„Weblogs sind die Klowände des Internets“
Mit dieser sehr provokanten Aussage reizte seiner Zeit Jean-Remy weite Teile der Internetgemeinschaft
und tatsächlich, bei so manchem Getwittere und manchem Weblog
findet man diese Einschätzung auf den ersten Blick bestätigt.
Doch daneben existieren heute eine ganze Reihe verschiedener und vor allem gesellschaftsrelevanter
Weblogs, die sich nicht nur mit profanen Themen wie den Essensgewohnheiten
irgendwelcher D-Prominenten beschäftigen oder nur Banales zum Besten
geben. So gibt es Weblogs aus Krisen- und Kriegsgebieten, Weblogs die sich mit wissenschaftlichen
Themen beschäftigen oder jene, die sich mit den traditionellen Medienangeboten
der Presse, des Radios oder des Fernsehens auseinandersetzen und deren Berichterstattung
kritisch reflektieren. Ließe man also die Aussage Jean-Remy´s unreflektiert
so stehen, würde man eventuell all denjenigen Unrecht tun, die über und mit Weblogs
gerade andere Ziele verfolgen. Denn insbesondere in nicht-demokratischen Systemen
werden die Weblogs genutzt, um der öffentlichen Meinung eine eigene, kritische
Sichtweise entgegenzusetzen. So kann Immanuel Kants Ausspruch „sapere aude“ auch
als ein für die Weblogs gültiges Extrakt vorangestellt werden.
Gleichsam ist mit diesem ersten Eindruck dann aber auch die Frage aufgeworfen, ob
und wenn ja, wie Weblogs tatsächlich wirken können und welche Potentiale in ihnen
stecken. Um wissenschaftlich fundierte Aussagen darüber treffen zu können und sich
nicht gleichfalls dem Vorwurf auszusetzen, ebenfalls nur an eine wie auch immer geartete
Klowand geschrieben zu haben, ist die Kommunikationsform der Weblogs aus wissenschaftlicher
Perspektive zu betrachten. Die Betrachtung kann dabei unter verschiedenen
wissenschaftlichen Aspekten erfolgen und in verschiedenste theoretische Bezugsrahmen
gesetzt werden.
Ganz im Sinne der übergeordneten medien- und kommunikationswissenschaftlichen
Frage, wie sich Online-Kommunikationssysteme als Internetsubsysteme auf Gesellschaftsprozesse
auswirken können, soll dann auch hier der Gang der Untersuchung erfolgen.
Dafür ist in einem ersten Teil zu erörtern, in welcher Weise sich die Weblogs unter den
Begriff der Internetsubsysteme subsumieren lassen. Dazu ist es erforderlich, das Medium
Internet und dessen spezifische Funktionsweise gegenüber anderen Medien abzugrenzen.
Anschließend ist zu beschreiben, wie sich innerhalb dieses Funktionssystems die Weblogs als selbständige Subsysteme herausgebildet haben...
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- 1. Teil: Internetsubsysteme
- 1. Die Entstehung des Internets
- 2. Das World Wide Web als spezielles Internetsubsystem
- 2.1. Die Funktionsweise des World Wide Web
- 2.2 Die Entwicklung des WWW - Das Web 2.0
- 2.2.1. Interaktion
- 2.2.2. Partizipation
- 2.2.3. Kooperation
- 2.2.4. Klassifikation
- 2.2.5. Social Web
- 3. Weblogs als spezielles Subsystem des WWW
- 3.1. Begriff
- 3.2. Die technischen Rahmenbedingungen
- 3.3. Die Funktionsweise eines Weblogs
- 3.4. Kommunikationssoziologische Aspekte von Weblogs.
- 3.5. Spezielle Weblogarten
- 3.5.1. Watchblogs
- 3.5.2. Experten-Blogs.
- 3.5.3. Warblogs
- 3.5.4. Underground-Blogs
- 3.5.5. J-Blogs oder Redaktionsblogs.
- 3.5.6. Microblogging-Dienste
- 3.6. Die Wirkweise von Weblogs
- 2. Teil: Potentiale – Medienutopien und deren Relevanz für die Weblogs
- 1. Die Medienevolution nach Merten
- 2. Kommunikationsmodelle nach Flusser
- 2.1. Diskursive Kommunikationsmodelle
- 2.1.1. Pyramidendiskursmodell
- 2.1.2. Baumdiskursmodell
- 2.1.3. Theaterdiskursmodell .
- 2.1.4. Amphitheaterdiskursmodell
- 2.2. Dialogisches Kommunikationsmodelle.
- 2.2.1. Kreisdialogmodell
- 2.2.2. Netzdialogmodell
- 2.1. Diskursive Kommunikationsmodelle
- 3. Radiotheorie nach Brecht.
- 4. Medienkritik nach Enzensberger
- 3. Teil. Das kollektive Gedächtnis als Gesellschaftsprozess.
- 1. Das Gedächtnis und seine sozialen Rahmenbedingungen nach Halbwachs
- 1.1. Die Soziogenese des Gedächtnisses
- 1.2. Die Rekonstruktivität des Gedächtnisses
- 1.3. Die Historie des Gedächtnisses .
- 2. Das kollektive Gedächtnis nach Assmanns
- 2.1. Das kommunikative Gedächtnis .
- 2.2. Das kulturelle Gedächtnis
- 2.3. Das Funktions- und Speicher-Gedächtnis
- 2.3.1. Das Funktions-Gedächtnis und dessen Motive
- 2.3.2. Das Speichergedächtnis und sein Potential
- 3. Die Medienevolution und der Wandel kollektiver Gedächtnisstrukturen
- 3.1. Sprache
- 3.2. Druck
- 3.3. Elektronische Speicher
- 1. Das Gedächtnis und seine sozialen Rahmenbedingungen nach Halbwachs
- 4. Teil. Das Gedächtnispotential von Weblogs – spezifische Auswirkungen von Weblogs auf das kollektive Gedächtnis
- 1. Auswirkungen im kommunikativen Gedächtnis
- 2. Auswirkungen im Funktionsgedächtnis
- 3. Auswirkungen im Speichergedächtnis
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Magisterarbeit befasst sich mit der Analyse von Weblogs als Internetsubsysteme und deren Auswirkungen auf gesellschaftliche Prozesse. Ziel ist es, die Relevanz von Weblogs im Kontext der Medienevolution und des Wandels kollektiver Gedächtnisstrukturen zu untersuchen.
- Die Entstehung und Entwicklung des Internets und des World Wide Web
- Die Funktionsweise von Weblogs und ihre spezifischen Arten
- Die Potentiale von Weblogs im Hinblick auf Medienutopien und Kommunikationsmodelle
- Der Einfluss von Weblogs auf das kollektive Gedächtnis und seine verschiedenen Ebenen
- Die Auswirkungen von Weblogs auf gesellschaftliche Prozesse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und führt in die Thematik der Weblogs als Internetsubsysteme ein. Der erste Teil behandelt die Entstehung und Funktionsweise des Internets und des World Wide Web, wobei insbesondere die Entwicklung des Web 2.0 und die Entstehung von Weblogs als spezifisches Subsystem im Fokus stehen. Der zweite Teil analysiert die Potentiale von Weblogs im Hinblick auf Medienutopien und Kommunikationsmodelle, indem er verschiedene Theorien und Modelle aus der Medien- und Kommunikationswissenschaft heranzieht. Der dritte Teil beschäftigt sich mit dem kollektiven Gedächtnis als Gesellschaftsprozess, wobei die Theorien von Halbwachs und Assmanns zur Erklärung der Funktionsweise und des Wandels des Gedächtnisses im Kontext der Medienevolution dienen. Der vierte Teil untersucht die spezifischen Auswirkungen von Weblogs auf das kollektive Gedächtnis, indem er die Auswirkungen auf das kommunikative, das Funktions- und das Speichergedächtnis analysiert. Der Ausblick fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und bietet Perspektiven für zukünftige Forschungsarbeiten.
Schlüsselwörter
Weblogs, Internetsubsysteme, Medienevolution, kollektives Gedächtnis, Kommunikationssoziologie, Web 2.0, Medienutopien, Kommunikationsmodelle, gesellschaftliche Prozesse.
- Quote paper
- Stephan Dietze (Author), 2009, Internetsubsysteme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148673