Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
B. Abbildungsverzeichnis
C. Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
1.1. Entsendung
1.2. Expatriate
1.3. Pflichten des Unternehmens bei Auslandsentsendung
2. Ansässigkeit
2.1. Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht
2.1.1. Wohnsitz
2.1.2. Gewöhnlicher Aufenthalt
2.1.3. Eingangs- und Spitzeneinkommensteuersätze im internationalen Vergleich
2.2. Beschränkte Einkommensteuerpflicht
3. Entsendung in Staaten mit Doppelbesteuerungsabkommen
3.1. OECD-Musterabkommen
3.1.1. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
3.1.2. Tätigkeitsstaatsprinzip
3.1.3. Besteuerungskompetenz des Ansässigkeitsstaates bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
3.2. Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
3.2.1. Freistellungsmethode
3.2.2. Anrechnungsmethode
3.3. Rückfallklauseln
4. Entsendung in Staaten ohne Doppelbesteuerungsabkommen
4.1. Auslandstätigkeitserlass
4.2. Anrechnung ausländischer Steuern
4.3. Abzug ausländischer Steuern
4.4. Rechnerischer Vergleich Anrechnungs- und Abzugsmethode
5. Steuerfreie Einkommensteuerbestandteile bei Auslandsentsendung
5.1. Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung
5.2. Umzugskosten
5.3. Kaufkraftausgleich
6. Steuerklauseln in Entsendungsverträgen
6.1. Steuerklausel zu Lasten des Expatriates
6.2. Steuerausgleichsvereinbarung und Nettolohnvereinbarung
6.3. Differenzausgleich
7. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
7.1. Ausstrahlung
7.2. Multilaterale Vereinbarungen
7.3. Bilaterale Vereinbarungen
7.4. Entsendung in Staaten ohne SV- Abkommen
8. Fazit
D. Literaturverzeichnis
B. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Eingangs- & Spitzensteuersatz im internationalen Vergleich
Abbildung 2 Verteilung von Sonderzahlungen
Abbildung 3 Besteuerungskompetenz nach Art. 15 OECD-MA
Abbildung 4 Prüfschema Auslandstätigkeitserlass
Abbildung 5 Berechnung des Höchstbetrages der anrechenbaren Steuer
Abbildung 6 Rechenbeispiel Anrechnungsmethode
Abbildung 7 Rechenbeispiel Abzugsmethode
C. Abkürzungsverzeichnis Abs. Absatz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
Die fortschreitende Globalisierung der Weltwirtschaft intensiviert die internationale Orientierung deutscher Unternehmen und der freie Verkehr von Dienstleistungen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Um dieser internationalen Ausweitung zu folgen, bedarf es unter Anderem des Einsatzes eigener Mitarbeiter im Ausland.
Die Entsendung von Arbeitnehmern gehört heute schon zum betrieblichen Alltag vieler Unternehmen. Mangelndes nationales Wirtschaftswachstum führt dazu, dass künftig Unternehmen jeder Größenklasse mit diesem Thema konfrontiert werden. Die Motive dafür sind vielfältig. Nicht nur die Entwicklung von Fähigkeiten eigener Mitarbeiter steht dabei im Vordergrund, auch die Gründung einer Niederlassung im Ausland kann Anlass dafür sein, einen inländischen Mitarbeiter vor Ort für eine befristete Zeit zu beschäftigen, um das Know-How der Heimatgesellschaft an die neue Betriebsstätte zu transferieren.[1]
Grenzüberschreitend erfolgreich und effizient tätig zu werden birgt eine neue Problemstellung, für die es ein Grundverständnis zu entwickeln gilt. Aus diesem Grund befasst sich die vorliegende Arbeit mit rechtlichen und gestalterischen Aspekten der Arbeitnehmerentsendung. Die Sichtweise der entsendenden Unternehmen steht dabei im Mittelpunkt.
Auslandstätigkeiten können insbesondere das steuerliche Ergebnis eines Konzernunternehmens beeinflussen. Die Geschäftsbeziehungen untereinander müssen unter Berücksichtigung des Arm’s Length Prinzip gestaltet werden.[2] Der Gesetzgeber fordert die einzelnen Konzernunternehmen dazu auf, ihre Geschäftsbeziehungen zueinander wie fremde Dritte, auf im Vorhinein geschlossene schriftliche Vereinbarung, abzuwickeln und zusätzlich zu dokumentieren. Damit sollen willkürliche Gewinnverlagerungen in Länder mit niedrigeren Körperschaftsteuersätzen verhindert werden.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit werden die gängigen Begrifflichkeiten und die grundlegenden Pflichten eines Unternehmens bei einer Arbeitnehmerentsendung erläutert.
Im Anschluss daran wird gezeigt, wie die Ansässigkeit von Arbeitnehmern definiert und damit die Besteuerungskompetenz bei Entsendung in Staaten mit und ohne Doppelbesteuerungsabkommen zugeordnet werden kann.
Die steuerliche Behandlung der Bezüge entsandter Arbeitnehmer, also Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, das heißt Löhne und Gehälter stehen dabei im Vordergrund.
Weiterhin werden die Methoden zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung dargestellt und steuerfreie Einkommensteuerbestandteile definiert, um eine Entsendung steuerlich möglichst optimal zu gestalten.
Auf die vertragliche Seite wird in Form von Steuerklauseln in Entsendungsverträgen eingegangen. Im Fokus stehen dabei Gestaltungsoptionen und mögliche Risiken.
Abschließend wird im letzten Kapitel auf die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte hingewiesen.
1.1. Entsendung
Der Begriff Entsendung besitzt keine spezifische, rechtswissenschaftliche Definition.[3] Die grundsätzlichen Tatbestandsmerkmale gehen jedoch aus dem deutschen Sozialversicherungsrecht hervor.
Für das Vorliegen einer Arbeitnehmerentsendung, muss sich ein Arbeitnehmer
- auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers,
- im Rahmen seines inländischen Beschäftigungsverhältnisses,
- für eine im voraus, zeitlich befristete Tätigkeit,
- in ein anderes Land als die Bundesrepublik Deutschland begeben.
Fehlt die zeitliche Befristung der Tätigkeit im Ausland, spricht man von einer Versetzung oder einem Übertritt zur ausländischen Gesellschaft, da die Anbindung an den Entsendungsstaat nicht mehr zweckmäßig und sachgerecht ist.[4] In diesem Fall wird das inländische Beschäftigungsverhältnis beendet. Zwischen Entsendung und Übertritt gibt es eine Vielzahl an Begriffen, die hauptsächlich durch verschiedene Befristungszeiträume differenziert werden. Von einer Dienstreise spricht man beispielsweise, wenn die Tätigkeit im Ausland bis zu maximal drei Monate andauert. Eine Abordnung ist eine kurzfristige Auslandsentsendung von drei bis maximal zwölf Monaten. Wird der Arbeitnehmer für ein bis drei Jahre entsandt, wechselt sein Lebensmittelpunkt in den Tätigkeitstaat. Hier liegt eine Delegation vor.
1.2. Expatriate
Ein Expatriate (englisch expatriate, lateinisch ex aus, heraus; patria Vaterland) ist eine vorübergehend oder dauerhaft im Ausland lebende Person. Demnach handelt es sich bei
- deutschen Arbeitnehmern, die für inländische Unternehmen im Ausland tätig sind, sowie bei
- Ausländern, die im Inland für ausländische Unternehmen tätig sind, um Expatriates.
Die vorliegende Arbeit bezeichnet als Expatriate, einen deutschen Arbeitnehmer, der für ein inländisches Unternehmen der Privatwirtschaft im Ausland tätig ist.[5] Die folgenden Erörterungen basieren auf dem „Outbound von Human Capital“[6] Grundlegender Fall ist dementsprechend,
- der weiterhin in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige, grundsätzlich ledige und konfessionslose Arbeitnehmer,
- der im Rahmen seines deutschen Arbeitsvertrages,
- ins Ausland entsandt wird.
1.3. Pflichten des Unternehmens bei Auslandsentsendung
Grundsätzlich stellt sich die Frage, welche Pflichten ein Unternehmen bei der Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland hat. Generell ergibt sich für den Arbeitgeber, ausgehend von § 242 BGB[7], aus einem Arbeitsverhältnis eine Fürsorgepflicht. Das Unternehmen ist dazu verpflichtet, sein Recht aus dem Arbeitsvertrag so auszuüben, dass die Interessen des Arbeitnehmers gewahrt bleiben.
So entstehen beispielweise folgende Nebenpflichten:
- Schutzpflichten, z.B. Obhuts- und Sorgfaltspflichten.
- Informationspflichten, darunter Erkundigungs- und Auskunftspflichten.
- Mitwirkungspflichten.
In der Literatur herrscht überwiegend die Meinung, dass das Unternehmen dafür zuständig ist, die Vorbereitungen einer Auslandsentsendung zu tref- fen.[8] Hierzu gehört die Einweisung der Arbeitnehmer in kulturelle Unterschiede, die sozialversicherungsrechtliche Klärung des Sachverhalts, die eventuelle Beschaffung einer Arbeitserlaubnis bei Notwenigkeit, sowie die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Besteuerung. Die einzelnen Pflichten können jedoch individualvertraglich geregelt werden.
Das Unternehmen ist jedoch in jedem Fall auch bei der Entsendung von Arbeitnehmern weiterhin dazu verpflichtet, die Lohnsteuer korrekt zu ermitteln und abzuführen.
2. Ansässigkeit
Vordergründig soll betrachtet werden inwiefern die Bezüge eines entsandten Arbeitnehmers der deutschen Einkommensteuerpflicht unterliegen, um durch prospektive Planung im Vorfeld zu ermitteln, ob Besteuerungsvorteile des nationalen Rechts, wie Sonderausgaben- und Werbungskostenabzug, aber auch länderspezifische Vorteile des Auslands, wie z.B. niedrigere Steuersätze, genutzt werden können.
Nachfolgend werden die Prüfkriterien für die Besteuerung entsandter Arbeitnehmer nach deutschem oder ausländischem Recht, aus Sicht des Unternehmens dargestellt.
Die Steuerpflicht von Gehältern richtet sich fast ausschließlich danach, an welchem Ort der Arbeitnehmer während der Entsendung steuerlich ansässig ist und/ oder in welchem Land er tätig wird.9 Wichtig ist die steuerliche Ansässigkeit nach dem jeweiligen Steuerrecht immer in beiden beteiligten Staaten zu prüfen, denn in fast allen Staaten der Welt geht mit der Ansässigkeit das Welteinkommensprinzip10 einher. Tritt der Fall ein, dass der entsandte Arbeitnehmer im Gast- und Heimatland ansässig und somit unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, wäre die Folge zunächst eine Doppelbesteuerung aller Einkünfte. Eine ausführliche Erläuterung von Methoden zur Umgehung einer mehrfachen Steuerbelastung folgt in späteren Kapiteln.
Vorab werden die innerstaatlichen Merkmale, die zu einer beschränkten oder unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland führen, erläutert und dessen Folgen aufgezeigt.
2.1. Unbeschränkte Einkommensteuerpflicht
Nach § 1 Abs. 1 EStG sind „Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben [...] unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.“[9] [10]
Demnach unterliegen die Bezüge von Arbeitnehmern der Privatwirtschaft bei Auslandsaufenthalten der deutschen Einkommensteuer unbeschränkt, wenn sie einen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
2.1.1. Wohnsitz
Gem. § 8 AO hat jemand dort einen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.“ Entsprechend des AEAO zu § 8 AO sind mit Wohnung alle „objektiv zum Wohnen geeigneten Wohnräume gemeint. [...] Nicht erforderlich ist eine abgeschlossene Wohnung mit Küche und separater Waschgelegenheit [...]“. Auch ein möbliertes Zimmer oder ein feststehender Campingwagen, der ständig zu Wohnzwecken geeignet ist und nicht nur vorübergehend zu Erholungszwecken genutzt wird, fällt unter die Definition des § 8 AO.[11] Der Steuerpflichtige muss die tatsächliche Verfügungsmacht (Schlüsselgewalt) über die Wohnung besitzen. Selbst eine kurzfristige Vermietung der Wohnung, von bis zu sechs Monaten, führt laut AEAO zu § 8 Nr. 3-5 nicht zur Aufgabe des Wohnsitzes, wenn der Steuerpflichtige beabsichtigt sie nach der Rückkehr ins Inland wieder zu benutzen.
Aus dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung geht weiterhin hervor, dass eine natürliche Person mehrere Wohnsitze gleichzeitig haben kann. Besucht ein Expatriate seine Wohnung im Inland zwei Mal im Jahr über mehrere Wochen, behält er seinen Wohnsitz im Inland bei.
Die Aufgabe des Wohnsitzes geht nach AEAO zu § 8 Nr. 6 mit rein objektiven Kriterien einher, z.B. mit der Kündigung oder Auflösung einer Mietwohnung.
2.1.2. Gewöhnlicher Aufenthalt
Hat ein ins Ausland entsandter Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland aufgegeben, so ist er dennoch unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, falls sich sein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland befindet. Gem. § 9 AO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, ,,[...] wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt [...].“
Nach dem AEAO zu § 9 AO ist bei Vorliegen eines zusammenhängenden inländischen Aufenthalts von mehr als sechs Monaten stets von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auszugehen, wenn der Aufenthalt nicht ausschließlich Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen Zwecken dient. Kurzfristige Unterbrechungen bleiben dabei unberücksichtigt. Der gewöhnliche Aufenthalt wird im Inland also grundsätzlich aufgegeben, wenn der Steuerpflichtige zusammenhängend mehr als sechs Monate im Ausland lebt.
Der Unterschied zum Wohnsitz liegt darin, dass keine Wohnung als fester Lebensmittelpunkt unterhalten werden muss.
Bezüglich der Frage, ob sich ein ausländischer Arbeitnehmer voraussichtlich länger als sechs Monate im Inland aufhalten wird, ist grundsätzlich auf die dem Arbeitnehmer erteilte Arbeitserlaubnis abzustellen.[12]
Eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht hat zur Folge, dass sämtliche Einkünfte eines Arbeitnehmers aus dem In- und Ausland (Welteinkommen) in der Bundesrepublik Deutschland der Besteuerung unterliegen, soweit nicht für bestimmte Einkünfte abweichende Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen bestehen.[13] Vorteilhaft sind dabei die Möglichkeiten des Abzugs von Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Kinderfreibeträgen und die Anwendung des Splittingtarifs.
2.1.3. Eingangs- und Spitzeneinkommensteuersätze im internationalen Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Eingangs- & Spitzensteuersatz im internationalen Vergleich Quelle: Eigene Darstellung nach Zahlen vom BMF Monatsbericht April 2008
[...]
[1] Vgl. Hofmann, Rohrbach, & Schäfermann (2008), Internationaler Mitarbeitereinsatz, S. 1.
[2] Vgl. Hofmann, Rohrbach, & Schäfermann (2008), Internationaler Mitarbeitereinsatz, S. 216.
[3] Vgl. Heuser, Heidenreich, & Förster (2003), Auslandsentsendung und Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer, S. 4.
[4] Vgl. Heuser (2004), Die Entsendung deutscher Mitarbeiter ins Ausland, S. 16.
[5] Für Bedienstete der öffentlichen Hand gelten Sonderbestimmungen, die im Rahmen dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden.
[6] Vgl. Prof. Dr. Wilke (2006), Lehrbuch Internationales Steuerrecht, S. 41.
[7] Leistung nach Treu und Glauben.
[8] So auch: Heuser (2004), Die Entsendung deutscher Mitarbeiter ins Ausland, S. 22.
[9] Vgl. Hofmann & Rohrbach (2008), Internationaler Mitarbeitereinsatz S. 222.
[10] Vgl. §§ 1 Abs. 1 und 2, 2 EStG. Die gesamten Welteinkünfte werden der Besteuerung unterworfen.
[11] Vgl. Becker (2006), Grenzüberschreitender Arbeitseinsatz S. 7.
[12] Vgl. Niermann (2008).Grenzüberschreitende Mitarbeiterentsendung S.6.
[13] Vgl. Bornhofen (2007), Steuerlehre 2 Rechtslage 2006, S.8.