Besonderheiten der Qualitativen Migrationsforschung


Seminararbeit, 2009

43 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theorie der qualitativen Migrationsforschung
2.1 Theoretische Grundlagen der qualitativen Sozialforschung
2.2 Begriffsklärungen: Migration, Migrationsforschung und Migrationssoziologie

3. Besonderheiten der qualitativen Migrationsforschung
3.1 Forscher
3.1.1 Stereotypen — Vorurteile — Generalisierungen
3.1.2 (Vor-)Wissen, Sprach- und Kulturkenntnisse
3.1.3 Persönlichkeit und Position des Forschers
3.2 Beforschte
3.2.1 Antwortverhalten: Zustimmungstendenz u. soziale Erwünschtheit
3.2.2 Ungleichheit im Machtverhältnis
3.3 Kommunikation und Sprache
3.3.1 Sprachunterschiede: Übersetzer, Übersetzungen und Dialekte
3.3.2 Nonverbale Kommunikation
3.4 Kulturelle Unterschiede nach Hofstede

4. Fazit: Lösungsansätze
4.1 Einstellung: Kultureller Relativismus
4.2 Nativ-Speaker und Erlernen von Sprache
4.3 Kultur, interkulturelle Kommunikation und Kompetenz

5. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Kaum ein Land besteht heutzutage nur noch aus einer Bevölkerungsgruppe oder Ethnie. Zwar ist Migration und das Zusammenleben verschiedener Völker keineswegs ein neues Phänomen, da schon in der Antike mehrere Volksgruppen in einem Reich zusammenlebten und Migration seit der Geschichte der Menschheit existiert[1], jedoch hat es seit der Industrialisierung und späteren Globalisierung ein ganz anderes Ausmaß erreicht. Dieses Konglomerat der Völker und diverse Ethnien in einer Nation bilden neue, zum Teil „hybride“, Gesellschaften, die zunehmend mit interkulturellen Angelegenheiten konfrontiert werden. Zwar beschäftigt sich Nordamerika schon seit den 1920er Jahren mit der Migrationsforschung, jedoch wurde es in Deutschland, Österreich und der Schweiz erst in den 1950ern „fachliche Aufmerksamkeit“ geschenkt, als große Zahlen von Arbeitsmigranten in diese Länder einströmten und zur Folge diverse soziale Probleme mit sich brachten.[2]

Durch die Zunahme von Migrationsbewegungen und dessen wachsende Aufmerksamkeit seitens der Wirtschaft, Politik und Forschung, kam es zur Entwicklung verschiedener Theorien und Modelle in diesem Bereich. In diesem Zusammenhang sind Begriffe wie Migration, Zuwanderung und Integration zu „beherrschenden Themen der europäischen Politik geworden,“ die nach präzisen Informationen hinsichtlich des Umgangs mit auftretenden Problemen fragt[3].

In einer Welt der Globalisierung, die von einer rasanten Entwicklung und Erschließung neuer internationalen Märkte und Beziehungen, neuen technologischen, supranationalen Organisationen, Multikulturalität und einer Weltgesellschaft geprägt wird, ist das Phänomen der Migration eines, welches aufgrund dieser Entwicklungen, insbesondere seit Mitte des 20 Jahrhunderts sehr stark zugenommen hat. Insbesondere durch die Ausweitung und enorm steigende Anzahl von transnationalen Unternehmungen, erfolgt seit den 90er Jahren eine starke Migrationsbewegung von diversen Arbeits- und Fachkräften. Dies betrifft insbesondere hochausgebildete, sowie günstige Arbeitskräfte aus verschiedenen Ländern.[4]

Der interne Austausch von Arbeits- und Fachkräften bei internationalen Konzernen oder diversen Institutionen, genauso wie die Auswanderung aufgrund besser bezahlter Arbeitsplätze und höherer Stundenlohn im Ausland, ist zur Normalität geworden. Rechtliche Erweiterungen, im Sinne von Abschaffung bestimmter Schranken, wie etwa in der Europäischen Union, und technologische Entwicklungen, führten zur schnelleren, unkomplizierten grenzüberschreitenden Mobilität und zu zunehmender Im- und Emigration, welche diverse gesellschaftliche Auswirkungen mit sich trugen.

Migration, Integration und interkulturelle Begegnungen zwischen Mehrheitsgesellschaften und (zugewanderten) Minderheiten „waren und sind wichtige Problembereiche und Gestaltungsaufgaben gesellschaftlichen Zusammenlebens“[5], dessen Lösungen in politischen, wissenschaftlichen, sozialen oder anderen Institutionen und Organisationen gesucht werden.

Die Migrationsforschung, sowie kulturvergleichende Studien, werden mit zunehmender Aufmerksamkeit auf die Chancen und Problemen die, die Zuwanderung mit sich bringt, zu Forschungsgebieten die immer intensiver untersucht werden. Durch die wachsenden wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftliche Verflechtungen der unterschiedlichen Kulturen, werden konstant neue Anforderungen an diese Bereiche gestellt. Diese versucht die Migrationsforschung zu definieren, verstehen und zu erklären. Dessen Bedeutung ist zweifelsohne von hoher Wichtigkeit für fast jeden Staat der Welt, da sich Migranten überall auf der Welt verstreut befinden. Insbesondere in den Industrieländern und Wohlfahrtsstaaten ist es zum Alltagsthema geworden, welches lange Zeit nicht angesprochen wurde, da sich viele Länder in Europa nicht eingestehen woll(t)en, dass sie Einwanderungsländer seien. Hier findet sich jedoch eine Wende, wodurch die Migrationsforschung einen Aufschwung erfährt.

Im Rahmen dieser Arbeit sollen die Besonderheiten der qualitativen Migrationsforschung behandelt und im Näheren erörtert werden. Zu Beginn wird daher auf einige theoretische Grundlagen der qualitativen Sozialforschung eingegangen, welche dem Leser eine Einführung in die methodischen Basiskenntnisse verleihen soll. Hier werden die Grundelemente und Prinzipien der qualitativen Forschung, sowie Begriffserklärungen und Abgrenzungen von Migration, Migrationsforschung und Migrationssoziologie definiert, um die Einzelheiten und Unterschiede zu verdeutlichen.

Als nächstes werden die Besonderheiten und potenziell auftretende Problematiken in der qualitativen Migrationsforschung durch den Forschers und dem Beforschten ausgearbeitet. So werden beim Forscher erdenkliche negative Einflüsse, die den Forscher in seiner Objektivität bzw. Intersubjektivität beeinträchtigen können, wie etwa Vorurteile, Stereotypen oder Ethnozentrismus, diskutiert, aber auch andere Kriterien, die vom Forscher beachtet werden sollten, um den Forschungsprozess nicht zu behindern, wie etwa Wissen, Sprach- und Kulturkenntnisse oder seine Position und Persönlichkeit. Gegenübergestellt werden anschließend die möglichen Einwirkungen seitens des Beforschten. In diesem Rahmen wird auf das Antwortverhalten, dessen Ursachen und Folgen für den Forschungsprozess und Auswertung eingegangen.

Im folgenden Abschnitt wird Kommunikation und Sprache aufgrund des Themas hinsichtlich Migration auf die Sprachunterschiede und die Problematiken von Übersetzern, Übersetzungen und Dialekten, sowie Differenzen in der nonverbalen Kommunikation und dessen Eventualitäten und Folgen von Missverständnissen erklärt.

In diesem Zusammenhang wird folglich auf die einzelnen Dimensionen von kulturellen Verschiedenheiten und Eigenarten nach Geert Hofstede eingegangen. Dies soll der Erklärung kultureller Ungleichheiten und Wesensmerkmale bei Interpretations- und Auswertungsmöglichkeiten dienen.

Um der Aufzählung von Problematiken und Schwierigkeiten gerecht zu werden, die ohne Lösungsvorschläge nicht sonderlich produktiv sind, werden abschließend zusammengefast Mittel für Lösungsansätze und Verbesserungsmöglichkeiten für die angeführten Mängel im Forschungsprozess abgehandelt. In diesem Zusammenhang wird logischerweise hauptsächlich auf Maßnahmen und Möglichkeiten eingegangen, die den Forscher betreffen, da dieser es in seiner Macht Verbesserungen vorzunehmen hat. So wird auf die Einstellung des Forschers, seine Fähigkeiten, wie Sprache, interkulturelle Kommunikation und Kompetenz hingewiesen und Maßnahmen diese zu bessern, um so den Forschungsprozess von Schwierigkeiten so gut wie durchführbar zu erlösen.

Da Migrationsforschungen meistens auch Studien unterschiedlicher Kulturen und dessen Differenzen miteinbeziehen, ist das Thema in dieser Arbeit sehr präsent, insbesondere in der Forschungs- und Auswertungsphase spielen kulturelle Verschiedenheiten eine entscheidende Rolle. Kultur prägt Kommunikation, Denk- und Verhaltensweisen - dessen Wissen darüber prägt das Verständnis; daher wird auf Kommunikation, Sprache und kulturelle Unterschiede in dieser Arbeit besonderen Wert gelegt. Dies ist in den abschließenden Kapiteln deutlich ersichtlich, in denen die Besonderheiten der sprachlichen und kommunikativen Divergenzen, die verschiedenen Dimensionen von kulturellen Unterschieden nach Hofstede, sowie interkulturelle Kommunikation und Kompetenz ausführlich dargelegt werden.

2. Theorie der qualitativen Migrationsforschung

2.1 Theoretische Grundlagen der qualitativen Sozialforschung

Der Ausgangspunkt der qualitativen Sozialforschung waren die Grenzen der quantitativen Forschung. Während die Quantifizierung und Messbarkeit der quantitativen Forschung die Verallgemeinerung und Erstellung von allgemeinen Modellen, Theorien und Gesetzmäßigkeiten, unter Ausschluss der subjektiven Einflüsse des Forschers, ermöglichen soll, bleiben dabei situations- und subjektbezogene Aussagen, Einstellungen, Erkenntnisse, etc. aus.[6] Diese hingegen versucht die qualitative Sozialforschung in der Untersuchung miteinbeziehen. Die qualitative Forschung ist somit von anderen Grundsätzen geprägt als die quantitative Forschung, in dem sie versucht die Angemessenheit von Methoden und Theorien im Zusammenhang mit der Analyse und verschiedene Aspekte, Perspektiven und Überlegungen des Forschers in die Forschungserkenntnis bzw. im Ergebnis zu berücksichtigen.[7] Qualitative Methoden versuchen Qualität zu messen bzw. „nonmetrische Eigenschaften von Personen, Produkten und Diensten“ zu erforschen. Zwar werden qualitative Ansätze zur Weiterentwicklung von Theorien auch verwendet, jedoch liegen dessen Prioritäten in der Hypothesen- und Theorienentwicklung, d.h. von der Beobachtung, Untersuchung, Forschung, etc. auf eine Theorie zu schließen.[8] In Kurze: es wird versucht von Einzelfällen auf die Gesamtheit (Allgemeinheit) zu schließen.

Da in der qualitativen Sozialforschung das Subjekt, nicht wissenschaftliche Objekte, im Vordergrund stehen, ergeben sich andere Grundelemente die, diese Untersuchungsart kennzeichnen (welche gleichzeitig als Kritik seitens quantitativer Vertreter verwendet wird):

- Kleine Stichprobengröße: das Ausmaß der Forschung und die (meistens vorliegende) Begrenztheit der Ressourcen, lässt oft nur eine geringe Zahl an Untersuchungspersonen zu.
- Geringe Repräsentativität der Stichproben: aufgrund der kleinen Stichproben kann somit keine Zufalls stichproben gemacht werden, welche wiederum keine repräsentative Untersuchung der Bevölkerung oder einer Gesamtgruppe, im Sinne von einer Ethnie, Kultur, Nation, etc. darstellen kann.
- Geringe Bedeutung metrischer Variablen: zwar spielt das Messniveau eine untergeordnete Rolle in der qualitativen Sozialforschung, jedoch werden bei bestimmten Erhebungsmethoden metrische Variablen, wie Alter, Kinderzahl, Dauer der Aufenthalt, Einkommen, etc. bemessen.
- Keine statistische Auswertung: eine statistische Auswertung der qualitativ generierten Daten spielt eine andere Rolle als bei quantitativen Forschungen, in dem diese eine Verkürzung konkreter Lebenssacheverhalte darstellen. Die Auswertung in dieser Methode erfolgt stattdessen durch Beschreibung, Analyse und Interpretation des Forschers, der als Experte in diesem Gebiet betrachtet wird, quantifizierte Aussagen sind hier natürlich ebenfalls nicht auszuschließen.[9]

Da die qualitative Forschung nicht so viele Nummern bzw. numerische Daten verwendet, wird der quantitativen Orientierung öfter mehr Respekt und Glaubwürdigkeit entgegengebracht. Dies hängt mit der Tendenz der öffentlichen Meinung zusammen, die Wissenschaft als eine zu Nummern verbundene Angelegenheit betrachtet, da Nummern Präzision implizieren.[10]

Zwar mag diese Forschungsart nicht mit den analytischen und rechnerischen Strategien der heutigen technologisch ausgerichteten Gesellschaft[11] übereinstimmen, dennoch baut die qualitative Sozialforschung auf anderen Schwerpunkten auf und versucht Phänomene zu erfassen und zu verstehen die, die quantitative Forschung schwer erreichen kann. Aufgrund der Komplexität der Forschungsthematik, werden insbesondere in der Migrationforschung vorwiegend qualitative Methoden angewandt, wobei der Schwerpunkt auf bestimmte Migranten (-gruppen), wie etwa Gastarbeiter, Studierende, etc. gelegt wird oder aus bestimmter Perspektive betrachtet wird.[12] Dies hat zur Folge, dass erforschte Resultate nicht auf alle Migranten Anwendung finden können bzw. nicht allgemein gültig sind. Da die Theorien, Modelle und Forschungsergebnisse keine allgemeine Gültigkeit, weder Konstanz besitzen, sind die gefundenen Antworten nur in Bezug auf bestimmte soziale Probleme, die sich aus spezifischen Kontexten entwickelt haben, ausschließlich für diese Zusammenhänge gültig.[13]

Eine weitere Art die qualitative Sozialforschung zu kennzeichnen, ist durch ihre Erhebungsmethoden. Die Stichprobengrößen betragen in der Mehrzahl der Fälle eine kleine Stichprobengröße bis hin zur Einzelfalluntersuchung. Einige (Basis-) Erhebungsmethoden der qualitativen Forschung nach Lamnek[14] sind beispielsweise Folgende:

- die nicht-standardisierte (unstrukturierte) Befragung (z.B. narrative oder Leitfaden Interviews),
- teilnehmende Beobachtung (Ethnographie),
- Inhaltsanalyse,
- Gruppendiskussionen,
- Biographieforschung.

Abschließend zum theoretisch-methodischen Teil der Grundlagen der qualitativen Sozialforschung ist es wichtig die zentralen Prinzipien oder Grundsätze nach Lamnek[15] zu erörtern — im Überblick umfassen diese folgende Kriterien:

- Offenheit,
- Forschung als Kommunikation,
- Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand,
- Reflexivität von Gegenstand und Analyse,
- Explikation und
- Flexibilität.

Unter Offenheit der Forschung ist die Grundhaltung des Forschers gemeint, diese sollte einer möglichst offenen Haltung gegenüber unerwarteten Informationen oder Verlauf der Untersuchung entsprechen bzw. Offenheit gegenüber den untersuchten Personen, der Situation(en) und der anzuwendenden Methode(n). In Kürze: die Anwendung von standardisierten Techniken und Methoden treten in den Hintergrund um so ausreichend „Raum“ oder „Freiheit“ für den Entwicklungsverlauf der Untersuchung zu lassen. Dies ist besonders im Rahmen von interkulturellen oder Migrationsstudien von großer Bedeutung, da der Forscher, aufgrund der kulturellen Unterschiede, weder Situationen oder Reaktionen der Untersuchungspersonen, noch die Notwendigkeit von Änderungen vorhersehen kann.

Im Gegensatz zur quantitativen Untersuchung, dessen Grundsatz Distanz des Forschers %um Gegenstand ist, betrachtet die qualitative Sichtweise Forschung als Kommunikation zwischen dem Forscher und seinen Untersuchungspersonen, wobei dieser nicht als Störvariable, sondern als konstruktiven Bestandteil des Forschungsprozesses gesehen wird. Im Konkreten wird sogar die Interaktion bzw. zielbewusste Auseinandersetzung der Thematik von Forscher und Untersuchungsperson(en) angestrebt — dieser Interaktionsprozess macht der Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand aus. Hinzuzufügen zur Maxime der qualitativen Untersuchung ist der Ansatz der Unmöglichkeit einer vorurteilsfreien Forschung, da es immer ein gewisses Vorverständnis des Forschungsgegenstandes benötigt. Aus diesem Grund ist es umso bedeutender die Erkenntnisse der Analyse bzw. Veränderungen während des Forschungsprozesses zu dokumentieren und genau zu beschreiben.

Dieser Grundsatz der Prozessualität, in Verbindung mit der Reflexivität, soll zur methodischen Erfassung des Entdeckungszusammenhangs[16] von gesellschaftlichen Phänomenen dienen, welche durch die Reflexivität wiederum kontextgebunden und selbsterklärend wirken sollen. Diese Prinzipien in Kombination mit der Explikation, welche die einzelnen Schritte des Forschungsprozesses beschreibt, dienen der Gewährleistung der Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Untersuchung.[17]

Die Flexibilität im Forschungsprozess ist eine Besonderheit der qualitativen Sozialforschung: indem die Untersuchung zu Beginn breit angesetzt wird, wodurch der Forscher von einer „Forschungslinie“ zur anderen überwechseln, neue Ziele hinzufügen bzw. in neue Richtung bewegen kann, die zu Beginn nicht in Erwägung kamen, jedoch sich im Laufe der Forschung für nötig erweisen. „Die Flexibilität der explorativen Vorgehensweise bedeutet nicht, dass die Untersuchung richtungslos vonstatten“ geht, sondern dass die Perspektive zunächst eine Breite sei, die sich im Forschungsverlauf präzisiert bzw. zuspitzt.[18]

2.2 Begriffsklärungen: Migration, Migrationsforschung und Migrationssoziologie

Das Wort „Migration“ stammt aus dem Lateinischen „migrare“ oder „migratio“, welche übersetzt wandern oder wegziehen bedeutet. Migration ist ein aus dem Englischen bzw. Lateinischen, global verwendeter Begriff, der internationale Annerkennung genießt und im Deutschen anstatt des Begriffs „Wanderung“ oder „wandern“ verwendet wird.[19] Migration wird in dieser Arbeit definiert als ein auf Dauer angelegte bzw. dauerhafte werdende Wechsel in eine andere Gesellschaft bzw. Region von einzelnen Personen oder Personengruppen[20]. Es ist ein langer Prozess, der nicht mit der Ein- und Auswanderung in eine andere Region oder Land abgeschlossen ist, sondern betrifft bereits die Vorbereitungen für eine Auswanderung bis zu einem bestimmten kontinuierlich andauernden Zeitraum nach der Einreise bzw. Ankunft in die Zielregion. So kann zwar die äußere physische Migration abgeschlossen sein, jedoch die „innere psychologische Migration“ noch lange nicht vollendet sein. Zu diesem Anhaltspunkt ist zu erörtern, dass diverse Theorien herrschen, ab wann eine Migration erfolgreich und „endgültig“ abgeschlossen ist; während einige Vertreter der Meinung sind, dass die Migration ein kontinuierlicher langjähriger Prozess sei, so behaupten andere, dass bei Erreichung bestimmter Kriterien die Migration abgeschlossen sei, welcher bei den verschiedenen Personen unterschiedlich lang andauert. In diesem Zusammenhang sind ebenfalls unterschiedliche Theorien und Modelle entwickelt worden, aus welchen Gründen Menschen emigrieren bzw. dessen verschiedene Phasen oder Zyklen. Diese sind Bereiche mit denen sich die Migrationsforschung beschäftigt, sie versucht Antworten auf diese und ähnliche Fragen und Diskurse zu finden.

Die Migrationsforschung beschäftigt sich mit den Ursachen, dem Verlauf und Folgen von Migration. Es ist ein inter- und transdisziplinäres Forschungsfeld, das sich mit nahezu allen Lebensbereichen der Menschen aus einander setzt: gesellschaftliche, ökologische, politische, geschichtliche, wirtschaftliche und kulturelle. Die Forschungsansätze der Migrationsforschung erreichen unterschiedlich Tiefen und Breiten der Gesellschaftswissenschaften und zum Teil sogar hinaus, je nach Erkundung bzw. Fragestellung des Forschungsgegenstandes[21]. Von der Migrationsforschung ist die Migrationssoziologie zu trennen. Während die Migrationssoziologie sich auf die unterschiedlichen Formen von Migration konzentriert, behandelt die Migrationsforschung dessen Veranlassungen (Motive), Prozesse, Entwicklung und Folgen von Migrationsbewegungen.

In diesem Sinne versucht die qualitative Sozialforschung bzw. Migrationsforschung Migration und dessen Zusammenhänge zu verstehen, es wird versucht den subjektiv gemeinten Sinn zu finden. Dies geschieht entweder deduktiv, indem Hypothesen überprüft und als Theorie getestet werden, oder induktiv, indem geforscht wird um dann aus dieser Forschung eine Theorie zu entwickeln. Es wird daher in der qualitativen empirischen Sozialforschung angestrebt das Wissen über die Thematik zu erweitern, sei es durch die Überprüfung von bestehenden Behauptungen oder durch Entwicklung neuer Modelle und Theorien. Die Migrationsforschung untersucht die Ursachen der Migration, also aus welchen Gründen, Motiven, Anlässen Menschen migrieren, welche Auswirkung dies auf die Herkunfts- und Aufnahmegesellschaft hat und versucht Lösungen für die entstandenen Problem zu entwickeln.

[...]


[1] Vgl. Bade 2002, S. 55.

[2] Vgl. Han 2005, S.1.; Oltmer 2002, S. 19 - 20.

[3] Currle 2004, S.15.

[4] Vgl. Aschauer 2006, S. 260.

[5] Oltmer 2002, S. 9.

[6] Vgl. Flick 2007, S.23-26.

[7] Vgl. ebd.: S. 26

[8] Lamnek 2005, S. 249.

[9] Lamnek 2005,. S. 3f.

[10] Berg 1989, S. 2.

[11] Ebd.

[12] Aschauer 2006, S. 265.

[13] Vgl. Winter 2005, S. 37-43.

[14] Vgl. Lamnek 2005, S. 21ff.

[15] Vgl. Lamnek 2005, S. 20-31.

[16] Siehe Atteslander 2006, Kapitel I.

[17] Vgl. Lamnek 2005, S. 20-26; Mayring 2002, S. 24f.

[18] Lamnek 2005, S. 25.

[19] Han 2005, S.7f

[20] Ebd.

[21] Bade 2002, S. 55.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Besonderheiten der Qualitativen Migrationsforschung
Hochschule
Universität Salzburg
Veranstaltung
Seminar: Migrationssoziologie
Note
1
Autor
Jahr
2009
Seiten
43
Katalognummer
V148999
ISBN (eBook)
9783640595563
ISBN (Buch)
9783640595259
Dateigröße
610 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Migrationsforschung, Migration, Qualitative Migrationsforschung, Migrant, Migranten, Integration Migranten, Integrationsforschung, Integration
Arbeit zitieren
Lorence Salas Kastilio (Autor:in), 2009, Besonderheiten der Qualitativen Migrationsforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148999

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