Das Sorbische, die Muttersprache der indigenen slavischen Bevölkerung auf deutschem
Territorium - der Sorben, gliedert sich in zwei Hauptdialekte, den obersorbischen
und den niedersorbischen. Das Sorbische bildet unter den westslavischen Sprachen einen
Übergang vom Lechischen zum Tschechisch-Slovakischen, wobei das Obersorbische dem
Tschechisch-Slovakischen, das Niedersorbische dem Lechischen näher zu stehen scheinen.
Den Kern des Westslavischen bilden das Polnische und das Niedersorbische, mit erfaßt
sind auch das Obersorbische, das Polabische und das Pomoranische.
Obwohl die beiden sorbischen Hauptdialekte eine große Anzahl von Gemeinsamkeiten und
Ähnlichkeiten untereinander und mit anderen westslavischen Sprachen aufweisen, kann
man dennoch beträchtliche Unterschiede beobachten.
Die vorliegende Hausarbeit hat einen strukturalistischen Charakter, sie stützt sich auf die
Grundlagen der strukturalistischen Sprachlehre, nach der die Sprache ein Zeichensystem mit
bestimmten semantischen Funktionen ist. An dieser Stelle wird die phonologische Sprachebene
ins Visier genommen. Bei der Darstellung phonologischer Entwicklungsprozesse in
den gegebenen Sprachsystemen wird das Phonem wiederum in seinem klassischen "funktionalen"
Sinne betrachtet, als „die Gesamtheit der phonologisch relevanten Eigenschaften
eines Lautbildes“ (s. Trubetzkoy 1962:35) und kleinste lineare Einheit des Sprachsystems,
das zur Bedeutungsunterscheidung dient, definiert. Es werden ebenfalls weitere Begriffe
klassischer Phonologie aufgegriffen, wie Opposition - die Gegenüberstellung von Phonemen
nach Zahl und Qualität der beteiligten phonologischen Merkmale (vgl. Trubetzkoj
1962:66)1 - oder Korrelation - die eindimensionale privative Opposition, wobei das Korrelationsmerkmal
phonologisch relevant sein muß (s. Bartschat 1986:87).
Im Rahmen dieser Hausarbeit werden das sorbische Phonemsystem und die Besonderheiten
seiner phonologischen Entwicklung im Rahmen zweier Lautentwicklungsprozesse,
wie Konsonantismus und Vokalismus, im Vergleich zu anderen westslavischen Sprachen
dargestellt. Dabei wird sowohl auf die Affinitäten zu anderen westslavischen Sprachen als
auch auf die Idiosynkrasien des Sorbischen hingewiesen.
1 über die Arten von Oppositionen in Trubetzkoj (1962:66ff)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das sorbische Phonemsystem
- Die sorbischen Vokalphoneme
- Die sorbischen Konsonantenphoneme
- Phonologische Entwicklungsprozesse des Sorbischen im Spiegel des Westslavischen
- Der Konsonantismus
- Die Konsonantenpalatalisierungen
- Prothetische Konsonanten
- Die westslavische Liquida-Metathese
- Die g/h Isoglosse
- Der Vokalismus
- Die hohen jer-Vokale
- Die hohen Langvokale /ī, y/
- Die tiefen Vokale
- Die hohen gerundeten Vokale /ū, ü/
- Die urslavischen Nasalvokale
- Der Konsonantismus
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert das sorbische Phonemsystem und dessen phonologische Entwicklungsprozesse im Vergleich zu anderen westslavischen Sprachen. Sie untersucht die strukturalistischen Merkmale des Sorbischen, wobei der Fokus auf der phonologischen Ebene liegt. Die Arbeit beleuchtet die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den beiden sorbischen Hauptdialekten (Obersorbisch und Niedersorbisch) sowie die Unterschiede zum übrigen Westslavischen.
- Das sorbische Phonemsystem und seine Struktur
- Die phonologische Entwicklung des Sorbischen im Vergleich zu anderen westslavischen Sprachen
- Die Unterschiede zwischen Obersorbisch und Niedersorbisch
- Die Bedeutung des Sorbischen im Kontext des Westslavischen
- Die Anwendung strukturalistischer Sprachwissenschaft auf das Sorbische
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt das Sorbische als slawische Sprache auf deutschem Gebiet vor und erläutert die Gliederung des Sorbischen in Obersorbisch und Niedersorbisch. Außerdem wird die Position des Sorbischen innerhalb des westslavischen Sprachraums und seine Beziehung zu anderen westslavischen Sprachen wie Polnisch und Tschechisch-Slovakisch beschrieben. Die Arbeit wird als strukturalistische Analyse präsentiert, die die phonologische Ebene der Sprache untersucht.
- Das sorbische Phonemsystem: Dieses Kapitel beschreibt das sorbische Phonemsystem, das sowohl im Obersorbischen als auch im Niedersorbischen aus sieben Vokalphonemen besteht. Diese werden anhand ihrer Zungenstellung und Mundöffnung klassifiziert. Außerdem werden Besonderheiten der Vokalrealisierung in den beiden Sprachvarianten, wie die fehlende Distinktion nach Quantität, erörtert.
- Phonologische Entwicklungsprozesse des Sorbischen im Spiegel des Westslavischen: Dieses Kapitel behandelt die phonologischen Entwicklungsprozesse im Sorbischen, insbesondere im Vergleich zum Konsonantismus und Vokalismus anderer westslavischer Sprachen. Es werden unter anderem die Konsonantenpalatalisierungen, prothetische Konsonanten, die westslavische Liquida-Metathese und die g/h Isoglosse im Konsonantismus analysiert. Im Vokalismus wird die Entwicklung der hohen jer-Vokale, der hohen Langvokale /ī, y/, der tiefen Vokale, der hohen gerundeten Vokale /ū, ü/ und der urslavischen Nasalvokale betrachtet.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Sorbisch, Phonemsystem, Phonologie, Westslavisch, Strukturalismus, Konsonantismus, Vokalismus, Obersorbisch, Niedersorbisch, Sprachkontakt, Sprachentwicklung.
- Arbeit zitieren
- Oxana Karpenko (Autor:in), 2003, Das sorbische Phonemsystem im Spiegel des Westslavischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14988