Die postmoderne westliche Gesellschaft ist geprägt durch die voranschreitende Erosion
lange gewachsener Bezugssysteme in denen Menschen leben und die ihnen helfen ihre
Identität angemessen und mehr oder weniger selbstbestimmt auf- und auszubauen, die
Unterstützung und Schutz bieten und weitgehend die Basis für ein Leben in der
Gesellschaft darstellen. Gerade in den Metropolen westlicher Gesellschaften, aber nicht
nur dort, zeichnet sich eine zunehmend stärkere Atomisierung und Individualisierung der
Gesellschaft ab. Eine zweischneidige Entwicklung. Eröffnen sich dem Individuum auf der
einen Seite Möglichkeiten die es vorher schlicht nicht hatte weil ihm beispielsweise der
Zugang zu bestimmten Systemen fehlte oder vorenthalten wurde, so wird dem Einzelnen
auf der anderen Seite mehr Eigenverantwortung für seine, häufig auf Mikroebene gar nicht
allein lösbaren, Probleme überantwortet.
Insbesondere in der Sozialpolitik aber auch in der Öffentlichkeit selbst wird der Ruf nach
mehr Eigenverantwortung der Bürger laut. Die Begrenztheit staatlicher Ressourcen wird
gebetsmühlenartig skandiert und die Stimmung gegenüber (wirtschaftlich) Benachteiligten
immer gereizter. Unterstrichen wird dieser Kreislauf durch die Forderung nach mehr
Leistung des Einzelnen, immer im Sinne der stets zu optimierenden Konkurrenzfähigkeit
im Zeitalter der Globalisierung. Die traditionell sozialstaatliche Unterstützung gerät unter
Druck.
Im Bereich der Sozialpolitik tobt seit langem ein bizarrer Diskurs in dem versucht wird
Verantwortung zunehmend an Systeme zurückzugeben die allenfalls noch nostalgischen
Wert haben, als Lebensentwürfe einer Minderheit zu sehen sind und als tragender Pfeiler
einer individualistisch dominierten Solidargemeinschaft sicher ungeeignet sind. So wird
beispielsweise der Widerspruch und die missliche Lage der sog. „Keimzelle der
Gesellschaft“, der Familie, bei genauerem hinsehen mehr als deutlich. Familien sollen auf
der einen Seite zunehmend Verantwortung für ihre Mitglieder und deren soziale Notlagen
übernehmen (Kinder, Jugendliche, Alte, Kranke etc.). Auf der anderen Seite stellt die
klassische, jahrhundertelang gelebte und v.a. intergenerative Daseinsform der Familie seit
Jahrzehnten ein Auslaufmodell dar. Hinzu kommt ein kontinuierlicher Rückgang der
Geburten in westlichen Industrienationen sowie eine zunehmende Vergreisung der
Gesellschaften. Das Verhältnis zwischen Leistungsfähigen und Bedürftigen in diesen
Mikrosystemen steht auf dem Kopf.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Bedeutung sozialer Netzwerke für die menschliche Entwicklung
- Ausbildung der Identität
- Ebene der situativen Selbstthematisierung
- Ebene der Teilidentitäten
- Ebene der Metaidentität
- Anerkennung und soziale Netzwerke
- Menschen in psychosozialen Notlagen und Prozesse der Identitätsbildung
- Identitätsbildung, soziale Netzwerke und professionelle psychosoziale Versorgung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studienarbeit befasst sich mit der Bedeutung sozialer Netzwerke für die menschliche Entwicklung, insbesondere im Kontext der Identitätsbildung und der psychosozialen Versorgung. Sie analysiert die Rolle von Netzwerken für die Entwicklung der Identität und die Auswirkungen von professioneller Hilfe auf die Struktur der Netzwerke von psychisch erkrankten Menschen.
- Die Bedeutung sozialer Netzwerke für die menschliche Entwicklung und die Sozialisierung
- Die Auswirkungen von Deprivation und fehlenden Netzwerken auf die psychische Entwicklung
- Die Rolle von Netzwerken in der Identitätsbildung und die Herausforderungen der postmodernen Gesellschaft
- Die Folgen professioneller Hilfe für die Netzwerke psychisch erkrankter Menschen
- Die Bedeutung von Anerkennung und sozialer Unterstützung im Kontext von psychischen Erkrankungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die Problematik der Identitätsbildung in der postmodernen Gesellschaft dar und beleuchtet die Bedeutung sozialer Netzwerke in diesem Kontext.
- Kapitel 2 untersucht die Bedeutung sozialer Netzwerke für die menschliche Entwicklung und die Sozialisierung. Es werden Beispiele für die Folgen von Deprivation und fehlenden Netzwerken auf die psychische Entwicklung aufgezeigt.
- Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Ausbildung der Identität und analysiert die verschiedenen Ebenen der Selbstthematisierung, Teilidentitäten und Metaidentität.
- Kapitel 4 behandelt die Rolle von Anerkennung und sozialer Unterstützung in der Identitätsbildung.
- Kapitel 5 widmet sich den Herausforderungen der Identitätsbildung für Menschen in psychosozialen Notlagen.
- Kapitel 6 untersucht den Einfluss von professioneller psychosozialer Versorgung auf die Netzwerke psychisch erkrankter Menschen.
Schlüsselwörter
Identitätsbildung, soziale Netzwerke, psychosoziale Versorgung, Deprivation, Anerkennung, professionelle Hilfe, psychische Erkrankungen, Sozialisation, postmoderne Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Thomas Meinhart (Autor:in), 2008, Identitätsbildung, soziale Netzwerke und professionelle psychosoziale Versorgung , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148367