Das Erkenntnisinteresse der Arbeit
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Der theoretischen Beschäftigung mit kultureller Differenz und der interkulturellen Zusammenarbeit folgte eine empirische Beschäftigung mit diesem Zusammenhang. Hierzu führte ich qualitative Interviews mit in China bei Ameco Beijing, einem Jointventureunternehmen von Lufthansa und Air China, arbeitenden deutschen und chinesischen Führungskräften durch. Zentrale Fragen bei den Interviews waren:
Gibt es Probleme und Konflikte in der interkulturellen Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Chinesen bei Ameco? Wenn ja, welcher Art sind diese?
Hat das interkulturelle Training, sofern es durchgeführt wurde, den Expats geholfen? Wenn ja, inwiefern?
Wie haben sich diese Menschen in einem interkulturellen Umfeld zurechtfinden können?
Wie nehmen die Interviewten kulturelle Unterschiede zwischen der deutschen und der chinesischen Kultur wahr? Wie bewerten sie diese Unterschiede?
Ich wollte herausfinden, welche Erfahrungen die bei Ameco Beijing Arbeitenden in der interkulturellen Kommunikation machen, wie sie mit persönlichen Misserfolgen oder Unsicherheiten, resultierend aus dem Aufeinandertreffen auf eine für sie fremde Kultur umgehen und inwiefern man den Beteiligten über ein verbessertes interkulturelles Training helfen könnte. Es gibt, so das Ergebnis, offensichtlich kulturelle Interferenzen in der interkulturellen Zusammenarbeit und daraus resultierend subjektorientierte Konsequenzen. In Schlüsselbereichen der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit habe ich versucht, strukturelle Gemeinsamkeiten und/oder strukturelle Unterschiede aus den Interviews mit deutschen und chinesischen Beschäftigten von Ameco herauszuarbeiten. Mein Ziel war, einen Vergleich zwischen der Perspektive der Deutschen und der Chinesen herzustellen, wobei dies nur dann gelingen konnte, wenn ich zu spezifischen Aspekten der Zusammenarbeit Äußerungen von beiden Partnern hatte. Teilweise gab es bei der Zusammenführung von deutscher und chinesischer Perspektive auch Bereiche, bei denen sich trotz vorhandener Äußerungen beider Seiten keine strukturellen Gemeinsamkeiten finden ließen, da die Perspektiven der Partner sehr unterschiedlich waren. Die ausführliche Auswertung der qualitativen Interviews mit deutschen und chinesischen Beschäftigten von Ameco Beijing befindet sich in Teil II der Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Eine kurze Einführung in das Thema der Arbeit
- 1.2 Ausgangsfragen, Vorgehensweise sowie Einordnung der theoretischen Grundlagen
- 1.3 Das Erkenntnisinteresse der Arbeit
- Teil I: Theoretische Überlegungen über Kulturdifferenzen und interkulturelles Training
- 2. Kultur als mentale Programmierung
- 2.1 Einführung in den Begriff und die Bedeutung von Kultur
- 2.2 Kulturspezifische Denkmuster und Wertorientierungen
- 2.3 Kulturrelativismus
- 2.4 Kulturebenen
- 2.5 Unterschiede in der nationalen Kultur
- 2.6 „Panasiatische“ Kulturstandards
- 2.7 Verhaltenstipps interkultureller Ratgeber für den Umgang mit Chinesen
- 2.8 Gleiche Oberfläche, verschiedener Kern?
- 3. Machtdistanz
- 3.1 Der Zusammenhang zwischen Sozialisation und MDI
- 3.2 Das Problem der Übertragung von Managementstilen auf andere Kulturräume
- 4. Individuum und Kollektiv in der Gesellschaft
- 4.1 Individuum und Gruppe
- 4.2 Scham, Schuld und das Konzept des „Gesichtes“
- 4.3 Individualismus und Kollektivismus im Arbeitsprozess
- 4.4 Unterschiede zwischen kollektivistischen und individualistischen Gesellschaften
- 5. Maskulinität gegenüber Femininität
- 5.1 Geschlecht und Geschlechterrollen
- 5.2 Maskulinität - Femininität als Kulturdimension
- 5.3 Maskulinität - Femininität in der Schule und in Konfliktsituationen
- 6. Vermeidung von Unsicherheit und Ambiguitätstoleranz
- 6.1 Unsicherheitsvermeidung
- 6.2 Unsicherheitsvermeidung, Maskulinität und Motivation
- 6.3 Religion und UVI
- 6.4 Der UVI Chinas – niedrig oder hoch?
- 7. Tugend und Wahrheit - östliche und westliche Denkweisen
- 8. Konfuzianische Dynamik bzw. langfristige gegenüber kurzfristiger Orientierung
- 8.1 Langfristige gegenüber kurzfristiger Orientierung (ILO)
- 8.2 Geert Hofstedes Sicht auf die Lehren des Konfuzius
- 9. Einführung in Grundgedanken des Konfuzianismus
- 9.1 Eine Definition und Erläuterung des Begriffs Konfuzianismus (chin.: Rujia)
- 9.2 Die Lehren und das Leben des Konfuzius
- 9.3 Konfuzianische Schulen – Mengzi und Xunzi
- 10. Die Aktualität und Bedeutung des Konfuzianismus in der modernen chinesischen Gesellschaft
- 10.1 Wirtschaftliche Implikationen des Konfuzianismus
- 10.2 Konfuzianismus und das ostasiatische Wirtschaftswunder
- 10.3 Fleiß, Bescheidenheit und Sparsamkeit
- 10.4 Bildung und Ausbildung
- 10.5 Potentiale und Risiken des modernen Chinas
- 10.6 Die politische Bedeutung des Konfuzianismus
- 10.7 Die Bedeutung des Konfuzianismus im heutigen China
- 11. Aspekte der interkulturellen Zusammenarbeit
- 11.1 Chinesische Kernwerte und ihre Konsequenzen
- 11.2 Ren Qing und Guanxi
- 11.3 Die „neuen Werte“ im modernen China
- 11.4 Die Einstellung der Westler gegenüber China
- 11.5 „Die westlichen Teufel“
- 11.6 Anforderungen an Manager und Mitarbeiter deutsch-chinesischer Unternehmen
- 11.7 China - Partner und Rivale
- 11.8 Der Prozess der Schlichtung interkultureller Interferenzen
- Der Einfluss kultureller Unterschiede auf die Kommunikation und Zusammenarbeit.
- Die Rolle des Konfuzianismus in der chinesischen Geschäftskultur.
- Analyse der Hofstedeschen Kulturdimensionen im chinesischen Kontext.
- Empirische Untersuchung der interkulturellen Zusammenarbeit in einem deutsch-chinesischen Unternehmen.
- Strategien zur Bewältigung interkultureller Herausforderungen.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung von Kultur für eine erfolgreiche interkulturelle betriebliche Kommunikation und Zusammenarbeit in China. Sie verfolgt sowohl einen theoretischen als auch einen empirischen Ansatz, um die Herausforderungen und Möglichkeiten der interkulturellen Zusammenarbeit in diesem Kontext zu beleuchten.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Arbeit ein, stellt die Forschungsfragen vor und beschreibt die methodische Vorgehensweise. Es skizziert das Erkenntnisinteresse der Arbeit und ordnet die theoretischen Grundlagen ein.
2. Kultur als mentale Programmierung: Dieses Kapitel befasst sich mit dem komplexen Begriff der Kultur und seinen Auswirkungen auf menschliches Handeln. Es werden kulturspezifische Denkmuster, Wertorientierungen und die Ebenen von Kultur analysiert. Der Kulturrelativismus wird diskutiert, ebenso wie die Unterschiede in der nationalen Kultur und „panasiatische“ Kulturstandards. Abschließend werden Verhaltenstipps aus interkulturellen Ratgebern kritisch beleuchtet.
3. Machtdistanz: Dieses Kapitel untersucht den Zusammenhang zwischen Sozialisation und Machtdistanzindex (MDI). Es wird das Problem der Übertragung von westlichen Managementstilen auf andere Kulturräume, insbesondere China, diskutiert und analysiert.
4. Individuum und Kollektiv in der Gesellschaft: Dieses Kapitel vergleicht individualistische und kollektivistische Gesellschaften und deren Auswirkungen auf Kommunikation und Zusammenarbeit. Es werden Konzepte wie „Gesicht“ und Vertrauen im Kontext von Individualismus und Kollektivismus untersucht, sowie die Bedeutung von Scham und Schuld in unterschiedlichen Kulturen beleuchtet.
5. Maskulinität gegenüber Femininität: Dieses Kapitel analysiert die Kulturdimension der Maskulinität und Femininität, beleuchtet Geschlechterrollen und deren Auswirkung auf den Schul- und Arbeitskontext sowie auf Konfliktsituationen.
6. Vermeidung von Unsicherheit und Ambiguitätstoleranz: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Konzept der Unsicherheitsvermeidung und deren Zusammenhang mit anderen Kulturdimensionen wie Maskulinität und Motivation. Der Einfluss von Religion und der spezifische UVI Chinas werden diskutiert.
7. Tugend und Wahrheit - östliche und westliche Denkweisen: Dieses Kapitel untersucht die Unterschiede in den Denkweisen zwischen Ost und West, mit einem Schwerpunkt auf ethischen und moralischen Werten.
8. Konfuzianische Dynamik bzw. langfristige gegenüber kurzfristiger Orientierung: Dieses Kapitel analysiert die Bedeutung der langfristigen Orientierung im Kontext des Konfuzianismus und setzt diese in Beziehung zu den Hofstede'schen Kulturdimensionen. Die Sichtweise Geert Hofstedes auf die Lehren des Konfuzius wird detailliert betrachtet.
9. Einführung in Grundgedanken des Konfuzianismus: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Einführung in den Konfuzianismus, seine historischen Wurzeln, zentralen Lehren, und die wichtigsten Vertreter wie Mengzi und Xunzi. Es analysiert die Hauptprinzipien und zentralen Begriffe des Konfuzianismus.
10. Die Aktualität und Bedeutung des Konfuzianismus in der modernen chinesischen Gesellschaft: Dieses Kapitel beleuchtet die anhaltende Relevanz des Konfuzianismus in der modernen chinesischen Gesellschaft, sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht. Es werden die Auswirkungen auf Bildung, Wirtschaft und die Herausforderungen der modernen chinesischen Gesellschaft diskutiert.
11. Aspekte der interkulturellen Zusammenarbeit: Dieses Kapitel analysiert die Kernwerte der chinesischen Kultur und deren Konsequenzen für die interkulturelle Zusammenarbeit. Es untersucht Konzepte wie Ren Qing und Guanxi und beleuchtet die Einstellungen von Westlern gegenüber China, einschließlich Stereotypen und deren Auswirkungen. Die Anforderungen an Manager und Mitarbeiter in deutsch-chinesischen Unternehmen werden ausführlich besprochen, ebenso wie der Umgang mit Interessenkonflikten und der Prozess der Schlichtung interkultureller Interferenzen.
Schlüsselwörter
Interkulturelle Kommunikation, interkulturelle Zusammenarbeit, China, Konfuzianismus, Hofstede, Kulturdimensionen, Machtdistanz, Individualismus, Kollektivismus, Unsicherheitsvermeidung, Langfristige Orientierung, Ren Qing, Guanxi, deutsch-chinesische Geschäftsbeziehungen, empirische Studie, qualitative Interviews.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Interkulturelle Zusammenarbeit in China
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Bedeutung von Kultur für eine erfolgreiche interkulturelle betriebliche Kommunikation und Zusammenarbeit in China. Sie betrachtet sowohl theoretische als auch empirische Aspekte, um Herausforderungen und Möglichkeiten der interkulturellen Zusammenarbeit in diesem Kontext zu beleuchten.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den Einfluss kultureller Unterschiede auf die Kommunikation und Zusammenarbeit, die Rolle des Konfuzianismus in der chinesischen Geschäftskultur, eine Analyse der Hofstedeschen Kulturdimensionen im chinesischen Kontext, eine empirische Untersuchung der interkulturellen Zusammenarbeit in einem deutsch-chinesischen Unternehmen und Strategien zur Bewältigung interkultureller Herausforderungen.
Welche theoretischen Grundlagen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf die Kulturdimensionen nach Geert Hofstede (Machtdistanz, Individualismus/Kollektivismus, Maskulinität/Femininität, Unsicherheitsvermeidung, langfristige/kurzfristig Orientierung), sowie auf konfuzianische Prinzipien und deren Auswirkungen auf die chinesische Gesellschaft und Wirtschaft.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, einen theoretischen Teil (Kapitel 2-10), der sich mit Kultur, Konfuzianismus und den relevanten Kulturdimensionen auseinandersetzt, und einen Teil zu Aspekten der interkulturellen Zusammenarbeit (Kapitel 11).
Welche Kapitel gibt es und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit enthält elf Kapitel: Einleitung, Kultur als mentale Programmierung, Machtdistanz, Individuum und Kollektiv, Maskulinität/Femininität, Unsicherheitsvermeidung, Ost-Westliche Denkweisen, Konfuzianische Dynamik/Langfristige Orientierung, Einführung in den Konfuzianismus, Aktualität des Konfuzianismus im modernen China und Aspekte der interkulturellen Zusammenarbeit. Jedes Kapitel befasst sich detailliert mit seinem jeweiligen Thema.
Welche konkreten Aspekte der interkulturellen Zusammenarbeit werden behandelt?
Die Arbeit untersucht chinesische Kernwerte und deren Konsequenzen für die Zusammenarbeit, Konzepte wie Ren Qing und Guanxi, die Einstellung der Westler gegenüber China, die Anforderungen an Manager und Mitarbeiter in deutsch-chinesischen Unternehmen und den Umgang mit Interessenkonflikten sowie die Schlichtung interkultureller Interferenzen.
Welche methodischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit verfolgt sowohl einen theoretischen als auch einen empirischen Ansatz. Es wird auf Literaturrecherche und möglicherweise auf qualitative Interviews in einem deutsch-chinesischen Unternehmen zurückgegriffen (genaue Methodik wird im Text detailliert beschrieben).
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Interkulturelle Kommunikation, Interkulturelle Zusammenarbeit, China, Konfuzianismus, Hofstede, Kulturdimensionen, Machtdistanz, Individualismus, Kollektivismus, Unsicherheitsvermeidung, Langfristige Orientierung, Ren Qing, Guanxi, Deutsch-Chinesische Geschäftsbeziehungen, Empirische Studie, Qualitative Interviews.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Studierende, Wissenschaftler, Manager und Mitarbeiter, die sich mit interkultureller Kommunikation und Zusammenarbeit im deutsch-chinesischen Kontext befassen. Sie bietet wertvolle Einblicke in die chinesische Kultur und deren Bedeutung für erfolgreiche Geschäftsbeziehungen.
- Arbeit zitieren
- Michael Wulf (Autor:in), 2006, Die Bedeutung von Kultur für eine erfolgreiche interkulturelle betriebliche Kommunikation und Zusammenarbeit in China, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150114