"Come in and find out" - Zum Verständnis von Werbeanglizismen im Deutschen


Magisterarbeit, 2005

87 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Anglizismus: Begriff und Geschichte
2. 1. Begriffsklärungen
2.1.1. Anglizismus - Definitionen
2.1.2. Entlehnungstypen
2.1.3. Anglizismenarten nach Yang
2. 2. Geschichtliche Aspekte

3. Forschungsstand
3.1. Forschungsstand Anglizismen allgemein
3.1.1. Forschung in der BRD
3.1.2 Forschung in der DDR
3.2. Forschungsstand Werbeanglizismen
3.2.1. Untersuchung von Frequenz und Verteilung auf Sachgebiete
3.2.2. Studien zum Verständnis von Anglizismen

4. Anglizismen in der Werbung
4.1. Definition Slogan
4.2. Funktionen der Sprachwahl
4.3. Stilistische Funktionen von Anglizismen
4.4. Verständlichkeit versus Wirksamkeit

5. Eigene Untersuchung
5.1. Inhalte und Anliegen der Arbeit
5.1.1. Grundlegende Informationen zur Analyse
5.1.2. Aufgestellte Hypothesen
5.2. Auswertung
5.2.1. Auswertung der Slogans im Einzelnen
5.2.2. Hypothesentest
5.3. Zusammenfassung

6. Schadet zu viel Englisch der deutschen Sprache?
6.1. Sprachschutz in Deutschland
6.2. Neueste Entwicklungen

7. Schlussbetrachtung

8. Bibliographie der zitierten Literatur

Anlagen

0. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Es gab eine Zeit, da war die Fähigkeit, Englisch sprechen zu können, ein Pluspunkt. Heute ist es ein Minuspunkt, nicht Englisch zu sprechen!“ (Carlier 2002: 5)

Wer kennt diese Situationen nicht? Man möchte wie gewohnt die Nachrichten sehen, doch diesmal kommt mit neuen Moderatoren und im neuen Studio Newstime. Auf der Telefonrechnung steht nicht mehr Ortsgespräch, sondern city call und in der Stammbäckerei gibt es neuerdings coffee to go. Gerade auch im Internet wird man schnell fündig. Überall sieht man logins, logouts und newsletters und messages findet man im Übermaß. Es besteht kein Zweifel daran, dass unsere deutsche Sprache, und dadurch auch unser Alltag, mehr und mehr vom Englischen beeinflusst werden. Doch versteht die Mehrheit der Konsumenten diese fremdsprachigen Elemente auch? Die vorliegende Magisterarbeit befasst sich genau mit dieser Fragestellung, insbesondere im Hinblick auf Werbeanglizismen.

Diese Arbeit besteht aus theoretischen Abschnitten und einem praktischen Teil. Kapitel 2 liefert wichtige Grundlagen zum Thema. Dabei werden der Begriff des Anglizismus, verschiedene Arten der Entlehnung sowie die Typen von Anglizismen nach Yang beleuchtet. Darüber hinaus wird kurz auf geschichtliche Hintergründe eingegangen, um die Bedeutung und Entwicklung von Anglizismen über die Zeit zu betrachten. Im folgenden Kapitel geht es um den bisherigen Forschungsstand. Zunächst wird auf Untersuchungen von Anglizismen im Allgemeinen eingegangen. Im Anschluss werden Arbeiten zum Thema Werbeanglizismen im Speziellen erläutert, um schließlich zum Hauptthema dieser Arbeit hinzuführen. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Thematik, warum gerade die Werbung so reich an Anglizismen ist. Der Begriff Slogan wird definiert und Funktionen der Sprachauswahl werden erläutert. Ergänzend werden die stilistischen Wirkungen von Anglizismen beleuchtet.

Nach dem theoretischen Teil beschäftigt sich Kapitel 5 mit der eigens zum Thema Werbeanglizismen durchgeführten Studie, welche ausführlich beschrieben und ausgewertet wird.

Im darauf folgenden Abschnitt dieser Magisterarbeit geht es um die Frage, wie Anglizismen und ihr Einfluss auf die deutsche Sprache bewertet werden. Es wird darauf eingegangen, ob sprachpuristische Überlegungen, wie z.B. in Frankreich, auch in Deutschland aktuell sind. Weiterhin geht es um neueste Entwicklungen zur Thematik, welche die derzeitige Situation von englischen Werbeslogans in Deutschland betreffen und einen interessanten Ausblick in die Zukunft geben. Der letzte Teil dieser Magisterarbeit stellt eine Schlussbetrachtung zum Thema dar.

2. Anglizismus: Begriff und Geschichte

2. 1. Begriffsklärungen

2.1.1. Anglizismus - Definitionen

Bevor eingehender auf das Thema Anglizismen und Werbung eingegangen wird, sollen grundlegend ein paar Begriffe erklärt werden. Nach verschiedenen Definitionen des Begriffs Anglizismus wird kurz auf die unterschiedlichen Arten der Entlehnung eingegangen. Anschließend wird die Unterteilung in drei Anglizismentypen nach Yang aufgegriffen.

Für den Terminus Anglizismus gibt es zahlreiche Definitionen. Es wird daher im Folgenden nur auf ein paar wenige, jedoch wichtige Erklärungen eingegangen. Zindler beschreibt einen Anglizismus als „ein Wort aus dem britischen oder amerikanischen Englisch im Deutschen oder eine nicht übliche Wortkombination, jede Art der Veränderung einer deutschen Wortbedeutung oder Wortveränderung [...] nach britischem oder amerikanischem Vorbild.“ (Zindler 1959: 2)

Yang definiert Anglizismus als Oberbegriff von Entlehnungen aus allen möglichen englischsprachigen Ländern, u.a. aus Amerika, Großbritannien, Kanada, Australien und Südafrika. Der Autor fügt hinzu, dass es sehr schwer ist, festzustellen, in welchem Land einzelne Anglizismen ihren genauen Ursprung haben (Yang 1990: 7). Auf die Unterscheidung zwischen britischen und amerikanischen Anglizismen wird daher in den meisten Arbeiten zum Thema, sowie auch in dieser Magisterarbeit, verzichtet.

Schütte erweitert die Definition im Hinblick auf den Aspekt‚ das ein als Anglizismus definierter Ausdruck nicht tatsächlich aus einen englischsprachigen Land stammen muss. Laut Autorin ist ein Anglizismus „ [...] ein sprachliches Zeichen, das ganz oder teilweise aus englischen Morphemen besteht, unabhängig davon, ob es mit einer im englischen Sprachgebrauch üblichen Bedeutung verbunden ist oder nicht.“ (Schütte 1996: 38). In diesem Zusammenhang lässt sich der Begriff der Scheinentlehnung einordnen, welcher anschließend noch genauer betrachtet wird.

Zusammenfassend lässt sich Carstensens Erläuterung eines Anglizismus nennen, welche auf die bereits genannte Definition von Zindler aufbaut. Ein Anglizismus ist demnach ein in die deutsche Sprache entlehntes Wort, welches seinen Ursprung im britischen bzw. amerikanischen Englisch findet (Carstensen 1965: 30).

2.1.2. Entlehnungstypen

Nach der Definition des Anglizismus, werden nun kurz die verschiedenen Arten der Entlehnungen betrachtet. Schütte nennt hierbei vier Typen: Fremdwort, Lehnwort, Mischkompositum und Scheinentlehnung (Schütte 1996: 35) . Der Begriff Fremdwort bezeichnet die direkte Übernahme eines fremdsprachigen Wortes in die deutsche Sprache, wobei dieses unverändert bleibt. Es werden höchstens Großbuchstaben am Wortanfang verwendet, z.B. bei Substantiven (z.B. Fan, Show, Message). Die zweite Art der Entlehnung ist das Lehnwort. Hierbei wird ebenfalls ein fremdsprachiges Wort direkt in eine andere Sprache übernommen. Der Unterschied zum Fremdwort besteht jedoch darin, dass es im Hinblick auf Aussprache, Orthografie und Flexion angeglichen wird, beispielsweise Insiderin, downloaden oder managen. Ein weiterer Typ der Entlehnung ist das Mischkompositum. Bei dieser Übernahme behält ein Teil des entlehnten Wortes seine Form bei, während der andere Teil übersetzt wird, z.B. Live - Sendung, entlehnt von dem Begriff live - broadcast. Die letzte von Schütte erwähnte Art der Entlehnung ist die Scheinentlehnung, worunter Ausdrücke wie Showmaster, Hometrainer oder Dressman fallen. Bei diesem Typ wird ein englisch aussehendes und klingendes Wort in der deutschen Sprache verwendet, welches jedoch in englischsprachigen Ländern nicht vorkommt (Schütte 1996: 35). Yang definiert sie als Ausdrücke, welche „ [...] mit Sprachmitteln der Ursprungssprache gebildet werden, aber in dieser unbekannt sind.“ (Yang 1990: 12).

Zusätzlich werden neben Fremdwörtern und Lehnwörtern oftmals Internationalismen als dritte Hauptentlehnungsart erwähnt. Schmitz definiert diese als Entlehnungen, welche in vielen Sprachen in ähnlicher oder sogar gleicher Form und Bedeutung auftauchen. Ein Beispiel hierfür ist das deutsche Wort Revolution, welches im Englischen revolution und im Französischen révolution heißt. Internationalismen werden weder als Fremdwörter, noch als Lehnwörter aufgefasst (Schmitz 2001: 54).

Laut Kupper sind Entlehnungen immer etwas Dynamisches und beschreiben nie einen Zustand. Demnach ist eine exakte Abgrenzung zwischen Fremdwort und Lehnwort nicht, bzw. nur schwer möglich. Oftmals entwickeln Entlehnungen eine Eigendynamik in der Sprache, in die sie aufgenommen werden. Dies hat zur Folge, dass sie in der neuen Sprache in mehr oder auch anderen Bedeutungen Verwendung finden, was dazu führt, dass sich die Bedeutungen in beiden Sprachen später oftmals stark unterscheiden können. Kupper ergänzt, dass lexikalische Elemente einfacher zu entlehnen sind als grammatische. Es werden daher mehr Substantive, Verben und Adjektive aufgenommen als z.B. Artikel oder Pronomen (Kupper 2003: 10).

2.1.3. Anglizismenarten nach Yang

Ergänzend zum Begriff Anglizismus und den Entlehnungsarten wird nunmehr kurz Yangs Unterteilung von Anglizismen betrachtet. Der Linguist unterscheidet zwischen drei Arten von Entlehnungen: konventionalisierte Anglizismen, Anglizismen im Konventionalisierungsprozess und Zitatwörter/ Eigennamen.

Konventionalisierte Anglizismen sind englischsprachige Begriffe, welche schon nicht mehr als fremd angesehen werden, auch wenn ihre Schreibweise und Aussprache noch sehr an ihren Ursprung erinnern, z.B. Computer oder Jeans. Sie wurden schon in die Umgangssprache aufgenommen und werden häufig benutzt. Der zweite Typ, Anglizismen im Konventionalisierungsprozess, bezeichnet Ausdrücke, die auf den Rezipienten fremd wirken. Sie werden trotz allem in u.a. Werbeslogans verwendet und somit in Zeitschriften abgedruckt, z.B. im Spiegel. Diese Anglizismen entwickeln sich entweder zu konventionalisierten Anglizismen oder sie werden nicht weiter verbreitet. Beispiele hierfür sind u.a. gay oder factory. Die dritte von Yang genannte Gruppe bezeichnet Zitatwörter und Eigennamen. Diese werden nur in solchen Situationen verwendet, wenn ein Bezug zu dem Ursprungsland der Entlehnung, z.B. Amerika, hergestellt werden soll. Wörter wie High School, US-Army oder Highway sind nur einige davon. Sie werden nicht mit anderen Ländern in Zusammenhang gebracht und nur benutzt, wenn sie sich wie in diesem Falle direkt auf die USA beziehen (Yang 1990: 9 ff.).

2. 2. Geschichtliche Aspekte

Nachdem bisher grundlegende Begriffe erläutert wurden, beschäftigt sich dieser Abschnitt mit den geschichtlichen Hintergründen, welche im Zusammenhang mit Anglizismen von Bedeutung sind. Ein historischer Überblick ist notwendig, um die Entwicklungen von englischen Entlehnungen in den vergangenen Jahrzehnten zu beschreiben und zu erklären.

Der Einfluss des Französischen und Lateinischen ist in Deutschland schon seit Jahrhunderten zu erkennen. Im Vergleich dazu ist das Englische eine relativ späte Erscheinung (Yang 1990: 1). Englische Entlehnungen sind erst seit dem späten 19. Jahrhundert auf dem Vormarsch. Vor dieser Zeit waren Anglizismen nur in philosophischer, politischer oder ökonomischer Fachliteratur zu finden, doch seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Ausdrücke auch in die Umgangssprache aufgenommen, hauptsächlich durch den Einfluss Großbritanniens und seiner einflussreichen Position in der Wirtschaft (Kupper 2003: 35).

Auch im 20. Jahrhundert wuchs der britische Einfluss kontinuierlich. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges und der Aufteilung Deutschlands in vier Besatzungszonen erlangte jedoch der amerikanische Einfluss an Bedeutung. Diese Tatsache lässt sich auf die Wirtschaftshilfe der USA, die westlich orientierte Bündnispolitik Deutschlands (die DDR ausgenommen) und die amerikanische Dominanz in Technik und Wirtschaft zurückführen. Englisch wurde zur Wissenschaftssprache und aufgrund wachsender internationaler Verständigung auch zur Verhandlungs- und schließlich Weltsprache. In zahlreichen Ländern, wie auch in Deutschland, wurde Englisch zur ersten Fremdsprache erklärt und baute dadurch seinen Einfluss stetig aus (Yang 1990: 2).

Obwohl anzunehmen war, „dass nach Kriegsende Deutschlands neue Westorientierung auch sprachliche Auswirkungen haben würde, war der Umfang und die Wucht doch sehr überraschend“ (Wilss 1958: 16). Am zahlreichsten traten Fremdwörter in den Gebieten auf, wo ständig Genauigkeit und benötigt neue Ausdrücke wurden, z.B. in Handel, Wirtschaft, Technik, Rüstung, aber auch in Gebieten wie Mode und Unterhaltung. Die Tagespresse war dabei das „Haupteinfallstor“ (Wilss 1958: 16 ff.). Schon zur Nachkriegszeit war klar, dass der anglo - amerikanische Einfluss weiter steigen würde und dass Deutschland unmöglich etwas dagegen tun konnte (Wilss 1958: 32).

Schütte äußert sich über die unterschiedlichen Wertesysteme in Deutschland und den USA. Die Autorin beschreibt, dass gerade während der Nachkriegszeit eine sehr starke Amerikanisierung in Deutschland aufkam. Demokratie und Freiheit waren wichtige Konzepte und übten einen dementsprechend starken Einfluss auf Wirtschaft, Politik und Kultur aus. Auch zog man sich vermehrt in den privaten Bereich zurück. In den sechziger Jahren wurden dann Werte der Selbstentfaltung bedeutender, während Konzepte wie Pflicht und Akzeptanz vor allem bei jüngeren Menschen an Bedeutung verloren. In den siebziger Jahren herrschte laut Schütte eine gespaltene Situation. Einerseits strebte man nach Autonomie und Selbstverwirklichung, aber auf der anderen Seite kam es zu schnellen Werteverschiebungen. In den Achtzigern herrschte dann ein Nebeneinander verschiedener Werte. Der Hauptunterschied zwischen den USA und Deutschland ist laut der Autorin, dass in Deutschland Konzepte wie Sicherheit, Verantwortung und Kooperation immer noch von höherer Bedeutung sind, während es in den USA verstärkt auf Individualismus, Wettbewerb, Flexibilität und Leistung ankommt (Schütte 1996: 99 ff.).

Der Einfluss des Anglo - Amerikanischen war jedoch nicht nur in der Bundesrepublik, sondern ebenfalls in der DDR bemerkbar. Im sozialistischen Teil Deutschlands herrschte jahrzehntelang Abneigung und Widerstand gegen die Amerikanisierung, wie sie in der BRD stattfand. Dennoch gewann auch dort das Englische mehr und mehr an Bedeutung. Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ist der englische Einfluss in Gesamtdeutschland noch weiter angestiegen (Schmitz 2001: 52, 71).

Der geschichtliche Rückblick hat aufgezeigt, dass das Englische schon seit Ende des 19. Jahrhunderts auf Deutschland einwirkt. Während bis zum Zweiten Weltkrieg die Rolle Großbritanniens von hoher Bedeutung war, änderte sich dies nach Kriegsende zugunsten des amerikanischen Einflusses, der seit dem stetig an Zuwachs gewinnt.

3. Forschungsstand

Nachdem verschiedene Begriffe und geschichtliche Hintergründe erläutert wurden, beschäftigt sich dieses Kapitel mit der bisherigen Forschung zur Thematik. Insbesondere seit 1945 ist der Bereich des anglo - amerikanischen Einflusses auf die deutsche Sprache zu einem wichtigen Forschungsgegenstand der Linguistik geworden. Der Einfluss fremder Sprachen ist schon immer ein beliebtes Untersuchungsobjekt, wobei die Weltsprache Englisch eine besonders wichtige Rolle spielt (Fink, Fijas, Schons 1997: 4ff.).

Der Forschungsstand wird in dieser Arbeit sehr ausführlich betrachtet. Dabei wird ein Überblick über wichtige bisherige Veröffentlichungen gegeben, welche sich mit der Thematik befassen. Alle im Folgenden genannten Untersuchungen in Kapitel 3.1. sind chronologisch geordnet. Es wird dabei zwischen Forschung in den alten und neuen Bundesländern unterschieden. Bis zur deutschen Wiedervereinigung wurden hauptsächlich Studien veröffentlicht, welche sich mit der Anglizismenforschung der BRD beschäftigen. Jedoch auch in der DDR wurde der englische Einfluss analysiert. In Abschnitt 3.2. sind die Untersuchungen thematisch geordnet. Die meisten Arbeiten werden nicht nur erwähnt, sondern es wird auch ausführlich auf relevante Ergebnisse bezüglich des Verständnisses von Anglizismen eingegangen. Dies dient dazu, um zur eigenen Untersuchung dieser Arbeit hinzuleiten und wichtige Grundlagen zu liefern.

3.1. Forschungsstand Anglizismen allgemein

3.1.1. Forschung in der BRD

Besonders nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der englische Einfluss intensiv untersucht und es entstanden viele Aufsätze, Dissertationen und zahlreiche Monographien zu verschiedenen Aspekten des Themas. Die erste wichtige Untersuchung ist die Dissertation Zindlers „Anglizismen in der Sprache der deutschen Presse“ von 1959. Der Autor gibt darin einen Überblick über den anglo - amerikanischen Einfluss auf die deutsche Pressesprache nach 1945 (Yang 1990: 5; Zindler 1959).

1963 veröffentlicht Hans Galinsky seine Arbeit „Stylistic Aspects of Language Borrowing”. Er zeigt darin Ursachen für Entlehnungen aus dem Englischen auf. Galinsky fasst folgende stilistische Funktionen von Anglizismen zusammen: Kolorit, Vereinfachung, Präzision, Kürze, Lebhaftigkeit, Wortspiel und Variation (Yang 1990: 7). Auf diese Funktionen wird in Kapitel 4.1 noch genauer. eingegangen.

Eine weitere wichtige Arbeit ist von Broder Carstensen aus dem Jahr 1965, welche als Standardwerk zum Thema gilt. In „Englische Einflüsse auf die deutsche Sprache nach 1945“ untersucht der Autor deutsche Zeitschriften, vor allem den Spiegel, im Zeitraum zwischen 1961 bis 1964. Carstensen stellt heraus, dass die Presse die wichtigste Rolle bei der Übernahme und Verbreitung englischer Elemente einnimmt. In dieser Arbeit wird erstmalig zwischen unterschiedlichen Typen von Entlehnungen differenziert (siehe 2.1.3.) und es werden ebenfalls stilistische Funktionen untersucht. Carstensen kommt zu dem Ergebnis, dass hauptsächlich der Wortschatz beeinflusst wird, während fremdsprachige Elemente weniger auf die Grammatik einwirken (ibid.: 5).

1970 veröffentlicht Fink seine Dissertation „Amerikanismen im Wortschatz der deutschen Tagespresse“. Dieses ist das erste Werk, welches sich auf einen bestimmten Untersuchungskorpus konzentriert, auf acht Wochenendausgaben der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Welt von 1963. In seiner Arbeit untersucht der Autor, ob es regionale Unterschiede bezüglich der Aufnahme und Akzeptanz von Anglizismen gibt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass in der Süddeutschen Zeitung der größte Anteil an Anglizismen vorkommt (ibid.: 6; Fink 1970).

Finks Aufsatz „‘Texas - look‘ und ‚party - bluse‘. Assoziative Effekte von Englischem im Deutschen“ von 1977 beschäftigt sich mit der Thematik, wie Anglizismen von ihren Verwendern bzw. Rezipienten bewertet werden. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass englische Elemente meistens positiv verwendet werden und demnach auch mit Positivem in Verbindung gebracht werden (Effertz/ Vieth 1996: 19f.; Fink 1977).

1978 veröffentlicht Pfitzner „Der Anglizismus im Deutschen. Ein Beitrag zur Bestimmung seiner stilistischen Funktion in der heutigen Presse“. Ähnlich wie Galinsky listet er dabei Kolorit, Ausdruckskraft, Sprachökonomie, Ton und Affekt als wichtige stilistische Funktionen auf. Für den Verfasser sind Anglizismen „wichtige Stil- und Ausdruckmittel in der heutigen deutschen Zeitungssprache“ (Yang 1990: 7; Pfitzner 1978).

1979 erscheint Peter Brauns und Gerd Nowacks Arbeit „Sprachpädagogische Beobachtungen zum Fremdwortgebrauch“. Die Autoren analysieren darin Untersuchungen in Hauptschulklassen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Fremdwörter, die in einen kompletten Satz eingebettet sind und die aus bekannten Sachbereichen stammen, weniger Schwierigkeiten bereiten. Problematischer wird es, wenn fremdsprachige Elemente einzeln auftauchen, sowie wenn sie aus unbekannten Sachgebieten stammen. Die Verfasser ergänzen, dass diese Tendenzen ebenso in der deutschen Sprache vorkommen (Braun, Nowack 1979b: 193ff.).

Eine bedeutende neuere Arbeit ist Yangs „Anglizismen im Deutschen - Am Beispiel des Nachrichtenmagazins Der Spiegel“ von 1990. Der Autor analysiert dabei die Entwicklung von Anglizismen in Bezug auf Frequenz, Semantik, Wortbildung, Integration und stilistische Funktion. Die diachronische Untersuchung beinhaltet je sechs Ausgaben des Spiegels aus den Jahren 1950, 1960, 1970 und 1980 (Yang 1990: 3f.). Yang wählte den Spiegel als Quelle, da dieses Magazin die jeweils aktuelle Pressesprache am besten widerspiegelt. Die Sprache des Spiegels ist besonders präzise, knapp und voller Fremdwörter, und sie hat einen entscheidenden Einfluss auf andere Zeitschriften (ibid.: 18f.). Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass das Englische einen sehr starken Einfluss auf das Deutsche ausübt und dass die Frequenz der Anglizismen pro Seite über die Jahre kontinuierlich ansteigt. Yang erweitert Galinskys und Pfitzners stilistische Funktionen um die Aspekte Euphemismen (beschönigende Ausdrücke) und pädagogischer Einfluss. Weiterhin stellt Yang fest, dass viele Anglizismen in ihrer Bedeutung nur teilweise übernommen werden und dass sie im Deutschen andere Konnotationen hervorrufen können, als in der Sprache, aus der sie entlehnt wurden (ibid.: 166ff.).

3.1.2 Forschung in der DDR

Im Vergleich zur BRD wurde die Thematik in der DDR weniger untersucht und war häufiger ideologisch beeinflusst (Fink, Fijas, Schons 1997: 4ff.). Die wichtigsten Untersuchungen werden im Folgenden erläutert.

1977 erscheint die erste umfassende Untersuchung „Angloamerikanische Einflüsse in DDR Zeitungstexten“ von Göran Kristensson. Der Autor untersucht dabei Gründe für die Verwendung von Anglizismen. Kristensson hebt ebenfalls Präzision, Variabilität, Kürze, Prestigeerhöhung und eine größere Ausdrucksmöglichkeit als Hauptursachen hervor. Zusätzlich nennt er noch die Möglichkeit, Parteien mittels Anglizismen zu bewerten, wobei das Englische in den meisten Fällen eine eher negative und abwertende Funktion erfüllt. Hinsichtlich der Aufnahme und Frequenz von Anglizismen stellt Kristensson eine ähnliche Tendenz wie in der BRD fest. Der Autor verweist dabei auf die Tatsache, dass viele Aspekte der Sprachveränderung und - entwicklung in der DDR ähnlich wie in der BRD ablaufen (Kristensson 1977: 328ff.).

Langner veröffentlicht 1986 seine Arbeit „Zum Einfluss des Angloamerikanischen auf die deutsche Sprache in der DDR“. Darin stellt er fest, dass während der vergangenen zehn Jahre die Anzahl sowie die Anwendung von englischen Begriffen auch in der DDR stark angestiegen sind (Effertz/ Vieth 1996: 26).

1988 erscheint Oschlies‘ Untersuchung „Hat der Dispatcher den Broiler abgedeckt? Anglizismen im sprachlichen Alltag der DDR“. Obwohl Englisch in den 50er Jahren als Sprache des Klassenfeindes betrachtet wurde, steigt auch in der DDR der englische Einfluss. Die Untersuchung des Autors zeigt, dass Anglizismen verstärkt in den Bereichen Sport, Unterhaltungsmusik, Computer und Technik auftreten. Oschlies stellt weiterhin fest, dass die Sprache der DDR überraschenderweise nur sehr wenig vom Russischen beeinflusst wird, stattdessen aber sehr stark vom Englischen (ibid.: 205 ff.).

Nach der deutschen Wiedervereinigung gibt es Untersuchungen, welche sich mit den Unterschieden des englischen Einflusses auf die Sprache der beiden deutschen Staaten beschäftigen. Fink veröffentlicht 1997 seine Untersuchung „Von Kuh - Look bis Fit for Fun: Anglizismen in der heutigen Allgemein- und Werbesprache“. Er beschreibt darin, dass zur Jahreswende 1995/ 96 in den neuen BL eine Art Flut englischer Entlehnungen festzustellen war. Während die Bewohner der alten BL schon jahrelang mit dem englischen Einfluss konfrontiert waren, war der plötzlich so starke Einfluss im Osten besonders extrem. Fink beschreibt die Situation so, dass in den neuen BL englisches Wortgut entweder gar nicht beachtet wird, oder fremde Wörter schon nicht mehr als Fremdwort gesehen werden (Fink 1997: 55f.).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich bisherige Arbeiten hauptsächlich mit der Pressesprache beschäftigt haben. Dabei wurden wichtige Erkenntnisse über Gründe und Motivationen für Entlehnungen, stilistischen Funktionen von Anglizismen, sowie über den englischen Einfluss auf bestimmte Sachbereiche gewonnen. Weiterhin wurde festgestellt, dass die Zahl von Anglizismen stetig wächst. Schütte ist der Ansicht, dass in den 80ern und 90ern das Interesse am anglo - amerikanischen Einfluss scheinbar nachlässt. (Schütte 1996: 43ff). Diese Annahme ist jedoch unbegründet, denn gerade in den letzten Jahren gab es zahlreiche Untersuchungen, insbesondere im Bereich der Werbesprache, auf die im nächsten Abschnitt intensiver eingegangen wird.

3.2. Forschungsstand Werbeanglizismen

Nachdem bisher der Bereich der Anglizismenforschung im Allgemeinen erläutert wurde, geht es jetzt um Arbeiten und Erkenntnisse zur Werbesprache im Speziellen. Seit den 90er Jahren gibt es verstärkt Untersuchungen auf diesem Gebiet. Da sich die vorliegende Magisterarbeit genau für diesen Bereich der Forschung interessiert, wird in diesem Kapitel intensiv auf den englischen Einfluss auf die Werbesprache eingegangen, um schließlich zur eigenen Untersuchung hinzuführen. Es wird dabei nicht primär zwischen Forschung in den alten und neuen BL unterschieden, sondern die Abschnitte sind thematisch geordnet. Das erste Unterkapitel (3.2.1.) beschäftigt sich mit Untersuchungen zur Frequenz von Anglizismen, semantischen Aspekten, sowie mit der Verteilung auf verschiedene Sachgebiete. Das zweite Teilkapitel (3.2.2.) geht danach auf Studien zum Verständnis und auch kurz auf die Beurteilung von Werbeanglizismen ein.

3.2.1. Untersuchung von Frequenz und Verteilung auf Sachgebiete

In Finks Arbeit „Superhit oder Spitzenschlager. Ein Versuch zur Häufigkeit und Funktion von Anglizismen und ‚Werbeanglizismen‘ in deutschen Jugendzeitschriften“ von 1977/ 78 untersucht der Autor die Frequenz von Anglizismen in Zeitschriften. Er kommt zu dem Ergebnis, dass pro Seite im Durchschnitt 15 Anglizismen vorkommen, wovon 4 Werbeanglizismen sind (Fink 1980: 185ff.). Diese Studie zeigt, dass schon in den 70er Jahren die Anzahl von englischem Wortgut in deutschen Zeitungen recht hoch war.

Eine der wichtigsten Arbeiten der vergangenen Jahre ist Yangs Untersuchung „Anglizismen im Deutschen: Am Beispiel des Nachrichtenmagazins Der Spiegel“ von 1990, welche bereits erwähnt wurde. Der Autor analysiert Werbeanzeigen zwischen 1950 und 1980 mit Hinblick auf Frequenz, Semantik, Wortbildung, Integration und stilistische Funktionen. Wie zahlreiche Linguisten zuvor stellt auch Yang einen starken Anstieg des englischen Einflusses über die Jahre hinweg fest. Der Verfasser untersucht weiterhin, in welchen Sachgebieten englische Elemente am häufigsten vorkommen. Laut Yang treten die meisten Anglizismen in den Bereichen Technik, Genussmittel, Automobilindustrie, Tourismus, Kosmetik und Kleidung auf (Yang 1990: 33 f.). Im Hinblick auf den semantischen Aspekt werden sehr viele Anglizismen nur mit einem Teil ihrer ursprünglichen Bedeutung ins Deutsche entlehnt. Obwohl viele von ihnen eine deutsche Entsprechung besitzen, ist diese nicht identisch mit der Ursprungsbedeutung. Entlehnung und deutsche Entsprechung haben zwar in vielen Fällen die gleiche Denotation, sie verfügen jedoch über unterschiedliche Konnotationen. Außerdem stellt Yang eine große Gruppe von Anglizismen fest, welche keine eindeutige deutsche Entsprechung aufweisen können (z.B. Blues, Krisenmanager). Diese Lexeme können nur durch umständliches Definieren bzw. Umschreiben im Deutschen ausgedrückt werden. Abschließend bemerkt der Autor, dass sich bereits viele Anglizismen an die deutsche Grammatik, z.B. an die Flexionsregeln, angepasst haben (ibid.: 167 ff.). Yangs Arbeit liefert wichtige Erkenntnisse zu verschiedenen Aspekten der Anglizismusthematik und gilt daher in dem Gebiet als eine der Bedeutendsten der 90er Jahre.

1995 veröffentlicht Störiko ihre Studie „Wir legen Word auf gutes Deutsch. Formen und Funktionen fremdsprachiger Elemente in der deutschen Anzeigen-, Hörfunk- und Fernsehwerbung.“ Die Autorin untersucht 493 Anzeigen, 85 Hörfunkspots und 72 Fernsehspots. Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie häufig bestimmte Sprachen in verschiedenen Sachbereichen zu finden sind. Störiko kommt zu dem Ergebnis, dass in allen der analysierten Medien auf dem Gebiet der Nahrungs- und Genussmittel am häufigsten mit fremden Sprachen geworben wird. Während 20 % aller Zeitungsanzeigen für Nahrung werben, sind es beim Hörfunk circa 45 %, und in der Fernsehwerbung sogar knapp 60 % (Störiko 1995: 402 ff).

Auch Störiko listet in ihrer Arbeit die untersuchten Sachgebiete im Einzelnen auf. Dabei ist das Englische als Sprache der Technik vorherrschend im Bereich der Autowerbung. Auch in der Kosmetikbranche spielen Anglizismen eine wichtige Rolle, wobei sie hier ihre Stellung mit dem Französischen teilen müssen. Die Analyse ergab, dass es knapp mehr Anglizismen in der Haarkosmetik gibt, während das Französische bei Parfum stärker vertreten ist. Bei Werbung für Make-up werden jedoch beide etwa gleich stark verwendet. Laut Störiko ist das Englische in den Gebieten Medien, Kunst, Kultur und Musik unschlagbar. Weiterhin dominieren Anglizismen die Bereiche Sport, Tabak, Tourismus und Technik.

Die Verfasserin geht außerdem den Gründen für die Sprachwahl nach. Laut Störiko ist für Werbung auf unterschiedlichen Gebieten die Auswahl der Sprache abhängig von der Kultur des werbenden Landes. Dies trifft vor allem auf den Bereich der Nahrungs- und Genussmittel zu. Hier wird Englisch für eine Vielzahl von Produkten und Herkunftsländer eingesetzt, egal ob für typisch amerikanische Produkte (Coca Cola, McDonalds) geworben wird oder für Produkte aus Deutschland (z.B. Apollinaris). Das Produkt soll dabei besonders modern und international erscheinen. Dabei wird das Image der Marke stärker betont als die Qualität. Störiko fügt hinzu, dass auf dem Gebiet der Nahrungsmittel neben dem Englischen auch das Italienische und Französische stark eingesetzt werden.

Störikos Untersuchung zeigt, dass Englisch in fast allen Bereichen der Werbung zu finden ist, wobei für landesspezifische Werbung auch verstärkt die eigenen Sprachen eingesetzt werden (ibid.: 412 ff).

1996 erscheint Schüttes Arbeit „Das schöne Fremde - Angloamerikanische Einflüsse auf die Sprache der deutschen Zeitschriftenwerbung“. In ihrer Untersuchung analysiert sie formale Aspekte (Frequenz, Integrationsgrad, Wortartenhäufigkeit, Trennung von Slogan, Fließtext und Schlagzeile, Denotation) sowie inhaltliche (Werte, Einstellungen der Werbemacher und Konsumenten). Vor Schüttes Studie seien vor allem Frequenzanalysen in verschiedenen Sachbereichen Hauptthema der Forschung gewesen. Die Autorin will darüber hinausgehen. In ihrer Arbeit untersucht sie erstmals den Einfluss von Anglizismen auf verschiedene Bereiche, diesmal jedoch unter Einbezug der erzeugten Wirkung, wobei auch die Gestaltung der Anzeigen mit einbezogen wird. Mit dieser interdisziplinären Arbeit versucht Schütte, eine Lücke in der Forschung zu schließen, indem sie einerseits die Werbewirkung und andererseits die linguistische Perspektive analysiert und miteinander in Beziehung setzt (Schütte 1996: 15 ff).

Schütte analysiert 3000 Anzeigen aus verschiedenen Zeitungen. Ziel der Untersuchung ist es, den Anglizismeneinfluss in einem Zeitraum von über 40 Jahren (1951-1991) zu dokumentieren. Die Autorin versucht, diese Entwicklung mit Aspekten des Sprachwandels, Änderung von gesellschaftlichen Werten und mit strukturellen Rahmenbedingungen von Werbung zu erklären.

Schütte kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Anteil von Anglizismen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen ist. Dabei ist die Zahl von rein englischen Slogans zwischen den Jahren 1981 und 1991 um fast 200 % gestiegen (ibid.: 157 ff). Zwischen 1951 und 1961 hat sich vor allem der Anteil bei Marken- bzw. Firmennamen vergrößert. Die Autorin begründet dies mit der Expansion ausländischer Unternehmen auf dem deutschen Markt. Zwischen 1961 und 1971 stellt sie einen Trend zu komplett englischen Slogans fest, bei denen verstärkt unbekannte Anglizismen verwendet werden. Zwischen den Jahren 1971 und 1981 kommt es noch einmal zu einem Anstieg von technischen Fachwörtern. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich über die Jahrzehnte Bedeutung und Stellenwert der Anglizismen verändert haben. Während in den 50er Jahren Englisch verstärkt bei Marken- und Firmennamen eingesetzt wurde, erlangten Anglizismen später bei Fachwörter und Produkteigenschaften eine größere Bedeutung (ibid.: 201 ff).

Neben der zeitlichen Entwicklung beschäftigt sich Schütte auch mit der Verteilung auf verschiedene Sachbereiche. Sie findet heraus, dass in allen Jahrgängen Anglizismen am häufigsten im Bereich der Kosmetik auftreten, danach folgen die Gebiete Alkohol und Mode und seit den 70er Jahren steigt die Zahl englischen Wortguts in der Automobilindustrie und im Dienstleistungssektor.

Schütte analysiert weiterhin, inwiefern Anzeigen mit bestimmten Werten verbunden sind. Im Gebiet der Kosmetik stellte die Autorin fest, dass 2/3 aller Anzeigen Werte wie Schönheit, Gesundheit und Jugendlichkeit beinhalteten. In der Automobilbranche sind 77,7 % der Anzeigen mit Werten wie Sicherheit, Qualität, Fortschritt und Lifestyle verbunden. Laut Schütte wird durch Anzeigen und den damit assoziierten Werten ein Image für das jeweilige Produkt kreiert (ibid.: 271 ff), wobei Anglizismen eine große Rolle spielen können. Dieser Aspekt wird in Kapitel 4.3. noch genauer behandelt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der anglo - amerikanische Einfluss zwischen 1951 und 1991 stark angestiegen ist. Dies kann man sowohl am Anteil der Anglizismen pro Anzeige erkennen, wie auch an der Zahl der Anzeigen, die englische Elemente enthalten. Komplett deutsche Werbeanzeigen sind über die Jahre weniger geworden. Im Hinblick auf den Aspekt der Werte lässt sich sagen, dass es in den 60er Jahren zu einer Änderung und Erweiterung kommt. Dabei ist ein Rückgang traditioneller deutscher Werte wie Sparsamkeit und Familie zu erkennen. Dagegen gewinnen anglo - amerikanische Werte wie Individualität, Freizeitgenuss, Ansprüche, Modernität, Erfolg, Lifestyle und Fortschritt immer mehr an Bedeutung (ibid.: 355 ff).

Eine neuere Arbeit ist Kuppers Dissertation „Anglizismen in deutschen und französischen Werbeanzeigen“ von 2003. Kupper untersucht Werbeanzeigen in fünf Jahresausgaben des Spiegels von 1976 und 2001. Während 1976 nur 14,66 % der Werbeanzeigen englische Elemente enthielten, sind es 2001 schon 44,25 %. Auch Kupper hat sich mit den verschiedenen Sachgebieten beschäftigt. 1976 werden englische Elemente vor allem in den Bereichen Nahrungs- und Genussmittel, Tourismus und Unterhaltungselektronik gefunden. Diese Gebiete machen zusammen 60 % aus. Keine Bedeutung spielt in den 70ern der Bereich der Telekommunikation. Im Gegensatz dazu machen im Jahr 2001 Internet und Telekommunikation ca. 7,5 % und der Bereich Computer ca. 7 % aller Anzeigen mit Werbeanglizismen aus. Weiterhin ist das Englische heutzutage hauptsächlich in den Bereichen Finanzen, Immobilien, Versicherungen, Dienstleistungen, Automobilindustrie und in der Unterhaltungselektronik zu finden. Insgesamt lässt sich 2001 sogar eine gleichmäßigere Verteilung der Anglizismen auf die Sachgebiete feststellen. Auffällig ist für die Verfasserin, dass während 1976 englische Ausdrücke noch kommentiert und erklärt wurden, sie in der heutigen Werbung ohne jeden Kommentar eingesetzt werden und für verständlich gehalten werden (Kupper 2003: 95 ff).

Eine weitere aktuelle Studie „Sprachwahl im Werbeslogan: Eine empirische Untersuchung an der Universität Hannover“ wurde von der Universität Hannover 2004 durchgeführt. Knapp 2500 Werbeslogans aus 5 Jahrzehnten und 9 Branchen wurden hinsichtlich ihrer Sprachwahl untersucht. Die Internetseite Slogans.de diente als Datenbank, welche alle Slogans aufführt, die je in Deutschland veröffentlicht wurden. Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob Werbung wirklich das wichtigste Einfallstor für Anglizismen sei.

Die Studie überprüft zum einen die Frage, ob, basierend auf Ergebnissen Schüttes, auch nach 1996 die Zahl der Anglizismen weiter ansteigt. Während vor den 50ern Slogans nur zu 2 % englisch waren, sind es in den 70ern und 80ern schon 3 %, in den 90ern mittlerweile 18 % und nach 2000 sind ganze 30 % aller Werbesprüche vom Englischen beeinflusst. Der Anstieg der Anglizismen konnte also auch nach Schüttes Untersuchung von 1991 belegt werden.

Das zweite Anliegen der Studie ist es, herauszufinden, ob ebenfalls eine branchenspezifische Verteilung festgestellt werden kann. Hierfür wurden die einzelnen Sachbereiche in drei Gruppen unterteilt: dominant englischsprachige, dominant deutschsprachige und englische sowie deutsche Werbung. Bezogen auf die einzelnen Gebiete wird herausgefunden, dass in der IT - Branche erwartungsgemäß die meisten Anglizismen vorkommen. Seit 2000 liegt der Anglizismenanteil in Anzeigen dort bei über 60 %. Mit der englischen Sprache werden hier hauptsächlich Konzepte wie Innovation und Zukunft verbunden.

Ein Bereich der dominant deutschsprachigen Werbung ist die Politik, welche scheinbar nicht mit Anglizismen zu vereinbaren ist, da hier die Betonung nicht auf Internationalität liegt, sondern auf dem Allgemeinverständnis. Auch im Gebiet Gesundheit/ Pharma gibt es bislang kaum englische Slogans. Erst seit den 90er Jahren tauchen hier vereinzelt fremdsprachige Elemente auf. Deutsch ist die Sprache Nummer eins, um Werte wie Vertrauen, Seriosität und Tradition zu vermitteln, die gerade im Gesundheitswesen von großer Bedeutung sind. Der Gesundheitssektor ist demnach ebenfalls unvereinbar mit Anglizismen. Trotzdem kann man in den letzten Jahren einen leichten Anstieg in diesem Bereich erkennen. Dies betrifft aber größtenteils außerpharmazeutische Dienstleistungen und Produkte (z.B. Durex - „For a hundred million reasons“).

Im Bereich der Kosmetik sind Anglizismen unverzichtbar, denn es müssen stetig neue und verbesserte Technologien und Produkteigenschaften bezeichnet werden. Wenn in diesem Gebiet jedoch auf deutsche Slogans zurückgegriffen wird, stehen diese für Werte wie Tradition. Ein Beispiel hierfür ist die Marke Nivea, welche sehr bekannt ist und schon seit Generationen in Deutschland gekauft wird. In den Medien sind Anglizismen erst seit den 90er Jahren im Kommen, sie werden dabei besonders häufig vom privaten Hörfunk und Fernsehen eingesetzt. Der Anglizismenanteil fällt hier jedoch geringer aus, als Schütte es erwartet hätte.

Die Studie bestätigt den Zusammenhang vom Einsatz von Anglizismen für bestimmte Produktgruppen und -marken. Die höchsten Anglizismenzahlen findet man in den Bereichen Technologie, Genussmittel und Mode, während in den Gebieten Gesundheit und Parteien fast ausschließlich deutsch geworben wird. Im Gegensatz zu anderen Fremdsprachen (Italienisch, Französisch) ist das Englische weitgehend von Herkunft der werbenden Firma bzw. des Produkts unabhängig und somit sozusagen universal einsetzbar. Um es mit den Worten des Untersuchungsberichts zu sagen, ist „[Englisch] [i]n diesem Sinne [...] im Werbeslogan kein angloamerikanischer, sondern ein internationaler Code mit Mehrzweckcharakter“ (Androutsopoulos 2004).

3.2.2. Studien zum Verständnis von Anglizismen

Nachdem Arbeiten zu Frequenz und den verschiedenen Sachgebieten behandelt wurden, werden in diesem Kapitel Untersuchungen zu Verständnis, Akzeptanz und Beurteilung von Anglizismen betrachtet. Seit den 60er Jahren ist Englisch in der BRD erste Fremdsprache. Demnach müsste die gesamte Bevölkerung über grundlegende Englischkenntnisse verfügen (Störiko 1995: 403).

1975 erscheint Finks Aufsatz „‘Know-How‘ und ‚Hifi-Pionier‘. Zum Verständnis englischer Ausdrücke in der deutschen Werbesprache “. In dieser Studie untersucht er das Verständnis von 30 Anglizismen aus der deutschen Werbung. Er befragt dazu 197 Versuchspersonen im Alter von 18 bis 84 Jahren. Die Untersuchung führt den Verfasser zu dem Schluss, dass 1/3 aller Werbeanglizismen den Probanden unbekannt sind. Fink stellt dabei einen engen Zusammenhang zwischen Schulvorbildung und Verständnis der englischen Elemente fest. Ein weiteres Ergebnis ist die Tatsache, dass mit steigendem Alter der Probanden deren Verständnis der Anglizismen rapide nachlässt. Der Autor ist der Ansicht, dass die Werbesprache viel zu oft als Fachsprache abgetan wird, was sie jedoch nicht ist. Laut Fink betrifft sie die Allgemeinheit und sollte deshalb für alle verständlich sein (Fink 1975: 188 f.).

1997 veröffentlichen Fink, Fijas und Schons ihre Arbeit „Anglizismen in der Sprache der neuen Bundesländer. Eine Analyse zur Verwendung und Rezeption“. Untersucht werden dabei 1534 Seiten schriftliches sowie mündliches Material aus Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen (Fink, Fijas, Schons 1997: 21). Die Autoren nennen u.a. linguistische Produktivität und Kürze als Vorzüge von englischsprachiger Werbung, sie stellen jedoch aufgrund von mangelnden Kenntnissen der Rezipienten deren Werbewirksamkeit in Frage (ibid.: 55 ff). Die Verfasser kritisieren, dass es bis zum Zeitpunkt der Untersuchung nur wenige Einzelstudien zu Rezeption, Akzeptanz und Verwendung von Werbeanglizismen gab, denn es wurden bislang meistens nur formale Aspekte analysiert. In ihrer Arbeit sollen auch sozio- und psycholinguistische Aspekte mit einbezogen werden.

Untersucht werden Beachtung, Kenntnisse, Verwendung, Verständnis und Beurteilung von Anglizismen. Dafür werden Fragebögen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten von 162 Vp aus den neuen BL analysiert. Zusätzlich werden FB von einer Kontrollgruppe von 24 Probanden aus den alten BL mit einbezogen (ibid.: 87 f).

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Vp aus den neuen BL mehr Fernsehen schauen, weniger lesen und Werbung weniger wahrnehmen als die Probanden der Kontrollgruppe. Während die meisten Anglizismen im Westen besser gekannt werden, haben sie im Osten dennoch schon Platz im passiven Vokabular gefunden. Teilnehmer der alten BL benutzen im Alltag mehr englische Begriffe als die der neuen BL, jedoch verwenden beide Gruppen häufig Wörter wie Jeans und Shirt. Bei der Beurteilung von Anglizismen sind sich beide Teile Deutschlands ziemlich einig. Anglizismen kommen grundsätzlich gut an und werden mit Werten wie Modernität, Genauigkeit und Einfachheit assoziiert. Nur 13 % der neuen BL und 17 % der alten BL sehen in Anglizismen einen negativen Einfluss.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Analyse nicht die vermuteten Unterschiede zwischen Ost und West hinsichtlich der Rezeption von Anglizismen ergab. Es wurden zwar Abweichungen deutlich, diese könnten jedoch auf die nur relativ kleine Kontrollgruppe zurückzuführen sein. Die Autoren schlussfolgern, dass Probanden der neuen BL Werbung weniger bewusst wahrnehmen, weil sie früher fehlte und heute in einem zu großen Ausmaß einwirkt. Daher ließe sich vermuten, dass englische Werbung eventuell absichtlich ignoriert wird (ibid.: 97 ff).

2000 erscheint Gawlittas Studie „Akzeptanz englischsprachiger Werbeslogans. ‘let’s make things better’”. Hier werden ebenfalls Verständlichkeit und Akzeptanz von Anglizismen bei unterschiedlichen Altersgruppen untersucht. Gawlitta richtet dabei seine Aufmerksamkeit auf die Slogans von Anzeigen. Seine Analyse bestätigt die Hypothesen, dass die Zahl englischer Slogans in den letzten Jahren gestiegen ist, dass 20-35 Jährige deutlich mehr Internationalität und Modernität mit Englisch verbinden als 50-65 Jährige und dass die ältere Gruppe fremdsprachige Werbung deutlich stärker ablehnt als jüngere. Die Annahme, dass die Mehrheit der Vp die Slogans nicht immer bzw. nicht vollständig versteht, kann nicht eindeutig belegt werden (Gawlitta 2000: 40 ff). Die Akzeptanz von Anglizismen bei den 50-65 Jährigen ist sehr gering, doch Gawlitta sieht darin keinen direkten Zusammenhang zum Verständnis, denn auch Vp mit sehr guten Englischkenntnissen zeigen eine starke Ablehnung gegenüber Anglizismen. Selbst die Altersgruppe der 20-35 Jährigen ist mehrheitlich gegen die Verwendung zu vieler englischsprachiger Elemente in der Werbung (ibid.: 67 ff).

[...]

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
"Come in and find out" - Zum Verständnis von Werbeanglizismen im Deutschen
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
87
Katalognummer
V150250
ISBN (eBook)
9783640621118
ISBN (Buch)
9783640621552
Dateigröße
816 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anglizismen, Slogans, Verständnis, Fragebogenstudie, Forschungsstand, Unterschied Ost West, Werbung, Englisch
Arbeit zitieren
Sina Goldschadt (Autor:in), 2005, "Come in and find out" - Zum Verständnis von Werbeanglizismen im Deutschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150250

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