Um die Ursachen für die vorgenommenen Änderungen an IAS 39 bezüglich
einer erweiterten Umklassifizierung von Finanzinstrumenten zu verstehen, gilt es zunächst einleitende Worte zu den dazu führenden Umständen im Rahmen
der Finanzkrise zu verlieren. Eine zu expansive Geld- und damit Niedrigzinspolitik nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahre 2000 verleitete die Finanzmarktakteure dazu mit einem sehr hohen Leverage zu operieren. Nachdem die Politik in den USA zugleich hinreichende Regulierungsmaßnahmen verabschiedet hatte, um den Immobilienbesitz stark auszuweiten, war der Weg für eine exzessive Kreditvergabe geebnet. Da es stets regulatorisch vorgeschriebene Bilanzrelationen zu beachten gilt und der eigene Leverage schnell an seine Grenzen stieß, verbreitete sich zunehmend das sog. Originate-and-Distribute-Model. Die dahinter stehende Intention war, die Kreditforderungen nicht in der eigenen Bilanz zu führen, sondern entweder in speziell dafür vorgesehene Zweckgesellschaften oder direkt an Investoren zu transferieren. Diese Kredittransferierung wurde durch immer komplexer werdende Verbriefungsinstrumente realisiert. Eine möglichst hohe Fungibilität und somit flächendeckende Allokation der Kreditrisiken wurde mit Hilfe einer raffinierten Tranchierung erreicht. Die Bündelung eines regelmäßig kleinen Anteils hochriskanter Subprime-Kreditforderungen zusammen mit erstklassigen Kreditforderungen
zu einem Pool führte schließlich zu einem erstklassigen Rating für
den Gesamtpool. Zwar resultiert aus dieser Tranchierung ein positiver Risikodiversifikationseffekt, so dass für gut geratete Tranchen Käufer im regulierten und für weniger gut geratete Tranchen Käufer im unregulierten Markt auffindbar waren, allerdings ging ein - durch eine in praxi Mehrfachtranchierung - fataler Informationsverlust einher. Als sich ab dem Jahre 2007 infolge des Konjunkturzyklusses die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechterten und die Ausfallraten der Subprime-Kredite anstiegen, wurden die Investitionen in Verbriefungsinstrumente reduziert. Die sehr kurzfristig angelegte Refinanzierung der Zweckgesellschaften blieb infolgedessen aus und die inliegenden Assets mussten notverkauft werden. Daraufhin gerieten die Preise für Verbriefungstitel enorm unter Druck; der zuvor aufgeblähte Verbriefungsmoloch kam ins Wanken und immer mehr Finanzinstitute mussten staatlich gestützt
werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Grundzüge der Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IAS 39
- 2.1 Begriffsbestimmung, Ansatz und Bewertung
- 2.2 Bewertungsmaßstäbe zur Folgebewertung
- 2.2.1 Fortgeführte Anschaffungskosten
- 2.2.2 Fair Value
- 2.3 Klassifizierung zwecks Folgebewertung
- 2.3.1 Fair Value through Profit or Loss
- 2.3.1.1 Held for Trading
- 2.3.1.2 Designated to Fair Value through Profit or Loss
- 2.3.2 Held to Maturity
- 2.3.3 Loans and Receivables
- 2.3.4 Available for Sale
- 2.4 Ursprüngliche Umklassifizierungsoptionen
- 3 Ergänzung der Umklassifizierungsoptionen von Finanzinstrumenten
- 3.1 Konzeptionelle Darstellung der neuen Umklassifizierungsoptionen
- 3.1.1 Umklassifizierung aus Held for Trading
- 3.1.2 Umklassifizierung aus Available for Sale
- 3.2 Publizitätspflichten nach IFRS 7.12A
- 3.3 Kritische Würdigung der Neuregelungen
- 4 Empirische Analyse der Umklassifizierungseffekte bei europäischen Finanzinstituten
- 4.1 Grundgesamtheit, Betrachtungszeitraum und Untersuchungsmethodik
- 4.2 Umsetzung der neuen Umklassifizierungsoptionen in der Praxis
- 4.2.1 Anwendungshäufigkeit
- 4.2.2 Erfüllung der Publizitätspflichten nach IFRS 7.12A
- 4.2.3 Gesamtbuchwertsumme umklassifizierter Finanzinstrumente
- 4.2.4 Summe verhinderter Verluste durch Umklassifizierung
- 4.3 Auswirkungen auf Gewinn und Eigenkapital
- 4.3.1 Effekt auf das Comprehensive Income
- 4.3.1.1 Erfolgswirksamer Effekt auf das Ergebnis vor Steuern
- 4.3.1.2 Erfolgsneutraler Effekt auf das Other Comprehensive Income
- 4.3.2 Gesamteffekt auf das Eigenkapital
- 4.4 Auswirkungen auf ausgewählte Kennzahlen
- 4.4.1 Eigenkapitalquote
- 4.4.2 Eigenkapitalrendite vor Steuern
- 4.4.3 Gesamtkapitalrendite vor Steuern
- 5 Kritische Würdigung und Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit untersucht die Auswirkungen der Änderungen zur Umklassifizierung von Finanzinstrumenten nach IAS 39 auf Gewinn und Eigenkapital. Im Fokus der Untersuchung stehen europäische Finanzinstitute. Ziel ist es, die Auswirkungen der neuen Umklassifizierungsoptionen auf das Ergebnis vor Steuern, das Other Comprehensive Income, das Eigenkapital und ausgewählte Kennzahlen zu analysieren.
- Neue Umklassifizierungsoptionen nach IAS 39
- Empirische Analyse der Umklassifizierungseffekte
- Auswirkungen auf Gewinn und Eigenkapital
- Analyse von Kennzahlen
- Kritische Würdigung der Ergebnisse
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 bietet eine Einführung in die Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IAS 39. Die wichtigsten Begriffe, Ansätze und Bewertungskriterien werden erläutert. Besonderes Augenmerk liegt auf der Klassifizierung von Finanzinstrumenten und den ursprünglichen Umklassifizierungsoptionen. Kapitel 3 befasst sich mit den neuen Umklassifizierungsoptionen, die durch die Änderungen des IAS 39 eingeführt wurden. Es werden die konzeptionellen Grundlagen sowie die Publizitätspflichten im Rahmen des IFRS 7.12A dargestellt. Kapitel 4 beinhaltet die empirische Analyse der Umklassifizierungseffekte bei europäischen Finanzinstituten. Es wird untersucht, wie die neuen Umklassifizierungsoptionen in der Praxis angewendet werden und welche Auswirkungen sie auf Gewinn und Eigenkapital haben.
Schlüsselwörter
IAS 39, Finanzinstrumente, Umklassifizierung, Gewinn, Eigenkapital, Europäische Finanzinstitute, Empirische Analyse, IFRS 7.12A, Publizitätspflichten, Kennzahlen.
- Citation du texte
- Pascal Hansen (Auteur), 2009, Auswirkungen der Änderungen zur Umklassifizierung von Finanzinstrumenten nach IAS 39 auf Gewinn und Eigenkapital, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149544