Familienpoltik auf dem Prüfstand. Grundgedanken und Zielsetzungen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

21 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Einführung der Familienpolitik, ihre Entwicklung und die Ziele

3. Die Modelle
3a. Der Familienlastenausgleich
3b. Das „Erziehungsgehalt 2000“
3c. Andere Modell und Ansätze

4. Zusammenfassung und Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Dieses hier vorliegende Referat beschäftigt sich mit dem Thema „Familienpolitik“. Dabei wird im Verlauf der Arbeit die historische Entwicklung dieser Politik betrachtet, sowie die Grundgedanken und Zielsetzungen vorgestellt. Im Zentrum der Arbeit stehen jedoch die neusten Entwicklungen der Familienpolitik, der Familienlastenausgleich und andere Konzeptionen, mit deren Hilfe die Familien entlastet werden sollen, wie zum Beispiel das „Erziehungsgehalt 2000“. Die zentrale Fragestellung des Referates bezieht sich ebenfalls auf diesen Themenkomplex. Es versucht die Frage zu beantworten, welches dieser Konzepte am besten geeignet scheint, die Familien zu entlasten. Zu diesem Zweck werden mehrere Modelle vorgestellt und miteinander verglichen. Im Fazit wird letztendlich noch zu beantworten sein, welche Chance diese Konzepte haben, realisiert zu werden.

2. Die Einführung der Familienpolitik, ihre Entwicklung und die Ziele

Die Familienpolitik als solche ist schon ein relativ „altes“ Thema in der Politik der Bundesrepublik Deutschland. Bereits in den sechziger Jahren gab es Grundgedanken zum Thema „Bezahlung“ einer elterlichen Erziehungsarbeit, zu dieser Zeit sprach man jedoch eher von einem „Mütterausgleichsgeld“ oder „Muttergeld“[1]. Dieser Idee lag ein Gedanke zugrunde, der auch in der aktuellen Diskussion noch aktuell ist. Kinderbetreuung „ist eine Leistung, die auch im Interesse der Gemeinschaft liegt und deren Anerkennung verlangt“[2], wie es das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Kinderbetreuung im Januar 1999 formulierte. Die Ideen der Förderung für Familien basierten aber noch auf anderen Überlegungen. Die Eltern „bauen“ mit der Erziehung ihrer Kinder ein Humankapital auf, von dessen Nutzen dritte nicht ausgeschlossen werden können.[3] Dieses Humankapital ist für die Gesellschaft lebensnotwendig und daher unverzichtbar, und deshalb müssen die den Eltern entstehenden Nachteile (wie zum Beispiel Kosten) ausgeglichen werden. Da die Geburtenraten in den Industrienationen jedoch immer stärker sinken, weil Kinder sich mehr und mehr von der „Altersversicherung“ hin zum Armutsrisiko entwickelt haben, mussten und müssen auch heute noch Anreize geschaffen werden, die Entscheidung für Kinder zu forcieren. Kinder sind jedoch keine Konsumgüter, was zur Folge hat, dass sie als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft angesehen werden.[4] Auf Grund dieser Tatsache haben sie ein Recht auf die Sicherung eines Existenzminimums. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, musste man Regelungen schaffen, die die Situation der Kinder und Familien regeln und verbessern konnten. Diese Gedanken waren es, die zu Beginn der sechziger Jahre zu ersten Gesprächen über die Förderung von Familien führten. In der Folgezeit kam es zu Diskussionen um ein „Familiengeld“, das durch Sachverständigenräte in den zweiten und dritten Familienbericht (1975 und 1979) eingebracht wurde. 1986 griff man die Idee unter dem Namen „Erziehungsgeld“ wieder auf und führte sie Schritt für Schritt ein. Die Laufzeit wurde zunächst auf zehn Monate beschränkt, danach verlängerte man sie aber auf zwei Jahre. Zeitgleich mit der finanziellen Unterstützung wurde der „Erziehungsurlaub“ eingerichtet, der bis zu drei Jahre umfassen durfte. Hinzu kam die (eingeschränkte) Anrechnung der für die Kindererziehung benötigte Zeit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Allerdings sicherte dieses Erziehungsgeld nur in gleichzeitiger Kombination mit Leistungen der Sozialhilfe die Existenz der betroffenen Individuen. 1998 entwickelte man dieses Konzept weiter und entwarf zu selben Zeit das „Erziehungsgehalt 2000“[5], das im Verlauf der Arbeit noch näher behandelt wird.

Die Familienpolitik umfasst mehrere Aufgabengebiete um vorhandene Problembereiche zu entschärfen oder gar die Probleme zu lösen. Als Hauptfelder wird die Vermeidung der Familienarmut durch Schaffung einer Existenzsicherung gesehen.[6] Aber auch die Startchancengleichheit für Kinder soll erreicht werden – unter anderem durch ein von öffentlicher Hand finanziertes Bildungssystem. Man will mit der Familienpolitik die „Institution Familie“ sichern, da diese der Gesellschaft eine gewisse Stabilität verleihen kann, und gleichzeitig mehr Gleichberechtigung in der Elternschaft erreichen, da bisher die Frauen stark benachteiligt worden sind. Männer haben noch zu selten Anreize, ihren Beruf für eine erzieherische Tätigkeit aufzugeben. Auch wenn oft unterschiedliche Faktoren zu dieser Entscheidung beitragen, wie z.B. die Angst um die Existenzsicherung der Familie, oder die Angst im Berufsleben zu viel zu verpassen und den Anschluss nicht mehr zu finden, glaubt man, mit Hilfe der Familienpolitik mehr Männer zu dieser Entschidung bewegen zu können. Dies soll nicht zuletzt durch die gesellschaftliche Anerkennung der Erziehung als Arbeit geschehen. Man will sogar soweit gehen, eine Wahlfreiheit zwischen der Erziehungs – und der Erwerbstätigkeit zu erreichen, ohne das das betroffene Individuum finanzielle Verluste erleidet. Allerdings zielt dieses Konzept auch auf andere gesellschaftliche Bereiche ab. Mit der Verbesserung der Ausbildung und Erziehung der „nächsten Generation“ verspricht man sich im Zuge der Globalisierung Standortvorteile durch ein „besseres“ Humankapital, also möglichst viele, gutausgebildete Arbeitskräfte. Dies soll nicht zuletzt durch eine verstärkte gesellschaftliche Investition in die häusliche und außerhäusliche Bildung (Kindergarten, Schule etc.) erreicht werden. Man versucht außerdem, Lasten die Familien zu tragen haben (Kosten etc.) gerechter zu verteilen und zum Teil von der Gesellschaft übernehmen zu lassen. Natürlich soll nicht zuletzt schlichtweg die Geburtenrate erhöht werden.

3. Die Modelle

Um diese Ziele zu erreichen, wurden in der Vergangenheit mehrere Modelle entwickelt, die die Lage der Familien verbessern sollen.

Dabei musste berücksichtigt werden, dass sich im Laufe der Jahre die Fragestellungen nach der gerechten Verteilung der Lasten, die durch Kinder verursacht werden, geändert haben. Während das Problem früher Bestandteil der Diskussion um gerechtem Lohn in Verbindung mit der Berücksichtigung des Familienstandes war[7], wird die Frage heute eher unter dem Aspekt der Leistungsgerechtigkeit gesehen. Dieser Wechsel beruht auf der Tatsache, dass die Kinder durch den sogenannten „Generationenvertrag“ dazu verpflichtet sind, die Versorgung der Rentner zu gewährleisten.

3a. Der Familienlastenausgleich

Die Diskussion in der Öffentlichkeit konzentriert sich in erster Linie auf den Familienlastenausgleich (der in neueren Publikationen allerdings „Familienleistungsausgleich“ genannt wird, um die Leistung der Familie zu würdigen). Dieser Ausgleich stellt einen auf monetäre Aspekte eingeschränkten Bereich der Familien – und Sozialpolitik dar, die Debatte beschränkt sich meistens auf einen staatlichen Ausgleich der Kosten durch finanzielle Unterhaltsaufwendungen bei der Besteuerung (durch niedrigere Steuern oder Freibeträge) oder durch Zahlung eines Kindergeldes.[8] Die Ziele des Familienlastenausgleiches werden oft mit der Abschwächung phasenspezifischer, ökonomischer Belastungen, der Vermeidung der Familienarmut, der Anerkennung der Familientätigkeit, der Startchancengleichheit für Kinder, der Förderung der Wahlfreiheit zwischen Familien – und Erwerbstätigkeit und der Verteilungs – und Steuergerechtigkeit umrissen.[9] Die Argumente für den Ausgleich decken sich mit denen der Familienpolitik. Durch die Entscheidung für Kinder und die folgenden Kosten wird die Leistungsfähigkeit der Familien gemindert, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, das nötige Geld aufzubringen (und damit die Familie zu sichern) muss die Gesellschaft eingreifen, da Kinder die selben rechte haben, wie andere Mitglieder der Gesellschaft. Gegenargumente liefern die Neoklassiker. Ihrer Ansicht nach steht die Entscheidung für Kinder auf freiwilliger Basis, die anfallenden Kosten sind den Eltern bewusst, also kann die Entscheidung für die Geburt eines Kindes einer Konsumentscheidung gleichgesetzt werden. Diesen Argumenten steht jedoch die Tatsache, dass Kinder im Gegensatz zu Konsumgütern Rechte zustehen (wie z.B. die Sicherung des Existenzminimums), da sie nach der Geburt vollwertige Mitglieder der Gesellschaft sind.[10] Aus ökonomischer Sicht begründet sich ein solcher Ansatz noch durch andere Argumente. Der Familienlastenausgleich soll den Zielen der Sozialpolitik entsprechen - in erster Linie sind dies die Absicherung von Einkommensrisiken und die Verteilungsgerechtigkeit. Staatliches Eingreifen ist aus ökonomischer Sicht allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn gesellschaftliche Ziele durch den Marktprozess nicht optimal erfüllt werden, es also zu sogenanntem „Marktversagen“ kommt.[11]

Bei der Absicherung von Einkommensrisiken bezieht sich der Nutzen des FLA auf den Schutz vor möglichen zukünftigen Risikofälle und auf individueller Ebene auf die Reduzierung der Unsicherheit, was einhergeht mit dem Versagen der privaten Versicherungsmärkte. Dadurch entsteht eine höhere Bereitschaft, ökonomische Risiken einzugehen, was die gesamtgesellschaftliche Produktivität steigert und somit zu positiven externen Effekten führt.[12]

Das Ziel der Verteilungsgerechtigkeit bringt ähnliche Schwierigkeiten mit sich. Hierbei kann generell von einem Marktversagen ausgegangen werden, denn es ist fast unmöglich, objektive Kriterien für diesen Bereich festzulegen, sodass der Markt das Verteilungsproblem also nicht lösen kann.[13] Die Verteilungsgerechtigkeit bleibt somit also eine normative Frage und daher der kollektiven Entscheidung überlassen. Die Argumente für eine Verteilungsgerechtigkeit liegen jedoch auf der Hand, denn durch die wird eine Mindestsicherung gegen „elementare Lebensrisiken“ wie Naturkatastrophen, Kriegsfolgen oder Behinderungen geschaffen, und die mit ihr verbundene Umverteilung verhindert eine Ressourcenverschwendung.[14] Die Verteilungsgerechtigkeit kann durchaus eine wichtige Rolle für potentielle Eltern spielen, denn diese entscheiden sich eher für ein Kind, wenn sie wissen, dass die elementaren Lebensrisiken durch die Gesellschaft abgedeckt sind. Allerdings erscheinen Realtransfers im Gegensatz zu monetären Zahlungen sinnvoller, da diese wirklich Kindern zugute kommen. Hierbei werden insbesondere öffentliche Einrichtungen (wie z.B. Kindergärten oder Grundschulen) favorisiert. Dadurch soll optimale Investition in das Humankapital ermöglicht werden, die die Verteilung zugunsten von Kindern rechtfertigt.[15]

[...]


[1] Wingen, Max: Aufwertung der elterlichen Erziehungsarbeit in der Einkommensverteilung.

Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen eines „Erziehungseinkommens“,

in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bonn 2000, B 3-4/2000, S. 3 – 12, im

folgenden zitiert: Wingen: Aufwertung

[2] Opielka, Michael: Das Konzept „Erziehungsgehalt 2000“, in: Aus Politik und

Zeitgeschichte, B 3-4/ 2000, S. 13 (im folgenden zitiert: Opielka,

2000).

[3] Kleinhenz, Gerhard: Familienleistungsausgleich: Wann sind Kinderlasten gerecht verteilt,

Stuttgart 1997, im folgenden zitiert: Kleinhenz: FLA

[4] Ott, Notburga: Zur Konzeption eines Familienlastenausgleichs, Vortrag beim wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bonn 1997, S. 158, im folgenden zitiert: Ott: Konzeption.

[5] Opielka: 2000, S. 14

[6] Ott: Konzeption, S. 158

[7] Kleinhenz: FLA, S. 173

[8] Ders., S. 174

[9] Ott: Konzeption, S. 157

[10] Ott: Konzeption, S. 158

[11] Dies., S. 160

[12] Ebd.

[13] Ott: Konzeption, S. 161

[14] Ebd.

[15] Ott: Konzeption, S. 162

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Familienpoltik auf dem Prüfstand. Grundgedanken und Zielsetzungen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Sozialwissenschaft)
Veranstaltung
Die Zukunft des Soziastaats
Note
2
Autor
Jahr
2001
Seiten
21
Katalognummer
V14859
ISBN (eBook)
9783638201551
ISBN (Buch)
9783668104693
Dateigröße
556 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Familienpoltik, Prüfstand, Zukunft, Soziastaats
Arbeit zitieren
Oliver Kirch (Autor:in), 2001, Familienpoltik auf dem Prüfstand. Grundgedanken und Zielsetzungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14859

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