1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit wissenschaftlichen Bildern im Allgemeinen und mit Bildern vom Gehirn im Besonderen.
Es wird gefragt, welche Bilder mit welchen Medientechniken von Gehirnen im wissenschaftlichen Kontext gemacht werden; wie unterschiedliche Bilder zur Konstruktion eines materiellen Objektes, wie dem Gehirn, beitragen.
Kurz: es ist die Frage, wie Wissenschaftler bzw. Mediziner über das Gehirn im Bilde sind, wie sie solche Bilder technisch und praktisch erzeugen bzw. wie technische und praktische Erzeugung aufeinander bezogen sind. Die vorliegende Arbeit geht davon aus, dass beide Aspekte nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können, sondern aufeinander bezogen sind.
Diese Arbeit bewegt sich damit in Feldern der Wissenschaftsgeschichte, -theorie und -soziologie mit einem besonderen Blick auf die Geschichte der Gehirnbildgebung. Gleichzeitig fragt sie medienkulturwissenschaftlich nach der Rolle der medientechnischen Apparate in einem solchen Prozess, ordnet medizinische Medientechniken ein und hinterfragt Bilddefinitionen bildgebender Verfahren und in wissenschaftlichen Prozessen. Damit fragt sie auch nach der Bedeutung unterschiedlicher bildgebender Ver-fahren für die Konstruktion des Gehirns.
Wenn von Konstruktion die Rede ist, anerkennt diese Arbeit auch, dass Wissenschaft als kulturelle Praxis kollektiv Dinge ordnet und auch, dass diese Dinge als solche kollektiv wahrgenommen, erkannt und benutzt werden müssen. Sie erkennt also an, dass sich Kultur in performativ-praktischen Begegnungen in einem sozialen Raum bzw. des-sen Feldern vollzieht.
Zunächst wird es nötig sein, eine Definition von Medien (-techniken) und Bild im Sinne dieser Arbeit und deren praktische Logiken innerhalb der Wissenschaften herzuleiten und schließlich zu klären, was bildgebende Verfahren sind (Kap. 2).
Es folgt eine generelle Einleitung in die Wissenschaftstheorie, wissenschaftliche Herangehensweisen und exemplarische kulturelle Werte wissenschaftlicher Arbeit (Objektivität und Repräsentation) (Kap. 3).
Damit erkennt diese Arbeit weiter an, dass soziale Praxis Werte (re-) konstruiert und Wissenschaft als soziale Praxis auf der Grundlage habitualisierter Werte geschieht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Medien, Bild und bildgebende Verfahren
- Mediendefinitionen
- Was ist ein Bild?
- Bildgebende Verfahren
- Exkurs in die Zeichentheorie (Semiotik)
- Bilder als Wissensträger
- Wissenschaft
- Wissenschaftstheorie: Analytischer Ansatz
- Naturwissenschaft als Erfahrungs- und Beobachtungswissenschaft
- Hermeneutischer Ansatz
- Analytische Hermeneutik oder hermeneutische Analytik?
- Objektivität
- Repräsentation(en)
- Ärztlicher Blick
- Grundlegende Voraussetzungen
- Koordinierung von Beobachtungen
- Mikroskop
- Entdeckung und Funktionsweise
- Mikroskopie und Zeichnung: Ein neuer Wahrnehmungsbereich und sein Protokollieren in Bildern
- Mikroskopie und Autorität der gezeichneten Protokolle
- Mikroskopie und Fotografie
- Mikroskop und Gehirn
- Präparieren und Präparate erzeugen
- Sichtbarmachung eines Erregers durch Extraktion, Isolation und Färbung bei Robert Koch
- Das Gehirn-Präparat als wissenschaftliches Objekt
- Entdeckung der X-Strahlen und das erste Röntgenbild als Medium der Überzeugung
- Funktionsweise und Probleme der Röntgendiagnostik
- Röntgenbilder des Gehirns
- Computertomographien des Gehirns
- Kernspin – Physikalische Grundlage des MRI
- Strukturelle Magnetresonanztomographie (MRI)
- Funktionale Magnetresonanztomographie (fMRI)
- Gehirne in MRI-Scannern
- Einwände gegen Ergebnisse von fMRI-Studien
- Fotografie als Vergleichsmedium
- Mikroskop, Präparate und Fotografie
- Röntgenaufnahmen
- Computertomographie
- MR-Bilder
- Soziotechnische Praxistheorie: Akteure und Objekte
- Visuelle Rationalität in einer soziotechnischen Praxis
- Medizinische Bildpraxis
- Visualität der materiellen Bilder in der soziotechnischen Praxis
- Autorität und Ästhetik
- Technische Bildproduktion
- Bildinterpretation
- Bildfunktionen in praktischen Prozessen
- Doing Images the visual way: Visuelle Komponenten der soziotechnischen Bildererzeugung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit der Frage, wie Hirnbilder im wissenschaftlichen Kontext erzeugt werden. Sie analysiert die bildgebenden Verfahren, die zur Visualisierung des Gehirns eingesetzt werden, und untersucht deren mediale und epistemologische Bedeutung.
- Mediale und epistemologische Bedeutung bildgebender Verfahren
- Die Rolle von Bildern in der Wissenskonstruktion
- Visuelle Rationalität und soziotechnische Praxistheorie
- Analyse der Konstruktion von Hirnbildern
- Der Einfluss von Bildern auf die wissenschaftliche Erkenntnis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage nach der Entstehung von Hirnbildern im wissenschaftlichen Kontext. Das zweite Kapitel beleuchtet den Begriff des Bildes, mediale Definitionen und bildgebende Verfahren, sowie die Zeichentheorie (Semiotik). Kapitel 3 widmet sich dem wissenschaftlichen Kontext und analysiert verschiedene wissenschaftstheoretische Ansätze. Kapitel 4 untersucht die Techniken der wissenschaftlichen Arbeit, insbesondere die Entwicklung und Anwendung von bildgebenden Verfahren wie Mikroskopie, Röntgentechnik, Computertomographie und Magnetresonanztomographie. Kapitel 5 ordnet die bildgebenden Verfahren als Medien ein und vergleicht sie mit anderen visuellen Medien wie der Fotografie. Kapitel 6 analysiert die Bildbegriffe, die mit den verschiedenen bildgebenden Verfahren verbunden sind. Kapitel 7 befasst sich mit dem Konzept des "Doing Images" als kulturelle Praxis und untersucht die soziotechnischen Praxistheorien. Kapitel 8 analysiert die Konstruktion des Gehirns über Bilder der bildgebenden Verfahren.
Schlüsselwörter
Hirnbilder, bildgebende Verfahren, Wissenschaft, Medien, Visualität, Soziotechnische Praxistheorie, Doing Images, Epistemologie, Objektivität, Repräsentation, Konstruktion, Wissenskonstruktion, Medizinische Bildpraxis, Mikroskopie, Röntgentechnik, Computertomographie, Magnetresonanztomographie (MRI), fMRI, Fotografie.
- Quote paper
- MA Michael Kempmann (Author), 2009, Über das Gehirn im Bilde sein, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148785