Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
0. Vorwort
1. Arbeitsmarkt im aktivierenden Sozialstaat
1.1. Wie sind wir dazu gekommen – Fördern u Fordern bis 2005
1.2. Das Ausmaß der Arbeitslosigkeit wurde sichtbar
2. Die Erneuerung der Arbeitsmarktpolitik ab 2005
2.1. Die Hartz – Gesetze
2.2. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
3. Wirkungen der Arbeitsmarktreform
3.1. in Bezug auf das Einkommen
3.2. ... in Bezug auf die Arbeitsvermittlung
3.3. in Bezug auf die Arbeitsförderung
3.4. in Bezug auf den Staat
4. Möglichkeiten und Kontrolle
4.1. Teilhabe und Verwirklichungschancen
4.2. Der Polizeistaat kommt über die Arbeitslosigkeit
5. Fazit
6. Anhang
7. Literaturverzeichnis
0. Vorwort
Die Arbeitslosigkeit in Deutschland hat in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zugenommen. Viele Menschen wurden arbeitslos und in der Statistik erfasst. Aber daneben gab es auch Menschen, die von der Sozialhilfe lebten und deshalb nicht erfasst wurden. Das war die so genannte „verdeckte“ Arbeitslosigkeit.
Hinter der Arbeitslosigkeit verbergen sich die Schicksale vieler Menschen, die aus verschiedenen Kassen Hilfe bekamen. Butterwege stellt fest: „ Bisher war das finanzielle Unterstützungssystem der Bundesrepublik für Erwerbslose dreigeteilt “[1].
Ich werde in meiner Hausarbeit die Situation der Arbeitslosigkeit vor der Arbeitsmarktreform der Hartz-Kommission unter der Rot-Grünen Koalition von Bundeskanzler Gerhard Schröder und die daraus folgenden Schlussfolgerungen wie: Arbeitsmarkt im aktivierenden Sozialstaat, die Erneuerung der Arbeitsmarktpolitik ab 2005, Wirkungen der Arbeitsmarktreform sowie Möglichkeiten und Kontrolle bearbeiten.
Dazu werde ich auf folgende Thesen eingehen:
- Das alte System kam an Grenzen – es war ineffizient und teuer!
- Arbeitslosigkeit wurde zuvor z.T. vertuscht/ verwaltet!
- Sind Minijobs ein Anreiz zur Arbeit Abgaben Stufenweise?
- Die Ich – AG ist ein Erfolg!
- Neuer Name – Neues Programm ,,Bundesagentur für Arbeit“!
- Das Kernstück der Reform –wirklich eine effektive Erneuerung?
- Die Armut ist größer geworden!
- Die Vermittlung beginnt früher!
- Vermittlungsgutscheine und – Agenturen wirken nicht!
- Die Zuschüsse werden gezielter eingesetzt!
- Die Kosten sind geringer geworden!
- Verwirklichungschancen sind nur teilweise gegeben!
- Über die Arbeitslosigkeit kommt der Polizeistaat!
1. Arbeitsmarkt im aktivierenden Sozialstaat
1.1. Wie sind wir dazu gekommen – Fördern und Fordern bis 2005
Durch die Globalisierung zeigte sich, dass der Sozialstaat, den wir in Deutschland haben, so nicht erhalten werden konnte und das alte System an seine Grenzen kam – es war ineffizient und teuer. Das heißt, es musste umgebaut/ verändert werden. Dies war eines der Kernstücke der Agenda 2010, durch welche die rot-grüne Koalition Deutschland wieder wettbewerbsfähig machen wollte. „ Staatliche Leistungen würden gekürzt und von den Einzelnen mehr Eigenleistung gefordert, so Schröder “[2]. Bäcker schreibt: „ Die Situation in den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden sowie den Sozialversicherungshaushalten ist immer wieder durch Defizite gekennzeichnet, die bei den Gebietskörperschaften durch eine wachsende Neuverschuldung und bei den Sozialversicherungsträgern (denen eine Verschuldung nicht möglich ist) durch steigende Beitragssätze ausgeglichen wurden “[3]. Vor dem 01.02.2006 bekamen die Menschen bis zu 32 Monate Arbeitslosengeld. So beschreibt Butterwegge die damalige Situation folgendermaßen: „ Bisher war das finanzielle Unterstützungssystem der Bundesrepublik für Erwerbslose dreigeteilt: Diese erhielten je nach Alter und Versicherungsdauer bis zu 32 Monate lang Arbeitslosengeld (Alg.) in Höhe von 67 bzw. 60 % (ohne Kind) des pauschalisierten Nettoentgeltes, anschließend im Falle ihrer Bedürftigkeit unbefristet (Anschluss-) Arbeitslosenhilfe in Höhe von 57 bzw. 53 % (ohne Kind) des pauschalisierten Nettoentgelts. Wer nicht lange genug sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, um einen Anspruch zu erwerben wurde auf Sozialhilfe verwiesen “[4].
Durch die erhebliche Kürzung des Arbeitslosengeldes spart die Arbeitslosenversicherung Milliarden. „ Bis zu 55-jährige sollen es nur noch für maximal 12 Monate, über 55-Jährige für maximal 18 Monate erhalten. Bislang gibt es bis zum 45. Lebensjahr zwölf Monate Arbeitslosengeld. Über dieser Altersgrenze wuchs die Dauer der Förderung schrittweise, und zwar bis auf 32 Monate ab dem 57. Lebensjahr “[5]. „ Insbesondere der Prozess der fortschreitenden Globalisierung, so die herrschende Argumentation, macht tiefgreifende Veränderungen des Sozialstaates und konkret der Sozialpolitik und ihrer Ausgestaltung erforderlich “ schreibt Bäcker[6].
Dass das System zu teuer ist und an seine Grenzen kommt stimmt jedoch nur teilweise. Bäcker stellt weiterhin fest: „ Will man wissen, durch welche Einflüsse das Finanzgleichgewicht in den Sozialversicherungshaushalten gestört werden kann, ist es notwendig, die einzelnen Fakten zu analysieren, die auf die Entwicklung einerseits der Einnahmen und andererseits der Ausgaben Einwirken. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Einnahmen im Wesentlichen durch lohnbezogene Beiträge bestimmt sind und dass in Systemen, die nach Umlageverfahren finanziert werden, Rücklagen allenfalls zum Ausgleich von kurzfristigen Disproportionalitäten zwischen Einnahmen und Ausgaben ausreichen “[7]. Andere Behauptungen kommen zu dem Schluss, dass der Sozialstaat schuld sei an den Beschäftigungsproblemen. Bäcker schreibt dazu: „ Im Zeichen anhaltender Arbeitslosigkeit gewinnt die kritische Aussage an Gewicht, der Sozialstaat selbst sei ein entscheidender Grund für die Entstehung und Verfestigung der Beschäftigungsprobleme “[8]. Je länger Arbeitslosengeld gezahlt wird, desto träger werden die Erwerbslosen.
1.2. Das Ausmaß der Arbeitslosigkeit wurde sichtbar
Wie schon erwähnt, gab es eine verdeckte Arbeitslosigkeit, die gar nicht in den Statistiken auftauchte. Immer wieder wurde hier auch behauptet, sie werde vertuscht. Durch das alte System in der Arbeitsmarktpolitik wurde das Ausmaß der Arbeitslosigkeit nicht sichtbar[9]. Doch auch heute werde wie früher die Arbeitslosigkeit noch teilweise vertuscht/verwaltet. Bäcker schreibt dazu: „ Die Zahl der Arbeitslosen und damit die Arbeitslosenquote würden weit höher liegen, wenn nicht ein Teil der potenziellen Arbeitslosen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen würde. Von Bedeutung sind hierbei vor allem die Kurzarbeit, Trainingsmaßnahmen, Existenzgründungszuschüsse und Arbeitsgelegenheiten nach dem SGB II, abnehmend ist die Bedeutung von Arbeitsbeschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen “[10]. Die Regierung versucht hier die Arbeitslosenzahlenbilanz zu schönen. „ Das Ausmaß dieser Verbesserung der Arbeitsmarktbilanz hängt also unmittelbar von der Aktivität der Arbeitsmarktpolitik und dem entsprechenden Mitteleinsatz ab “, so Bäcker[11] weiter.
Ein wichtiger Bestandteil ist die latente Arbeitslosigkeit und stille Reserve. „ Zur stillen Reserve im engeren Sinne gehören Personen, die ohne Einschaltung der Agentur für Arbeit eine Beschäftigung suchen oder sich wegen der schlechten Beschäftigungslage resigniert vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben, aber bei besserer Arbeitsmarktsituation erwerbstätig sein und sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen würden “ schreibt Bäcker[12]. Latente Arbeitslosigkeit bedeutet, dass die Menschen vorübergehend nur weniger zu tun haben. „ Latente Risiken werden im Vorfeld von Arbeitslosigkeit werden durch die Kurzarbeit signalisiert “[13]. Die Arbeitslosigkeit wird durch die Arbeitsmarktreform weiter verwaltet, indem die Gelder für die Förderung zurückgefahren werden. Die Menschen sind verpflichtet jede Arbeit entsprechend ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten anzunehmen. J. Klute stellt dazu fest: „ Erstens wurde, wie die Übersicht[14] zeigt, der finanzielle Umfang aktiver Arbeitsmarktpolitik seit Beginn der so genannten Reformen kontinuierlich zurückgefahren: Wurden im Jahr 2002 von der Bundesebene noch 22,9 Milliarden Euro für aktive Förder- und Unterstützungsmaßnahmen verausgabt, so waren es im Jahr 2006 nur noch 15,6 Milliarden Euro “[15].
[...]
[1] Christoph Butterwegge: Krise und Zukunft des Sozialstaates, 3. erweiterte Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, S. 187 (im Folgenden „Butterwegge“)
[2] www.tagesschau.de/inland/meldung351198.html
[3] Gerhard Bäcker: Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland Band 1: Grundlagen, Arbeit, Einkommen und Finanzierung, 4. Auflage, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, S. 155 (im Folgenden „Bäcker“)
[4] Butterwegge: S.187
[5] www.tagesschau.de/inland/meldung351198.html - Im Cache
[6] Bäcker: S. 75
[7] Ebd.: S. 155
[8] Ebd.: S. 182
[9] Vgl.: Fußnote 4
[10] Bäcker: S. 483
[11] Ebd.: S. 483
[12] Ebd.: S. 487
[13] Ebd.: S. 486
[14] Siehe Anhang, Anlage 1
[15] Jürgen Klute: Sozial- und Arbeitsmarktpolitik nach Hartz, Universitätsverlag Göttingen, 2008, S. 61 (Im Folgenden „Klute“)