[...] Dieser Johannes Hus sollte es sein, der im Laufe seines Lebens die Kirche in ihren
Grundfesten erschütterte, so dass sie sich von ihm regelrecht bedroht sah. Was sollte aus ihm
werden? Ein Papst, ein Kardinal oder mächtiger Würdenträger? Nein, ein einfacher, frommer
Prediger mit einem unerschütterlichen Glauben an die Wahrheit Christi und einer breiten
Anhängerschaft im ganzen Land. Nach dem Besuch der Lateinschule und der Universität
wurde er im Jahr 1396 Magister der Künste. Zeitgleich studierte er Theologie und wurde 1400
zum Priester geweiht. Einige Jahre später war er bereits baccalarius formatus und stand damit
kurz vor dem theologischen Doktorgrad. Diesen jedoch sollte er nicht mehr erreichen, denn
Hus kam mit den Schriften des Engländers John Wyclif in Berührung. Dessen philosophische
und theologische Abhandlungen sorgten nicht nur in seiner Heimat, sondern auch auf dem
europäischen Kontinent für Aufruhr. Schnell wurde er als Ketzer verurteilt. Johannes Hus
aber inspirierten sie auf eigene Weise zu einer „höheren Wahrheit“, die er seiner Gemeinde
auch predigte. Reformgedanken oder reine Ketzerei? Hus sollte zum Konzil nach Konstanz
und zwar unter königlichem Geleit.
Sicher ließe sich nun fragen, weshalb Jan Hus nicht mehr in seine Heimat zurückkehren
sollte, wo er doch unter dem Schutz des Königs stand. Dieser Sachverhalt ist bereits viel
diskutiert worden und ebenso inwieweit Sigismund sein Wort gebrochen hatte oder ob es sich
um einen politischen oder einen rechtlichen Geleitbrief handelte.1 Im Folgenden sollen aber
nicht diese Punkte leitend sein, sondern vielmehr die Frage, was das Dokument für Jan Hus
darstellte. Welche Bedeutung maß er dem Geleitbrief bei und wie entscheidend war dieses
Verständnis für sein Schicksal? Wusste er von Anfang an, worauf er sich einließ? Oder
verkannte er die Lage und wog sich unter dem Schutze König Sigismunds in Sicherheit,
obwohl er direkt in sein Verderben lief? Vielleicht war er sich aber auch von vornherein
bewusst darüber, was in Konstanz geschehen würde und beschritt diesen Weg tapfer als
Märtyrer für seine großen Ideen? Kann das Dokument also für Jan Hus so dermaßen
entscheidend gewesen sein, dass man behaupten kann, dieser hätte ein anderes Schicksal
erlitten, wenn er im Vorfeld nicht über königliches Geleit verfügt hätte?
Diese Frage soll im Folgenden näher betrachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Forschungsbericht
- II. Der Geleitbrief
- III. Historischer Hintergrund
- IV. Sigismunds Einladung nach Konstanz
- V. Hus in Konstanz
- VI. Hus am Scheideweg?
- VII. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Geleitbrief des Johannes Hus, der ihm von König Sigismund im Jahr 1414 erteilt wurde. Das zentrale Anliegen ist es, die Bedeutung des Dokuments für Hus´ Schicksal zu beleuchten. Dabei werden die Frage nach Hus´ Kenntnis der möglichen Folgen seiner Reise nach Konstanz sowie die Rolle des Geleitbriefes in seinem Verständnis der Situation untersucht.
- Die Rolle des Geleitbriefes im Leben des Johannes Hus
- Hus´ Kenntnis der Situation in Konstanz
- Die Bedeutung des Geleitbriefes für Hus´ Verständnis der Situation
- Die Frage nach Hus´ bewusster Entscheidung, als Märtyrer nach Konstanz zu reisen
- Die Auswirkungen des Geleitbriefes auf Hus´ Schicksal
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt Johannes Hus und seine Bedeutung für die Kirche im 15. Jahrhundert vor. Sie führt den Leser in die Thematik des Geleitbriefes und die zentrale Forschungsfrage ein.
- I. Forschungsbericht: Dieser Abschnitt bietet einen Überblick über die verschiedenen Interpretationen der Person Johannes Hus in der Literatur. Er stellt unterschiedliche Perspektiven auf Hus´ Leben und Wirken dar, die ihn als Reformer, Katholiken, Protestanten oder Revolutionär betrachten.
- II. Der Geleitbrief: Hier wird der Geleitbrief von König Sigismund im Detail vorgestellt. Der vollständige lateinische Text wird in deutscher Übersetzung präsentiert.
- III. Historischer Hintergrund: Dieser Abschnitt beleuchtet den historischen Kontext des Geleitbriefes. Er beschreibt die politische und religiöse Situation im 15. Jahrhundert, die zur Einladung Hus´ nach Konstanz führte.
- IV. Sigismunds Einladung nach Konstanz: Dieses Kapitel analysiert die Motive und Hintergründe von König Sigismunds Einladung des Johannes Hus nach Konstanz.
- V. Hus in Konstanz: In diesem Kapitel wird die Situation Hus´ in Konstanz beleuchtet. Es werden die Ereignisse und Begegnungen beschrieben, die sich während seiner Zeit in Konstanz ereigneten.
- VI. Hus am Scheideweg?: Dieser Abschnitt befasst sich mit der Frage, ob Hus sich bewusst war, in welche Gefahr er sich mit seiner Reise nach Konstanz begab. Er analysiert Hus´ mögliche Entscheidungen und die Rolle des Geleitbriefes in diesem Kontext.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe und Themen dieser Arbeit sind Johannes Hus, Geleitbrief, König Sigismund, Konzil von Konstanz, Reform, Ketzerei, Märtyrer, historischer Kontext, politisches Umfeld, religiöse Konflikte, historiographische Perspektiven.
- Arbeit zitieren
- Katrin Ermel (Autor:in), 2007, Das Schicksal des Johannes Hus. Über einen königlichen Geleitbrief ins Verderben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150892