταξεν Μωϋσῆς, εἰς μαρτύριον αὐτοῖς. 15 διήρχετο δὲ μᾶλλον ὁ λόγος περὶ αὐτοῦ, καὶ συνήρχοντο ὄχλοι πολλοὶ ἀκούειν καὶ θεραπεύεσθαι ἀπὸ τῶν ἀσθενειῶν αὐτῶν· 16 αὐτὸς δὲ ἦν ὑποχωρῶν ἐν ταῖς ἐρήμοις καὶ προσευχόμενος.[2]

1.1. Die Übersetzung

12 Und es geschah, als er in einer der Städte war, siehe, da war ein Mann voll von Aussatz. Als er aber Jesus sah, fiel er nieder auf sein Angesicht, bat ihn und sprach: Herr, wenn du willst, so kannst du mich reinigen!
13 Und er streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will, werde rein! Und sogleich wich der Aussatz von ihm.
14 Und er befahl ihm, niemand davon zu erzählen, sondern: Gehe hin, zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, wie Mose festgesetzt hat, ihnen zum Zeugnis!
15 Aber die Kunde von ihm breitete sich immer mehr aus; und viele Menschen kamen zusammen, zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden.
16 Er aber zog sich zurück an einsame Orte und betete.

1.2 Textkritik

„Die neutestamentliche Textkritik versucht, durch kritische Sichtung der überlieferten Handschriften dem nicht mehr vorhandenen Textbestand des Autographen (der originalen vom jeweiligen Verfasser autorisierten Textfassung) der neutestamentlichen Schriften rekonstruierend möglichst nahezu-kommen.“[3] Kurzgesagt versucht sie die Schreibweise und den Wortlaut eines Textes, die für den ursprünglichen Autor anzunehmen sind, festzustellen. Die Texterforschung erfolgt dabei über zwei Schritte, die äußere und innere Textkritik.

1.2.1. Äußere Textkritik

Die Aufgabe der äußeren Textkritik ist die Entschlüsselung des Apparats und die Beurteilung der verschiedenen Lesarten.[4] Die Dechiffrierung der zu bearbeitenden Perikope ist vollständig in der Anlage 1 am Ende dieser Arbeit beigefügt. Im Folgenden werden jedoch nur exemplarisch zwei Ergebnisse der äußeren Textkritik bewertet. Hierfür wird zuerst die Lesart „λέγων“ und ihre Variante „έὶπὼν“ in Vers 13 verwendet. Da es sich dabei um eine positive Lesart handelt, werden sowohl Zeugen des Textes aufgeführt, als auch Zeugen der Variantenlesart. „έὶπὼν“ wird überliefert von den Majuskeln Codex Alexandrinus (A 02), Ψ 044, von der Minuskelfamilie f1, sowie dem Mehrheitstext(M). Dem gegenüber steht die Textlesart „λέγων“ mit den Majuskeln Codex Sinaiticus (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 01), Vaticanus (B 03), Ephraemi Syri (C 04), Bezea Cantabrigiensis (D 05), L 019, Codex Freerianus (W 032), Codex Coridethianus (Θ 038), sowie der Minuskelfamilie f13 und den einzelnen Minuskeln 33, 579, 892, 1241. Auf den ersten Blick fällt sofort auf, dass die Textlesart mehr und qualitativ bessere Zeugen vorweist. Sie hat mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 01, B 03, C 04, W 032 sowohl die ältesten Zeugen auf seiner Seite, als auch, die an unterschiedlichen Orten (Alexandria, Cäsarea und der Westen) verteiltesten. Im Gegensatz zur Variante „έὶπὼν“ mit den schwachen Kategorien drei (A 02, f1) bis fünf (M) und nur einer guten (Ψ 044) Ausnahme, weist „λέγων“ viele starken Zeugen mit sehr guten (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 01, B 03, 33) bis guten (C 04, L 019, Θ 038, 579, 892) Kategorien auf. Allein schon wegen der Qualität der Zeugen fällt hier die Entscheidung auf die Variante, die der Text verwendet. Als zweites Beispiel wird ebenfalls in Vers 15 ein positiver Apparat ausgewertet. Hier gestaltet sich die Entscheidung schon schwieriger, da sowohl die Textlesart „Auslassung von ὑπ᾽ αὐτοῦ“, als auch die Variantenlesart „ὑπ᾽ αὐτοῦ“ viele unterschiedliche Zeugen aufweisen können. Deshalb wird der Blick ins Detail geworfen und die Varianten genau auf Alter, Kategorie und Ursprungsort untersucht.[5] „ὑπ᾽ αὐτοῦ“ hat nicht nur eher jüngere Zeugen (4.-9.Jh), sondern auch viele Textzeugen, die an unterschiedlichen Orten vorhanden waren (Cäsarea, Byzanz und Alexandria), unter anderem und des Weiteren hat es mehrere Zeugen mit guten (C 04, Ψ 044 Θ 038) und sehr guten (33) Kategorien. Auf der anderen Seite kann die Textlesart ebenfalls all diese Merkmale vorweisen und sie sogar noch „überbieten“. Bei den Textzeugen hat sie erstens mehrere, an unterschiedlichen Orten (Alexandria, Cäsarea und im Westen), zweitens mehrere, die sehr alt sind (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 01, B 03, C04, D05) und drittens viele verschiedene Zeugen, d.h. nicht nur Majuskeln und Minuskeln, sondern auch lateinische und koptische Textzeugen. Am auffälligsten sind jedoch die guten Kategorien der Textzeugen[6], die diese Lesart vorweisen kann. Somit ist die Textlesart auch in diesem Fall besser belegt als die Variantenlesart und die Entscheidung kann nur auf die Auslassung von „ὑπ᾽ αὐτοῦ“ fallen.

1.2.2. Innere Textkritik

„Bei diesem Schritt geht es um die Frage, welche Lesart aufgrund innerer Kriterien die ursprüng-lichere ist.“[7] Dabei wird versucht den vorliegenden Text inhaltlich zu bewerten und die gegenseitige Abhängigkeit der einzelnen Varianten voneinander zu erklären. Für diese Untersuchung wird die Textlesart „ἰδὼν δὲ“ in Vers 12 herangenommen, da sie die meisten Varianten aufweist. Deutlich ist, dass auch hier die Textlesart die ältesten Zeugen besitzt und darüber hinaus zwei Zeugen der Kategorie 1 (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten 01, B 03). Das bedeutet, dass gemessen an äußeren Kriterien die Textlesart auch die ursprünglichere ist. Geht man nun weiter und fragt nach den inneren Kriterien, richtet man seinen Blick zuerst auf die kürzeste Lesart, weil man davon ausgeht, dass die Texte im Laufe der Zeit eher erweitert als gekürzt worden sind. Hier ist dies sowohl die Textlesart „ἰδὼν δὲ“, als auch die 1. Variante „δὲ ἰδὼν“ gleich lang, da es sich ja nur um eine Umstellung der Wörter handelt. In diesem Fall kann vermutet werden, dass den Abschreibern des ursprünglichen Textes die Wortstellung wohl nicht gefallen hat. Die zweite Lesart „καὶ ἰδὼν“ weist zudem noch eine weitere Veränderung auf, statt „δὲ“ steht „καὶ“. Da man am Anfang bei der äußeren Textkritik davon ausgegangen ist, dass die Textlesart die älteste ist, stellt diese Variante wiederum eine absichtliche Änderung dar. Der Autor benutzt hier nicht „aber“, sonder „und“ mit der Absicht dem Text einen harmonischeren Fluss zu geben. Syntaktisch gesehen deutet „aber“ immer auf einen kleinen Bruch oder Einschnitt im Text, diesen der Autor hier wohl vermeiden wollte. Am außergewöhnlichsten ist jedoch die dritte Variante, da sie sowohl auf der zweiten Lesart aufbaut, als auch ein neues Wort „πρόσελθὼν“ hinzufügt. Blickt man auf die Entstehungszeit der zweiten (5.-9.Jh.) und dritten (9./10.Jh) Variantenlesart, kann es gut sein, dass der Autor der dritten Variante die zweite „καὶ ἰδὼν“ verwendet und darüber hinaus noch ausgebaut hat. Er verwendet, wie der Verfasser des Matthäusevangeliums in Mt 8,2, „πρόσελθὼν“ als Streckung des verkürzten Satzbaues. Nach dem Erkennen Jesus geht der Aussätzige auf ihn zu und fällt nicht an Ort und Stelle auf sein Angesicht. Die Erzählung wird mit dem Verb „πρόσελθὼν“ logischer und einfacher dargestellt. Zusammenfassend lässt sich nun sagen, dass man bei diesem Vers auf Grund von äußeren und inneren Textkriterien von der lectio brevior ausgehen kann und alle nachfolgenden Varianten auf dieser aufbauen.

2. Textanalyse

2.1. Kontextanalyse

Bei der exegetischen Betrachtung von Perikopen ist es wichtig, eine eigenständige Sinneinheit innerhalb des Gesamttextes zu finden und diese zu den vorangehenden und nachfolgenden Einheiten abzugrenzen. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die ausgewählte Textstelle immer ein Bestandteil der Gesamtkomposition Bibel ist und daher immer nur von der Struktur des Gesamt-textes her gesehen und gedeutet werden darf.[8] Um dieser Prämisse gerecht zu werden, wird die Textpassage im Folgenden in einem ersten Schritt als eigenständige Sinneinheit herausgestellt und in einem zweiten Schritt dann in den Gesamtkontext eingeordnet.

Kontextabgrenzung

Die betrachtete Perikope umfasst die Verse 12-16 des Fünften Kapitels des Lukasevangeliums. In den vorangehenden Teilen dieses Evangeliums wird beschrieben, wie Jesus in den Synagoge in Kapernaum und in den umliegenden Gebieten Galiläas lehrt und heilt (vgl. Lk, 4,16-44). Im Unterschied zu Markus fügt Lukas jedoch vor der Heilung des Aussätzigen noch die Berufung des Levi ein (vgl. Lk 5,1-11). Die Perikope selbst beginnt mit einer eher unkonkreten Ortsangabe, daher ist es nicht sicher an welchem Ort des See Gennesarets Jesus den Aussätzigen heilt. In Vers 12 lautet es ,,Und es geschah, als er in einer der Städte war [...]". Somit sind verschiedene Ortschaften als möglich anzusehen. Wiefel bringt diese unbestimmte Ortsangabe mit Lk 4,44 in Verbindung[9]. Konform zur fehlenden Angabe des Ortes gibt es in der gesamten Perikope keine explizite Zeitangabe. Die letzte Zeitangabe stammt aus der Perikope, wo Jesus in Kapernaum lehrte, in Lk 4,42 „(a)ls es aber Tag wurde […]. Die nächste Zeitangabe erfolgt erst wieder in der darauffolgenden Perikope. So heißt es in 5,17 des Lukasevangeliums, „ (u)nd es begas sich eines Tages, als er lehrte […]". Diese Angabe setzt keinen genauen zeitlichen Rahmen für die Heilung des Aussätzigen, sondern gibt nur an, dass einige Tage vergangen sind seitdem Jesus in Kapitel 4 Kapernaum verlassen hat. Des Weiteren ändert sich in Vers 12 die Personenkonstellation. In den vorhergehenden Versen wurden Jesus, Petrus und die Söhne des Zebedäus erwähnt, was sich aber in der zu untersuchenden Perikope ändert. Nun tritt ein Aussätziger auf, der von Jesus geheilt wird. Diese Personenkonstellation wechselt wieder ab Vers 17, wo zum ersten Mal Pharisäer und Schriftgelehrte auftauchen. Somit können die Verse 12-16 auch unter Betrachtung der handelnden Personen als eigenständige Perikope betrachtet werden. Schließlich vollzieht sich in dieser Perikope auch ein Gattungswechsel im Unterschied zur Berufung des Levi in Vers 1-11. Im Gegensatz zu der Heilung des Aussätzigen, wird in der vorhergehenden Perikope von einem Wunder erzählt, dass nicht explizit an einer Person statuiert wird, sondern an mehreren Fischern. Somit werden die Verse 12-16 nochmals als eigene Sinneinheit bekräftigt.

[...]


[1] Im weiteren Verlauf der Arbeit ist mit Perikope, sofern nichts anderes benannt ist, immer die Perikope Lk 5,12-16 gemeint.

[2] Aland, K. u.a. (Hg.)., Novum Testamentum Greace.

[3] Roloff, Neues Testament, §1.

[4] Roloff, Neues Testament, §1.

[5] Die genaue Auswertung des Apparats befindet sich in Anlage 1.

[6] siehe Anlage 1, S.2.

[7] Schnelle/Strecker, Einführung, S.38.

[8] Strecker/Schnelle, Einführung, Kap.4.

[9] Vgl. Wiefel, Evangelium nach Lukas, S.215.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Heilung eines Aussätzigen, Exeges Lk 5,12-16
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Evangelisch-Theologische Fakultät)
Veranstaltung
Einführung in exegetisches Arbeiten
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
27
Katalognummer
V147895
ISBN (eBook)
9783640579464
ISBN (Buch)
9783640578924
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Proseminararbeit, Mk 1:40-45, Mt 8;2-4, Textkritik, Textanalyse, Redaktionskritik
Arbeit zitieren
Julia Gleich (Autor:in), 2009, Heilung eines Aussätzigen, Exeges Lk 5,12-16, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147895

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