Leseprobe
Gliederung
1. Einleitende Vorbemerkung
2. Allgemeine Voraussetzungen
2.1. Naturgeographie Japans
2.1.1. Geologie
2.1.2. Klima
2.1.3. Vegetation
2.2. Bevölkerungsentwicklung
2.2.1. Bevölkerungswachstum
2.2.2. Urbanisation und Landflucht
3. Die umweltpolitischen Handlungsmöglichkeiten und die ökonomische Kalkulation in Japan
3.1. Entwicklung der Umweltpolitik
3.1.1. Die drei Stufen japanischer Umweltpolitik in der Nachkriegszeit bis
3.1.2. Die ungelösten Problembereiche
3.2. Die aktuelle Umweltpolitik und Innovationsmöglichkeiten japanischer (Öko-)technologie
4. Internationaler Vergleich der Umweltpolitik
4.1. Gesetzliche Regelungen
4.2. Aktivitäten mit Bürgerbeteiligung
4.3. Staatliche Initiativen
4.4. Internationale Kooperationen
5. Zusammenfassung und abschließende Stellungnahme
Literaturverzeichnis
1. Einleitende Vorbemerkung
"Die Frage lautet nicht mehr, ob wir aus Qualitätsbewußtsein eine mehr oder weniger schöne und saubere Umwelt schaffen oder auch zugunsten anderer Ziele darauf verzichten wollen. Die Umweltfrage ist selbst zur Überlebensfrage der Menschheit geworden."[1]
In den hochentwickelten Industrienationen der heutigen Zeit ist die Frage nach der Legitimität eines ungebremsten Forschungsfortschritts sehr entscheidend geworden. Wieweit kann der Mensch die Technik zu seinen Gunsten entwickeln und nutzen, ohne sich seine eigene Existenzgrundlage zu zerstören?
Japan ist ein Land, das innerhalb der letzten Jahrzehnte in rasantem Tempo an die Spitze der Wirtschaftsmächte aufgestiegen ist. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den ökologischen Auswirkungen, die aus dieser ökonomischen Entwicklung resultieren. Hierzu werden zunächst die naturgegebenen Voraussetzungen in diesem Land beleuchtet (Kapitel 2). Geologie, Klima und Vegetation sind hierbei Indikatoren wie das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Verstädterung. Neben dieser Bestandsaufnahme sollen die umweltpolitischen Handlungsmöglichkeiten des Landes untersucht werden (Kapitel 3). Hierbei werden vor allem die Politik der Nachkriegszeit und noch offene Problembereiche aufgezeigt. Am Ende steht ein internationaler Vergleich der Umweltpolitik (Kapitel 4). Es werden unter anderem gesetzliche Regelungen und staatliche Initiativen zum Umweltschutz verglichen, aber auch die diesbezügliche internationale Kooperation soll untersucht werden.
2. Allgemeine Voraussetzungen
2.1. Naturgeographie Japans
Zum Verständnis der Umweltprobleme eines Landes und der daraus resultierenden Politik ist es zunächst wichtig, ein Bild von den naturgegebenen Bedingungen und deren Auswirkungen auf das Leben der Menschen zu zeichnen.
2.1.1. Geologie
Aus geologischer Sicht besteht Japan aus mehreren Gipfeln eines Gebirges, das sich aus einer Tiefe von 9000 Metern vom Boden des pazifischen Ozeans erhebt. Fast 4000 Inseln umfasst das dem kontinentalen Festland vorgelagerte Staatsgebiet. Die vier größten Hauptinseln Hokkaidó, Honshú, Shikoku und Kyúshú weisen eine Nord-Süd-Streckung von 2400 Kilometern auf. Mit dieser geologischen Besonderheit des Landes sind allerdings auch, bedingt durch die tektonische Labilität, sehr häufige Erdbeben und ein ausgeprägter Vulkanismus verbunden. Mit bis zu 5000 jährlich registrierten Erdbeben, die nicht selten auch von Tsunami (Meereswellen) begleitet werden, hält Japan auch mit diesen folgenschweren Naturereignissen einen Weltrekord. Hinzu kommen etwa 60 aktive Vulkane, die neben der potentiellen Ausbruchsgefahr allerdings auch einen positiven Effekt haben: Das ansonsten eher unattraktive Binnenland erhält touristische Attraktivität (Thermalquellen) und kann zusätzlich, wenn auch nur in geringem Ausmaß (0,1% der Kraftwerkskapazitäten), als Energieressource genutzt werden.
Das gesamte Land ist durchzogen von kurzläufigen Flüssen, denen als Transportweg allerdings keine Bedeutung zukommt. Größere, zusammenhängende und für den Menschen wirtschaftlich nutzbare Flächen finden sich zumeist nur im Tiefland an den Küsten. Insgesamt 27% der Landfläche können wirtschaftlich genutzt werden. Der überwiegende Teil (ca. 75%) ist unzugängliches oder unfruchtbares Steilrelief.
Dieser 'Raumnot' entgegneten die Japaner mit einer künstlichen Aufschüttung in den Küstengebieten. Teilweise wurden Berge abgetragen und die Geröllmassen zusammen mit anfallenden Abfällen aus den Städten zur Neulandgewinnung im Meer genutzt. Diese Maßnahmen sind allerdings bis heute aus ökologischer Sicht umstritten.[2]
2.1.2. Klima
Die sehr stark ausgeprägten klimatischen Unterschiede ergeben sich aus mehreren Faktoren. Die Ausdehnung über 21 Breitengrade führt im Winter zu erheblichen Temperaturdifferenzen, die vor allem vom kontinentalen Klima bestimmt sind. Im Sommer hingegen wird das gesamte Land durch die maritimen, äquatorialen Winde beeinflusst. Die Niederschläge nehmen generell von Norden nach Süden ab. Allerdings zeigt die Gesamtbilanz, dass der jährliche Überschuss von Niederschlägen im Verhältnis zur Verdunstung zwischen 500 und 2000 mm beträgt (humides Klima). Im gesamten Land herrschen im Frühsommer und im Herbst Regenperioden vor, dazwischen liegt eine niederschlagsarme Zeit. Man kann also von einer zeitlichen Dreiteilung des japanischen Sommers sprechen. Während der Wintermonsum sich mit Schnee und Regen nur auf die dem kontinentalen Festland zugewandte Seite auswirkt, herrscht von Dezember bis Ende Februar an der Pazifikküste kühles, aber wolkenloses Trockenklima vor. Insgesamt lassen sich an der pazifischen Vorderseite des Landes klimatische Vorzüge erkennen, die sich auch auf die Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung auswirken: Hier liegen vorwiegend die industriellen Ballungsräume mit besonders guter Infrastruktur, in denen 70% der Gesamtbevölkerung des Landes leben. Neben den oben angesprochenen Thermalquellen in den Bergregionen wird die klimatische Benachteiligung der 'Japanmeerrückseite' allerdings durch eine weitere touristische Attraktion gemildert: zahlreiche Skizentren sind hier entstanden.
Zum Verständnis der vielfältigen Vegetation bietet es sich an, eine klimatische Raumgliederung des Landes voranzustellen: Hokkaidó hat lange, kalte Winter und kurze, mäßig warme Sommer. Die Küste zum Japan-Meer hingegen weist einen schneereichen Winter auf, der dreigeteilte Sommer kann tropische Hitze erreichen. Die 'gegenüberliegende' Pazifikküste zeichnet sich ebenfalls durch einen Sommer mit drei Phasen aus, der Winter hingegen ist hier eher mild und trocken. In den Gebirgen von Nord- und Mittel-Honshú herrscht im Winter trocken-kaltes, im Sommer eher heißes Klima. Der Süden ist subtropisch geprägt.[3]
2.1.3. Vegetation
Diese klimatischen Bedingungen und die geologische Beschaffenheit des Landes bestimmen auch die Vegetationsformen in Japan. Das humide Klima (ausreichender Niederschlag) führt vor allem durch das Temperaturgefälle zu einer vielseitigen Ausprägung der natürlichen und künstlichen Vegetation. Einerseits bilden hier die starken Höhenunterschiede zwischen Gebirgen und Flachland, andererseits die Süd-Nord-Ausdehnung des Landes die entscheidenden Faktoren. So ändert sich beispielsweise mit den abnehmenden Temperaturen sehr deutlich die Form der Bewaldung: Korallenküsten und Farnpalmen bestimmen im Süden die Flora der Nansei- und Ogasawara-Inseln. Das Küstengebiet des warmen Südwest-Japan weist eher die immergrünen Laubwälder auf, im kühlgemäßigten Nordosten findet man sommergrüne Baumarten, vor allem Buchen und Eichen. Das kühlgemäßigte bis winterkalte Klima im Norden des Landes (Hokkaidó) lässt hier besonders gut Tannen und Fichtenwälder gedeihen.[4]
Aber auch der Mensch ist ein Faktor, der in weiten Teilen die natürliche Vegetation zugunsten einer Kultivierung, beispielsweise für landwirtschaftliche Zwecke verdrängte. Zahlreiche Wälder wurden gerodet, um in den Ebenen in erster Linie Reiskulturen, aber auch Getreide-, Obst- und Gemüseanbau zu betreiben. Von 1960 bis 1983 stieg die Agrarproduktion des Landes von 2 auf über 11 Billionen Yen, die Selbstversorgungsrate betrug 1983 trotz der knappen Ressourcen immerhin noch 71%, obwohl sie damit absolut betrachtet, im gleichen Zeitraum um 19% zurückging.[5] Insgesamt verliert also die landwirtschaftliche Produktion wie in jedem Industrieland auch in Japan an Bedeutung.
Aus kapazitären Gründen kann diese Problematik hier allerdings nicht ausführlich behandelt werden. Es soll nur festgestellt werden, dass die Nutzflächen des tertiären Sektors durch Rationalisierungsmaßnahmen intensiviert und gleichzeitig zugunsten von Siedlungsgebieten und zur industriellen Nutzung verdrängt wurden. Damit wurde zunächst die natürliche Vegetation wie beispielsweise die immergrünen Laubwälder in die abgelegenen Berggebiete zurückgedrängt, die Vegetation weicht in den nutzbaren Gebieten häufig einer zunehmenden Urbanisierung.
2.2. Bevölkerungsentwicklung
Im folgenden sollen nun das Bevölkerungswachstum Japans und die daraus resultierenden Entwicklungen unter dem Aspekt der Verstädterung betrachtet werden.
2.2.1. Bevölkerungswachstum
"In 1990, the total population was 123.61 million. [...] population will keep on increasing till 2010, when reaching its peak of 129.45 million and then take a downswing, shrinking to 118.08 million in 2025."[6]
So lautete 1991 die vorsichtige Schätzung der japanischen Regierung bezüglich der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung. Demnach würde im Jahr 2010 das Wachstum mit über 129 Millionen Menschen seinen Höhepunkt erreichen. In einem Zeitraum von 100 Jahren hat sich die Bevölkerung des Landes bisher mehr als verdreifacht; ein Anstieg, der mit den übrigen Industrienationen kaum vergleichbar ist.
[...]
[1] Bundespräsident Richard von Weizsäcker in einer Rede vom 7.10. 1986. Zitiert nach Hohmann Harald (1989), S. 29.
[2] vgl.: Flüchter, Winfried: Die Naturgeographie Japans und ihre Bedeutung für den Menschen. In: Pohl, Manfred (1986), S. 30 ff
[3] vgl.: a.a.O., S. 38 ff.
[4] vgl.: a.a.O., S.44 ff.
[5] vgl.: Greissinger, Dietrich: Landwirtschaft und Fischerei. In: Pohl, Manfred (1986), S. 340-352.
[6] Japanische Botschaft und Generalkonsulate in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Japan's National Report to UNCED 1992, S. 32.
- Arbeit zitieren
- Helmut Schäfer (Autor:in), 1993, Die Chancen einer japanischen Umweltpolitik im internationalen Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150683
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