Die Rolle der Frau in Reinmars Lyrik

Die Stellung der Frau zur Zeit Reinmars und ihre Darstellung in den Liedern Reinmars


Seminararbeit, 2010

10 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Frau im Mittelalter

3. Die Rolle der Frau in Reinmars Lyrik
3.1 Die Frau als Objekt der Hohen Minne
3.2 Kussraub und Probebeischlaf

4. Schlussfolgerung

Bibliografie

1. Einleitung

Neben Walter von der Vogelweide ist Reinmar der von den großen Sammelhandschriften am meisten beachtete Lyriker. Er starb etwa 1210.[1] Als erster führte er völlig reinen Reim durch und wurde damit zum Vorbild für viele Dichter nach ihm.[2] Mit seiner Liebeslyrik nimmt er eine zentrale Rolle in der mittelalterlichen Literatur ein. Dies wird auch durch die Mehrfachüberlieferung seiner Lieder in den Sammelhandschriften bewiesen. In ihnen thematisiert er die Unerfüllbarkeit der Liebe zu einer, für ihn unerreichbaren, Frau. Dabei berichtet das lyrische Ich oft von seinem Leid und seiner Verzweiflung die es aufgrund der Zurückweisungen der Frau erfährt. Die Frau scheint also eine wichtige Rolle für die Thematik dieser Lyrik zu spielen. Denn ihr Verhalten löst scheinbar den Konflikt aus, der themabildend wirkt. Doch welche Rolle spielt die Frau wirklich für die Dichtung Reinmars? Um dies heraus zu finden, muss geklärt werden, welche Stellung die Frau zur Zeit Reinmars hatte und wie sie in den Liedern Reinmars dargestellt wird.

2. Die Frau im Mittelalter

Die mittelalterliche Literatur gibt einen Einblick in das Leben von adligen Frauen. Dabei wird jedoch die große Masse der bürgerlichen Frauen vernachlässigt. Außerdem wird selbst von den adligen Frauen kein realistisches Bild dargestellt, da es sich um fiktive Literatur handelt, die oft zu Übertreibung neigt. Historische Aufzeichnungen, wie zum Beispiel Rechtstexte und Kirchenbücher, sind besser geeignet, um sich ein Bild vom Leben der Frauen im Mittelalter zu machen. Diese sind jedoch auch meist von Männern verfasst und zeigen so die Sicht der Männer auf die Frauen. Die Quellen müssen also stets kritisch betrachtet werden. Bekannt ist, dass sich das Verhältnis von Mann und Frau in einer Liebesbeziehung, wie im Minnesang thematisiert, stark von unseren heutigen Vorstellungen einer Beziehung unterscheidet.

Im Mittelalter gab es strenge Moralvorstellungen. Es gab für Frauen nur zwei legitime Arten zu Leben. Entweder lebten die Frauen in sexueller Enthaltsamkeit, getrennt vom anderen Geschlecht oder in der Ehe.[3] Die Ehe stellte die einzige gesellschaftlich anerkannte Form einer Liebesbeziehung einer Frau zu einem Mann dar.[4] Für Männer waren die Regeln weit weniger streng. Bei ihnen wurden Konkubinate und Liebschaften mit Mägden geduldet.[5] Es wird sogar berichtet, dass adlige Männer mit ihren zahlreichen Geliebten prahlten. „Frauen erscheinen als Opfer des männlichen Imponiergehabes und der Protzerei mit sexueller Potenz – ein überzeitliches Phänomen.“[6] Adlige Männer nutzten also ihre Macht über die bediensteten Frauen aus, denn diese waren ihnen untergeben wegen ihres geringen Standes.

Ob die Frau verheiratet war oder nicht, immer stand sie unter der Vormundschaft eines Mannes, denn sie galt als minderwertiges Wesen.[7] Dieser Glauben rührt daher, dass den Frauen direkt die Erblast von Evas Sündenfall angelastet wurde.[8] In der Bibel, 1.Moses Kap.3, Vers 16, heißt es „Und zur Frau sprach er [Gott]: ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein.“[9] Diese Textstelle diente zur Legitimation der Ungleichheit zwischen Mann und Frau. Auch die Ungleichheit in der Ständegesellschaft beruht auf diesem, scheinbar von Gott gegebenen, Prinzip.

Bei der Schließung einer Ehe spiele Zuneigung oder gar Liebe zwischen Mann und Frau keine Rolle. Gebräuchlich war die Muntehe, die einem Vertrag zwischen zwei Familien gleich kam.[10] Sie sicherte die Erbfolge, den Prestige oder die diplomatische Stellung. Dabei war die Frau praktisch rechtlos und hatte keinen Anspruch auf die zukünftigen Kinder.[11] Sie ging von der Vormundschaft ihres Vaters in die des Bräutigams über.

Später etablierte sich die Konsensehe, die 1120 im Decretum Gratiani sogar als einzige legitime Form der Ehe festgesetzt wurde.[12] Wesentliche Veränderung bei ihr war, dass beide Ehepartner der Ehe zustimmen mussten. Außerdem verpflichtet sich der Ehemann zur Monogamie und Treue. Dies führte zu mehr Gleichberechtigung, aber nicht zur Freiheit in der Partnerwahl oder mehr Rechten der Frau in der Ehe. Die Frau musste nur zwar ihre Zustimmung zu der Ehe geben, doch hatte sie dabei aufgrund gesellschaftlichem und familiärem Druck kaum eine Wahl.

Wie in jeder Zeit gab es im Mittelalter gute und schlechte Ehen. Es sollte also nicht zu sehr verallgemeinert werden. Die Frauen waren jedoch rechtlich bei weitem nicht so gleich gestellt wie heute. Die gesellschaftliche Souveränität des Mannes übertrug sich auch auf die Beziehung zwischen Mann und Frau in der Ehe. An die Frauen wurden hohe moralische Anforderungen gestellt, während die Männer viele Freiheiten genossen.

3. Die Rolle der Frau in Reinmars Lyrik

3.1 Die Frau als Objekt der Hohen Minne

Auf keinem anderen Gebiet der mittelalterlichen Kultur hat die Frau eine so große Rolle gespielt wie in der Literatur, weniger als Dichterin, vielmehr als durch die Dichtung verehrte Dame. In der charakteristischen Form der Minnekanzone preisten die Minnesänger, oder vielmehr das von ihnen geschaffene lyrische Subjekt, die Schönheit einer edlen Dame, die sie ihre „frouwe“, ihre Herrin, nannten. Über sie wird berichtet, dass ihr Lebenswandel tugendhaft ist und sie alle anderen Damen in ihrer Schönheit überstrahle. In der Regel sind ihre Haare blond, ihre Haut weiß, die Augen blau, die Lippen rot, der Hals, die Hände und Füße wohlgeformt.[13] Andere Eigenschaften werden nicht genannt. So bleibt die besungene Frau ein idealisiertes „prototypisches“ Wesen ohne Individualität, die dem jeweils aktuellen Schönheitsideal entspricht. Ob es so eine Frau jemals gegeben hat, bleibt dabei Spekulation. Schweikle bemerkt dazu: „Das in den Liedern angesprochene Gegenüber besitzt keine wirklichkeitsbezogene und -beziehbare Existenz, es ist Fiktion, Idee.“[14] Das lyrische Ich scheint die Frau kaum zu kennen und doch preist es sie als die schönes und beste aller Damen.

[...]


[1] Reinmar. Lieder. Hrsg. von Günther Schweikle. 1.Aufl. Stuttgart: Philipp Reclam Jun. 2002.S.23.

[2] Burdach, Konrad: Reinmar der Alte und Walther von der Vogelweide. 2.Aufl. Halle(Saale): Max Niemeyer Verlag 1929.S.43.

[3] Meier, Frank: Liebe, Lust und Leidenschaft im Mittelalter. http://opus.bsz- bw.de/hsbwgt/volltexte/2005/7/pdf/Liebe_und_Ehe.pdf (26.02.2010).S.10.

[4] Ebd.

[5] Ebd.S.29.

[6] Ebd.S.19.

[7] Edb.S.10.

[8] Ebd.S.8.

[9] Die Bibel. Luthertext. Hrsg. von der evangelischen Kirche in Deutschland. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2001. 1.Moses.Kap.3.Vers 16.

[10] Meier, Frank: Liebe, Lust und Leidenschaft im Mittelalter. http://opus.bsz- bw.de/hsbwgt/volltexte/2005/7/pdf/Liebe_und_Ehe.pdf (26.02.2010).S.27.

[11] Ebd.S.30.

[12] Ebd.S.28.

[13] www.das-mittelalter.de

[14] Reinmar. Lieder. Hrsg. von Günther Schweikle. 1.Aufl. Stuttgart: Philipp Reclam Jun. 2002.S.31.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der Frau in Reinmars Lyrik
Untertitel
Die Stellung der Frau zur Zeit Reinmars und ihre Darstellung in den Liedern Reinmars
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Germanistische Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
ÄDL 1 Reinmar
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
10
Katalognummer
V150312
ISBN (eBook)
9783640615049
ISBN (Buch)
9783640615421
Dateigröße
405 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reinmar der Alte, Rolle der Frau, Lyrik im Mittelalter, Kussraubstrophe, Probenachtstrophe
Arbeit zitieren
Katharina Ochsenfahrt (Autor:in), 2010, Die Rolle der Frau in Reinmars Lyrik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150312

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