Mit der vorliegenden Arbeit werden mehrere Ziele verfolgt.
Einleitend wird auf die Offenheit und Anschlussfähigkeit der politischen Lehre Machiavellis hingewiesen, welche die unterschiedlichsten Interpretationen provozierte und nicht nur den politischen Theoriediskurs jahrhundertelang befeuerte, sondern auf den unterschiedlichsten Ebenen bis in die heutige Populärkultur bedeutsam wurde. Deutlich wird das insbesondere daran, dass Machiavelli zum Beispiel einerseits als Kronzeuge für Beratungsbücher im Management aufgerufen wird und andererseits als Negativfolie für politisches Selbstverständnis von Politik oder Politikern abgelehnt wird, da seine Lehre strikt mit politischem Machtverhalten assoziiert und tendenziell auch gleichgesetzt wird. Mit anderen Worten: In Anwesenheit der Öffentlichkeit beruft man sich lieber auf Kant u.ä. als auf den Florentiner, weil dessen Image mindestens zweideutig geblieben ist.
Im ersten Teil der Arbeit werden hauptsächlich die für Machiavellis politische Lehre charakteristischen Grundbegriffe (virtù, fortuna, occasione, qualità dei tempi, necessità) vorgestellt und bezüglich ihrer möglichen Mehrdimensionalität interpretiert. Die sich aus dem Zusammenspiel dieser Faktoren ergebende Dynamik des politischen Kräftefeldes soll die von Machiavelli für die politischen Akteure zugewiesenen Handlungsspielräume erkennbar werden lassen und auch auf den geschichtlichen Zeitgeist mit einem neuen Selbstverständnis vom Menschen reflektieren.
Im zweiten Teil der Arbeit wird als Kontrast zur bekanntesten Traditionslinie, welche Machiavelli vornehmlich als realistischen Machttheoretiker ausweist, untersucht, inwieweit der politische Freiheitsbegriff in seinen Werken verwendet wird. Bezüglich der Bedeutung dieses Begriffs wird oftmals auf den ausgesprochen republikanischen und patriotischen Charakter des Denkens von Machiavelli hingewiesen, wobei sich gerade die Verbindung zwischen den Imperativen der Freiheit und der Macht als explosive Mischung erweist, die nicht eindeutig in einen paradiesischen Staatsrepublikanismus führt, wie ich im Gegensatz zu anderen Interpretationen zu behaupten wage.
Die benutzte Sekundärliteratur umfasst neben den Standardwerken von Herfried Münkler, Wolfgang Kersting, Quentin Skinner oder Henning Ottmann auch Literatur von Panajotis Kondylis, Michel Foucault, Bertrand Russell oder Ernst Cassirer, um einen breiten Überblick zu ermöglichen, der nicht suggerieren soll, dass die Machiavelli-Diskussion erledigt wäre.
Inhaltsverzeichnis
- Faszination, Mythos und Machiavelli-Diskurs
- Stil, Methode, Weltanschauung und die Notwendigkeit eines neuen Politikbegriffs
- Die Fundierung der politischen Lehre in der pessimistischen Anthropologie
- ambizione oder das Böse in der menschlichen Natur
- Die Architektonik des Politischen
- fortuna
- occasione, qualità dei tempi und necessità
- virtù
- Freiheit
- Freiheit Paradox und Sinn des Politischen
- Ein kurzer Überblick: Positive, negative und anthropologische Freiheit
- Die Einrichtung der äußeren Freiheit eines Staates im Principe
- Republikanische Freiheit in den Discorsi
- Freiheit als Essenz der Republik
- Mischverfassung und republikanische Gesetzgebung
- Gefährdungen der republikanischen Freiheit
- Konsequenzen und Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das politische Denken von Niccolò Machiavelli und beleuchtet insbesondere seine Konzeption von Freiheit im Kontext seiner politischen Philosophie. Sie analysiert Machiavellis pessimistische Anthropologie, seine Vorstellung von Macht und Politik sowie seine Theorie der Staatsräson.
- Die pessimistische Anthropologie Machiavellis und ihre Auswirkungen auf seine politische Theorie
- Die Rolle von Fortuna und Virtù in der Architektonik des Politischen
- Die Bedeutung von Freiheit als relative Norm in Machiavellis Werk
- Die Analyse der verschiedenen Formen von Freiheit in Machiavellis Schriften
- Die Herausforderungen und Chancen für republikanische Freiheit in Machiavellis Augen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Faszination und dem Mythos, die Machiavelli umgeben, sowie mit den unterschiedlichen Interpretationen seines Werkes. Es wird gezeigt, dass Machiavellis Denken bis heute relevant ist und die Politikwissenschaftler immer wieder herausfordert.
Das zweite Kapitel analysiert Machiavellis Stil, Methode und Weltanschauung. Es wird deutlich, dass Machiavelli einen neuen Politikbegriff entwickelt hat, der sich von der traditionellen politischen Philosophie abhebt.
Das dritte Kapitel untersucht die Fundierung von Machiavellis politischer Lehre in der pessimistischen Anthropologie. Es wird gezeigt, wie Machiavellis pessimistische Sicht des Menschen seine politische Theorie prägt.
Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Konzept der ambizione, das Machiavellis Theorie des Bösen in der menschlichen Natur beschreibt. Es wird gezeigt, wie ambizione sowohl eine Gefahr als auch eine Triebkraft für politische Handlung ist.
Das fünfte Kapitel stellt die Architektonik des Politischen bei Machiavelli vor. Es werden die Konzepte Fortuna, Occasione, Qualità dei Tempi und Necessità sowie Virtù analysiert und ihre Bedeutung für die politische Praxis erläutert.
Das sechste Kapitel analysiert Machiavellis Konzeption von Freiheit. Es werden die verschiedenen Formen von Freiheit, die in Machiavellis Schriften vorkommen, untersucht, sowie die Bedeutung der Freiheit für die Republik.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen des politischen Denkens von Niccolò Machiavelli, insbesondere mit der Rolle von Freiheit in seiner politischen Philosophie. Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Macht, Politik, Staatsräson, Fortuna, Virtù, Freiheit, Republik, Pessimistische Anthropologie, Ambizione, Machiavellismus, Politikwissenschaft, Ideengeschichte.
- Arbeit zitieren
- Alexander Biegler (Autor:in), 2010, Freiheit als relative Norm in der Architektonik des Politischen Niccolò Machiavellis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151246