Die Kriegserklärung in Pleiers "Garel von dem blühenden Tal"

Eine Untersuchung über mögliche Funktionen der fiktionalen Fehdeansage für die Realität im 13. Jh.


Hausarbeit, 2000

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt:

1. Einstieg

2. Forschungsstand

3. Die Kriegserklärung im Garel und in der historischen Mediävistik
3.1. Verse 219 bis 296: Ankunft des Boten und Empfang am Königshof
3.2. Verse 297 bis 326: Aufkündigung des Friedens und Ankündigung des Krieges
3.3. Verse 327 bis 476: Reaktion des Königs und Verhandlung mit dem Boten
Exkurs: Ein Beispiel aus dem Jahr 1260: Ottokar II. gegen Bela IV. – die Schlacht
an der March bei Kroissenbrunn

4. Mögliche Funktionen der Kriegserklärung im Garel für die Realität

5. Schluß

Literaturverzeichnis

1. Einstieg

Der Artushof feiert wie jedes Jahr das Frühlingsfest in Lover vor der Stadt Dinazarun. In gewohnter Weise wird König Artus als milder und freigiebiger Herrscher charakterisiert. Auch einem fremden Ritter gegenüber muß er sein Versprechen einhalten, das zu geben, um was dieser bittet; der Fremde erhält wunschgemäß die Königin. Die besten Ritter der Tafelrunde machen sich auf die Verfolgung, um für Artus die Königin im Zweikampf zurückzugewinnen. Diese Eingangssituation ist aus Hartmanns Iwein bekannt, der Pleier nimmt das Thema fast unverändert wieder auf. Doch nun beginnt die eigentliche Handlung, der Held des Romans, Garel von dem blühenden Tal erscheint am Hof. Er will dem Entführer nachreiten, doch Artus bittet ihn zu bleiben. So wird Garel Zeuge einer Kriegserklärung eines riesenhaften Boten des Königs Ekunaver. Soweit der Einstieg in die Erzählung.[1]

Der Autor muß Strickers Daniel von dem blühenden Tal gekannt und die Absicht gehabt haben, sich von ihm zu distanzieren, denn im Gegensatz zu diesem Roman ist Garel ein korrekter arthurischer Name und das Erzählschema des Daniel wird in die werkübergreifende, gattungskonforme und dem Publikum bekannte Artuswelt eingebettet, indem z. B. der Pleier seine Erzählung in die Lücken von Hartmanns Iwein einfügt.[2] Diesen Unterschied machen Mertens mit den Bezeichnungen „die Re-Arthurisierung des Daniel“ und Kern mit „Der Garel als Anti- Daniel“ deutlich.[3]

Aber wann hat der Pleier den Roman geschrieben und an welchem Fürstenhof oder vor welchen Adligen hat er ihn vorgetragen? Mit diesen Fragen hängen zwei miteinander verknüpfte Interpretationsansätze zusammen. Hier die rezeptionsästhetische Untersuchung des Spannungsverhältnisses zwischen Erwartungshorizont des Publikums, Funktion des Erzählten und Intention des Erzählers (Interaktion von Autor und Zuhörer), dort die soziologisch-politische Fragestellung, ob der Autor auf zeitgeschichtliche Ereignisse Bezug nimmt, und sich in seinem Werk gesellschaftliche Verhältnisse widerspiegeln.

Mit vorliegender Arbeit versuche ich, zur Klärung dieser Fragen beizutragen. Da Pleiers Dichtung in der Forschung sehr umstritten ist und ob der bisher erfolglosen genauen Einordnung in Raum und Zeit die Wissenschaft sich auf viele Annahmen und Vermutungen stützen muß (siehe Kapitel 2), ist es schwierig, endgültige Antworten zu geben. Die für Artusromane ungewöhnliche Kriegserklärung im Garel dient als Ausgangspunkt meiner Überlegungen. In Kapitel drei wird die literarische Fehdeansage (Verse 219 bis 476)[4] mit Hilfe der in der mediävistischen Geschichtsforschung gesammelten Erkenntnisse über Fehden und Konfliktverhalten interpretiert. Als Beispiel für das 13. Jh. berichte ich in einem Exkurs von einer realen Auseinandersetzung zwischen Ottokar II., König von Böhmen, und Bela IV., König von Ungarn, um die Steiermark im Jahre 1260.[5] Auf eine direkte Gegenüberstellung der fiktionalen Fehde mit einer zeitgenössischen wird verzichtet, weil Quellen aus dem angenommenen Umfeld des Pleiers keine genügenden Vergleichsmomente liefern. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit den möglichen Funktionen der literarischen Fehde für die Realität. Dabei überschneiden sich in einigen Punkten die Ergebnisse der rezeptionsästhetischen Deutung mit denen der soziologisch-politischen.

2. Forschungsstand

Da über die Fehdeansage im Garel keine spezifischen literaturwissenschaftlichen Untersuchungen vorliegen, wird der literaturhistorische, rezeptionsästhetische, soziologisch-politische und konflikt-historische Forschungsstand, der für meine Untersuchung eine Rolle spielt, kurz umrissen.

Der Vorwurf der reinen Nachahmung der Klassiker ohne eigenständige Handschrift an den Pleier, der besonders in der älteren Forschung ausgesprochen wurde, wird in den jüngsten Untersuchungen weitgehend verneint.[6] „Der Rückgriff auf vorgegebene Erzählmuster ist nicht als Epigonalität zu verstehen, sondern als bewußte Inszenierung ‘arthurischer Korrektheit’.“[7] Das literaturwissenschaftliche Kernproblem des Garel sei, so Konsens in der Forschung, daß der Pleier mehr auf höfische Etikette und Zeremonien als auf Zusammenhänge, Charakterzeichnung und stringenten, vielschichtigen Handlungsaufbau geachtet habe.[8] Welche Absichten, gerade im Bezug auf die Fehdeansage, hinter der „höfischen Überkorrektheit“ stecken, wird in Kapitel vier zu zeigen sein.

Die Einordnung in Raum und Zeit ist in der Forschung umstritten.[9] Mertens vermutet den Garel um 1250, jedenfalls eine Generation später als Strickers Daniel.[10] Kerns dezidierte Analyse bemißt die Entstehungszeit von Pleiers drei Romanen von 1240 bis 1270, den Garel stellt er an den Anfang von Pleiers Schaffen.[11] Herles datiert in der Einleitung seiner Edition das Werk auf 1260,[12] was dem Geschehen im historischen Beispiel (siehe Exkurs) nahe kommt. Nach Gottzmann und Kern, die die älteren Forschungsergebnisse zusammenfassen, stammt der Pleier wahrscheinlich aus dem Salzburger Land, ein Auftraggeber, Mäzen kann aber aus den Quellen nicht erschlossen werden.[13] Der Dichter wird auch ins Herzogtum Steiermark verortet.[14]

Um die soziale und kulturelle Funktion der Literatur im Mittelalter zu verstehen, so der rezeptionsästhetische Ansatz von Thum, muß man sie in das kulturspezifische Gesamtgefüge sozialen Handelns in diesem Zeitalter einordnen.[15] Die Literatur sei ein Aktionsmuster mittelalterlicher Politik.[16] In seiner quellenbezogenen Untersuchung stellt er fest, daß durch das Medium Literatur der sozialen Ordnung Orientierung speziell auf Konventionen und Traditionen vermittelt wurde. „Diese Literatur fixierte eine Ordnung, entwarf sie reproduzierend in Gegenwart und Zukunft hinein und erhob damit zugleich einen politisch-sozialen Anspruch.“[17] Gottzmann zufolge würde eine Klärung der Frage, ob ein Zusammenhang mit politischen Ereignissen, besonders mit denen des Interregnums (1256-1273) feststellbar ist, Aufschlüsse über die Gründe der Rezeption des Garel im 13. Jh. geben und damit sowohl die Darstellungsweise als auch die Themenstellung erklären.[18] Eine solche soziologisch-politische Deutung nimmt die der marxistischen Literaturtheorie anhängende Buschinger in zwei Aufsätzen vor.[19] Der Pleier habe mit seinem Garel in einer Zeit, in der sich die königliche bzw. kaiserliche Zentralgewalt im Niedergang befand und die partikularen Mächte, die Fürsten, sich noch nicht durchgesetzt hatten, den politischen Führungsanspruch der herrschenden Klasse ideologisch zu legitimieren angestrebt.[20] In dieser politischen Übergangszeit, fälschlich als Interregnum bezeichnet, sei der nachklassische Artusroman so angelegt gewesen, die Polarität von territorial-fürstlicher Gewalt und königlich-kaiserlicher Zentralgewalt zu reflektieren. Ebenfalls zehn Jahre nach Thum erörtert M. Zimmermann die Funktion der Pleierschen Darstellung arthurischer Idealität in Person des literarischen Helden „als Kristallisationskern im Prozeß individueller und gruppenspezifischer Wunscherfüllung und Welt­deutung innerhalb zeitgenössischer Adelskreise“.[21] Er läßt keinen Zweifel daran, daß der Autor mit den Rezipienten in einen literarischen Dialog treten wollte und sich deshalb nach ihren Erwartungen richten mußte. Roßbacher hingegen hält die bisherigen Versuche politischer oder soziologischer Deutungen für nicht sehr erfolgversprechend.[22]

Die Kriegshistoriker Delbrück und Cram betonen, daß ein Krieg im Mittelalter eine Rechtshandlung mit sakralem Charakter darstellte und unmilitärischen Formalien, gewissermaßen Spielregeln unterstand.[23] Die Rechtsgeschichte über das Mittelalter umwälzende Beobachtungen zur Fehde liefert Brunner:[24] „Wer das politische Handeln dieser Jahrhunderte, das außen- und innerpolitische, verstehen will, kann am Fehdewesen nicht vorbeisehen.“ Interessant für meine Untersuchung ist Brunners Feststellung, daß mittelalterliche Dichter sehr häufig zu Bildern gegriffen haben, die aus der Sphäre von Fehde und Absage, Freund und Feind stammten. Das sei ein Beweis dafür, daß „diese Dinge zu den Grundvorstellungen des Lebens gehörten“.[25] In in jüngster Zeit, beispielsweise von Althoff, wird abweichend von Brunners Ansatz das konfliktvermeidende und friedensstiftende Regelwerk hervorgehoben. Nicht die Gewaltanwendung zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen sei im Mittelalter vorherrschend gewesen, sondern die gütliche Bereinigung von Konflikten durch Vermittler. Althoff fand heraus, daß das Verhalten in Konflikten häufig demonstrativ-rituellen Charakter trug, geprägt von der Signalfunktion nonverbaler Kommunikation und der Kontrollfunktion durch die Öffentlichkeit.[26] Im folgenden Kapitel werde ich hauptsächlich Brunners Ergebnisse zur Erklärung und Überprüfung der literarischen Kriegserklärung verwenden.

3. Die Kriegserklärung im Garel und in der historischen Mediävistik

Die Kriegserklärung im Garel stellt eine entscheidende Textstelle dar, weil erst mit ihr die eigentliche für das Publikum neue Handlung einsetzt, sie der Grund für Garels Aventiure ist und sich keine Parallelen in anderen Artusromanen finden. Für das Verständnis des Erzählten ist es wichtig, daß im Mittelalter begrifflich und rechtlich Krieg und Fehde, Kriegserklärung und Fehdeansage nicht unterschieden wurden. Für die folgende Interpretation sind die betreffenden Verse in drei Abschnitte unterteilt. Die am meisten relevante Textstelle, der mittlere Abschnitt, ist mit Erklärungen auf Seite acht zitiert.

[...]


[1] Ein interpretatorische Nacherzählung des gesamten Romans bietet Mertens (1998) S. 215-223, eine skizzierte Inhaltsangabe Gottzmann (1989) S.164ff. Die bibliographischen Angaben werden mit dem Nachnamen des Autors und Erscheinungsjahr der verwendeten Auflage angegeben. Die vollständigen Angaben sind dem Literaturverzeichnis am Schluß zu entnehmen.

[2] Vgl. Kern (1981) S. 66-76 und (1992) S. 11-28, hier S. 21: „Die nachklassischen Romanciers sind bemüht, durch Imitation der klassischen Leitmuster und mehr noch durch Anbindung ihrer Werke an die Gattungstradition die Identität der von den klassischen Autoren grundgelegten Erzählwelt zu wahren,“ indem sie auf Personen aus dem bekannten Artussagenkreis an- oder neue Personen in verwandtschaftliche Beziehungen einknüpfen (z.B. ist Artus Garels Onkel), indem sie literarisch belegte Schauplätze wählen und Aktionen, Situationen, Konstellationen mit den Handlungen in früheren Romanen synchronisieren und alte Geschichten integrieren. Diese werkübergreifende Artuswelt ist den von Tolkien (Herr der Ringe) , Rodenberry (Star Trek) oder Disney (Entenhausen) nicht unähnlich.

[3] Mertens (1998) S. 215; Kern (1981) S. 158. Eine Gegenüberstellung mit Strickers Daniel bei Boor (1964) S. 184-197.

[4] Textgrundlage ist die Ausgabe von Walz (1892).

[5] Erst nach eigener abgeschlossener Recherche nach geeigneten Quellen erfuhr ich, daß M. Zimmermann (1988) in seinem Aufsatz diese Schlacht sogar in einen direkten Zusammenhang mit der Schlacht im Garel gesetzt hat.

[6] Vgl. Kern (1981) S. 32-36, der die 150jährige Forschung über den Pleier analytisch überprüft und die Ergebnisse hinterfragt, hier S. 35: „Die Quellenforschung wird als Instrument gehandhabt, den Pleier als Epigonen zu disqualifizieren und die These zu festigen, auf die Blütezeit der mittelalterlichen Dichtung sei eine Zeit des Verfalls gefolgt.“

[7] Mertens (1998) S. 218.

[8] Vgl. Knapp (1992) S. 169: „Das rechte moralische Verhalten erscheint gleichsam ritualisiert wie die Normen höfischen Benehmens, die bei jeder passenden Gelegenheit von den Akteuren der Handlung (...) übererfüllt werden.“

[9] Vgl. M. Zimmermann (1988, S. 337): „Die Herkunftsfrage (und damit die Entstehungszeit - Anm. des Verf.) scheint mir jedenfalls bei der gegenwärtigen Quellenlage nicht lösbar, abgesehen von einer generellen und unbestimmten Zuweisung an die österreichischen Alpenländer.

[10] Vgl. Mertens (1998) S. 215.

[11] Vgl. Kern (1981) S. 22-31.

[12] Vgl. Herles (1981) S. XIII. Diese freilich geglücktere Textausgabe des Garel wird nicht für die vorliegende Arbeit verwendet, da sie nicht Textgrundlage für das Seminar war.

[13] Vgl. Gottzmann (1989) S. 163 und Kern (1981) S. 16-21. Die ältere These, daß der Autorenname mit einem steirischen Grafengeschlecht von Plain zusammenhängt, wird heute verworfen. Der Autor hat womöglich sich einen Berufsnamen („Schmelzer“) als Dichterbezeichnung gegeben. Die Diskussion um einen möglichen Gönner bei Kern (1981) S. 20f. Vgl. in diesem Zusammenhang Roßbacher (1998) S. 7-11. Roßbacher vertritt die Ansicht, daß der Garel für untere Adelskreise geschrieben worden ist, ohne jedoch Argumente dafür anzuführen. Grundlegend zum Mäzenentum im Mittelalter Bumke (1979).

[14] Vgl. Pütz (1982) S. 29f. Indizien sind, daß Garels Heimat in der Steiermark liegt und Garel das bis 1246 gültige Wappen der Steiermark im Schild führt.

[15] Vgl. Thum (1977) S. 256-277. Thum arbeitet Prinzipien („Elementarformen“) des sozialen, politischen Verhaltens im Mittelalter heraus und erklärt sie anhand literarischer Quellen: 1) ad-hoc Handeln, d.h. hohe Situationsabhängigkeit, 2) hohe Empfänglichkeit gegenüber sozialen und kulturellen Einflüssen, 3) hohe Potentialität, 4) „als-ob“ Handeln, d.h. Vermengung von Gegenwart und Zukunft, 5) Publizität/Öffentlichkeit schafft Realität, 6) souveränes Verhalten im Ernst und im Scherz, 7) Repräsentation aller durch einen oder Gruppe, 8) Symbolhaftigkeit 9) Unkausalität. Seine Untersuchung bezieht sich nicht direkt auf Pleiers Garel, sondern allgemein auf Literatur zur Zeit der letzten Babenberger. Doch lassen sich fast alle Prinzipien, wie ansatzweise in Kapitel vier gezeigt, auch für Pleiers Werk benutzen.

[16] Vgl. Thum (1977) S. 256: „Unter Politik sei das reale politische Handeln verstanden, das auf die Ordnung des gesellschaftlichen Zusammenlebens zielt.“

[17] Thum (1977) S. 269.

[18] Vgl. Gottzmann (1989) S. 163.

[19] Vgl. Buschinger (1988) S. 137-149 und (1989) S. 21-31.

[20] Vgl. Buschinger (1988) S. 142.

[21] M. Zimmermann (1988) S. 337-356. Hier S. 337.

[22] Vgl. Roßbacher (1998) S. 220ff.

[23] Delbrück (1964) und Cram (1955) bieten grundlegende Untersuchungen über Kriegstaktik, ritterlichen Standesethos, theologische und politisch-rechtliche Geisteshaltungen zum Krieg im Mittelalter: Zur Bedeutungsentwicklung des Wortes „Krieg“ im Mittelalter vgl. Janssen (1982) S. 567-571, hier S. 569: Mittelalterliche Kriege waren große Fehden; beides, Krieg und Fehde wurden verstanden als legitimes gewaltsames Durchfechten eines konkreten Rechtsstreits. Vgl. auch jeweils Kroeschell (1992).

[24] Brunners Buch (1970) über Rechts- und Herrschaftsverhältnisse in Österreich im Mittelalter gilt als rechts-, verfassungs- und sozialhistorisches Standardwerk. Er kritisiert an der traditionellen Rechtsgeschichte über das Mittelalter die einseitige Sicht vom neuzeitlichen Maßstab aus, die z.B. in der Fehde den Ausdruck nackter Gewalt und rohen Faustrechts sah und den Grundsatz folgerte, im Mittelalter ginge Macht vor Recht. Brunner dagegen zeigt, daß gerade im Wesen der Fehde sich Macht und Recht verbinden. Der „Staat“ besaß kein Monopol legitimer Gewaltanwendung. Kirche und Herrscher hatten zwar Interesse daran, die Rache durch Buße und Sühne, die Fehde als Selbsthilfe durch Vermittlung oder Gerichte zu ersetzen, doch nicht gänzlich zu verbieten, da es auch das gewohnheitsrechtliche Prinzip der rechten Gewalt, der rechten Fehde gab. Die Fehde abschaffen hieße, so Brunner (S. 34ff.), die Struktur von mittelalterlichem Staat und Recht grundlegend zu ändern. Aus diesem Umstand erwuchs die Gottes- und Landfriedensbewegung, die sich zum Ziel setzte, verbindliche Regeln für die Fehde aufzustellen, wie z.B. das Verbot der Fehde an bestimmten Tagen (Treuga/Pax Dei), Sonderfriedensbezirke (Stadt, Burg, Haus), die Einteilung in Fehdeberechtigte (Ritter, Adel) und nicht -berechtigte (Bauern, Bürger) oder der Schutz bestimmter Gruppen (Juden, Kleriker, Witwen u.a.). Es ist hierbei zu beachten, daß es große Unterschiede in der Form und der Durchsetzung dieser „ersten Fehdegesetze“ in den vielen verschiedenen Regionen des Reiches gab, und Faktoren wie Landrechts-, Herrschaftsverhältnisse und Gesellschaftsschichtenverteilung eine ausschlaggebende Rolle spielten. Im 12. und 13. Jh. erfolgte nach Brunner ein Rückschlag für diese Ideen zugunsten der Selbsthilfe. Zu der Problematik der Durchsetzung rechtlicher Fehderegelungen siehe auch Kaufmann (1964-71) Sp. 1091f.

[25] Brunner (1970) S. 29.

[26] Vgl. Althoff (1997) S. 11f.

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Details

Titel
Die Kriegserklärung in Pleiers "Garel von dem blühenden Tal"
Untertitel
Eine Untersuchung über mögliche Funktionen der fiktionalen Fehdeansage für die Realität im 13. Jh.
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Arthurische Verhandlungen - Spielregeln der Gewalt im Artusroman des 13. Jh.
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
21
Katalognummer
V1484
ISBN (eBook)
9783638109208
ISBN (Buch)
9783638836814
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine Untersuchung über Funktionen der Fehde für die Realität im 13. Jahrhundert. Methoden: literaturhistorisch, rezeptionsästhetisch, soziologisch-politisch, konflikt-historisch 408 KB
Schlagworte
Artusroman, Pleier, Garel, Fehde, Krieg
Arbeit zitieren
Wolfram Baier (Autor:in), 2000, Die Kriegserklärung in Pleiers "Garel von dem blühenden Tal", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1484

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