König Antiochos I. (ca. 70 – 36 v. Chr.) war der bedeutendste Herrscher von Kommagene, einem kleinen Gebiet zwischen dem Westufer des Euphrat und den Süd-Ost-Hängen des Tauros in der heutigen Türkei. In einer Zeit voller Umbrüche in der gesamten hellenistischen Staatenwelt schuf er einen Religionskult, der sich durch einen eindrucksvollen Göttersynkretismus aus griechischen und persischen Elementen auszeichnet. Innerhalb dieses Kultes stellte er seine eigene Person ins Zentrum und ließ sich schon zu Lebzeiten als Gott verehren (vgl. u.a. Duchesne-Guillemin 1984; Wagner 2000).
Die Art und Weise, wie er sein Programm aufzog und durchzusetzen versuchte, war gigantisch. Anhand kolossaler Statuen, die selbst heute noch nicht allein durch ihre Größe sondern auch durch ihre feine, individuelle Gestaltung imponieren, und großer Kultinschriften, die detaillierte Informationen über die Kultpraktiken geben, lässt sich viel über kommagenische Kultur, Kunst und Tradition herausfinden. Bei Betrachtung der Bild- und Schriftzeugnisse fragt man sich jedoch automatisch, welchen Sinn Antiochos I. mit seinem Mammutprojekt verfolgte. Denn es scheint kaum in einem angemessenen Verhältnis zur geringen Größe seines Königreiches zu stehen. Somit ist die Frage durchaus berechtigt, ob Antiochos eventuell ein Wahnsinniger war, der sich durch die Skulpturen und Reliefs schlichtweg verewigen wollte. In diesem Fall ist der Herrscherkult nur reiner Selbstzweck. Andererseits muss auch der politische Kontext Kommagenes miteinbezogen werden, um zu klären, ob sich der Herrscherkult eventuell als Reaktion auf außen- oder innenpolitische Probleme entwickelte. Zur Beantwortung der Leitfrage wird zum einen die berühmte Kultinschrift vom Nemrud Dağı und zum anderen die erst 1974 entdeckte Stele von Sofraz Köy herangezogen. Des weiteren werden neben dem Quellenmaterial auch Arbeiten von Jörg Wagner, Wolfram Hoepfner und andern Berücksichtigung finden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Herrscher- und Götterkult Antiochos' I.
- Charakteristische Merkmale des Königskultes
- Das Synkretismusprogramm Antiochos' I.
- Der Allgötterkult im Kontext politischer Konflikte
- Außen- und innenpolitische Situation Kommagenes
- Wandel des Herrscherkultes: Nemrud Dağı und Sofraz Köy
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem synkretistischen Allgötterkult des Antiochos I. von Kommagene, einem kleinen Gebiet zwischen dem Euphrat und dem Taurusgebirge in der heutigen Türkei. Das Hauptziel ist es, die Hintergründe und Beweggründe für den außergewöhnlichen Herrscherkult zu beleuchten, der Antiochos' eigene Person in den Mittelpunkt stellte und ihn zu Lebzeiten als Gott verehrte.
- Die charakteristischen Merkmale des Königskultes Antiochos' I.
- Der synkretistische Charakter des Kultes, der griechische und persische Elemente vereint.
- Die politische Situation Kommagenes und die Rolle des Kultes im Kontext der Außen- und Innenpolitik.
- Die Bedeutung des Nemrud Dağı und der Stele von Sofraz Köy für das Verständnis des Herrscherkultes.
- Die Frage, ob der Herrscherkult ein Ausdruck von übermäßigem Repräsentationsbedürfnis oder ein Ausdruck religionspolitischen Kalküls war.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Herrscher Antiochos I. von Kommagene und seinen einzigartigen Religionskult vor. Das zweite Kapitel beschreibt die charakteristischen Merkmale des Königskultes, insbesondere die Verwendung von Dexiosis-Reliefs und die Anlage von Hierothesia und Temene. Der Synkretismus des Kultes wird anhand eines Reliefs am Nemrud Dağı erläutert.
Kapitel 3 beleuchtet den Allgötterkult im Kontext der politischen Situation Kommagenes. Es werden die außen- und innenpolitischen Herausforderungen des Königreichs skizziert. Zwei Kulttexte aus der Früh- und Spätphase der Regierungszeit Antiochos' I., die Inschrift vom Nemrud Dağı und die Stele von Sofraz Köy, werden untersucht und verglichen.
Schlüsselwörter
Antiochos I., Kommagene, Herrscherkult, Synkretismus, Religion, Politik, Nemrud Dağı, Sofraz Köy, Dexiosis, Hierothesia, Temene, griechische Kultur, persische Kultur.
- Quote paper
- Ines Hermeling (Author), 2006, Der synkretistische Allgötterkult Antiochos I. von Kommagene, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148325