Feminismus in Theorie und Aktivismus

Simone de Beauvoir und Alice Schwarzer


Bachelorarbeit, 2009

33 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einfnhrung

II. HauptteII
II.1.Simone de Beauvoir
II.1.1. Biographie
II.1.2. Das andere Geschlecht

II.2. Alice Schwarzer
II.2.1. Biographie
II.2.2. Paris - Zusammenarbeit mit Simone de Beauvoir
II.2.3. Der kleine Unterschied und seine gropen Folgen
II.2.4. Die Emma

II.3. Vergleich Beauvoir - Schwarzer
II.3.1. Abtreibung
II.3.2. Frauenerwerbstatigkeit
II.3.3. Die Frau in der Gesellschaft

II.4. Reputation
II.4.1. Simone de Beauvoir und Das andere Geschlecht
II.4.2. Alice Schwarzer und die Medien
II.4.3. Einordnung in die aktuelle Forschung

III. Resumee: Alice Schwarzer als Interpretin Simone de Beauvoirs?

IV. Literaturverzeichnis

I. Einfuhrung

Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, ungeachtet ihres Geschlechtes, ihrer Rasse, ihrer religiosen oder politischen Anschauung, steht heute in jeder Verfassung eines demokratischen Staates festgeschrieben.1

Mit der Umsetzung sind alle noch beschaftigt. Besonders die Emanzipation der Frau ist elementar und gilt als Gradmesser fur die Entwicklung eines Landes.

Seit der Aufklarung wurde verstarkt die Frage nach dem Machtverhaltnis zwischen Mann und Frau gestellt, warum die Frau dem Mann Untertan sein musse. Durch die Sakularisierung konnte die Bibel nicht mehr als alles regelnde Norm benutzt werden. In Frankreich, wo der Staat sich fruher und deutlicher von der Kirche abgegrenzt hatte als in Deutschland, war die Frau dennoch nicht besser gestellt als bei seinem Nachbarn. Die unter Napoleon eingefuhrten Gesetze bezuglich der Pflichten einer Ehefrau und Empfangnisverhutung wogen schwer.

Frankreich war eines der letzten europaischen Lander, das Frauen das Wahlrecht und somit das Burgerrecht gewahrte, namlich 1944.

Im Zuge der 68er- Revolten, der Auflehnung einer Generation gegen die Normen, den Lebensstil und die Politik ihrer Elterngeneration, ergriffen Frauen wieder die Gelegenheit, ihre Situation grundsatzlich zu andern, sich ebenfalls unabhangig zu machen, sich zu emanzipieren. Als soziale Ungerechtigkeiten in der Offentlichkeit diskutiert wurden, war der Zeitpunkt gekommen, dass Frauen gemeinsam ihre Rechte einforderten.

1949 veroffentlichte Simone de Beauvoir (1908-1986) Das andere Geschlecht und schrieb darin „Man wird nicht als Frau geboren, man wird dazu gemacht“2 und zeigte auf, wie extrem und absurd der Unterschied der Lebensbedingungen der Geschlechter ist beziehungsweise dazu gemacht wurde. Zu diesem Zeitpunkt verstand sich Simone de Beauvoir selbst als Antifeministin. Sie war gegen einen Aktivismus fur die Befreiung der Frau, weil sie an die sozialistische Revolution und der daraus resultierenden automatischen Losung der Frauenfrage glaubte. Mittels der Gesetze zur rechtlichen Angleichung der Frau an den Mann wurde sich im Laufe der Generationen das Denken der Menschen andern und Frauen tatsachlich dem Manne ideell gleich gestellt sein. 20 Jahre spater scheint sich nichts geandert zu haben. Die Frauen mussen aktiv werden, die Darstellungen in Das andere Geschlecht sind noch so aktuell wie zu seiner Veroffentlichung.

In diesen Jahren lernten sich Alice Schwarzer und Simone de Beauvoir kennen und sie bekamen die Gelegenheit, zusammen zu arbeiten. Schwarzer veroffentlichte ebenfalls mehrere Bucher zum selben Thema, doch eines fand besondere Aufmerksamkeit: Der kleine Unterschied und seine grofien Folgen. Wie ihr Vorbild stellt Schwarzer die Situation der Frau dar, wobei Schwarzer besonders die Sexualitat als Spiegel der Unterdruckung der Frau betrachtete.

Schwarzers Aktivismus fur die Frauenbewegung hatte in Paris seinen Anfang, Simone de Beauvoir selbst zahlte seit diesen Jahren als aktive Feministin. Mit Schwarzers Ruckkehr nach Deutschland und durch die Adaption der gropten Aktion der Frauenbewegung Frankreichs auf die Bundesrepublik, der Selbstbezichtigungsaktion, blieb sie Paris und Beauvoir dennoch verbunden. Im Kampf fur die Frauenbefreiung waren Das andere Geschlecht und Beauvoirs Thesen wisssenschaftlicher Hintergrund ihrer Arbeit. Viele Jahre arbeiteten sie an verschiedenen Projekten zusammen, Schwarzer interviewte Beauvoir und Sartre mehrere Male, haufig nahm Schwarzer in ihren Schriften direkten Bezug auf Beauvoirs Thesen. Beide Frauen und ihre Arbeiten sind heute umstritten. Beauvoir wird dabei weitaus positiver beurteilt, dennoch wird zum Beispiel ihre rohe Auseinandersetzung mit dem weiblichen Korper kritisiert. Barbara Holland Cunz (1957-) schrieb dazu „... [solche Beschreibungen] sind fast unertraglich fur Leserinnen, die, alien patriachalen Zuschreibungen zum Trotz, ein positives weibliches Korpergefuhl (...) entwickeln wollen. “3Schwarzer, die sich weniger den Intellektuellen denn der breiten Masse zuwendete, wird selten in der Forschungsliteratur herangezogen. Ihr Medium war zwar auch das Buch, aber ihren Bekanntheitsgrad konnte sie vor allem durch medienwirksame Auftritte vergro pern.

In der folgenden Arbeit mochte ich untersuchen, inwiefern Schwarzer ihren Aktivismus an Simone de Beauvoirs Thesen anlehnte, sie ubernahm oder noch erweiterte. Dabei mochte ich vor allem Ansichten beider zu Erwerbstatigkeit, Abtreibung und zur Frau in der Gesellschaft im Allgemeinen gegenuber stellen. In Bezug auf Simone de Beauvoir werde ich das anhand ihres Hauptwerkes Das andere Geschlecht tun, in Bezug auf Alice Schwarzer anhand ihres bekanntesten Werkes Der kleine Unterschied und seine Folgen beziehungsweise anderer Veroffentlichungen wie Artikeln aus der Emma und ahnlichem. Relevant erschien mir hierbei auch der biographische Hintergrund beider Frauen, ebenso wie die unterschiedliche Gesetzeslage in beiden Landern in den genannten Bereichen. Abschliepend mochte ich Schwarzer und Beauvoir und ihr Werk in der aktuellen Forschungsliteratur untersuchen.

II. Hauptteil

II.1.Simone de Beauvoir

II.1.1. Biographie

Simone de Beauvoir wurde 1908 in Paris als erstes Kind einer gutburgerlichen Familie geboren. Von einem Kindermadchen erzogen, sagte sie uber die Beziehung zu ihren Eltern: „In meine Mutter, die mirferner undkaprizioser [als das Kindermadchen] vorkam, war ich gewissermapen verliebt... “ und: „... ich freute mich, wenn er [der Vater] sich mit mir beschaftigte; aber seine Rolle in meinem Leben war nicht sehr deutlich umrissen. “4

Die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich Jahre spater drastisch. Uber ihre Adolesenz und dem Empfinden sexuellen Begehrens schrieb Beauvoir: „Niemals brachte ich die Verwirrung meines Inneren mit Sunde in Verbindung (...). Ich fragte mich auch nicht, ob alle kleinen Madchen das gleiche Martyrium an sich erfahren...“5 Ihre Beziehung zu ihren Eltern anderte sich: „Meine wirkliche Rivalin war jedoch meine Mutter. Ich traumte davon, zu meinem Vater eine richtige personliche Beziehung zu haben. “6Zu dieser Zeit besuchte ihr Cousin ein College und konnte dank seiner humanistischen Ausbildung mit ihrem Vater ernsthafte Gesprache fuhren, was Beauvoirs Neugierde auf hohere Bildung weckte. Ihr Vater kommentierte ihren Wissendurst mit: „Simone hat das Gehirn eines Mannes, Simone ist ein Mann.7““

Nach der Schule studierte sie Philosophie an der Universite Sorbonne, was in ihren Kreisen ungewohnlich war. Ernsthafte Studien waren fur Frauen nicht angemessen, ihr Vater war deutlich gegen die Frauenbewegung. Er hoffte aber, eine gebildete Tochter besser verheiraten zu konnen.8

In ihrem Jahrgang an der Sorbonne waren auch Jean-Paul Sartre (1905-1980) und Claude Levi- Strauss (1908-2009). In ihrer lebenslangen Verbindung mit Sartre, den sie nie heiratete und mit dem sie keine Kinder hatte, lebte sie eine Liebesbeziehung, die beider Philo sphen Vorstellung von Freiheit entsprach.

Beauvoir und Sartre waren ebenfalls Anhanger der marxistischen Lehre, sie kampften fur soziale Gerechtigkeit und traumten von der Verwirklichung des Kommunismus.

II.1.2. Das andere Geschlecht

Nachdem sie bereits zehn Jahre als Philosophielehrerin gearbeitet und Romane veroffentlicht hatte, brachte Simone de Beauvoir 1949 Das andere Geschlecht heraus. In dem sehr umfangreichen Werk schilderte sie mit wissenschaftlicher Genauigkeit die gegenwartige Situation der Frau, in ihrer historische Entwicklung und die Entwicklung zur Frau selbst. Sie untersuchte den Status der Frau durch ihre eigenen Beobachtungen und Lebenserfahrungen wie auch durch die Darstellung der Frau in der Belletristik, der Mythologie, der Geschichte, der Soziologie und besonders der Psychoanalyse.

In den Kapiteln zur Entwicklung beziehungsweise Pragung eines Kindes zur Frau benutzte sie viele ausfuhrliche Lebensberichte als Beispiele. Sie erlautert eine Situation, in der ein Kind auf ein bestimmtes Verhalten gepragt wird und wie es dabei empfindet. Als Beleg fugt sie Beispiele an, dies kann unter anderem die Kindheitserfahrung einer nicht genauer benannten Person sein oder auch ein Bericht, den sie in einer nicht naher benannten Quelle gelesen hat.9

Der Titel „Das andere Geschlecht“ zielt auf die Grundannahme ab, dass die Frau im Gegensatz zum Mann, als ,das Andere‘ angesehen wird. Der Mann ist das Mafi aller Dinge, die Frau weicht dem ab und muss sich an die Gegebenheiten -an das, was der Mann ihr lasst- anpassen. Sie ist passiv und abhangig. Die Frau ist das Geschlecht, wahrend der Mann die Norm ist. Beauvoir zeigt auf, in wie vielen Lebensbereichen sich dies aufiert, dessen sich weder Mann noch Frau sich bewusst sind.

Um der Abhangigkeit zu entkommen und um sich die Moglichkeit zu geben, ein selbstbestimmtes Leben zu fuhren, war fur Beauvoir die Erwerbstatigkeit essentiell. „...burgerliche Freiheiten bleiben abstrakt, solange sie nicht mit okonomischer Freiheit einhergehen. “10 Im Zusammenhang mit der Unabhangigkeit durch Erwerbstatigkeit steht auch das Thema Abtreibung. Die Wahl, selbst zu entscheiden, ob und wann eine Frau Kinder bekommen mochte, sollte sie allein bestimmen konnen. Beauvoirs Werk steht dabei vor dem Hintergrund marxistischer Ideologie und existentialistischer Philosophie. Die Frauenbefreiung allerdings hat einen liberalen Individualismus als Ideal, was vielen linken Feministinnen erst mit der Parole „Mein Bauch gehort mir!“ klar wurde.

Grundsatzlich sei die Unterdruckung der Frau vergleichbar mit der Unterdruckung einer Minderheit, wie beispielsweise Juden, oder auch ,Negern‘, die nicht einmal in der Minderheit sein mussen, um unterdruckt zu werden. Im Gegensatz zu diesen beiden unterdruckten Gruppen, den

Juden und den Farbigen, die Beauvoir gerne als Vergleich verwendet („... die Frau, den Juden oder den Schwarzen ...“11), fehle den Frauen nach historischer Analyse eine Gemeinschaft oder ein Gemeinschaftsgefuhl. Frauen sind uberall unter Mannern in das patriachale System eingebunden, sie haben auper im Proletariat keine Interessensvertretung, die explizit ihre Bedurfnisse vertritt und dabei alle Gesellschaftsschichten erfasst.12

Es stellt sich also die Frage, woher es uberhaupt kommt, dass eine Gesellschaftsschicht eine andere unterdruckt. Inwiefern nimmt die unterdruckte Gruppe die Unterdruckung an oder unterstutzt sie sogar? Diese Ideeen sind von Beauvoirs linken Hintergrund gepragt und stehen im Zusammenhang mit der Arbeiterbewegung.

Obwohl das Buch nicht als Streitschrift, sondern ursprunglich als rein intellektuelle und theoretische Arbeit verfasst wurde, waren die Reaktionen gegen Beauvoir und Das andere Geschlecht sehr heftig und feindselig.13Erst durch die Veroffentlichung auf dem amerikanischen und dem britischen Markt wurde das Buch als intellektuelle Schrift gewurdigt und erfolgreich verkauft. Der Durchbruch zum Kultbuch kam aber erst 20 Jahre spater. Das andere Geschlecht kam in einer Zeit ohne feministische Bewegung heraus, erst in den spaten 1960er Jahren war die Gesellschaft bereit zum Aufbruch, bis dahin hatte das Werk aber nicht an Aktualitat eingebupt. Zudem bezeichnen zeitgenossische Interpretationen Das andere Geschlecht sogar als Grund des Feminismus des spaten 20. Jahrhunderts.14

II.2. Alice Schwarzer

II.2.1. Biographie

Im Dezember 1942 in Wuppertal geboren, brachte Alice Schwarzers Umstand der Unehelichkeit rechtliche Konsequenzen: als Vormund musste ihr Gropvater eingesetzt werden. Da es auch er war, der sich hauptsachlich um ihre Erziehung und um den Haushalt kummerte, wahrend ihre Mutter als Handelsreisende arbeitete, baute sie zu ihm die engste Beziehung auf. Auf ihrer Internetseite schreibt sie, „mit einem sehr fuhrsorglichen Gropvater und einer sehr politischen Gropmutter“ aufgewachsen zu sein.15In einem Fernsehinterview sagte Schwarzer, dass gerade der Umstand, dass der erste Mann, den sie in ihrem Leben geliebt habe, so , unmannlich‘ gewesen sei, ihr Verhaltnis zu

Mannern im Allgemeinen entspannt hatte. Nach der Mittleren Reife machte Schwarzer eine kaufmannische Ausbildung und war ein paar Jahre in diesem Beurf tatig.16

Die verbreiteste Biographie uber Alice Schwarzer von Bascha Mika (1999) lehnte sie selbst ab. Bascha Mika hatte von der Emma 1994 noch einen journalistischen Preis erhalten, war aber bei Schwarzer in Ungnade gefallen, unter anderem, weil sie ihr weniger sympathische Charakterzuge zugeschrieben hatte.17

II.2.2. Paris - Zusammenarbeit mit Simone de Beauvoir

Alice Schwarzer kam 1963 nach Paris, als sie Anfang 20 war. Paris war zu dieser Zeit gepragt vom Existentialismus als politischer Weltanschauung. Vordenker dieser Bewegung war Jean-Paul Sartre (1905-1980). In den 1950er erreichte der Existentialimus Deutschland, Frankreich wurde zum Sehnsuchtsland der Linken und Intellektuellen stilisiert, Paris zum Sinnbild von Freiheit.

Nachdem Schwarzer drei Jahre lang in Paris das neue Lebensgefuhl genossen und die Sprache gelernt hatte, ging sie zuruck nach Deutschland und machte ein Volontariat bei den Dusseldorfer Nachrichten.18

1970 ging sie zuruck nach Paris um dort als freie Korrespondentin zu arbeiten. Sie begann, an der neu gegrundeten Universite Vincennes Soziologie und Psychologie zu studieren. Es wurden die ersten Frauengruppen gegrundet, Alice Schwarzer war Mitgrunderin der MLF (Mouvement pour la liberation des femmes). Dort lernt sie auch die bekannte Aktivistin Monique Wittig (1935-2003), eine Mitbegrunderin der MLF, kennen. Wittig nahm an verschiedenen Aufsehen erregenden Aktionen teil, wie der Ehrung der Frau des unbekannten Soldaten am Arc de Triomphe, die mit einer Verhaftung endete.19

Die MLF zahlte bald hunderte Mitglieder, die alle sehr aktiv waren. Sie demonstrierten gegen den Muttertag, erklarten sich solidarisch mit den streikenden Arbeiterinnen und schrieben Flugblatter fur eine Gruppe von Verkauferinnen, die ihr Kaufhaus besetzt hielten. In diesem wilden Aktionismus stand Schwarzer heraus: sie wurde als laut, charismatisch und willensstark beschrieben. Die MLF fuhrte uberdies Kampagnen gegen Pornographie, machte Gewalt gegen Frauen offentlich, diskutierte uber Lohn fur Hausarbeit, und erklarte: „Das Private istpolitisch!“. Als Symbol wahlten sie nach amerikanischem Vorbild den ,Spiegel der Venus‘, erganzt durch eine geballte Faust in der Mitte. 1974 ubernahm auch die deutsche Frauenbewegung dieses Symbol.20

Als es zu den Aktionen der MLF gegen das Abtreibungsverbot kommt, arbeitete Simone de Beauvoir auf Anfrage der MLF spontan und erstmalig offentlich an feministischen Aktionen mit. Im Kampf um die ersatzlose Streichung des Artikels 317 initierten die MLF die Selbstbezichtigungsaktion im Nouvel Observateur. Am 5. April 1971 bekennen darin in aller Offentlichkeit 343 Franzosinnen „Wir haben abgetrieben und wir fordern das Recht auf freie Abtreibung fur jede Frau!“.21 Das gemeinschaftliche Bekenntnis zur Abtreibung war eine Solidaritatserklarung an die Frauen. Es war nicht relevant, ob jemand tatsachlich abgetrieben hatte, sondern, dass die Unterzeichnerinnnen ein Risiko auf sich nahmen um gegen ein Gesetz zu demonstrieren, das sich gegen die Bedurfnisse eines Volkes richtete. Zahlreiche prominente Franzosinnen, darunter auch Simone de Beauvoir, unterschrieben das „Manifest der Schlampen“. Beauvoir wird zur Ikone der Frauenbewegung. Es folgten zahlreiche Demonstrationen von Abtreibungsbefurwortern und deren Gegnern.22Spater kam es zu einer ahnlichen Aktion, bei der sich Arzte und medizinisches Personal der Komplizenschaft bekannten. Nach den offentlichen Selbstanklagen gab es zu einige Razzien in Arztpraxen, in denen mutmafilich Abtreibungen vorgenommen wurden, doch keine der Frauen wurde strafrechtlich verfolgt.

II.2.3. Der kleine Unterschied und seine gropen Folgen

Durch ihren Beruf als Journalistin und spater auch als Herausgeberin, hatte Alice Schwarzer die notwendigen Verbindungen, um ihre Werke zu veroffentlichen. Dennoch wurde es ihr in der ersten Zeit schwer gemacht fur ihre Bucher uberhaupt einen Verleger zu finden. Der kleine Unterschied startete mit einer Erstauflage von 10.000 Exemplaren, hatte 1976 aber bereits 140.000 Exemplare verkauft. Bis heute wurde das Buch uber eine Million Mal verkauft und in 13 Sprachen ubersetzt.

Der kleine Unterschied kam in der starksten Phase des feministischen Aktivismus heraus. Schwarzer hatte allerdings nicht erwartet, dass das Buch eine solch breite Offentlichkeit erreichte und ausgiebig diskutiert wurde. Der damals extrem provokative Inhalt brachte ihre viel Kritik „von Kastrationsangsten heimgesuchten Mannern “ ein. Die Anfeindungen, die sie erleben musste, sind heute kaum noch nachzuvollziehen und nahmen Ausmafie einer Hetzjagd an; oder einer Hexenjagd auf , Schwanz-ab-Schwarzer‘ .23

[...]


1Vgl. http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg_01.html, 4.12.09, 12:40h MEZ.

2Beauvoir: Das andere Geschlecht, S.334.

3Holland-Cunz, Barbara: Die alte neue Frauenfrage, Frankfurt/Main 2003, S.100.

4de Beauvoir, Simone: Memoiren einer Tochter aus gutem Hause, Hamburg 1960, S.8.

5Ebd., S.96.

6Ebd., S.102.

7Ebd., S.116.

8Vgl. ebd., S.169-170.

9Vgl. Beauvoir: Das andere Geschlecht, S.334-516.

10Ebd., S.841.

11Beauvoir: Das andere Geschlecht, S.10.

12Ebd., S.15.

13Schwarzer, Alice: Simone de Beauvoir heute. Gesprache aus zehn Jahren, Hamburg 1983, S.69.

14Jo-Ann Pilardi: Feminists Read The Second Sex, in: Feminist Interpretations of Simone de Beauvoir, hg.v. Margaret A. Simons, Pennsylvania 1995, S.31.

15http://www.aliceschwarzer.de/biografisches.html, 03.12.09, 10:41h MEZ.

16http://www.aliceschwarzer.de/biografisches.html, 03.12.09, 10:41h MEZ.

17http://www.zeit.de/1998/15/schwarzer.txt.19980402.xml, 07.12.09, 2:06 MEZ.

18http://www.aliceschwarzer.de/biografisches.html, 03.12.09, 10:41h MEZ.

19Vgl. Schulz: Der lange Atem der Provokation, S.160.

20Schulz: Der lange Atem der Provokation, S.165.

21Schwarzer, Alice: „Ich habe abgetrieben!“, in: Schwesternlust - Schwesterfrust. 20 Jahre Frauenbewegung, hg.v. Alice Schwarzer, Koln 1991, S.54.

22Schwarzer: Der kleine Unterschied, S.298.

23Ebd., S.298.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Feminismus in Theorie und Aktivismus
Untertitel
Simone de Beauvoir und Alice Schwarzer
Hochschule
Universität Konstanz
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
33
Katalognummer
V149410
ISBN (eBook)
9783640602780
ISBN (Buch)
9783640601912
Dateigröße
617 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer, Feminismus, 68er, Aktivismus, Das andere Geschlecht, Der kleine Unterschied, EMMA, Abtreibung, Emanzipation, Frauen
Arbeit zitieren
Katharina Hoffmann (Autor:in), 2009, Feminismus in Theorie und Aktivismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149410

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