Gegenwärtig wachsen Kinder in Deutschland in einer sehr multikulturell geprägten Welt auf. Seit 1960 ist der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund stetig gestiegen. Dementsprechend muss in Kindertageseinrichtungen, wie auch in anderen Bildungseinrichtungen, die Offenheit und Akzeptanz unterschiedlicher Kulturen gefördert werden. Andere Sprachen und Kulturen sollen als eine Bereicherung und Chance für Kinder mit Migrationshintergrund sowie für deutsche Kinder verstanden werden . In der Fachliteratur wird diesbezüglich von Interkulturellem Lernen und Interkultureller Pädagogik bzw. Erziehung gesprochen. Nach Ulich wird dabei zwischen zwei Ansätzen unterschieden: zwischen sozial-erzieherischen und einem kultur-pädagogischen Ansätzen, welche eng zusammenhängen, jedoch nicht identisch sind . In der hier vorliegenden Ausarbeitung wird eine Möglichkeit der Realisierung des kultur-pädagogischen Ansatzes vorgestellt, nämlich die Auseinandersetzung mit dem Kulturgut „Märchen“ aus unterschiedlichen Ländern.
Da interkulturelles Lernen unter Bezugnahme auf die in der jeweiligen Kindergruppe vertretenen Sprachen und Kulturen stattfinden sollte und prozentual betrachtet die türkischen Staatsangehörigen die größte Gruppe der Ausländer in Deutschland darstellt, wird exemplarisch das türkische Märchen „Das kluge Bauernmädchen“ ins Zentrum der vorliegenden Ausarbeitung gerückt und mit dem deutschen Märchen „Die kluge Bauerntochter“ verglichen.
Vor der Analyse des Märchens werden zunächst die Entstehungs- und Verbreitungstheorien dargestellt, die grundlegende Hinweise für die Analyse liefern. Zudem geben die Entstehungs- und Verbreitungstheorien u.a. darüber Aufschluss, inwiefern Märchen ein Konstrukt unterschiedlicher Kulturen darstellen und wie es in verschiedenen Kulturen zu sehr ähnlichen Erzählungen gekommen ist.
Die Analyse des türkischen und deutschen Märchens weisen u.a. Aussagen zu Entstehungs- und Verbreitungsgeschichten und -theorien auf sowie einen Vergleich der Märchenfassungen in Bezug auf ihre Struktur, Motive Symbole. Ebenso findet eine Analyse nach der Märchenphänomenologie von dem Schweizer Max Lüthi, eine Betrachtung des sprachlichen Stils sowie eine Interpretation nach psychologischer Perspektive Berücksichtigung.
Abschließend wird auf die Notwendigkeit, Begründungen und Möglichkeiten des interkulturellen Lernens in Kindertageseinrichtungen am Beispiel des Einsatzes von Märchen aus unterschiedlichen Kulturen eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehungs- und Verbreitungstheorien von Märchen
- Mythologische Schule
- Monogenesetheorie
- Indische Theorie
- Geographisch-historische Theorie
- Polygenesetheorie
- Kontrastive Märchenanalyse:
- „Die kluge Bauerntochter“ (KHM 94) und „Das kluge Bauernmädchen“ (türkisches Märchen)
- Verbreitungsgeschichte
- Struktur
- Zentrales Motiv
- Personenkonstellation
- Märchenphänomenologie nach Max Lüthi
- Sprachlicher Stil
- Konstruierte Frauen- und Männerbilder
- Kulturelle Unterschiede
- Psychologische Interpretation
- Märchen als Ausgangspunkt für interkulturelles Lernen in der Elementarpädagogik
- Zum Begriff des „interkulturellen Lernens“
- Zur Sinnhaftigkeit einer interkulturellen Märchendidaktik
- Modell einer interkulturellen Märchendidaktik
- Konkrete Hinweise zur Umsetzung einer interkulturellen Märchendidaktik
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Ausarbeitung untersucht die Verwendung von Märchen als Werkzeug für interkulturelles Lernen im Kontext der Elementarpädagogik. Sie beleuchtet die Entstehungs- und Verbreitungstheorien von Märchen, analysiert zwei Märchen aus unterschiedlichen Kulturen und diskutiert die Relevanz und Umsetzung einer interkulturellen Märchendidaktik in der Praxis.
- Die Bedeutung interkulturellen Lernens in einer multikulturellen Gesellschaft
- Die Rolle von Märchen als kulturelles Erbe und Vehikel für interkulturelle Begegnungen
- Die Analyse von Märchen aus unterschiedlichen Kulturen, um kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu beleuchten
- Die Entwicklung eines Modells für eine interkulturelle Märchendidaktik in der Elementarpädagogik
- Die praktische Umsetzung von interkulturellen Märchenerzählungen in der Kita-Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des interkulturellen Lernens in der Elementarpädagogik ein und beleuchtet die wachsende Bedeutung dieser Thematik in einer multikulturellen Gesellschaft. Das zweite Kapitel widmet sich den Entstehungs- und Verbreitungstheorien von Märchen und untersucht die Entstehung und Verbreitung von Märchen aus unterschiedlichen Perspektiven.
Das dritte Kapitel beinhaltet eine kontrastive Analyse des deutschen Märchens „Die kluge Bauerntochter“ und des türkischen Märchens „Das kluge Bauernmädchen“. Es werden die Verbreitungsgeschichte, Struktur, Motive, Symbole, sprachlicher Stil und kulturelle Unterschiede der beiden Märchen analysiert.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Verwendung von Märchen als Ausgangspunkt für interkulturelles Lernen in der Elementarpädagogik. Es beleuchtet den Begriff des interkulturellen Lernens, die Sinnhaftigkeit einer interkulturellen Märchendidaktik und entwickelt ein Modell für die praktische Umsetzung in Kindertageseinrichtungen.
Schlüsselwörter
Interkulturelles Lernen, Elementarpädagogik, Märchen, Märchendidaktik, Kontrastive Märchenanalyse, Kulturelle Unterschiede, Multikulturalität, „Die kluge Bauerntochter“ (KHM 94), „Das kluge Bauernmädchen“ (türkisches Märchen).
- Arbeit zitieren
- Corinna Kühn (Autor:in), Caroline Knaup (Autor:in), 2010, Märchen als Ausgangspunkt für interkulturelles Lernen in der Elementarpädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150750