Der Kronzeuge ist ein Zeuge der Anklage im Strafprozess. Er ist selbst Mittäter bei der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftat, oder wird wegen anderer ähnlicher Straftaten strafrechtlich belangt. Obwohl der Kronzeuge sich schuldig und theoretisch strafbar gemacht hat, wird ihm zugesichert, dass er nicht angeklagt, milder bestraft, oder von Strafe völlig verschont wird, wenn er auf Seiten der Staatsanwaltschaft als Belastungszeuge auftritt.
Die letzte gesetzliche „große“ Kronzeugenregelung lief 1999 auf Drängen der Fraktion Bündnis 90 / die Grünen aus.
Aktuell existieren die „kleinen“ Kronzeugenregelungen der §§ 129 VI Nr. 2, 261 StGB; §§ 31, 31a BTMG, die kooperationsbereiten Straftätern im Bereich der Betäubungsmitteldelikte und der organisierten Kriminalität Strafmilderung und Straffreiheit in Aussicht stellen.
Auch § 46 II StGB kommt in seiner praxisüblichen Anwendung einer Kronzeugenregelung schon sehr nahe.
Des Weiteren hat das Bundeskabinett kürzlich eine neue allgemeine Kronzeugenregelung verabschiedet, die in Gestalt einer Strafzumessungsregelung noch im Frühjahr 2008 in das StGB einfließen soll. Nach diesem Gesetzesentwurf soll es künftig nicht mehr erforderlich sein, dass die Tat des potenziellen Kronzeugen in Verbindung mit den Vergehen oder Verbrechen steht, auf welches sich die Aussagen des Kronzeugen beziehen.
Ob dagegen der im anglo-amerikanischen Bereich übliche und ursprünglich auch aus diesem System stammende Prozessvorteil des Kronzeugen, ganz straffrei auszugehen, positiv zu bewerten ist, erscheint im Hinblick auf das deutsche Straf- und Strafprozessrecht sowie auf verfassungsrechtlicher Ebene höchst fraglich.
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
I. Einleitung
1. Der Kronzeuge
2. Fokus
II. Hauptteil
1. Strafprozessrechtsdogmatische Bedenken
a) Das Legalitatsprinzip
b) Das Fair-trial-Prinzip
c) Das Schuldprinzip
d) Umgehung der StPO
2. Verfassungsrechtliche Bedenken
a) Verletzung des Rechtsstaatsprinzips
b) Art. 3 I
3. Strafrechtspolitische Bedenken
a) Manko an Beweiswert und Glaubwurdigkeit
b) General- und Spezialpravention
c) Ausreichende Mittel vorhanden
d) VerstoR gegen Moral und Ethik
III. Ergebnis
Literaturverzeichnis
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Hartmann/Schmidt: Strafprozessrecht. Grundzuge des Strafverfahrens. 1. Auflage, 2007.
Hoyer, Andreas: JZ 1994, 233.
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Jung, Heike: ZRP 1986, 38.
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Muhlhoff /Pfeiffer: ZRP 2000, 121.
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Ill
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Schroeder, Friedrich-Christian: Strafprozessrecht. 3.
Auflage, 2001.
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Wessels/Beulke: Strafrecht. Allgemeiner Teil. 37. Auflage, 2007.
Sonstige Quellen:
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Hans-Christian Strobele: Kronzeugenregelung. 24.10.2007, http://www.gruene- bundestag.de/cms/bundestagsreden/dok/202/202783.html.
http://www.bmj.de Pressemitteilung vom 11.04.1006.
http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Artikel/2007/05/2007-05-
15-neue-kronzeugenregelung.html.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,483254,00.html.
WZ Zurich, Januar 2001: http://www.freilassung.de/presse/kron/woz0101.htm.
I. Einleitung
1. Der Kronzeuge
Der Kronzeuge ist ein Zeuge der Anklage im Strafprozess. Er ist selbst Mittater bei der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftat, oder wird wegen anderer ahnlicher Straftaten strafrechtlich belangt.1 Obwohl der Kronzeuge sich schuldig und theoretisch strafbar gemacht hat, wird ihm zugesichert, dass er nicht angeklagt, milder bestraft, oder von Strafe vollig verschont wird, wenn er auf Seiten der Staatsanwaltschaft als Belastungszeuge auftritt.2
Die letzte gesetzliche „groBe“ Kronzeugenregelung3 lief 1999 auf Drangen der Fraktion Bundnis 90 / die Grunen aus.4
Aktuell existieren die „kleinen“ Kronzeugenregelungen der §§ 129 VI Nr. 2, 261 StGB; §§ 31, 31a BTMG, die kooperationsbereiten Straftatern im Bereich der Betaubungsmitteldelikte und der organisierten Kriminalitat Strafmilderung und Straffreiheit in Aussicht stellen.5
Auch § 46 II StGB kommt in seiner praxisublichen Anwendung einer Kronzeugenregelung schon sehr nahe.6
Des Weiteren hat das Bundeskabinett kurzlich eine neue allgemeine Kronzeugenregelung verabschiedet, die in Gestalt einer Strafzumessungsregelung noch im Fruhjahr 2008 in das StGB einflieBen soll. Nach diesem Gesetzesentwurf7 soll es kunftig nicht mehr erforderlich sein, dass die Tat des potenziellen Kronzeugen in Verbindung mit den Vergehen oder Verbrechen steht, auf welches sich die Aussagen des Kronzeugen beziehen.
Dieser kurze faktische Uberblick mag hier soweit reichen. Da die gesamte Diskussion in diesem Bereich auch eine starke emotionale Note innehat, ist weiterhin kurz zu verdeutlichen, was den Kronzeugen furjeden von uns ausmacht.
Die Figur des Kronzeugen ist uns von Kindesbeinen an vertraut. Bei dem Wort „Kronzeuge“ keimt in uns sofort der Reiz des Fremdartigen und Geheimnisvollen auf.
Emotional ist der Kronzeuge wohl fur uns alle positiv als Handlanger der Gerechtigkeit8 konnotiert. Er gehort zum klassischen Repertoire eines jeden Kriminalromans und instinktiv heiBen wir ihn fur gut und fur im Kampf gegen die Kriminalitat sowohl als gerechtfertigt, wie auch dringend benotigt. Diese Stimmungslage setzt sich auch in der juristischen Diskussion um das Thema Kronzeuge fort.
Ob dagegen der im anglo-amerikanischen Bereich ubliche und ursprunglich auch aus diesem System stammende9 Prozessvorteil des Kronzeugen, ganz straffrei auszugehen, positiv zu bewerten ist, erscheint im Hinblick auf das deutsche Straf- und Strafprozessrecht sowie auf verfassungsrechtlicher Ebene hochst fraglich.10
2. Fokus
Im Rahmen dieser Seminararbeit konzentriere ich mich auf die einer Kronzeugenregelung entgegenstehenden strafprozessrechtlichen Prinzipien, namentlich dem Legalitatsprinzip und besonders dem Fair-trial-Prinzip, sowie der durch dieses geforderten Waffengleichheit von Anklage und Verteidigung im Strafprozess. Auch das Schuldprinzip und die Gefahr der Umgehung der StPO werden anzusprechen sein.
Des weiteren ist auf verfassungsrechtlicher Ebene eine Verletzung von Art. 3 I GG sowie des in Art. 20 I, 23 I 1, 28 I 1 GG normierten Rechtsstaatsprinzips zu untersuchen.
AbschlieBend ist strafrechtspolitisch die negative Auswirkung von Strafmilderung fur Kronzeugen auf den groBen Sinn und Zweck der General- und Spezialpravention des Strafrechts zu diskutieren und auBerdem das Problem der mangelnden Glaubwurdigkeit von Kronzeugen zu beleuchten.
[...]
1 'Volk, Klaus: Strafprozessrecht. 2. Auflage, 2002, § 12 Rn 35.
2 Muhlhoff/ Pfeiffer: ZRP 2000, 121 (122).
3 Vgl. Art. 4, 5 KronzG.
4 Stern, Steffen: StraFo 2002, 185 (187).
5 Peglau, Jens: ZRP 2001, 103 (103).
6 Muhlhoff/Pfeiffer ZRP 2000, 121 (125); Stern, Steffen: StraFo 2002, 185 (187).
7BT-Drs. 14/5121.
8 Jung, Heike: ZRP 1986, 38 (38).
9 Jung, Heike'. Straffreiheit fur den Kronzeugen? 1. Auflage, 1974, S. 13, 39.
10 Vgl. Jung, Heike: ZRP 1986, 38 (38).
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