Ende September 2006 wurde auf Initiative des Innenministers Wolfgang Schäuble die Deutsche Islamkonferenz einberufen. Ausgewählte Repräsentanten des Islam in Deutschland stehen seither in einem kontinuierlichen,institutionalisierten Diskussionsprozess untereinander und mit Vertretern der Bundesregierung.Im Rahmen dieser vorbildlosen politischen Initiative vollzieht sich ein brisanter, gleichermaßen religionshistorisch, migrations- wie religionspolitisch folgenreicher Vorgang: eine Religion – der Islam – soll eingebürgert werden. Gestritten wird in dieser Diskurs-Arena nicht zuletzt um das Definitionsmonopol über richtige und falsche Religion. Politisch gewünscht ist ein ‚deutscher Islam’, doch wie soll dieser aussehen?
Die vorliegende Arbeit will Konzept, Programm und Zielsetzung der Konferenz offenlegen, sowie anhand der Portraitierung ihrer Protagonisten die jeweiligen Interessenlagen und zugrunde liegenden Machtkonstellationen aufdecken. Ein Fokus der Untersuchung liegt hierbei auf der Repräsentationsfrage, nämlich „wer hier mit wem in wessen Namen spricht“. Um nicht ihrerseits einen weiteren Beitrag zur allzuoft einseitigen Berichterstattung über Islam und Muslime zu liefern, ist die Untersuchung stets um größtmögliche Multiperspektivität bemüht: Die konkurrierenden Selbst- und Islamverständnisse der eingeladenen muslimischen Teilnehmer finden ebenso kritisch-vergleichende Betrachtung, wie andererseits die staatliche Position. Da Wolfgang Schäuble in seiner Funktion als Unions-Vertreter und Innenminister die DIK vor allem mit seiner Person verbindet, werden dessen Islambild, seine Gegenwartsdiagnose und „Islamo-Evolutionstheorie“ dargelegt, wobei die Attribute „europäisch“,„christlich geprägt“, „aufgeklärt“ und nicht zuletzt „modern“ als zentrale Leit- und Wertbegriffe seiner Argumenation näherer Betrachtung unterzogen werden.
Das schließende Kapitel untersucht unter der Überschrift
„Islamische Präsenz in Europa“ die „reziproke identifikative Herausforderung und ihre Bewältigung“ über die zentralen Konzepte „Identität“, „Kultur“ und „kulturelle Identität“. Der deutsche Islamdiskurs wird als Aushandlung von Macht- und Identitätsfragen über Öffentlichkeit ins Visier genommen, um ‚kollektive Identität’ als Krisendiskurs auszuarbeiten. Da sich bei beiden Diskursparteien eine Revitalisierung präsäkularer Ressourcen nachweisen lässt, stellt sich am Ende die Frage, inwiefern ein solches „religio-kulturelles Wettrüsten“ als integrationsproduktiv gelten kann.
Inhaltsverzeichnis
- A. „Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas, er ist Teil unserer Gegenwart und er ist Teil unserer Zukunft“.
- B. Vom „Islam in Deutschland“ zum „Deutschen Islam“: Perspektiven auf das Projekt der Einbürgerung einer Religion
- 0. Deutsche Islamkonferenz: Nationalarena der diskursiven Weichenstellung für die Zukunft des Islam.
- 1. Bestandsaufnahme: Das Profil islamischer Präsenz innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland
- 1.1. Arbeitsprogramm und Motto der Deutschen Islamkonferenz
- 1.2. Personelle Zusammensetzung der DIK: Portraits im Vergleich und virtuellen Dialog
- 1.2.1. Auswahlkriterien?
- 1.2.2. Der Staat’
- 1.2.2.1. Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB)
- 1.2.2.1.1. Repräsentativität?
- 1.2.3. ,Der Islam’
- 1.2.3.1. Die Verbände
- 1.2.3.1.1. Alleinvertretung - Anspruch und Wirklichkeit
- 1.2.3.1.1.1. Desintegrator,,Imâm-Import“?
- 1.2.3.1.1.2. Das mehrstimmige Echo der Türkeizentrierung
- 1.2.3.1.1.2.1. Türkeifokussierung - Fluch oder Segen?
- 1.2.3.1.1.2.2. Desintegrator türkischsprachige Islamunterweisung?
- 1.2.3.1.1.2.3. Personelle Abhängigkeiten
- 1.2.3.1.1.2.4. Desintegrativ aus Sicht des Staates = Attraktiv für den Muslim?
- 1.2.3.1.1.2.4.1. Warum DITIB? Die Ambivalenz des,Turko-Islams’
- 1.2.3.1.1.2.4.2. Warum DITIB?
- 1.2.3.1.1.2.4.3. Bilaterale Öffnung und Offensive Selbstvermarktung
- 1.2.3.1.1.2.4.3.1. Statt, sola Türkiye': Hinwendung zu Deutschland
- 1.2.3.1.1.2.4.3.2. Statt Alleingang und Monopolanspruch: Kooperationsbereitschaft
- 1.2.3.1.2. Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD)
- 1.2.3.1.2.1. Verbandshistorie und Vertretungsanspruch
- 1.2.3.1.2.2. „Supranational und, überkonfessionell’?
- 1.2.3.1.2.3. Dialogbereitschaft
- 1.2.3.1.2.4. Körperschaftsstatus? Nicht erwünscht!
- 1.2.3.1.2.5. Problematisches.
- Die Rolle der Deutschen Islamkonferenz bei der Gestaltung des Islam in Deutschland
- Die Herausforderungen der Repräsentativität und des Integrationsdiskurses im Kontext des Islam in Deutschland
- Die Bedeutung von interreligiösem Dialog und interkulturellem Verständnis für die Integration des Islam in Deutschland
- Die Auswirkungen des „Turko-Islams“ auf die Integration des Islam in Deutschland
- Die Bedeutung von Bildung und Ausbildung für die Integration des Islam in Deutschland
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die wissenschaftliche Hausarbeit untersucht das Projekt der Einbürgerung des Islam in Deutschland. Sie analysiert die Deutsche Islamkonferenz als Plattform für den Diskurs über die Zukunft des Islam in Deutschland und beleuchtet die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Einbürgerung einer Religion ergeben.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit befasst sich mit der Deutschen Islamkonferenz und ihrer Rolle als Plattform für den Diskurs über die Zukunft des Islam in Deutschland. Das zweite Kapitel analysiert die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Einbürgerung einer Religion ergeben. Es werden die verschiedenen Akteure und Interessen im Integrationsdiskurs beleuchtet. Das dritte Kapitel untersucht die Bedeutung von interreligiösem Dialog und interkulturellem Verständnis für die Integration des Islam in Deutschland. Das vierte Kapitel analysiert die Auswirkungen des „Turko-Islams“ auf die Integration des Islam in Deutschland. Das fünfte Kapitel befasst sich mit der Bedeutung von Bildung und Ausbildung für die Integration des Islam in Deutschland.
Schlüsselwörter
Deutsche Islamkonferenz, Einbürgerung des Islam, Integration, Repräsentativität, Interreligiöser Dialog, Interkulturelles Verständnis, „Turko-Islam“, Bildung, Ausbildung, Islamunterricht, Muslime in Deutschland.
- Quote paper
- M.A. Andrea Mesicek (Author), 2007, Vom ‚Islam in Deutschland’ zum ‚Deutschen Islam’, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150297