Strukturelle Heterogenität von Nickel-oktaethylporphyrin in nichtkoordinativen Lösungsmitteln

Ein Beitrag zur Konformationsanalyse durch Messung der Temperaturabhängigkeit von struktursensitiven Resonanz-Raman-Banden


Doktorarbeit / Dissertation, 1994

147 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades des Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)
vorgelegt dem Fachbereich Physik/Elektrotechnik der Universität Bremen

Strukturelle Heterogenität von Nickel-oktaethylporphyrin in nichtkoordinativen Lösungsmitteln
Ein Beitrag zur Konformationsanalyse durch Messung der Temperaturabhängigkeit von struktursensitiven Resonanz-Raman-Banden

von Diplom-Physiker Walter Jentzen
1994

 

Abstract

We have measured resonance Raman (RR) spectra of nickel octaethylporphyrin [Ni(OEP)] in solutions of dichloromethane (CH2Cl2) and carbon disulfide (CS2 ) at temperatures between 330 to 190 K. Analysis of the band shape of the structure-sensitive bands v2, v3, vlO, vll, v19, and v21 have revealed two sublines due to the different conformers. The ratio of their areas shows a van′t Hoff behaviour with an enthalpy difference of about (-2.6 ± 0.5) kJ Imol. The sublines of the bands v3, vlO, v19 at lower frequency are attributed to the more stable conformer. They show temperature independent line widths larger than the high frequency sublines, which increase with temperature. The sublines of the bands v2 and vll show an opposite behaviour. The RR excitation profiles of the sublines vlO and v19 reveal a red shift of the Qo-band resonance by 100 cm-1 for the more stable conformer. From the broad sublines we infer that both conformations show additional structural heterogeneity.

This is confirmed by comparison with the RR spectra of nickel porphine [Ni(P)] and palladium octaethylporphyrin [Pd(OEP)]. Ni(P) exhibits line doublets. Both sublines are narrow and show temperature dependent line widths. In contrast Lo Ni(OEP) the ratios of their areas are independent of temperature, indicating an enthalpy difference of less than (0.0 ± 0.3) kJ Imol for these two conformers. The RR excitation profiles of these two conformers are shifted by 30 cm-1 with respect to each other. We infer thaL Ni(P) due to its hydrogen substituents at the Cß carbons does not show additional heterogeneity. Pd(OEP), which due to the larger central metal ion, stabilizes the planar macrocycle shows only single broad lines with large line widths for v2 and vll suggesting that only one conformer with additional heterogeneity exists.

We conclude that small centl′al metal ion sizes and not too bulky substituents are necessary for the macrocycle to exhibit both, different conformers and additional subconformations of each located in the pyrrole rings and methin bridges. This seems to be important for the biological function of iron protoporphyrin IX [Fe(ProtoP)] in heme proteins.

 

Inhaltsverzeichnis

Liste der wichtigsten verwendeten Symbole ... XIII

1 Einleitung ... 1

2 Theoretische Grundlagen ... 4

2.1 Struktur von Metallporphyrinen ... 4

2.2 Konformationen des Nickel-oktaethylporphyrins und Methoden zur Bestimmung der Enthalpiedifferenz ... 6
2.2.1 Definition der Begriffe Konformation, Konformere und Konformationsanalyse ... 6
2.2.2 Kristallkonformere des Nickel-oktaethylporphyrins ... 7
2.2.3 Absorptions- und Resonanz-Raman-Spektroskopie als Methode zur Bestimmung der Enthalpiedifferenz ... 10

2.3 Absorptionsspektren und Resonanz-Raman-Spektren von Metallporphyrinen ... 11
2.3.1 Absorptionsspektren von Metallporphyrinen ... 11
2.3.2 Resonanz-Raman-Streuintensität und Depolarisationsgrad der Metallporphyrine ... 13

2.4 Normalschwingungen des Nickel-oktaethylporphyrins ... 17

2.5 Strukturabhängigkeit der Resonanz-Raman-Spektren ... 21
2.5.1 "Core size marker"-Banden ... 21
2.5.2 Resonanz-Raman-Spektren der Kristallkonformere von Nickel-oktaethylporphyrin ... 23

3 Experimentelle Methoden ... 28

3.1 Probenpräparation ... 28
3.1.1 Reinigung ... 28
3.1.2 Herstellung der Nickel-porphin-"Kristallite" ... 28
3.1.3 Temperatursprung-Experiment mit Nickel-porphin ... 28

3.2 Apparatur zu Aufnahme der Raman-Spektren ... 29

3.3 Apparatur zur Aufnahme der Absorptionsspektren ... 35

3.4 Apparatur zur Aufnahme der Tieftemperaturspektren ... 36
3.4.1 Beschreibung der Apparatur ... 36
3.4.2 Lokale Temperatur ... 36
3.4.3 Testmessung: Ermittlung der Enthalpiedifferenz von 2-Methylbutan ... 37

3.5 Durchführung der Messungen ... 38
3.5.1 Bedingung für die Spektrenaufnahme ... 38
3.5.2 Beschreibung der Spektrenaufnahme ... 39

3.6 Auswertung der Spektren ... 39
3.6.1 Auswerteprogramm "PeakFit" ... 39
3.6.2 Dekonvolution der Raman-Banden: Bestimmung der wahren Bandenparameter ... 40
3.6.3 Testmessung: Ermittlung der wahren Bandenparameter am Beispiel der 607-cm-1-Bande von Benzol ... 41

3.7 Korrekturen: Depolarisationsgrad und Resonanz-Raman-Anregungsprofil  ... 41
3.7.1 Depolarisationsgrad  ... 41
3.7.2 Resonanz-Raman-Anregungsprofil ... 42

4 Ergebnisse ... 45

4.1 Profil der "core size marker" -Banden ... 45

4.2 Temperaturabhängigkeit der "core size marker"-Banden ... 45
4.2.1 Beschreibung der beobachteten Temperaturabhängigkeit ... 45
4.2.2 Beschreibung der Bandenprofilanalyse ... 50
4.2.3 Ergebnis der Bandenprofilanalyse (Teil I): Temperaturabhängigkeit der Lagen und Halbwertsbreiten ... 50
4.2.4 Ergebnis der Bandenprofilanalyse (Teil II): Temperaturabhängigkeit der Subbanden-Intensitätsverhältnisse ... 54

4.3 Temperaturabhängigkeit der "non core size marker"-Banden ... 56

4.4 Halbwertsbreite und Heterogenität der Resonanz-Raman-Banden ... 57

4.5 Depolarisationsgrad und Resonanz-Raman-Anregungsprofil der "core size marker"-Subbanden ... 61
4.5.1 Vorbemerkung ... 61
4.5.2 Beschreibung der Bandenprofilanalyse ... 63
4.5.3 Depolarisationsgrad der Subbanden ... 63
4.5.4 Resonanz-Raman-Anregungsprofile der Subbanden ... 65

4.6 Temperaturabhängigkeit der Absorptionsspektren ... 67
4.6.1 Beschreibung der beobachteten Temperaturabhängigkeit ... 67
4.6.2 Ergebnis der Bandenprofilanalyse für die Qo- bzw. Bo-Bande ... 67

4.7 Resonanz-Raman- und Absorptionsspektren von Nickel-porphin: Einfluß der Substituenten auf das Bandenprofil ... 70
4.7.1 Resonanz-Raman-Spektrum bei Raumtemperatur ... 70
4.7.2 Temperaturabhängigkeit der Resonanz-Raman-Banden ... 74
4.7.3 Messung der Subbanden-Intensitätsverhältnisse unter verschiedenen Bedingungen ... 78
4.7.4 Temperaturabhängigkeit der Absorptionsspektren ... 80

4.8 Resonanz-Raman- und Absorptionsspektren von Palladium-oktaethylporphyrin: Einfluß des Ionenradius auf das Bandenprofil ... 83
4.8.1 Resonanz-Raman-Spektren bei Raumtemperatur ... 83
4.8.2 Temperaturabhängigkeit der Absorptionsspektren ... 88

5 Diskussion ... 89

5.1 Zuordnung der Subbanden zur quasi-planaren und nichtplanaren Konformation ... 89

5.2 Interpretation der Temperaturabhängigkeit der Bandenlagen und Halbwertsbreiten ... 92

5.3 Zusätzliche strukturelle Heterogenität als Ursache für die inhomogene Verbreiterung der Resonanz-Raman-Banden ... 94

5.4 Anordnungen und hohe Flexibilität der Substituenten als Ursache für die zusätzliche strukturelle Heterogenität ... 96

5.5 Interpretation der Enthalpiedifferenz von Nickel-porphin und Nickel-oktaethylporphyrin  ... 100

6 Schlußfolgerung ... 102

7 Zusammenfassung ... 104

Anhang ... 106
A Eigenschaften von Dichlormethan, Schwefelkohlenstoff und Benzol ... 106
B Ableitung der linearen Dispersion eines Gitterspektrometers in Czerny-Turner-Anordnung ... 110
C Absorptionskoeffizienten der Metallporphyrine ... 112
D Intensitätsverhältnis der Stokes- und Anti-Stokes-Bande ... 114
E Zusammenstellung wichtiger Tabellen und Abbildungen ... 115

Literatur ... 121

 

1 Einleitung

Metallporphyrine sind Komplexverbindungen, die im Stoffwechsel der Pflanzen und Tiere eine zentrale Rolle spielen. Als gemeinsames Grundgerüst enthalten sie den Porphyrinring. Dieser besteht aus vier Pyrrolringen, die über Methinbrücken (CH-Gruppen) zu einem Makrozyklus verbunden sind, in dessen zentrale Öffnung ein Metall-Ion passender Größe eintreten kann (vgl. Abb. 1). Die wichtigsten, biologisch aktiven Metallporphyrine haben Magnesium- oder Eisen-Ionen gebunden. Von den magnesiumhaitigen Komplexen kommt dem Chlorophyll* und seinen Derivaten eine Schlüsselrolle zu. Denn ein Bakteriochlorophyll-Dimer ("special pair") löst bei der lichtinduzierten Ladungstrennung im Reaktionszentrum ("Motor der Photosynthese") durch Absorption von Licht den Primärprozeß der Photosynthese aus. 1 - 3 Die Hämproteine enthalten als aktives Zentrum das Eisen-protoporphyrin IX [Fe(ProtoP)] (vgl. Abb. 1). Von diesen Proteinen übernehmen die Hämoglobine und Myoglobine den Sauerstofftransport von der Lunge zur Zelle bzw. innerhalb der Zelle. 4 ,5 Zur gleichen Gruppe gehört auch das Cytochrom c, das beim Elektronentransfer in Redoxketten mitwirkt. 6

Diese vielfältigen Funktionen der Metallporphyrine werden im wesentlichen durch ihre in der Proteinumgebung vorliegende Struktur bestimmt. Beispielsweise wird das in der hydrophoben Tasche eingelagerte Fe(ProtoP) im deoxygenierten Hämoglobin und Myoglobin durch Porphyrin-Protein-Wechselwirkung in eine nichtplanare Struktur "gezwungen". 7 Beim Hämoglobin gibt es zwei Quartärstrukturen, bei denen das Fe(ProtoP) in einer planaren (R-Zustand) bzw. in einer nichtplanaren Struktur (T-Zustand) vorliegt. 8 Dabei haben der R- und der T-Zustand unterschiedliche Sauerstoffaffinitäten. Darüber hinaus wird die Sauerstoffaffinität des Fe(ProtoP) durch Wechselwirkungen mit der Proteinumgebung moduliert. 9 Beispielsweise werden durch Protonierung von AminosäureSeitengruppen Verzerrungen des Porphyrinskeletts hervorgerufen, die wiederum die Ligandenaffinität beeinflussen. Solche Prozesse sind allerdings nur dann möglich, wenn das Metallporphyrin ausreichend flexibel ist, um auf solche Störungen reagieren zu können. Nichtplanare Strukturen bestimmen auch die Funktion von Porphyrinen im Reaktionszentrum. 10

Viele Autoren10-12 vermuten deshalb, daß nichtplanare Verzerrungen des Porphyrinskeletts wie Wölben oder Kippen, aber auch Bewegung des Metall-Ions aus der Porphyrinebene heraus zur Steuerung der biologischen Aktivität des Proteins dienen. Untersuchungen an Modellsubstanzen für das aktive Zentrum haben daher zum Ziel, die Faktoren kennenzulernen, deren Zusammenwirken die Funktion des biologisch aktiven Metallporphyrins begründet.

Um die Eigenschaften der nichtplanaren Strukturen aufzuklären, wurde eine Reihe von Untersuchungen13- 15 an hochsubstituierten Metallporphyrinen durchgeführt, deren Porphyrinebenen unterschiedlich stark gewölbt sind. Wie Molekül-Mechanik-Rechnungen gezeigt haben,13 werden diese Strukturen hauptsächlich durch die starken, nichtbindenden Wechselwirkungen der Substituenten hervorgerufen. Die Autorenll,13,16 stellten fest, daß die Lagen der UV/VIS-Absorptionsbanden der nichtplanaren Metallporphyrine im Vergleich zu den planaren Metallporphyrinen rotverschoben sind. Dies stimmt mit den Vorhersagen der Molekülorbital-Rechnungen17 überein. Durch eine systematische Untersuchung der Resonanz-Raman(RR)-Spektren von nichtplanaren und quasi-planaren Metallporphyrinen zeigten Shelnutt und seine Mitarbeiter13- 15 außerdem, daß zwischen der Frequenzposition der struktursensitiven Banden und dem Pyrrolwinkel CO′NCO′ eine lineare Korrelation besteht (zur Nomenklatur vgl. Abb. 1). Sie fanden eine Abnahme der Frequenzen bei Zunahme des Strukturparameters CαNCα. Ziel dieser Untersuchungen ist es, aus den Frequenzpositionen der struktursensitiven RR-Banden und der UV/VIS-Absorptionsbanden auf den Typ und den Grad der Nichtplanarität des aktiven Zentrums zu schließen.

Als Modellsubstanz zur Aufklärung der biologischen Funktion des Fe(ProtoP) ist das Nickel-oktaethylporphyrin [Ni(OEP)] in besonderer Weise geeignet, weil die Radien beider Metall-Ionen wenig voneinander abweichen [Ni(II), 69 pm; Fe(II), 74 pm ; Fe(III), 64 pm]* und weil es im Vergleich zu den hochsubstituierten Metallporphyrinen nicht zu große Substituenten gebunden hat. Das Ni(OEP) kristallisiert in drei Kristallformen,19-21 von denen zwei Formen (triklin A und B) einen quasi-planaren Makrozyklus aufweisen. Die dritte Form (tetragonal C) hat dagegen einen gewellten ("ruffled") Makrozyklus, bei dem die gegenüberliegenden Pyrrolebenen bezüglich einer Achse durch ihre Stickstoffatome um etwa 30° gegeneinander verdreht sind. Diese Verdrillung, die zu einer Destabilisierung der П-Konjugation führt, bewirkt eine Kontraktion des Makrozyklus und führt damit zu einer Verkürzungen der Nickel-Stickstoff-Bindung. Als Ursache für die "ruffled" Konformation wird der zu große innere Koordinationsraum des Porphyrins für das Nickel(II)-Ion angenommen.22,23 Diese Formen des Ni(OEP) spiegeln sich auch in nichtkoordinativen Lösungsmitteln wie CH2Cl2 wider. Alden et al. 17 haben gezeigt, daß die struktursensitiven Banden v2, v3 und vlO Schultern aufweisen, deren Frequenzpositionen mit den Bandenlagen der tetragonalen Form C gut übereinstimmen. Aus den RR-Spektren wurde geschlossen, daß das Ni(OEP) in Lösung sowohl in einer quasi-planaren als auch in einer nichtplanaren Konformation vorliegt.

[...]


*Sie sind an einem Pyrrolring zweifach hydriert und gehören daher zur Stoffgruppe der Chlorine und nicht zu den Porphyrinen .
*Die angegebenen Ionenradien (nach Ahrens) gelten für den "low spin"-Zustand und für die Koordinationszahl [6]. Bei Änderung der Koordinationszahl von [6] nach [4] werden die Radien um etwa 6 % kleiner.18

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Details

Titel
Strukturelle Heterogenität von Nickel-oktaethylporphyrin in nichtkoordinativen Lösungsmitteln
Untertitel
Ein Beitrag zur Konformationsanalyse durch Messung der Temperaturabhängigkeit von struktursensitiven Resonanz-Raman-Banden
Hochschule
Universität Bremen  (Physik/Elektrotechnik)
Note
1
Autor
Jahr
1994
Seiten
147
Katalognummer
V148581
ISBN (eBook)
9783640588473
ISBN (Buch)
9783640588640
Dateigröße
6709 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Raman-Spektroskopie, Konformationsanalyse, Porphyrin, Raman-Banden
Arbeit zitieren
Walter Jentzen (Autor:in), 1994, Strukturelle Heterogenität von Nickel-oktaethylporphyrin in nichtkoordinativen Lösungsmitteln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148581

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