Asset Allocation im Rahmen moderner, privater Finanzplanung


Bachelorarbeit, 2009

154 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Struktur der Arbeit

2 Begriffsbestimmung
2.1 moderne, private Finanzplanung
2.2 Asset Allocation

3 Portefeuillecharakteristika
3.1 Finanztheorien
3.1.1 Das Portfolio-Selection Modell
3.1.1.1 Einfuhrung
3.1.1.2 mathematische Vorgehensweise
3.1.1.3 Beispiel zur Portfolio-Selection
3.1.1.4 Kritik am Portfolio-Selection Modell
3.1.2 Die Efficient-Market-Hypothesis
3.2 Risiko
3.2.1 Unterscheidung systematisches / unsystematisches Risiko
3.2.2 Risikokennzahlen
3.2.2.1 Volatility
3.2.2.2 Ausfallwahrscheinlichkeit
3.2.2.3 Betafaktor
3.2.2.4 Residualvolatilitat
3.2.2.5 Weitere
3.2.3 Risikobehandlung in der Praxis
3.3 Rendite
3.3.1 aktive versus Benchmarkrendite
3.3.2 zeit- versus wertgewichtete Rendite
3.3.3 arithmetische versus geometrische Durchschnittsrendite
3.4 Performance
3.4.1 Performancekennzahlen
3.4.1.1 Sharpe-MaB
3.4.1.2 Treynor-MaB
3.4.2 allgemeine Problematik der Performancebeurteilung
3.4.2.1 Performance-Attribution
3.4.2.2 Der Faktor Gluck
3.5 Assetklassen
3.5.1 Bargeld
3.5.2 Anleihen
3.5.3 Aktien
3.5.4 Hedge Fonds
3.5.5 unternehmerische Beteiligungen
3.5.6 Weitere

4 Umsetzung anhand eines Kundenbeispiels
4.1 Ausgangssituation
4.2 Konzepterstellung
4.2.1 MPT-Portefeuille
4.2.2 Beteiligungs-Portefeuille
4.2.3 Manager-Mix-Portefeuille
4.2.4 Portefeuille-Konsolidierung
4.3 Portefeuille-Controlling und -Monitoring
4.4 Ergebnisprasentation

5 Resumee

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Entscheidungsrichtungen der Portfoliobildung

Abb. 3: DAX und REX Renditen der Jahre 1999-2008

Abb. 4: Effizienzlinie - Aktien Standardwerte Eurozone / Renten Langlaufer Euro.

Abb. 5: Diversifikation von unsystematischen Risiken

Abb. 6: Unterscheidung verschiedener Renditen

Abb. 7: Magisches Zieldreieck im Portfoliomanagement

Abb. 8: Korrelation von Waldinvestments zu anderen Assetklassen

Abb. 9: Effizienzlinie, MPT-Portefeuille

Abb. 10: Verteilungsfunktion der Rendite MPT-Portefeuille

Abb. 11: S&P Listed Private Equity vs. MSCI World

Abb. 12: Vermogenszuwachs Lloyd Schiffsportfolio vs. Finanzmarkte

Abb. 13: Verteilungsfunktion der Rendite des Beteiligungs-Portefeuilles

Abb. 14: Verteilungsfunktion der Rendite des Manager-Mix-Portefeuilles

Abb. 15: Verteilungsfunktion der Rendite des gesamten Kundenportefeuilles

Abb. 16: Asset Allocation Stufe 1

Abb. 17: Asset Allocation Stufe 2 und 3

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Wertpapierbeispiel zur MPT - 1

Tab. 2: Wertpapierbeispiel zur MPT - II

Tab. 3: zeit- versus wertgewichtete Rendite

Tab. 4: arithmetische vs. geometrische Durchschnittsrenditen - 1

Tab. 5: arithmetische vs. geometrische Durchschnittsrenditen - II

Tab. 6: Beispiel Performanceattribution - 1

Tab. 7: Beispiel Performanceattribution - II

Tab. 8: Beispiel Performanceattribution - III

Tab. 9: Zusammenfassung Ausgangssituation

Tab. 10: Erwartungswerte und Standardabweichungen Beteiligungs-Portefeuille

Tab. 11: Korrelationsmatrix Beteiligungs-Portefeuille

Tab. 12: Risiko/Rendite Charakteristika von Mischfonds und Hedge Fonds

Tab. 13: Ubersicht der Portefeuille-Merkmale

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Das letzte Jahrzehnt war kein erfolgreiches, fur Investoren die ihr Geld dauerhaft und ausschlieBlich an den Aktienmarkten angelegt haben. Wer auf den verstorbenen „Borsenguru“ Andre Kostolany gehort hat und die letzten zehn Jahre im Vertrauen auf seine Weisheiten mit Schlaftabletten im Bett verbracht hat, um nun seinen Reichtum zu genieBen, der wird mit Sicherheit nicht uber die Resultate dieser Anlagestrategie erfreut sein. Das Resultat ist, dass er weder den nominalen, noch den realen Wert (unter Berucksichtigung der Inflation) seines Vermogens, erhalten konnte. Verluste, die nominal, in einigen Aktienmarkten, noch gering erscheinen, werden real, zu einem Desaster.

Der deutsche Aktienindex DAX hat in der Zehnjahresbetrachtung einen Verlust von 14,43 % zu verbuchen. Diese negative Entwicklung wirkt harmlos im Vergleich zu den 35,58 % die der US-Amerikanische Index S&P 500 verloren hat. Noch schlimmer traf es japanische Investoren mit „Home Bias“[1]. Japans Aktienindex, Nikkei 225, buBte seit 1999 49,42 % ein.

Diese Fakten sind abschreckend, doch sie sind nicht die einzige ungunstige Entwicklung mit der der private Anleger in der letzten Dekade konfrontiert wurde.[2] Im Zuge der Insolvenz von Lehman Brothers im September 2008 mussten viele Anleger uberraschend feststellen, dass Zertifikate rechtlich gesehen Schuldverschreibungen sind und als solche mit dem Emittentenrisiko, also dem Risiko der Zahlungsunfahigkeit des Emittenten, ausgestattet sind. Zusatzlich werden Investoren durch die anhaltende negative Berichterstattung, uber die Finanzbranche, in den Medien und das unangebrachte Expertentum, von oftmals schlecht informierten Politikern,[3] im Wahljahr 2009, verunsichert.

Diese Grunde konnen den privaten Anleger nicht nur irritieren, sondern schlimmstenfalls dazu verleiten, passiv zu bleiben. Haufig neigt der Anleger dazu prozyklisch zu handeln. In Zeiten, in denen groBe Blasen an den Finanzmarkten entstehen, zum Beispiel die TMT-Blase, investieren Anleger ihr Geld in die fraglichen Markte. Fur wenige Prozentpunkte Uberrendite werden immer groBere Risiken eingegangen, obwohl ein Ende der Hausse moglicherweise abzusehen ist. Kommt es dann zum Crash und zu massiven Kurseinbruchen, die den Anleger schwer treffen, realisiert er seine Verluste und fluchtet aus allem was riskant erscheint um erneut darauf zu warten, dass die Masse der Anleger investiert. An dieser Stelle zeigt sich, dass die Leute wohl doch nicht ganz verstanden haben worum es Herrn Kostolany ging. Namlich darum, antizyklisch zu handeln, weil sich so laut Kostolany die groBten Chancen ergeben und man das Risiko begrenzen kann.

An diesem Punkt, gilt der private Anleger nicht langer als rationaler Nutzenmaximierer im okonomischen Sinne. Alles was uber das rational handelnde Individuum (Homo Oeconomicus) der neoklassischen Finanzierungstheorie hinausgeht wurde lange vernachlassigt.[4] Nach Meinung des Autors sollte der Vermogensverwalter, so viel Einfluss ausuben, dass groBere Fehler durch irrationales Handeln begrenzt werden. Eine sowohl technische, als auch padagogische Aufgabenstellung.

Schlechte Aktienmarktentwicklungen, die Krisen der letzten zehn Jahre, zweifelhafte Medienberichterstattung, und prozyklisches, irrationales Investitionsverhalten, sind die groBten Probleme der Vergangenheit und der Gegenwart. Die Liste der Probleme wird jedoch durch den Ausblick in die Zukunft noch langer.

Die Wirtschaft wird, seitdem sich die Finanzkrise 2008 zu einer weltweiten Wirtschaftskrise ausgeweitet hat, mit Geld uberschwemmt. Diese, durch den Vorsitzenden der US-Amerikanischen Zentralbank (Federal Reserve) Ben Bernanke gepragte, Helikopter-Okonomie (in deflationaren Zeiten muss man mit einem

Helikopter uber die Stadte fliegen und Sackeweise frisch gedrucktes Geld abwerfen[5] ) mag die richtige sein, um drohende Deflationsgefahren abzuwenden und um ahnliche Vorgange wie zur Zeit der groBen Depression in den 30er Jahren zu verhindern, doch sie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer steigenden Geldentwertung und somit zum Kaufkraftverlust fuhren.

David Swensen, Chief Investment Officer des Stiftungsportfolios der Yale Universitat, erwartet, dass die Inflation schneller und starker steigt, als es der Durchschnitt der Analystenschatzungen vermuten lieBe. Seiner Meinung nach lasst sich die expansive Geldpolitik nicht anders verdauen.[6] Der Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) Prof. Dr. Thomas Straubhaar rechnet beispielsweise mit einer Inflation von uber 5 Prozent fur die Zeit nach 2010.[7] Sowohl in den 70er und 80er Jahren, als auch in den 90er Jahren gab es Inflationsraten von uber 4 Prozent. In der Spitze 1973 eine Steigerung des Verbraucherpreisindex von annahernd 7 Prozent.[8]

Die groBte Aufgabe fur Vermogensverwalter wird dementsprechend darin bestehen, auch bei steigender Inflation, die Kaufkraft der Kunden mindestens zu erhalten. Der Anspruch herausragender Vermogensverwalter muss naturlich darin liegen, die Kaufkraft auch nachhaltig zu erhohen.

Ziel dieser Arbeit soll es sein, einen Uberblick uber einen Teil der fur die Asset Allocation wichtigen Themen zu geben und Wege aufzuzeigen, wie ein Vermogensverwalter das Vermogen des Privatkunden auf verschiedene Assetklassen aufteilen kann, um die Risiken zu minimieren und die Ertrage zu maximieren, um die Kaufkraft zu erhohen. Das zur Erreichung dieser Ziele eine Erhohung des Aktienanteils am Portefeuille nicht ausreicht, durfte deutlich geworden sein.

1.2 Aufbau und Struktur der Arbeit

Die Arbeit besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist umfangreicher, da dort, neben der Theorie, bereits Hinweise, fur die Praxis, geliefert werden. Im ersten Teil sollen alle relevanten theoretischen Grundlagen definiert und erlautert werden. In jedem Abschnitt des ersten Teils wird versucht, eine Brucke zur Praxis zu schlagen und eine Indikation dafur zu liefern, welche Bedeutung aus dem theoretischen fur die Praxis erwachst.

Zunachst einmal werden die themengebenden Begriffe „moderne, private Finanzplanung“ und „Asset Allocation44 beschrieben und definiert.

Im Anschluss daran werden die maBgebenden Portefeuillecharakteristika ausfuhrlich erlautert. Einen Einstieg bilden die moderne Portfoliotheorie und die Theorie Informationseffizienter Markte. Beide Theorien werden ausfuhrlich erlautert, da Sie von Relevanz fur den praktischen Teil sind. Es wird auf die Bedeutung der einzelnen Theorien fur die Praxis hingewiesen. Danach werden die Begriffe Risiko und Rendite erlautert und schlussendlich werden die Begriffe Risiko und Rendite zu dem Terminus Performance verknupft. Fur jedes Charakteristikum werden passende Kennzahlen genannt.

Daraufhin werden verschiedene Assetklassen, die in dieser Arbeit auch groBtenteils im praktischen Teil berucksichtigt werden, beschrieben. Jede Assetklasse wird allgemein, mit Bedeutung im Portefeuille und Begrundung der Sinnigkeit einer Berucksichtigung erlautert. Hinzu kommt, dass fur bestimmte Assetklassen, Moglichkeiten genannt werden, um einzelne Anlagen, anhand von quantitativen und qualitativen MaBstaben, zu beurteilen. In diesem Abschnitt werden neben den traditionellen Assetklassen, wie zum Beispiel Aktien und Anleihen, auch alternative Assetklassen, zum Beispiel in Form von Waldinvestments oder Hedge Fonds, beschrieben. Gerade unter Berucksichtigung der in der Einleitung beschriebenen Problematik, der hohen Geldentwertung in den kommenden Jahren, soll hier auch ein Augenmerk auf Realwerte, zum Beispiel Schiffs- oder die bereits genannten Waldinvestments, gelegt werden.

Die Beschreibung der verschiedenen Assetklassen bildet den Abschluss des theoretischen Teils.

Im zweiten Teil, dem praktischen Teil, soil anhand eines selbst gewahlten Beispiels, gezeigt werden, wie sich eine Brucke zwischen Praxis und Theorie schlagen lasst. Zunachst werden alle wichtigen Pramissen, wie zum Beispiel das Alter des Kunden, Gesamtvermogen, freies Vermogen, bisherige Erfahrungen im Investmentberecht et cetera, die Ist-Situation, genannt. Hier gibt es eine Analogie zu einem ersten konkreten Beratungsgesprach. AnschlieBend wird definiert, was die Ziele des Kunden sind.

Danach wird versucht, die Asset Allocation bestmoglich, unter den Eingangs definierten Pramissen, umzusetzen.

AbschlieBend erfolgt eine Schlussbetrachtung, in der alles noch einmal grob zusammengefasst wird und der Autor ein Resumee zieht.

Der Themenbereich der Steuern, spielt zwar zweifelsohne eine gewichtige Rolle, im Bereich der modernen, privaten Finanzplanung, er wird aber nicht Thema in dieser Arbeit sein. Fur steuerliche Angelegenheiten ist der Finanzplaner, auch rein rechtlich gesehen, nicht der richtige Ansprechpartner. Der Kunde muss sich in detaillierten steuerlichen Fragen weiterhin an den Steuerberater wenden.

Aus Sicht des Autors handelt es sich beim Thema Asset Allocation sowohl um eine Wissenschaft, als auch um eine Kunst. In so fern schlieBt sich auch der Kreis, des akademischen Studiums zum Bachelor of Arts. Mathematische Modelle lassen sich zwar nicht komplett ausschlieBen, dennoch sollen, in dieser Abschlussarbeit, mathematische Modelle nicht bis ins kleinste Detail seziert werden. Nach Meinung des Autors hat die Vergangenheit mehr als haufig gezeigt, dass es in Finanzwirtschaft, analog zur Betriebswirtschaft, keine Laborsituation gibt. Mit Versuchen, Brucken zwischen der Physik und der Finanzwirtschaft zu schlagen sind schon wissenschaftliche GroBen aus Harvard und dem Massachusetts Institute of Technology gescheitert. Robert C. Merton und Myron S. Scholes, 1997 ausgezeichnet mit dem Nobelpreis fur Wirtschaftswissenschaften, waren als Direktoren unmittelbar beteiligt an dem Hedge Fonds Long Term Capital Management, der 1998 spektakular insolvent wurde und somit ein Finanzchaos ausloste. Das alles soll selbstverstandlich nicht heiBen, dass Asset Allocation nicht erlembar ware. Die Grundlagen, die wie ein Handwerk zu erlernen sind, sind wissenschaftlicher Natur[9]

2 Begriffsbestimmung

2.1 moderne, private Finanzplanung

In der Literatur wird in der Regel zwischen vier verschiedenen Ansatzen der Beratung unterschieden. Dem produktorientierten, dem problemorientierten, dem zielgruppenorientierten und dem individuell bedarfsorientierten Beratungsansatz.[10]

Der produktorientierte Beratungsansatz ist einzig und allein auf den Vertrieb eines einzelnen Produkts ausgelegt. Es spielt keine Rolle um was fur einen Kunden es sich handelt. Das Produkt ist stets das Richtige.

Ein Problem ist der Ausgangpunkt beim problemorientierten Beratungsansatz. Es werden meist standardisierte Produktpakete, zum Beispiel Haftpflicht-, Unfallschutz-, Alterversorgung- und Familienversicherung, geschnurt und dann dem Kunden empfohlen. Genau wie der produktorientierte Beratungsansatz, wird auch der problemorientierte Beratungsansatz gerne und oft von vertriebsorientierten Finanzdienstleistungsunternehmen praktiziert. Der individuelle Bedarf wird nur sehr unzureichend berucksichtigt.

Teilweise kann die Unzulanglichkeit des problemorientierten Beratungsansatzes durch die Zielgruppenorientierung kompensiert werden. Trotzdem handelt es sich im Grunde nur um eine Weiterentwicklung dessen. Zwar wird der Fokus nur noch auf eine spezielle Zielgruppe gelegt und auch zielgruppenspezifische Produkte und Dienstleistungen angeboten, was durchaus in die Richtung des individuellen Beratungsansatzes geht, dennoch kann dieser nicht ausreichend befriedigt werden. Es bleibt immer noch eine zu groBe Verallgemeinerung der Personen in dieser Zielgruppe. Dieser Ansatz beinhaltet zudem einen groBen Reiz aus Marketingsicht, da sich das Unternehmen, beziehungsweise der Vertrieb, als Spezialist fur eine bestimmte Zielgruppe platzieren kann und so stark von Zugehorigkeitseffekten und Mund zu Mund Propaganda profitiert.

All diese Beratungsansatze bieten groBe Vorteile, jedoch nicht fur denjenigen der von einer Beratung profitieren sollte, den Kunden. Der Kunde steht beim individuell bedarfsorientierten Beratungsansatz im Mittelpunkt. Bei diesem Ansatz der Beratung steht vor allem die Zielorientierung im Vordergrund.[11] Es ist wichtig, dass ein spezielles, auf den Kunden zugeschnittenes, Konzept erarbeitet wird und mit Hilfe der optimal passenden Produkte realisiert wird. Aus Sicht des Autors ist es besonders wichtig, dass der Berater nicht an eine bestimmte Produktpalette gefesselt ist, sondern frei und unabhangig entscheiden kann, welche Produkte er am Markt auswahlt.

Eine weitere treffende Definition sieht der Autor in der fur Financial Planning. Haufig wird der angelsachsische Begriff Financial Planning als Synonym fur private Finanzplanung verwendet. Eine detaillierte Definition fur Financial Planning liefert Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsmitglied des DEVFP Deutscher Verband Financial Planners e. V., der nationalen Lizenzorganisation fur Certified Financial Planner:

„Financial Planning ist eine ganzheitliche Beratungsdienstleistung, die als ein systematisch koordinierter Planungsprozess - bestehend aus Auftragsvergabe, Datenaufnahme, Analyse und Planung, Dokumentation, Betreuung mit Realisierung und periodischer Kontrolle - organisiert ist.

Financial Planning soll Privatpersonen in ihren moglichen Rollen als wirtschaftlich handelnde Individuen, Haushalte oder Unternehmer in die Lage versetzen, ihre durch den Eintritt oder die Erwartung bestimmter Lebensereignisse ausgelosten finanziellen Ziele zu konkretisieren und unter Berucksichtigung der spezifischen finanziellen, rechtlichen, personlichen und familiaren Ausgangslage sowie externer Rahmenbedingungen optimal zu erreichen.

Financial Planning ist auf Basis der Grundsatze ordnungsgemaBer Finanzplanung durchzufuhren.“[12]

Struktur und Zielsetzung der Grundsatze ordnungsgemaBer Finanzplanung (GoF) sind vergleichbar mit den Grundsatzen ordnungsgemaBer Buchfuhrung (GoB), es bestehen jedoch nicht die gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen.[13]

Entwickelt wurden die GoF von Arbeitskreisen der DGF Deutsche Gesellschaft fur Finanzplanung e. V., Bad Homburg. Insgesamt gibt es sieben Grundsatze:

1. Vollstandigkeit: Alle Kundendaten werden erfasst, analysiert und geplant. Es mussen sowohl die Vermogenswerte als auch die Verbindlichkeiten erfasst werden. Die Einnahmen und Ausgaben und personliche Informationen mussen analysiert werden und es muss ein personliches Zielsystem des Kunden erstellt werden.
2. Vernetzung: Alle Einflusse der Einnahmen und Ausgaben aus personlicher, rechtlicher, steuerlicher und volkswirtschaftlicher Sicht sind zu analysieren. Dieser Punkt setzt die koordinierte Zusammenarbeit mit Experten voraus. Es mussen mindestens ein Steuerberater und ein Rechtsanwalt dem Finanzplaner zur Seite stehen.
3. Individualitat: Jeder Kunde wird gesondert betrachtet. Hier zeigt sich, dass alle Beratungsansatze auBer dem individuellen bedarfsorientierten nicht im Sinne des Kunden sein konnen. Die familiare und berufliche Situation des Kunden, seine Ziele und seine Bedurfnisse mussen im Mittelpunkt der Beratung stehen.
4. Richtigkeit: Es muss nach aktuellem gesetzlichem Stand und auf Basis der aktuellen anerkannten methodischen Konzepte fehlerfrei gearbeitet werden. In dem Zusammenhang gilt es zu verdeutlichen, dass Planungen nie sicher, sondern stets nur plausibel sein konnen.
5. Verstandlichkeit: Der Kunden soil nicht mit Fachwissen erschlagen werden, so dass dieser den Wald vor lauter Baumen nicht mehr sieht, sondern es sollen dem Kunden die Probleme, als auch die Ergebnisse, moglichst verstandlich erklart werden, sodass dieser alles nachvollziehen und verstehen kann und eine Antwort auf die im Rahmen der Finanzplanung gestellten Fragen erhalt.
6. Dokumentationspflicht: Es muss eine besonders hohe Transparenz fur den Kunden hergestellt werden. Im Prinzip muss der Beratungsprozess ex-post stets von einem Dritten nachvollzogen werden konnen. Es gilt die die Finanzplanung inklusive Pramissen und Ergebnissen schriftlich festzuhalten.
7. Einhaltung der Berufsgrundsatze: Ein Financial Planner muss die Berufsgrundsatze eines Financial Planners, Integritat, Vertraulichkeit, Objektivitat, Neutralitat, Kompetenz und Professionalitat, stets beachten.[14]

Diese Grundsatze halt der Autor fur korrekt, zumal sie die einzige ernstzunehmende Orientierung fur Finanzdienstleister darstellt.

Der Autor betrachtet moderne, private Finanzplanung als eine ganzheitliche (siehe Punkt 2: Vernetzung) individuelle Beratung, die mit fortlaufendem Controlling verknupft ist und den Gegebenheiten im Umfeld des Kunden, stets mit offenen Augen und Ohren gegenuber steht. John Maynard Keynes sagte uber die Mentalitat des Menschen folgenden klugen Satz: „Es ist besser, sich mit seinem Chef zu irren, als gegen ihn Recht zu haben.“ Jemand der moderne, private Finanzplanung im Sinne des Autors praktiziert scheut sich nicht davor, gegen seinen Chef Recht zu haben, so lange der Kunde begunstigt wird.

2.2 Asset Allocation

Asset ist die englische Bezeichnung fur Vermogen und Allocation leitet sich von dem lateinischen locare (platzieren) ab. Der Autor verwendet im Folgenden fur den Begriff Asset Allocation auch die Begriffe Vermogensaufteilung und Portfoliomanagement. Asset Allocation kann sowohl als Vorgang, als auch als das Resultat eines solchen Vorgangs bezeichnet werden. Diese Ausarbeitung behandelt vornehmlich den Vorgang der Asset Allocation.

Haufig wird in der Literatur, im Zusammenhang mit Asset Allocation, von einem Prozess gesprochen. Dieser Sichtweise steht der Autor kritisch gegenuber. Der Vorgang der Asset Allocation ist nicht vollstandig beherrschbar, aufgrund der vielen Einflussvariablen, die eine hohe Dynamik charakterisiert. Behavioral Finance ist in dem Zusammenhang ein Beispiel, welches Irrationalitat und somit schlechte Prognosemoglichkeiten aufzeigt. Hinzu kommt, dass Asset Allocation im bestmoglichen Fall niemals eins zu eins replizierbar ist, da Finanzplanung stets individuell sein muss. Das gilt naturlich erst recht fur sehr vermogende Kunden. Das sind zwei Grunde, die den Autor zu dem Schluss kommen lassen, dass es sich bei Asset Allocation nicht um einen Prozess, sondern um ein langwieriges Projekt, welches im bestmoglichen Fall generationenubergreifend andauert, handelt.

Spricht man von Asset Allocation, so ist klassischer Weise die Aufteilung des Finanzvermogens auf verschiedene Wertpapierklassen gemeint[15]. Asset Allocation beinhaltet nicht nur die Assets (Vermogenswerte), sondern es ist ublich, dass der Investor auch gewisse Liabilities[16], also Verpflichtungen gegenuber Dritten, zum Beispiel in Form von Darlehen, hat. Liabilities sind nicht Bestandteil dieser Arbeit.

Traditionelle Wertpapierklassen sind zum Beispiel Aktien und Anleihen. In vielen klassischen Modellen der Asset Allocation wird neben den genannten

Wertpapierklassen noch die Vermogensklasse Bargeld (oftmals mit dem englischen Begriff „Cash“ bezeichnet) berucksichtigt. Weitere Vermogensklassen wie zum Beispiel Immobilien, Mobilien (Schiffe, Flugzeuge, Autos), Private Equity (Beteiligungen an nicht-borsennotierten Unternehmen), Waldinvestments, Kunst oder gar Rotwein, finden wenig bis gar keine Beachtung in den Modellen der Asset Allocation. Der Grund dafur ist unter anderem, dass diese Assetklassen zum Teil nicht sehr marktgangig sind.[17] Haufig liegt das daran, dass die Markte fur diese Vermogensklassen illiquide und untransparent sind. Diese Ineffizienz ist der Grund, warum Kapitalmarkttheorien im Hinblick auf die Asset Allocation auch kritisch zu betrachten sind. Die Kapitalmarkttheorie betrachte in der Regel nur Wertpapiermarkte, insbesondere Aktienmarkte, aufgrund ihrer hohen Effizienz.[18]

Gerade in den oben genannten, weiteren Anlageklassen steckt jedoch, nicht zuletzt aufgrund ihrer Ineffizienz, fur langfristig orientierte Investoren, hohes Renditepotenzial. Aus diesem Grund sollen in dieser Ausarbeitung auch Anlageklassen berucksichtigt werden, die uber Aktien, Anleihen und Bargeld, hinausgehen. Hierbei handelt es sich selbstverstandlich um einen auBerst komplexen Vorgang, der mit der Zeit, durch das Auftauchen neuer Finanzinstrumente, zum Beispiel viele verschiedene Derivate oder die neuen Investitionsmoglichkeiten fur Privatinvestoren, siehe Waldinvestments, noch komplexer geworden ist und vermutlich auch werden wird. Der Allokationsvorgang soll in dieser Arbeit nicht bis auf die einzelne Flasche Rotwein, des einzelnen Jahrgangs, des speziellen Anbaugebietes herunter gebrochen werden. Es soll aber ein Eindruck davon vermittelt werden, welche Chancen auch abseits der klassischen Vorgehensweise, aus einer gut durchdachten und langfristig orientierten Asset Allocation resultieren konnen.

Wenn man von der gesamten Performance eines Portefeuilles ausgeht, so ist der groBte Teil der Asset Allocation zuzuschreiben. David Swensen verweist auf Studien, die belegen, dass die Asset Allocation sogar fur mehr als 100 Prozent des Gewinns verantwortlich ist, da die beiden anderen Faktoren, die Selektion von einzelnen Titeln (auch Stock Picking genannt) und das Markt Timing, also das Ein- und Aussteigen in Markte zu bestimmten Zeitpunkten, netto ein negatives Ergebnis liefern. David Swensen erklart dies anhand eines Beispiels einer Aktie. Kauft jemand eine Microsoft Aktie und gewinnt damit, so steht auf der anderen Seite immer der Verkaufer, der dadurch einen Verlust zu verzeichnen hat. Wurden also keine Kosten existieren, so wurde es okonomisch in einem Null-Summen Spiel resultieren. Es existieren aber einige Kosten, zum Beispiel in Form von Transaktionskosten, Kosten fur Vermogensverwalter, falls die Entscheidung fur den Kauf einer Aktie nicht selbst gefallt wurde oder auch Steuern, die im Endergebnis die Gewinne schmalern.[19] Die durchschnittliche Rendite aller Investoren in einem Markt kann also nicht uber der Marktrendite liegen und aufgrund von Transaktionskosten liegt die Durchschnittsrendite sogar unter der Marktrendite,[20] was tendenziell gegen einen passiven oder willkurlichen Ansatz und fur eine aktive Asset Allocation spricht.

Bei der Asset Allocation unterscheidet man generell zwischen zwei Vorgehensweisen. Dem „top down“-Ansatz und der der Selektion einzelner Titel, dem „bottom up“- Ansatz. Die Selektion, also die Auswahl einzelner Aktien findet auf Basis technischer, fundamentaler oder statistischer Analysen statt. Diese Vorgehensweise wurde zu zufallig zusammengesetzten Portefeuilles fuhren. Bei dem „top down“-Ansatz der Asset Allocation wird zunachst einmal festgelegt, wie denn die Gesamtheit des Portefeuilles, auf die einzelnen Assetklassen aufzuteilen ist. Professionelle Investoren bevorzugen in der Regel den „top down“-Ansatz, wohingegen semi-professionelle Anleger haufig zu „bottom up“-Portefeuilles neigen, die zum Beispiel durch viele „heiBe Tipps“ zustande gekommen sein konnen.

Abbildung 1: Entscheidungsrichtungen der Portfoliobildung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Rudolph, Bernd (2003), S. 6

Die beiden Vorgehensweisen „top down“ und „bottom up“ schlieBen sich aus gesamtallokationstechnischer Sicht aber nicht grundsatzlich aus.[21] An dieser Stelle muss man zwischen strategischer Asset Allocation und taktischer Asset Allocation unterscheiden. Strategische Asset Allocation ist mittel- bis langfristig orientiert, wohingegen bei aktivem Portfoliomanagement kurzfristig wahrgenommene Entscheidungen, zum Beispiel in Form von Einzeltitelauswahl, von taktischer Natur sind.[22] Die Performance des Portfolios wird deutlich starker durch die strategische Asset Allocation, also durch die Auswahl verschiedener Assetklassen, Lander, Wahrungen, beeinflusst, als durch die taktische Asset Allocation, die Auswahl einzelner Branchen oder Titeln.[23]

Strategische Asset Allocation findet auf Basis ganzer Lander oder Markte statt, wohingegen sich die taktische Asset Allocation mit den Ebenen unterhalb ganzer Lander oder Markten befasst. Je weiter die einzelnen Assetklassen differenziert werden, desto komplexer gestaltet sich selbstverstandlich die Allokation. Der Vermogensverwalter muss sich in dem zweiten Fall nicht nur uberlegen, welchen Anteil, des zu aufteilenden Finanzvermogens er auf die Assetklassen Aktien, Anleihen, Immobilien und Cash verteilt, sondern er muss detailliert uberlegen welchen Anteil er beispielsweise in Aktien der etablierten Markte (zum Beispiel Deutschland, GroBbritannien, Japan, USA, et cetera) oder in Aktien von Unternehmen aus Schwellenlandern (zum Beispiel Brasilien, Russland, Indien, China, et cetera) investiert. Eine Ubersicht uber die Diversifikationsebenen der Asset Allocation befindet sich im Anhang.

Generell lasst sich sagen, dass Asset Allocation ein Vorgang ist, der in der Betrachtungsweise, von der strategischen Einteilung der Assetklassen, Lander und Wahrungen, immer genauer wird und schlieBlich in der taktischen Asset Allocation uber die Branchen-, Schuldner- und Laufzeitenauswahl, in der Einzeltitel, respektive Emittentenauswahl mundet.[24]

Wenn alle Informationen am Kapitalmarkt kostenlos und unmittelbar verfugbar waren, dann ware diese stufenweise Vorgehensweise ohne Nutzen. In dem Fall ware es effizienter, alle Entscheidungen, inklusive Einzeltitelauswahl unmittelbar zu treffen. Da das Sammeln von Informationen aber mit einem hohen Aufwand verbunden ist, ist es rational vernunftiger, erst einmal Grundsatzentscheidungen zu treffen und danach dann die besonders kostenintensiven Detailentscheidungen, wie zum Beispiel die Emittenten- oder Einzeltitelauswahl.[25]

Ausgangspunkt und maBgeblich fur die Ausrichtung der strategischen Asset Allocation ist das Anlageziel und daraus resultierend, die zu erzielende Rendite und das MaB an Risiko, das der Anleger tragen kann. Ist der Investor in der Lage ein groBeres Risiko einzugehen, so werden riskantere Assetklassen, wie Aktien oder Private Equity ubergewichtet. Lasst die Lebenssituation des Anlegers nur ein sehr geringes Risikoexposure zu, so muss die Entscheidung stets zu Gunsten einer Ubergewichtung von risikoarmeren Anlageklassen, wie zum Beispiel Anleihen, fuhren.

Die Aufgabe der strategischen Asset Allocation ist es, fur lange Zeitraume, die Steuerrichtung vorzugeben, dementsprechend kann man auch erst nach einem langerem Zeitraum uber ihren Erfolg urteilen, wohingegen es die Aufgabe der taktischen Asset Allocation ist, kurzfristig Alpha gegenuber der Benchmark zu erzeugen, also eine bessere Performance zu liefern, als der MaBstab, an dem die Anlage gemessen wird.[26]

Neben der strategischen und er taktischen Asset Allocation, existiert noch ein dritter Bereich, die dynamische Asset Allocation. Bei dynamischen Asset Allocation Strategien handelt es sich nach Trippi und Harrif um Investmentstrategien, bei denen man den Inhalt des Portefeuilles zwischen zwei oder mehreren Assetklassen, je nach Veranderungen im Portefeuille oder okonomischen Veranderungen, auf mehr oder weniger kontinuierlicher Basis, verschieben kann.[27] Mit Hilfe verschiedener Unterstrategien, wird versucht, die Ziele des Anlegers bestmoglich zu erreichen, indem man fortlaufend Anderungen der Assetklassenanteile, zum Beispiel Aktien und Anleihen, am Gesamtportefeuille vornimmt. Hierbei handelt es sich um sehr aufwendige Strategien, die vornehmlich im institutionellen Bereich anzutreffen sind[28].

Das bedeutet jedoch nicht, dass private Asset Allocation, die auf den Grundsatzen der strategischen und taktischen Asset Allocation fuBt, komplett statisch ist. Wenn es zu Ubertreibungen und Herdentriebphanomenen[29] an den Borsen kommt, so ware es von Vorteil wenn der Investor, beziehungsweise dessen Handlungsbefugter, schnell reagiert und sich beide Parteien, nachdem das Geld sicher am Geldmarkt geparkt wurde, zusammensetzten, um eine geeignete Strategie fur die Zukunft zu uberlegen. Solche Einschnitte sollten aber nur in Extremsituationen gemacht werden.

AbschlieBend lasst sich sagen, dass der Vorgang der Asset Allocation vergleichbar ist, mit dem Malen eines Bildes. Man weiB man mochte einen Strand malen, es ist Himmel zu sehen, das Meer und im Hintergrund Baume. Man malt alle Konturen, nur die Farben, mit denen man alles ausmalt, die konnen je nach Jahreszeit schon mal variieren.

3 Portefeuillecharakteristika

3.1 Finanztheorien

3.1.1 Das Portfolio-Selection Modell

3.1.1.1 Einfuhrung

Die vergangenen Jahrzehnte haben viele Erkenntnisse fur den Finanzbereich geliefert, so zum Beispiel auch die Tatsache, dass das Zusammenstellen eines optimalen Portefeuilles nicht durch das Kombinieren einzeln ausgewahlter Wertpapiere, als „bottom up“-Ansatz bereits erwahnt, funktioniert. Wenn man ein optimales, der korrekte Terminus ist, ein effizientes, Portefeuille bilden will, so kommt es darauf an, die Beziehungen zwischen den Wertpapieren zu beachten. Diese, seiner Zeit revolutionare Betrachtungsweise stammt von Harry Max Markowitz.

Als Harry M. Markowitz erste Ideen der Portfolio-Selection, Anfang der funfziger Jahre des letzten Jahrtausends, veroffentlichte, existierte noch keine allgemeingultige Meinung daruber, wie das Risiko einer Finanzanlage zu definieren, geschweige denn zu quantifizieren sei.[30] Markowitz definierte, in seinem 1959 erschienen Werk „Portfolio Selection: Efficient Diversification of Investments", dass das Risiko eines Investments darin besteht, dass die tatsachlich erzielte Rendite von der erwarteten Rendite abweichen konnte.[31] 1987 fasste er sein Werk unter dem Titel „Mean-Variance Analysis" zusammen.[32] Da sich sein Werk auf die zwei Variablen Mittel (Mean) und Varianz (Variance) beschrankt, wird die Portfolio Selection Theorie auch Mean- Variance-Portfoliotheorie genannt.[33] 1990 erhielt er dafur den Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften.

Seine Theorie ist haufig kritisiert worden und doch ist sie bis heute fester Bestandteil der Finanzwelt. In einer Arbeit zum Thema Asset Allocation kann man das Modell der Portfolio Selection kaum umgehen.

Zum Einstieg eine Ubersicht der Pramissen der Portfolio Selection Theorie[34]:

- Es wird nur eine Periode betrachtet (beispielsweise ein Jahr)
- Rationalitat der Anleger, das heiBt, der Anleger wird bei gleichem Ertrag, die Anlage bevorzugen, die ein geringeres Risiko aufweist
- Risiko ist die Streuung der Renditen um den Erwartungswert, also die Standardabweichung, beziehungsweise die quadrierte Standardabweichung, die Varianz
- Die Renditen eines Investments unterliegen der Normalverteilung
- Der Anleger ist Risikoavers, das heiBt, er scheut das Risiko
- Alle Outer sind teilbar
- Es gibt keine Leerverkaufe (Short Selling)
- Es existieren weder Kosten, noch Steuern[35]

Der Kernpunkt seiner Theorie war die Feststellung, dass zwischen dem Risiko eines gesamten Portefeuilles und den Risiken der einzelnen Wertpapiere streng unterschieden werden muss. So ist das Risiko eines Portfolios nicht gleich dem durchschnittlichen Risiko der Summe der Einzelanlagen, vielmehr hangt das Oesamtrisiko des Portefeuilles von den Kovarianzen der Einzelrenditen ab.[36]

3.1.1.2 mathematische Vorgehensweise

Markowitz zeigte, dass das Beimischen eines Wertpapiers zu einem bestehenden Portefeuille, man spricht von Diversifikation, dazu fuhrt, dass sowohl das Risiko gesenkt, als auch die Rendite gesteigert werden kann. MaBgeblich dafur sind, wie erwahnt, die Kovarianzen der Einzelrenditen.

Die Kovarianz zwischen zwei Wertpapierrenditen ist definiert durch:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Ergebnis, die Kovarianz, ist eine statistische MaBzahl, die angibt in welchem Grad sich zwei Variablen, im Falle von Investments deren Renditen, im Gleichlauf bewegen, in Relation zu ihren historischen, individuellen Mittelwerten.[37]

Da es sich bei der Kovarianz um eine absolute Zahl handelt, die das Vergleichen verschiedener Wertpapierpaare schwierig macht, wird aus der Kovarianz und den Standardabweichungen der jeweiligen Wertpapiere der Korrelationskoeffizient errechnet. Durch diese Rechenoperation erhalt man ein relatives MaB, das auf den Wertebereich von -1 bis +1 beschrankt ist. Dadurch wird der Korrelationskoeffizient leichter interpretierbar.[38]

Der Korrelationskoeffizient errechnet sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ist der Korrelationskoeffizient zweier Wertpapier +1, so spricht man von einer vollstandig positiven Korrelation. Zwischen den Renditen von Wertpapier i und Wertpapier j existiert ein perfekte, positive Beziehung, dass heiBt, die Renditen bewegen sich in komplett linearer Weise.

Nimmt der Korrelationskoeffizient einen Wert von -1 an, so bedeutet dies das komplette Gegenteil. In dem Fall besteht ein perfekter, negativer, linearer Zusammenhang, zwischen dem Verlauf der Renditen. Einfach ausgedruckt: Ist die Rendite von Ri = 3 %, so ist die Rendite von Rj = -3 %.

Bei einem Korrelationskoeffizient von 0, ist der Verlauf der Renditen zweier Wertpapiere voneinander unabhangig.[39]

Erkennen kann man die Korrelation zweier Wertpapiere (in diesem Fall zweier Markte) in einem so genannten Scatterdiagramm:

Abbildung 3: DAX und REX Renditen der Jahre 1999-2008

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Ein Punkt steht fur ein Renditepaar des DAX und des REX in einem Jahr zwischen 1999 und 2008 dar. Der Punkt x = -0,47; y = 4,93 stellt das jeweilige Mittel des Aktienmarktes und des Rentenmarktes dar. Von diesem Punkt ausgehend, kann man das Koordinatensystem in vier Quadranten einteilen. Befinden sich die Punkte uberwiegend in dem Quadranten rechts oben oder links unten, so kann man von einer positiven Korrelation sprechen, da die Markte jeweils gleichzeitig besser oder schlechter als ihr Mittel abgeschlossen haben. Liegt die Mehrheit der Punkte im linken oberen oder rechten unteren Quadranten, so ist von einer negativen Korrelation auszugehen. In dem Fall ist der Aktienmarkt immer dann besonders stark, wenn der Rentenmarkt besonders schwach ist, et vice versa. Befinden sich die Punkte uberwiegend ungleichmaBig verteilt, handelt es sich um eine unabhangige Korrelation, was bedeutet, das man anhand der Performance eines Marktes in einem Jahr nicht auf die Performance des anderen Marktes schlieBen kann.

Abbildung 2 zeigt eine uberwiegend negative Korrelation zwischen dem DAX und dem REX in den Jahren von 1999 bis 2008.[40] Rechnerisch ermittelt erhalt man einen Wert von pDAX,REX = -0,82 [41] der die nahezu vollstandige negative Korrelation der beiden Markte in den Jahren von 1999 bis 2008 belegt.

Je nachdem ob man positiv korrelierte, negativ korrelierte oder unkorrelierte Wertpapiere mit einander mischt kann man unterschiedliche Effekte erzielen.

Kombiniert man positiv korrelierte Wertpapiere, so spricht man von einer Kumulation von Risiken. Die Kombination von negativ korrelierten Wertpapieren nennt man Hedging. Hedging ist eine Form der Risikokompensation. Eine Kombination von Wertpapieren die vollig unkorreliert sind, also einen Korrelationskoeffizienten von 0 haben, fuhrt zu einer Diversifikation des Portfolios[42] und genauso wie die Kombination von negativ korrelierten Wertpapieren, zu einer Verminderung des Risikos, wenn auch in einem geringeren AusmaB. Diese Formulierung ist jedoch zum Teil missverstandlich, da optimale Diversifikation im Falle einer vollkommenen negativen Korrelation, vorliegt.[43]

Hat man nun den Korrelationskoeffizient zweier Wertpapiere und die Erwartungswerte der einzelnen Wertpapiere, die als Mittel der Vergangenheitsrenditen beschrieben werden[44] errechnet, so kann man den Erwartungswert und das Risiko, in Form der Standardabweichung, der Kombination beider Wertpapiere, also des Portefeuilles, errechnen.

Der Erwartungswert eines Zwei-Komponenten Portefeuilles errechnet sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

So gelangt man zu dem Mu ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]), dem Mittel (Mean), der einen Halfte, der fur Markowitz relevanten Informationen uber ein Portefeuille. Zu diesem Erwartungswert mochte man naturlich auch das jeweilige Risiko, die Varianz, das Sigma ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]) kennen.

Die Varianz der Kombination zweier Wertpapiere ist definiert durch:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn sich zeigen lasst, dass die Kombination von zwei Wertpapieren, also die Diversifikation des Portefeuilles, sowohl das Gesamtrisiko senken, als auch den Erwartungswert erhohen kann, so leitet sich daraus das Ziel der Portfolio-Selection Theorie ab. Das Finden optimal diversifizierter Portefeuilles, im Folgenden als effiziente Portefeuilles bezeichnet

Als effizient wird ein Portefeuille bezeichnet, wenn es bei gegebenem Risiko keine Moglichkeit gibt, durch Kombination von Wertpapieren die Rendite zu steigern, beziehungsweise, bei gegebener Rendite, keine Moglichkeit existiert, das Risiko zu verringern. Diese beiden Ziele leiten sich aus den Pramissen der Risikoaversion und der Rationalitat des Anlegers ab.

Der Anteil, den ein Wertpapier, an einem Zwei Komponenten Portefeuille, haben muss, damit man das Risiko so gut wie moglich eliminiert, kann man mit Hilfe einer Formel errechnen, die man durch umstellen, einsetzen und ableiten, der beiden Eingangsformeln fur den Erwartungswert und die Varianz eines Zwei Komponenten Portefeuilles, erhalt:[45]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Effiziente Portefeuilles lassen sich auf einer so genannten Effizienzlinie, in Form eines Hyperbelastes, in einem Koordinatensystem abbilden, in dem auf der Abszisse das Risiko und auf der Ordinate der Erwartungswert der Rendite abgebildet wird. Alle Wertpapierkombinationen, die keinen Punkt auf der Effizienzlinie darstellen, konnen als nicht effizient bezeichnet werden[46].

Abbildung 4: Effizienzlinie – Aktien Standardwerte Eurozone / Renten Langläufer Euro

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

3.1.1.3 Beispiel zur Portfolio-Selection

Anhand eines Beispiels wird Markowitz" Eingangsthese, dass das Gesamtrisiko eines Portefeuilles nicht der Summe der einzelnen Risiken entspricht, sondern vielmehr der Gleichlauf der Renditen eine gewichtige Rolle spielt, belegt.

Ein Investor kann bei der Bildung eines Portefeuilles auf zwei Wertpapiere zuruckgreifen:

Tabelle 1: Wertpapierbeispiel zur MPT – I

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechnung

Die einzige Entscheidung, die er nun also treffen muss ist, wie er beide Wertpapiere im Portefeuille gewichten soll. Im Extrem gewichtet er Wertpapier A zu 100 % und Wertpapier B zu 0 %, et vice versa. Auf den ersten Blick und ohne die Kenntnis von Markowitz" Theorie, konnte man behaupten, dass man, wenn man nicht ausschlieBlich Wertpapier A halt, ein groBeres Risiko eingeht. Rechnet man aber die Standardabweichungen und die Erwartungswerte fur die jeweiligen Gewichtungspaare aus, so wird ersichtlich, wie sich die Effizienz eines Portefeuilles ausdruckt.

Tabelle 2: Wertpapierbeispiel zur MPT - II

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Berechnung

Berechnet man den genauen Anteil, den Wertpapier A im obigen Beispiel am Portefeuille einnehmen muss, so kommt man auf einen Wert von 80,77 %, also ein ahnlicher Wert wie er schon bei der tabellarischen Nahrung ermittelt wurde. Die minimale Varianz ist dementsprechend 0,00186923, was einer Standardabweichung von 4,32 % entspricht. So erhalt man also ein Minimum-Varianz Portefeuille nach Harry M. Markowitz.

3.1.1.4 Kritik am Portfolio-Selection Modell

Selbstverstandlich lassen sich solche Berechnungen auch fur mehr als zwei Wertpapiere anstellen. Hier werden jedoch erstens weitere Formeln benotigt und zweitens muss eine wesentlich groBere Anzahl von Eingangsparametern geschatzt werden. Mochte man beispielsweise das Minimum-Varianz Portefeuille fur zehn Wertpapiere berechnen, so benotigt man zehn Varianzen, zehn Renditen und funfundvierzig Kovarianzen / Korrelationskoeffizienten, also insgesamt 65 Eingangsparameter. Bei 100 Wertpapieren wurde man 5150 Parameter schatzen mussen. AuBerdem ware man mit der Problematik konfrontiert, die Formeln mit 10 beziehungsweise 100 Variablen aufzulosen.[47] Zur Veranschaulichung der modernen Portfoliotheorie soll das zwei Komponenten Beispiel genugen.

Zweifelsohne stellt Markowitz" Modell eine groBe Leistung dar, dennoch existiert in den Wirtschaftswissenschaften, wie bereits erwahnt, keine Laborsituation und uberall wo man auf die Verwendung von theoretischen Modellen zuruckgreift, bewegt man sich auf relativ dunnem Eis. Der Autor dieser Thesis hat bisher die Erfahrung gemacht, dass jedoch kaum ein Finanzdienstleister bereit ist, dem Kunden diese Tatsache mitzuteilen.

Kritik an der Theorie von Harry M. Markowitz gibt es mehr als genug. Die Pramissen bieten eine groBe Angriffsflache.

Effiziente Portefeuilles werden errechnet aufgrund von Vergangenheitsrenditen, jedoch ist fur den Anleger nicht entscheidend ob sein Portefeuille in der Vergangenheit effizient war, sondern ob es in der Zukunft effizient sein wird. Deswegen darf das Finden eines ex-ante effizienten Portefeuilles nicht uberschatzt werden. Es besteht immer die Gefahr der Datenunsicherheit.

Ein weiteres Problem ist, dass das Modell die fundamentale und technische Analyse komplett ignoriert. Es existiert kein Interesse an richtigem Markt Timing. Wie in der Definition von Asset Allocation erlautert, ist das Markt Timing zwar nicht die wichtigste Variable bei der Erreichung einer guten Performance, dennoch sollten sowohl die Chancen, als auch die Risiken, nicht unterschatzt werden.

Die moderne Portfoliotheorie kannte zudem noch nicht die Irrationalitat der Anleger, die erst in den Werken uber Behavioral Finance ihren Ausdruck fand. Der Anleger handelt namlich nicht, wie von Markowitz angenommen, rational. Es gibt zahlreiche Beispiele fur irrationales Verhalten. In der Einleitung wurde beispielsweise das Problem der Home Bias erwahnt. Ein weiteres Phanomen wird Herden- oder auch Massentrieb genannt, welches besagt, dass Panik zu Uberreaktion fuhrt, weil alle Anleger in die selbe Richtung sturmen, ohne sich Gedanken daruber zu machen, ob das nicht rational betrachtet, die falsche Entscheidung sein konnte.[48] [49] Allesamt schwerwiegende Probleme, denn schon der groBe Okonom John Maynard Keynes wusste: „Die Markte konnen langer irrational bleiben, als wir liquide.“

Im Prinzip lasst sich jede Pramisse kritisieren. Die Betrachtung einer Periode ist problematisch fur Anleger, die langfristig investieren wollen. Die Standardabweichung als RisikomaB zu wahlen ist auch fragwurdig, da die Abweichung der Rendite nach oben hin ja durchaus vom Investor erwunscht ist, und somit kein Risiko sondern eher eine Chance darstellt. Ob die Renditen Normalverteilt sind ist auch zu bezweifeln, da mehrere Borsencrashs des letzten Jahrhunderts dieser Annahme gegenuberstehen.[50] Die Teilbarkeit der Guter, ist ebenso nur von theoretischer Natur. Es durfte schwierig werden, ein sechzehntel einer Aktie zu erwerben. Selbstverstandlich konnen auch die Kosten oder die steuerliche Situation bei der Wahl eines Investments eine Rolle spielen.

Hinzu kommt, dass es sich bei der Portfoliotheorie um ein auBerst sensibles Modell handelt. Verandert man eine Variable ceteris paribus, so kann dies die zu treffenden Anlageentscheidungen, in einem entscheidenden AusmaB, beeinflussen Markowitz sprach auch, wie heute oftmals falschlicher Weise interpretiert, nur von Wertpapieren. Klassischer Weise lassen sich weitere Assetklassen auch gar nicht mit der modernen Portfoliotheorie greifen. Schon bei der Betrachtung ganzer Markte kann es zu Schwierigkeiten kommen, da die Korrelation der Aktienmarkte beispielsweise, in der Vergangenheit, durch eine hohe Dynamik gekennzeichnet war. Die nationalen Markte sind immer weiter zusammengewachsen. Zeigten die Aktienmarkte der wichtigsten Lander um 1985 noch Korrelationskoeffizienten um 0,3, so bewegen sich heutige Korrelationskoeffizienten im Bereich von 0,5 bis 0,7. Selbiges gilt fur die Anleihenmarkte. Der Grund dafur ist der starke Grad der Globalisierung, das heiBt, das MaB der globalen Verflechtung der Markte, seien sie Finanz- oder Realwirtschaftlicher Natur.[51]

Gerade in Borsenzeiten, wie der aktuellen zeigen sich Probleme, die aus der Fixierung auf Kovarianzen resultieren. So besteht die Vermutung, dass es in bestimmten Paniksituationen sowieso viele Assetklassen positiv korreliert sind und man wenig davon hat, wenn in der Theorie der Rentenanteil eines Portefeuilles einen Hedge fur die Aktienseite darstellt, in der Praxis jedoch das ganze Portefeuille einen enormen Verlust zu verzeichnen hat. Harry M. Markowitz selbst, sprach kurzlich davon, dass die globalen Aktienmarkte ein volliges Durcheinander seien.[52]

Die Theorie von Markowitz wurde im Laufe der Zeit auch verfeinert und weitergefuhrt. Unter anderem baut das Index-Modell von William F. Sharpe auf der modernen Portfoliotheorie auf.[53] AuBerdem stellt die moderne Portfoliotheorie die Grundlage der Tobin Seperation und letzten Endes des Capital Asset Pricing Models dar.[54]

Trotz all dieser Kritikpunkte lasst sich zusammenfassend sagen, dass die moderne Portfoliotheorie heute berechtigter Weise ihren Platz in der privaten Finanzplanung eingenommen hat. Der Autor wird auch versuchen, Markowitz" Theorie auf einen Teil der Portefeuilles anzuwenden. In vielen Situationen kann sie helfen, einen Eindruck davon zu erhalten, in welchen Risiko-Ertrags Regionen man sich mit seinem Portefeuille bewegt. Der Autor mochte jedoch ausdrucklich darauf hinweisen, dass auch wenn die Erkenntnisse von Markowitz fast schon wie eine Doktrin unter Beratern gepredigt werden, der qualifizierte Berater stets in der Lage sein sollte seinen eigenen Kopf einzuschalten und sich nicht aus marketingtechnischen Grunden dazu verleiten lassen sollte, alles Widerstandslos zu akzeptieren und es sich einfach zu machen, nur weil fur eine Theorie ein Nobelpreis verliehen wurde.

3.1.2 Die Efficient-Market-Hypothesis

Ein weiteres Thema, welches unter Finanzspezialisten auch auf hochsten akademischen Ebenen mitunter temperamentvoll diskutiert wird, ist das der Kapitalmarkteffizienz.

Zum ersten Mal tauchten die Gedanken der Informationseffizienz im Jahr 1900 in Erwahnungen des Wissenschaftlers Louis Bachelier auf.[55] Zwischen 1950 und 1960 befasste sich Harry V. Roberts mit dieser Theorie. Als Pate der Theorie gilt jedoch Eugene F. Fama, der ebenfalls wie Harry V. Roberts Professor an der University of Chicago war, beziehungsweise ist. Fama stellte zahlreiche theoretische und empirische Untersuchungen zu dem Thema an, was der Grund ist, warum sein Name stets mit dem Thema Kapitalmarkteffizienz, der Efficient Market Hypothesis (EMH), in Verbindung gebracht wird.[56]

Als Effizient kann ein Kapitalmarkt beschrieben werden, wenn die Wertpapierpreise sich unmittelbar nach dem Erscheinen neuer Informationen an den Inhalt der Informationen anpassen, dementsprechend reflektieren die Preise der Wertpapiere alle Informationen uber die Wertpapiere.[57] Gibt es Hinweise auf ein Ereignis, dass noch nicht eingetreten ist, aber die allgemeine Erwartung ist, dass das Ereignis eintreten wird, so werden diese Erwartungen ebenfalls eingepreist.[58] Dies ist der Grund warum man auch davon spricht, dass an der Borse Erwartungen gehandelt werden und die Borse meistens ein guter Indikator fur realwirtschaftliche Entwicklungen ist.

Die Kapitalmarkteffizienz darf nicht mit dem vollkommenen Markt verwechselt werden. Ein Synonym fur Kapitalmarkteffizienz ist Informationseffizienz eines Kapitalmarktes und diese Informationseffizienz ist nur ein Teil eines vollkommenen Marktes. Auf vollkommenen Markten gibt es beispielsweise auch keine Transaktionskosten oder Steuern, jedoch sind diese Uberlegungen nicht Bestandteil der Theorie der Kapitalmarkteffizienz.[59]

Akademiker bejahen groBtenteils die Theorie effizienter Markte, jedoch stehen ihr viele Praktiker kritisch gegenuber. Bislang gibt es auch keine gesicherte Erkenntnis uber die Korrektheit der aufgestellten Thesen.[60] Es wird nicht so sehr daruber diskutiert ob eine Effizienz vorherrscht, daruber ist man sich groBtenteils einig. Streitpunkt ist vielmehr der Grad der Effizienz eines Kapitalmarktes.[61]

Man Unterscheid bei der Beurteilung der Effizienz eines Marktes zwischen drei Stufen: schwacher, semi-starker und starker Informationseffizienz.[62] Die Stufen der Informationseffizienz unterscheiden sich darin, in wie fern sich die Informationen in den Wertpapierkursen widerspiegeln.[63]

Als schwach wird die Effizienz eines Marktes beschrieben, wenn in den Kursen alle Informationen uber vergangene Kursentwicklungen enthalten sind. Von einer semi- starken Informationseffizienz ist auszugehen, wenn alle offentlich verfugbaren Informationen Berucksichtigung in den Kursverlaufen finden.

Ein Markt ist stark informationseffizient, wenn alle Informationen, egal ob offentlich oder nicht offentlich, vollstandig in den Wertpapierkursen berucksichtigt sind. Das bedeutet, dass auch wenn nur ein kleiner Kreis von Insidern Informationen uber ein Wertpapier hat, dieser dafur sorgt, dass sich der Kurs innerhalb von kurzester Zeit in die Richtung bewegt, in die er sich auch bewegen wurde, wenn alle Kapitalmarktteilnehmer uber diese Insiderinformationen verfugen wurden.[64]

MaBgeblicher Grund fur die hitzige Diskussion uber den Grad der Effizienz eines Kapitalmarktes ist, dass sich daraus weit reichende Konsequenzen fur die Praxis ableiten lassen. Wenn alle Informationen bereits in den Kursen enthalten sind, braucht sich ein Akteur am Markt nicht mehr die Muhe machen um Informationen zu sammeln. Dementsprechend wurde die Basis fur die fundamentale Analyse von Wertpapieren entfallen. Ein Investor kann keine unterbewerteten Unternehmen mehr finden, weil der Preis an der Borse, dem Wert entspricht.

Es steht also der Leitsatz: „Price is what you pay, value is what you get.“, der Fundamentalanalysten, dem Motto der Anhanger stark informationseffizienter Markte: „You get, what you pay for it.“, gegenuber.

Auch die klassischen Kontrahenten der fundamentalen Analyse, diejenigen die das Verfahren der technischen Analyse nutzen, werden nicht begunstigt durch die EMH. Die Tatsache, dass Effiziente Markte keine wiederkehrenden Kursverlaufmuster erkennen lassen, impliziert dementsprechend einen „random walk“, einen zufalligen Verlauf der Kurse.[65] Als Grundlage technischer Analyse gilt aber die Dow Theorie und die baut genau auf diesen wiederkehrenden Kursverlaufmustern auf.

[...]


[1] Auch bekannt als ^Domestic Bias“ (engl. Heimatmarktverzerrung). Phanomen im Bereich des Behavioral Finance. Investoren bevorzugen Aktien aus ihrem Heimatland, weil Sie denken, einen Informationsvorsprung gegenuber auslandischen Investoren zu haben. Hinzu kommt, dass die Investoren ihren eigenen Aktienmarkt uberschatzen; vgl. Bruns, Meyer-Bullerdiek, Professionelles Portfoliomanagement, S. 101f.

[2] Vgl. Anhang 1

[3] Vgl. Buttgereit, Harald, Die Vielfalt der Anlagezertifikate und ihre Bedeutung im Rahmen privater Finanzplanung (2008), S. 5

[4] Vgl. Bruns, Meyer-Bullerdiek, Professionelles Portfoliomanagement, S. 94

[5] Vgl. Straubhaar, Thomas (2009), S. 1

[6] Vgl. Dreher, Malte (2009), S. 11

[7] Vgl. Straubhaar, Thomas (2009), S. 2

[8] Vgl. Statistisches Bundesamt (2009)

[9] Vgl. Spremann, Klaus (1999), S. 12 f.

[10] Vgl. Kruschev, Wesselin (1999), S. 11 ff.

[11] Vgl. Kruschev, Wesselin (1999), S. 12

[12] Vgl. Tilmes, Rolf (2002), S. 31

[13] Vgl. Tilmes, Rolf (2002), S. 39

[14] Vgl. Tilmes, Rolf (2002), S. 39 ff.; Kruschev, Wesselin (1999), S. 19 f.; Krauss, Peter J. (2006), S. 26 f.

[15] Vgl. Schiereck, Dirk (2003), S. VII

[16] Vgl. Spremann, Klaus (1999), S. 68

[17] Vgl. Schiereck, Dirk (2003), S. VII

[18] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 36

[19] Vgl. Gunther, Marc; Swensen, David (2009)

[20] Vgl. Rudolph, Bernd (2003), S. 18 f.

[21] Vgl. Rudolph, Bernd (2003), S. 6 f.

[22] Vgl. Spremann, Klaus (1999), S. 72 f.

[23] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 89

[24] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 89

[25] Vgl. Rudolph, Bernd (2003), S. 18

[26] Vgl. Rudolph, Bernd (2003), S. 17

[27] Vgl. Trippi, Robert R.; Harrif, Richard B. (1991), S. 1Q ff.

[28] Vgl. Dichtl, Hubert; Petersmeier, Kerstin; Schlenger, Christian (2003), S. 182 ff.

[29] Vgl. Shiller, Robert J. (1993), S. 167 ff.; De Bondt, Werner F. M.; Thaler, Richard H. (1993), S. 262 f.

[30] Vgl. Reilly, Frank K.; Brown, Keith C. (2003), S. 211

[31] Vgl. Markowitz, Harry M. (1991), S. 4

[32] Vgl. Spremann, Klaus (2000), S. 138

[33] Vgl. Spremann, Klaus (1999), S. 205

[34] Vgl. Langemeyer, Heiner (2008)

[35] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 9

[36] Vgl. Spremann, Klaus (2000), S. 138

[37] Reilly, Frank K.; Brown, Keith C. (2003), S. 214

[38] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 10

[39] Vgl. Reilly, Frank R.; Brown, Keith C. (2003), S. 219

[40] Es wurde jeweils der Performanceindex zur Berechnung gewahlt

[41] Eigene Berechnung

[42] Vgl. Langemeyer, Heiner (2008)

[43] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 12

[44] Vgl. Reilly, Frank R.; Brown, Keith C. (2003), S. 219

[45] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 10 f.

[46] Vgl. Spreman, Klaus (1999), S. 206

[47] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 15

[48] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 14

[49] Vgl. De Bondt, Werner F. M.; Thaler, Richard H. (1993), S. 262

[50] Vgl. Perridon, Louis; Steiner, Manfred (2007), S. 245

[51] Vgl. Spremann, Klaus (2000), S 160

[52] Vgl. Scholz, Andreas; Markowitz, Harry M. (2009)

[53] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 15 f.

[54] Vgl. Perridon, Louis; Steiner, Manfred (2007), S. 19 ff.

[55] Vgl. Institutional Money, Heft 2, Jahrgang 2009, S. 35 f.

[56] Vgl. Spremann, Klaus (2000), S 184

[57] Vgl. Reilly, Frank K.; Brown, Keith C. (2003), S. 176

[58] Vgl. Spremann, Klaus (2000), S. 184 f.

[59] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 40

[60] Vgl. Bruns, Christoph; Meyer-Bullerdiek, Frieder (2003), S. 85

[61] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 40

[62] Vgl. Spremann, Klaus (2000), S. 184

[63] Vgl. Steiner, Manfred; Bruns, Christoph (2000), S. 41

[64] Vgl. Perridon, Louis; Steiner, Manfred (2007), S. 199 f.

Ende der Leseprobe aus 154 Seiten

Details

Titel
Asset Allocation im Rahmen moderner, privater Finanzplanung
Hochschule
Fachhochschule der Wirtschaft Paderborn
Note
2,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
154
Katalognummer
V149363
ISBN (eBook)
9783640601622
ISBN (Buch)
9783640602254
Dateigröße
1350 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Asset, Allocation, Rahmen, Finanzplanung
Arbeit zitieren
Harald Buttgereit (Autor:in), 2009, Asset Allocation im Rahmen moderner, privater Finanzplanung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149363

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