Persönlichkeitseigenschaften können sich im Laufe einer Psychotherapie verändern, was jedoch oftmals kein direkt angestrebtes Therapieziel darstellt. Die Selbstwirksamkeit, ein nicht nur im Suchtkontext wichtiges kognitives Konstrukt, wird als mögliche Moderatorvariable dieses Einflusses in der vorliegenden Arbeit untersucht. Dieses Vorhaben soll eine Wissenslücke diesbezüglich schließen, da keine Studie gesichtet werden konnte, welche genau diese Moderation an deutschen Patient:innen mit stoffgebundenen Abhängigkeiten in ihrer ersten Langzeitbehandlung untersuchte. Die vorliegende Arbeit erhob die Big Five Domänen und Facetten mit dem BFI-2 sowie die Ausprägung der Selbstwirksamkeit mit der SWE-Skala an N = 36 Patient:innen, welche sich aufgrund einer stoffgebundenen Abhängigkeit in ihrer ersten Langzeitbehandlung in einer stationären Einrichtung in Süddeutschland befanden. Die Behandlungswoche als Indikator für das Fortschreiten der Therapie zeigte mit Werten von p > .05 weder einen signifikanten Einfluss auf die Big Five Domänen und Facetten, noch auf die Höhe der Selbstwirksamkeit. Die Interaktion, welche anschließend mit einer Moderatoranalyse geprüft wurde um die Richtung des Zusammenhangs festzustellen, wurde mit F (3,27) = 3.08, p = .044, ηp² = .26 für die Facette Höflichkeit signifikant. Die Regressionsanalyse zeigte signifikante negative Koeffizienten für den Zusammenhang, was ein Absinken der Höflichkeit bei ansteigender Selbstwirksamkeit bedeutet. Zudem wurde als Nebenbefund beobachtet, dass die Domänen Extraversion (t (1258) = 3.42, p < .001) und Gewissenhaftigkeit (t (1258) = 5.08, p < .001) bei der untersuchten Stichprobe signifikant niedriger; die Domänen Neurotizismus (t (1258) = 5.16, p <.001) und Offenheit (t (1258) = 2.14, p = .03) signifikant höher ausgeprägt sind als die Normstichprobe des verwendeten Instruments BFI-2 (Danner et al., 2019). Die Ergebnisse werfen weitere Fragen auf, welche in zukünftigen Forschungsvorhaben untersucht werden sollten. Fokus sollte dabei vor allem auf Untersuchungen mit einer deutlich größeren Stichprobengröße liegen, um die methodischen Mängel der vorliegenden Arbeit auszubessern.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretischer Hintergrund
- Definition Substanzkonsumstörungen
- Prävalenz von Konsum und Abhängigkeitserkrankungen
- Gebrauch, Missbrauch oder Abhängigkeit?
- Unterschiede stoffgebundene vs. nicht-stoffgebundene Abhängigkeit
- Entstehungsmodelle der Sucht
- Rückfallprophylaxe
- Definition von Rückfall
- Entstehung eines Rückfalls: Das Sozialkognitive Rückfallmodell
- Therapeutische Methoden
- Rückfallprophylaxe
- Medizinische Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen
- Big Five
- Definition von Persönlichkeit
- Entwicklung und Beschreibung der Big Five
- Das dynamisch-interaktionistische Paradigma
- Trait vs. State
- Stabilität und Veränderung von Persönlichkeitseigenschaften
- Normative/ durchschnittliche vs. differentielle Entwicklung
- Stabilität und Veränderungen der Big Five über die Lebensspanne
- Veränderung von Persönlichkeitseigenschaften durch (therapeutische) Interventionen
- Selbstwirksamkeit als Moderator von Veränderungen der Persönlichkeitseigenschaften durch Psychotherapie/ Suchttherapie
- Persönlichkeit und Sucht
- Big Five und Sucht
- Verschiedene Substanzen - verschiedene Persönlichkeiten?
- Konsummuster-/ Ausprägung
- Kritik
- Selbstwirksamkeitserwartungen
- Definition
- Beeinflussung der Ausprägung von Selbstwirksamkeitserwartungen
- Rolle der Selbstwirksamkeit bei Suchterkrankungen
- Selbstwirksamkeit und Persönlichkeitseigenschaften
- Moderation der Selbstwirksamkeit auf den Suchttherapieerfolg
- Begründung der Forschungsfrage
- Hypothesen
- Methode
- Durchführung der Untersuchung: Online-Datenerhebung
- Rekrutierung
- Rückmeldung der Einrichtungen/ Patient:innen
- Instrumente
- Big Five Inventar 2
- Skala zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung
- Analyseverfahren und Studiendesign
- Datenaufbereitung
- Ergebnisse
- Stichprobe
- Deskriptive Statistiken
- Voraussetzungsprüfung
- Haupteffekt: Einfluss der Behandlungswochen auf die Big Five
- Haupteffekt: Einfluss der Selbstwirksamkeit auf die Big Five
- Interaktionseffekt und Moderatoranalyse
- Einfluss der Behandlungswochen auf die Selbstwirksamkeit
- Einfluss des Alters auf die Big Five
- Auffälligkeit der untersuchten Stichprobe
- Diskussion/ Ausblick
- Zusammenfassung der Ergebnisse
- Interpretation der Ergebnisse
- Einschränkungen des Forschungsvorhabens
- Empfehlung für die weitere Forschung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit untersucht den Einfluss der ersten Langzeitrehabilitation für Menschen mit stoffgebundenen Suchterkrankungen auf die Big Five und die Rolle der Selbstwirksamkeit als Moderatorvariable. Die Arbeit zielt darauf ab, die Beziehung zwischen Persönlichkeitseigenschaften, Suchttherapie und Selbstwirksamkeitserwartungen zu beleuchten und einen Beitrag zum Verständnis der Veränderungen in der Persönlichkeit während der Rehabilitation zu leisten.
- Die Auswirkungen der ersten Langzeitrehabilitation auf die Big Five Persönlichkeitseigenschaften.
- Die Rolle der Selbstwirksamkeitserwartungen als Moderatorvariable im Zusammenhang zwischen Rehabilitation und Persönlichkeitsveränderungen.
- Die Untersuchung möglicher Unterschiede zwischen der untersuchten Stichprobe und den Normstichproben des verwendeten Instruments.
- Die Bedeutung der Selbstwirksamkeit für den Erfolg der Suchttherapie.
- Die Identifizierung von Forschungsbedarfen für zukünftige Untersuchungen.
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel stellt die Forschungsfrage und die Hypothese der Arbeit vor.
- Das zweite Kapitel beleuchtet den theoretischen Hintergrund der Arbeit. Es beschreibt die Definition und Prävalenz von Substanzkonsumstörungen, unterscheidet zwischen Gebrauch, Missbrauch und Abhängigkeit, beleuchtet die Entstehung von Sucht und das Sozialkognitive Rückfallmodell, erklärt die Rolle der Rehabilitation bei Suchtkrankheiten und führt in das Konzept der Persönlichkeitseigenschaften ein.
- Das dritte Kapitel definiert und erklärt das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartungen, diskutiert ihren Einfluss auf den Erfolg der Suchttherapie und erläutert, wie sie die Veränderungen von Persönlichkeitseigenschaften durch Psychotherapie beeinflussen können.
- Das vierte Kapitel beschreibt die Methoden der Studie. Es beleuchtet die Rekrutierung der Teilnehmer, die verwendeten Instrumente (Big Five Inventar 2 und Skala zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung) und die statistischen Analyseverfahren.
- Das fünfte Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Studie. Es analysiert die Daten und beschreibt die Einflüsse der Behandlungswochen auf die Big Five, die Rolle der Selbstwirksamkeit, den Interaktionseffekt zwischen Behandlungswochen und Selbstwirksamkeit sowie die Auffälligkeiten der untersuchten Stichprobe.
- Das sechste Kapitel diskutiert die Ergebnisse, interpretiert sie und erläutert die Einschränkungen der Studie. Es gibt Empfehlungen für zukünftige Forschung und schließt die Arbeit mit einem Fazit ab.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themen der Arbeit sind: Big Five, Selbstwirksamkeit, Moderator, Suchtbehandlung, Persönlichkeitsveränderung. Die Arbeit untersucht die Veränderung von Persönlichkeitseigenschaften im Kontext einer ersten Langzeitrehabilitation für Menschen mit stoffgebundenen Suchterkrankungen und fokussiert dabei insbesondere auf die Rolle der Selbstwirksamkeit als Moderatorvariable. Die Studie nutzt den Big Five Inventar 2 und die Skala zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung, um Daten zu erheben und zu analysieren.
- Arbeit zitieren
- Miriam Eckert (Autor:in), 2024, Moderiert das Ausmaß der Selbstwirksamkeitserwartungen den Einfluss der ersten Langzeitrehabilitation für Menschen mit stoffgebundenen Suchterkrankungen auf die Big Five?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1488820