Der Rhein-Elefant

Das "Schreckenstier" von Eppelsheim


Fachbuch, 2010

143 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst

Der Rhein-Elefant

Das Schreckenstier von Eppelsheim

VORWORT

Der Rhein-Elefant

Deinotherium giganteum

Der Rhein-Elefant mit dem wissenschaftlichen Artnamen Deinotherium giganteum – zu deutsch „Riesiges Schreckenstier“ – gilt als das bekannteste Rüsseltier am Ur-Rhein vor etwa zehn Millionen Jahren. Dieses imposante Tier erreichte eine Schulterhöhe von rund 3,60 Metern. Zwei nach unten gerichtete hakenförmige Stoßzähne im Unterkiefer bescherten ihm zusätzlich den Namen Hauer-Elefant.

Jener Urzeit-Riese steht im Mittelpunkt des Taschenbuches „Der Rhein-Elefant“ des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst. Bei den Texten handelt es sich um Auszüge aus dem umfangreichen Werk „Der Ur-Rhein“ desselben Verfassers, der sich durch zahlreiche populärwissenschaftliche Werke einen Namen gemacht hat.

Der Ur-Rhein in Rheinhessen floss ab dem Raum Worms – weiter westlich als in der Gegenwart – auf die Binger Pforte zu. Der damalige Fluss berührte nicht – wie heute – die Gegend von Oppenheim, Nierstein, Nackenheim, Mainz, Wiesbaden und Ingelheim. Das geschah erst später.

Die Ablagerungen des Ur-Rheins in Rheinhessen werden als Dinotheriensande bezeichnet, weil sie häufig Zähne und Knochen des Rüsseltieres Deinotherium giganteum enthalten. In der Literatur findet man teilweise auch den Namen Dinotherium giganteum.

Über die exotische Tierwelt am Ur-Rhein informiert das ebenfalls nach Deinotherium benannte Dinotherium-Museum in Eppelsheim. In der Gegend von Eppelsheim lebten vor rund zehn Millionen Jahren Rüsseltiere, Säbelzahnkatzen, Bärenhunde, Tapire, Nashörner, krallenfüßige Huftiere, Ur-Pferde und sogar Menschenaffen.

Eppelsheim genießt weltweit in der Wissenschaft einen guten Ruf. Zusammen mit dem Pariser Montmartre gehört der kleine Ort südlich von Alzey zu jenen großartigen Fossillagerstätten, mit denen die Erforschung ausgestorbener Säugetiere in Europa begonnen hat.

Das Taschenbuch „Der Rhein-Elefant“ ist drei verdienstvollen Männern gewidmet: Dr. Jens Lorenz Franzen (geb. 1937), Paläontologe in Titisee-Neustadt, langjähriger Mitarbeiter des Forschungsinstitutes Senckenberg in Frankfurt am Main, Wiederentdecker der Dinotheriensand-Fundstelle und Begründer der ersten wissenschaftlichen Grabungen bei Eppelsheim, Heiner Roos (geb. 1934), dem Altbürgermeister von Eppelsheim, dessen Idee und Initiative das Dinotherium-Museum in Eppelsheim zu verdanken ist, sowie dem Darmstädter Paläontologen Johann Jakob Kaup (1803–1873), mit dem die Erforschung der Säugerfauna aus den Dinotheriensanden bei Eppelsheim einst angefangen hat.

Mainz und Wiesbaden

lagen nicht am Ur-Rhein

In der Zeit vor etwa zehn Millionen Jahren, die von Geologen und Paläontologen als Obermiozän bezeichnet wird, hatte der Ur-Rhein südlich des Rheinischen Schiefergebirges einen ganz anderen Lauf als der heutige Rhein. Er floss nicht durch die Gegend von Oppenheim, Nierstein, Nackenheim, Mainz, Wiesbaden und Ingelheim. Stattdessen bahnte er sich ab etwa Worms streckenweise mehr als 20 Kilometer westlich vom jetzigen Rheinbett entfernt – seinen Weg durch Rheinhessen.

Dieser Ur-Rhein war nachweislich nicht so lang wie der heutige Rhein mit 1324 Kilometern, sondern nur ein kurzer Mittelgebirgsfluss mit schätzungsweise 400 Kilometer Länge. Somit war jener Ur-Rhein nur ungefähr ein Drittel so lang wie der gegenwärtige Rhein. Denn er besaß noch keine alpinen Zuflüsse wie jetzt. Seine Quellen lagen nach heutiger Kenntnis südlich des Kaiserstuhls, seine Mündung im unteren Niederrheingebiet, wo sich damals die Meeresküste erstreckte.

Der Paläontologe Jens Lorenz Franzen schrieb auf einem Flyer für Besucher des Dinotherium-Museums in Eppelsheim, der Ur-Rhein sei ursprünglich ein kleines Flüsschen ähnlich wie die heutige Nahe gewesen. Im Raum Eppelsheim habe er lediglich eine Breite von etwa 45 bis 60 Metern erreicht.

Kurze Zeit hielt man den Ur-Rhein in Rheinhessen sogar für einen Höhlenfluss. Den Verdacht, der Ur-Rhein könne im Bereich der wissenschaftlichen Grabungsstelle im Gewann „Auf dem Alzeyer Weg“ bei Eppelsheim in einer Höhle aus Kalkstein geflossen sein, hatte 1997 als Erster der Mainzer Geologe Winfried Kuhn geäußert. Auf diese Idee war er gekommen, nachdem er Sinterkalk-Stücke gefunden hatte.

Als einen gewichtigen Hinweis für die Existenz eines Höhlenflusses deutete Kuhn einen 1998 entdeckten, etwa 35 Kubikmeter großen Kalksteinklotz auf dem Grund des Ur-Rheins. Der tonnenschwere Klotz besteht aus rund 20 Millionen Jahre alten Inflata-Schichten, die nach der kleinen Wattschnecke Hydrobia inflata benannt sind. Kuhn betrachtete den Klotz als Teil der Decke einer eingestürzten Karsthöhle.

Doch später rückte der Mainzer Geologe von seiner faszinierenden Idee, der Ur-Rhein in Rheinhessen könne zumindest streckenweise ein Höhlenfluss gewesen sein, wieder ab. Denn im Bereich der Grabungsstelle im Gewann „Auf dem Alzeyer Weg“ bei Eppelsheim hat man keine weiteren Kalksteinklötze mehr gefunden, die Reste einer eingestürzten Höhlendecke gewesen sein könnten.

An der Grabungsstelle bei Eppelsheim wurde bisher nur einer der beiden Uferbereiche des Ur-Rheins freigelegt. Nämlich ein Steilhang aus rund 20 Millionen Jahre alten Schichten auf der Westseite des ehemaligen Flusses. Dieser Hang besteht aus einer großen Kalksteinscholle, deren Basis auf den unterlagernden tonigen Schichten nach Westen hin weggerutscht war, worauf die ursprünglich horizontal gelagerten Schichten steil nach Osten abkippten. Vermutlich stürzte dabei der erwähnte Kalksteinklotz in den entstandenen Zwischenraum, in dem später ein Seitenarm des Ur-Rheins floss.

Auslöser für die Wegbewegung der Kalksteinscholle vom Hang dürften großräumige plattentektonische Dehnungsbewegungen gewesen sein. Dies war eine Spätfolge der Öffnung des Nordatlantiks in Verbindung mit der Absenkung des Oberrheingrabens. Am nördlichen Ende des Oberrheingrabens befindet sich das Mainzer Becken, zu dem auch die Gegend von Eppelsheim gehört. Der Untergrund des Mainzer Beckens, besteht aus einer Vielzahl von Schollen, die von Brüchen (Störungen) begrenzt sind.

Das dem Westhang gegenüber gelegene Ostufer des Ur-Rheins war 2008 noch nicht aufgeschlossen. Kuhn glaubt, dass sich dort ebenfalls ein Steilufer befand, das den Gegenpart der weg gerutschten Scholle bildete. An der Grabungsstelle bei Eppelsheim floss wahrscheinlich ein Seitenarm des Ur-Rheins durch eine enge Schlucht (Canyon). Weitere Flussarme, die unterschiedlich breit und tief waren, existierten sicherlich an anderer Stelle. Es gab wohl auch Hochwasserphasen und Zeiten mit geringer Wasserführung.

Wie viele andere Flussablagerungen sind auch diejenigen des Ur-Rheins bei Eppelsheim schräg geschichtet. Ein Fluss verändert durch unterschiedliche Wasserführung und Strömungsintensität immer wieder seinen Lauf. Einerseits schneidet er sich in Prallhangbereichen in bestehende Sandbänke oder Uferzonen ein. Andererseits lagert er im Gleithangbereich aufgrund der geringeren Fließgeschwindigkeit Sedimente beispielsweise an Sandbänken ab. Solche Ablagerungen werden immer in einem gewissen Neigungswinkel angelegt – von der Sandbank oder vom Ufer zur Fließrinne hin. Bei ständigen Änderungen der Flussläufe entstehen in den Ablagerungen zwangsläufig Schrägschichtungskörper.

Sandvorkommen in Richtung des heutigen Rheingrabens, die sich in ihrer Zusammensetzung etwas von den Dinotheriensanden unterscheiden, sind Spuren einer Verlagerung des Flussbettes des Ur-Rheins nach Osten. Doch weil diese kalkfrei sind und keine Fossilien enthalten, kann ihr Alter nicht genau datiert werden.

Ablagerungen des Ur-Rheins – auf heute trockenem Gelände – kennt man aus Westhofen bei Worms, Eppelsheim, Dintesheim, Esselborn, Kettenheim, Heimersheim, Bermersheim, vom Wissberg bei Gau-Weinheim, Vendersheim, Wolfsheim und vom Steinberg (auch Napoleonshöhe genannt) bei Sprendlingen unweit von Bad Kreuznach. Dabei handelt es sich um Sande und Kiese, die teilweise Reste von Tieren aus jener Zeit enthalten. Weil darunter auch Knochen und Zähne des riesigen Rüsseltieres Deinotherium giganteum sind, werden die Ablagerungen des Ur-Rheins als Dinotheriensande bezeichnet. Man bezeichnet sie aber auch als Eppelsheimer Sande oder Eppelsheim-Formation.

Wer als Erster die Sande und Schotter der Dinotheriensande in Rheinhessen als Ablagerungen des Ur-Rheins erkannt hat, konnte der Autor dieses Taschenbuches trotz vieler Recherchen nicht sicher klären.

Bereits auf der 1866 erschienenen „Geologischen Specialkarte des Grossherzogthums Hessen und der angrenzenden Landesgebiete im Maasstabe von 1:50000“ für die „Section Alzey“ des Darmstädter Geologen Rudolf Ludwig (1812–1880) werden die Dinotheriensande als Flussablagerungen gedeutet. Im Zusammenhang mit Eppelsheim als „weltberühmte Fundstätte des Deinotherium giganteum“ ist von einem Flussdelta, nicht aber vom Rhein die Rede. Auch andere Autoren jener Zeit haben die Dinotheriensande wohl mit einem Fluss, noch nicht aber mit dem Rhein in Verbindung gebracht.

Der Erste, der die Gerölle in den Dinotheriensanden petrographisch ausführlicher untersucht hat, dürfte der Geologe Carl Mordziol (1886–1958) gewesen sein, der zeitweise in Gießen, Mainz, Aachen und Koblenz gearbeitet hat. Er führte 1908 aus, dass ein größeres Stromsystem aus südwestlicher oder südlicher Richtung das Material der Dinotheriensande ablagerte. Mordziol sprach von einem Stromsystem, das „auch in ähnlicher Richtung wie der heutige Rhein in das Schiefergebirge eintrat“ und vom „unterpliocänen Rhein“. Dabei verwies er auf entsprechende Arbeiten des damals in Würzburg tätigen Geologen und Mineralogen Fridolin Sandberger (1826–1898) von 1863 und 1870/1875. Einen „von Süden nach Norden fließenden Vorläufer des Rheins (einen „Urrhein“) erwähnte Mordziol 1911 in seinem Werk „Geologischer Führer durch das Mainzer Tertiärbecken“.

1932 stellte der Wormser Paläontologe Wilhelm Weiler (1890–1972), der von 1944 bis 1947 Direktor des Naturhistorischen Museums Mainz war, in einer Abhandlung die Frage: „Gab es einen unterpliozänen Eppelsheimer Fluß in Rheinhessen?“ Damals wurden die Ablagerungen des Ur-Rheins noch nicht – wie heute – dem Miozän, sondern dem Pliozän zugerechnet.

Das Wissen über die Existenz des Ur-Rheins fernab vom heutigen Rhein wurde durch Untersuchungen des Berliner Geologen Joachim Bartz (1910–1998) bereichert. Er veröffentlichte 1936 seine Publikation „Das Unterpliocän in Rheinhessen“.

Laut Bartz floss der Ur-Rhein auf einer alten, aus Kalksteinen bestehenden Landoberfläche in Süd-Nord-Richtung. Im Norden hatte er einen linksseitigen Nebenfluss (die Ur-Nahe), der aus der Richtung von Bad Kreuznach kam. Das Einzugsgebiet der Ur-Nahe reichte bis ins Pfälzer Bergland. Dieser Sachverhalt wurde später (1946, 1947, 1973) durch den Darmstädter Hydrogeologen Wilhelm Wagner (1884–1970) bestätigt und ergänzt.

In Rheinhessen lassen sich die Dinotheriensande über eine Strecke von etwa 26 Kilometern verfolgen. Die Fundstellen mit Dinotheriensanden verteilen sich auf zwei Gebiete. Das nordwestliche umfasst den Steinberg bei Sprendlingen (mit mehreren Fundpunkten), Wolfsheim, Vendersheim, Gau-Weinheim und den Wissberg bei Gau-Weinheim. Zum südwestlichen Fundgebiet in der Umgebung von Alzey gehören Bermersheim, Heimersheim, Kettenheim, Esselborn, Dintesheim, Eppelsheim und Westhofen.

Nördlich des Steinberges bei Sprendlingen folgen einige Vorkommen von Dinotheriensanden ohne Tierfossilien. Nämlich Welgesheim, Zotzenheim, Dromersheim, Aspisheim, Ober- und Niederhilbersheim sowie der Laurenziberg bei Ockenheim. Bartz erklärte dies damit, dass sich nördlich vom Steinberg bei Sprendlingen die Einflüsse der Ur-Nahe bemerkbar machten, die zur völligen Aufarbeitung der Säugetierreste führten. Südlich von Dintesheim und Westhofen nahe Worms sind keine Dinotheriensande bekannt.

Auch die Schotter der Ur-Nahe beim Rheingrafenstein südlich von Bad Kreuznach enthalten keine Säugetierreste. Der Rheingrafenstein ist eine 136 Meter hohe Felsformation aus vulkanischem Gestein (Porphyr) an der Nahe gegenüber von Bad Münster am Stein-Ebernburg.

Die Gerölle in den Dinotheriensanden von Rheinhessen liefern Hinweise auf das Einzugsgebiet des Ur-Rheins. Sie stammen aus inzwischen abgetragenen Sedimenten, die vor etwa zehn Millionen Jahren den Schwarzwald und die Vogesen überdeckten.

Der Ur-Rhein floss zur Zeit der Dinotheriensande vor etwa zehn Millionen Jahren – oder vielleicht sogar schon etwas früher – in das Mittelrheintal ab. Der Abfluss erfolgte vermutlich im Bereich der Binger Pforte.

Vom Obermiozän bis ins Eiszeitalter verlagerte der Ur-Rhein seinen Lauf immer mehr nach Nordosten, bis er seine heutige Position bei Mainz und Wiesbaden erreichte. Bewirkt wurde dies durch das Einsinken des Oberrheingrabens und die Hebung des Mainzer Beckens, das eine der Grabenschultern darstellt.

Auch heute noch geht das Nebeneinander von Grabensenkung und Schulterhebung weiter. Die tektonischen Bewegungen sind insbesondere daran zu erkennen, dass sich bei Nachmessungen von Feinnivellements zum Teil erhebliche Differenzen ergeben. Beispielsweise wurden von dem Darmstädter Geologen Reinhard Heil (1925–2004) zwischen Heidelberg und Darmstadt jährliche Senkungsraten von ca. einem Millimeter festgestellt. Andererseits hat man nordwestlich von Karlsruhe auch Hebungen ermittelt, die 0,5 Millimeter pro Jahr erreichen.

Im Obermiozän vor etwa acht bis fünf Millionen Jahren verlagerte der Ur-Rhein sein Bett nach Osten, wo er in Höhe der heutigen Gegend von Mainz auf den Ur-Main traf. Erst durch den Anschluss der Ur-Aare im Eiszeitalter vor etwa zwei Millionen Jahren und des Alpenrheins vor rund 800.000 Jahren wurde der Rhein zum viertgrößten Strom Europas.

Früher befanden sich in Nähe vieler Gemeinden in Rheinhessen kleine Sandgruben (Sandkauten), in welchen man den für Bauarbeiten benötigten Sand abbaute. Dabei kamen immer wieder Zähne und Knochen fossiler Säugetiere zum Vorschein, die aber achtlos weggeworfen wurden. Die Knochen und Gerölle in den Sandschichten signalisierten, dass der Sand am Ende war und nun erneut mühsam die darüber liegende Erde abgehoben werden musste, um an die Sande zu gelangen. Aus diesem Grund wurden die „Hundsknochen“ oder „alten Schindangersknochen“ mutwillig zerstört.

Der Darmstädter Paläontologe Johann Jakob Kaup (1803–1873) berichtete 1844, es sei das Verdienst des Pfarrers Johann Heinrich Pauli (1785–1857) in Eppelsheim gewesen, auf die fossilen Schätze Eppelsheims aufmerksam gemacht zu haben. Der Geistliche, der von 1814 bis 1828 in Eppelsheim wirkte und der selbst Altertümer sammelte, überredete zwei Sandgräber dazu, ihren nächsten Fund dem Direktor des „Großherzoglichen Naturalien-Cabinets“ in Darmstadt, Ernst Schleiermacher (1755–1844), zu bringen. Nämlich den in viele Stücke zerbrochenen Backenzahn eines Rüsseltieres (Mastodonten).

Die ersten Sendungen fossiler Säugetiere aus Eppelsheim gelangten erst nach dem Anschluss von Rheinhessen an Hessen ab 1816 in das „Großherzogliche Naturalien-Cabinet“ nach Darmstadt. Dort wuchs die Eppelsheim-Sammlung im Laufe der Zeit enorm an. Dies war das Verdienst von Johann Jakob Kaup, des Inspektors des „Naturalien-Cabinets“. Er ließ sich von Sandgräbern Fossilien aus Eppelsheim schicken und kümmerte sich oft an Ort und Stelle zusammen mit seinem Freund, dem Mineralogen Professor August von Klipstein (1801–1894) von der Universität Gießen, um die Funde. 1844 jubelte Kaup: „Diese Fundstätte übertrifft durch die Reichhaltigkeit ihrer gigantischen, wie ihrer kleinen Formen alle Fundstätten, die bis jetzt auf der ganzen Erdrinde bekannt sind“.

Welche Tiere am Ur-Rhein lebten, verraten insgesamt zwölf Lokalitäten mit Dinotheriensanden in Rheinhessen. Am bekanntesten davon ist wohl Eppelsheim, wo Reste vieler Säugetiere entdeckt wurden, darunter Rüsseltiere, Nashörner, Tapire, krallenfüßige Huftiere, Ur-Pferde, kleinwüchsige Hirsche, Schweine, Bärenhunde, Hyänen, Säbelzahnkatzen und sogar Menschenaffen.

Der Mainzer Paläontologe Heinz Tobien (1911–1993) listete 1983 in einer Publikation über die Säugerfauna aus den Dinotheriensanden Rheinhessens insgesamt 46 Arten auf. Diese Säugetiere sind von berühmten Paläontologen – wie Johann Jakob Kaup (1803–1873), Hermann von Meyer (1801–1869), Georges Cuvier (1769–1832) – erstmals wissenschaftlich beschrieben worden. Originalfunde aus den Dinotheriensanden werden in Museen von Darmstadt, Frankfurt am Main, Mainz, Wiesbaden, Alzey und Eppelsheim aufbewahrt.

Im Südgebiet der Dinotheriensande fand man meistens sehr vollständige Skelettelemente großer Säugetiere (Rüsseltiere und Nashörner). Der Todesort dieser Tiere kann nicht sehr weit von deren Einbettungsort gewesen sein. Im Nordgebiet entdeckte man fragmentierte Skelettelemente, die vielleicht einen längeren Transportweg hinter sich haben und aus einem weiter südlich gelegenen Gebiet stammen. Die Skelette könnten aber auch in einem Stromschnellenabschnitt fragmentiert worden sein, meint der Paläontologe Frank Holzförster.

Laut Heinz Tobien gehört die Fauna der Dinotheriensande in das Vallesium (etwa 11,1 bis 8,7 Millionen Jahre). In der Fachwelt wird der Mainzer Paläontologe mitunter respektvoll als „Säugetier-Papst“ betitelt.

Der Frankfurter Paläontologe Jens Lorenz Franzen veröffentlichte im Jahr 2000 eine Faunenliste über die bis dahin bei Eppelsheim entdeckten Säugetiere. Seine Liste umfasste nur noch 32 Säugetierarten, weil einige der früher von Tobien erwähnten Spezies sich als Synonym für andere Arten entpuppt hatten. Er stellte damals fest, dass Eppelsheim für 25 meist weltbekannte Arten fossiler Säugetiere zum „Locus typicus“ (Typuslokalität) geworden ist. Das bedeutet, sie wurden unter dieser Herkunftsbezeichnung erstmals wissenschaftlich beschrieben und benannt. Der rührige Kaup hat rund der Hälfte der Säugetierarten aus Eppelsheim einen Namen gegeben.

Auch die 2000 von Franzen publizierte Faunenliste über Eppelsheim musste wegen neuer Erkenntnisse revidiert werden. Das dort aufgeführte Rüsseltier Deinotherium levius gilt heute als Synonym von Deinotherium giganteum. Außerdem kamen Neufunde – wie der Menschenaffe Dryopithecus sp., die spitz-mausähnlichen Insektenfresser Plesiosorex roosi und Crusafontina kormosi sowie der Maulwurf Talpa vallesensis – dazu.

Liste der bei Eppelsheim entdeckten Tierarten (Stand 2008)

Eulipotyphla (Insektenfresser)

Talpa vallesensis VILLALTA & CRUSAFONT 1944

Plesiosorex roosi FRANZEN, FEJFAR & STORCH 2003 (T)

Crusafontina kormosi BACHMAYER & WILSON 1970

Primates (Herrentiere)

cf. Dryopithecus sp.

Paidopithex rhenanus POHLIG 1895 (T)

Rhenopithecus eppelsheimensis (HAUPT 1935) (T)

Carnivora (Raubtiere)

Agnotherium antiquum (KAUP 1833) (T)

Amphicyon eppelsheimensis WEITZEL 1930 (T)

Simocyon diaphorus (KAUP 1832) (T)

„Lutra“ hessica LYDEKKER 1890 (T)

Ictitherium robustum GERVAIS (1850) (T)

Machairodus aphanistus (KAUP 1832) (T)

Paramachairodus ogygius (KAUP 1832) (T)

Rodentia (Nagetiere)

Palaeomys castoroides KAUP 1832 (T)

Proboscidea (Rüsselstiere)

Prodeinotherium bavaricum H. v. MEYER 1831

Deinotherium giganteum KAUP 1829 (T)

Gomphotherium angustidens (CUVIER 1806)

Tetralophodon longirostris (KAUP 1832) (T)

Stegotetrabelodon gigantorostris (KLÄHN 1922)

Perissodactyla (Unpaarhufer)

Tapirus priscus KAUP 1833 (T)

Tapirus antiquus KAUP 1833 (T)

Aceratherium incisivum KAUP 1832 (T)

Brachypotherium goldfussi (KAUP 1834) (T)

Dihoplus schleiermacheri (KAUP 1832) (T)

Chalicotherium goldfussi KAUP 1833 (T)

Hippotherium primigenium (H. v. MEYER 1829) (T)

Artiodactyla (Paarhufer)

Propotamochoerus palaeochoerus (KAUP 1833) (T)

Conohyus simorrensis (LARTET 1851)

Microstonyx antiquus (KAUP 1833) (T)

Dorcatherium naui (KAUP 1834) (T)

Euprox furcatus (HENSEL 1859)

Euprox dicranocerus (KAUP 1833) (T)

Amphiprox anocerus (KAUP 1833) (T)

„Cervus“ nanus (KAUP 1839) (T)

Miotragocerus cf. pannoniae (KRETZOI 1941)

Chelonia (Schildkröten)

Trionyx sp.

Außerdem wurden Fische und Pflanzen gefunden, die nicht näher bestimmbar oder nicht wissenschaftlich bearbeitet sind.

(T) = Typuslokalität ist Eppelsheim

Bei in Klammern gesetzten Autorennamen wurde die betreffende Art ursprünglich unter einer anderen Gattung beschrieben und benannt.

In dieser Faunenliste fielen Jens Lorenz Franzen verschiedene Aspekte auf. Bemerkenswert fand er das Vorkommen von Menschenaffen (Dryopithecus sp., Paidopithex rhenanus, Rhenopithecus eppelsheimensis), die heute in ihrem Auftreten auf den tropischen Klimagürtel Afrikas und Asiens begrenzt sind. Das Vorkommen mehrerer Gattungen von Rüsseltieren betrachtete er als Hinweis dafür, wie günstig die Lebensbedingungen für diese großen Pflanzenfresser einst im Mainzer Becken gewesen sein müssen. Denn heute gibt es auf dem ganzen Kontinent Afrika nur noch zwei Arten und auf dem Subkontinent Indien nur noch eine Art von Rüsseltieren. Verstärkt werde dieser Eindruck durch das Auftreten von mindestens drei Nashornarten. Das Vorkommen von mehreren Hirscharten und drei Schweinearten deutete Franzen so, dass es sich bei der Umgebung der Fundstelle Eppelsheim nur um ein Waldbiotop gehandelt haben kann. Dagegen spreche das Auftreten je einer Antilopenart bzw. Pferdeart nicht.

Früher wurden die Dinotheriensande in großem Umfang für Bauzwecke von Einheimischen in Sandgruben abgebaut, wobei immer wieder Zähne oder Knochen von Säugetieren ans Tageslicht kamen. Heute erfolgt ein Großabbau von Sand und Kies nur noch auf dem Steinberg bei Sprendlingen.

Joachim Bartz erkannte 1936, dass die Reste von Säugetieren nur aus einem Horizont an der Basis der Sandfolge stammen. Dabei handelt es sich um grobe Kiese oder kiesführende Grobsande im unteren Bereich der Dinotheriensande. Bis zu 17 Zentimeter große Buntsandsteingerölle aus dem südlichen Oberlauf im Oberrheingebiet dokumentieren die starke Strömung des Ur-Rheins.

Der Ur-Rhein veranschaulicht eindrucksvoll, wie sich ein Fluss im Laufe der Erdgeschichte verändern kann. Ähnliches kennt man auch aus anderen Zeiten und Gegenden.

Das älteste Flusssystem in der Gegend des heutigen Oberrheins zum Beispiel strömte im Eozän vor etwa 45 Millionen Jahren von Norden nach Süden. Während der Rhein in der Gegenwart von Süden nach Norden fließt, verlief das Gefälle damals noch umgekehrt.

Der älteste Vorläufer des Mains im Oligozän vor mehr als 35 Millionen Jahren floss nur bis Bamberg wie der heutige Main von Osten nach Westen, von da ab jedoch im heutigen Regnitz-/Rednitz-Tal nach Süden und mündete etwa bei Augsburg in das zu jener Zeit im Alpenvorland sich ausbreitende Meer. Vor etwa 14,7 Millionen Jahren wurde der Ur-Main durch Trümmermassen eines Meteoriteneinschlags (Nördlinger Ries) nördlich von Treuchtlingen zu einem riesigen See aufgestaut, der später auslief.

Eine entgegengesetzte Strömungsrichtung wie die heutige Donau hatten die Flüsse im Miozän vor mehr als 15 Millionen Jahren im Alpenvorland. Weil das meist nur sehr geringe Gefälle damals von Osten nach Westen gerichtet war, strömten die Flüsse von Oberösterreich aus zu dem von der Schweiz nach Südwesten zurückweichenden Meer. Das sich von Osten nach Westen ausbreitende Flussnetz wurde vor allem durch die Ur-Enns und Ur-Salzach gespeist.

Die Ur-Donau drang im Miozän vor etwa sieben Millionen Jahren von Niederösterreich aus durch rückschreitende Erosion immer weiter nach Westen in das zugleich mit den Alpen im Westen stärker als im Osten aufsteigende Vorland vor. Dadurch kehrten sich das Gefälle und die Fließrichtung der Flüsse in Süddeutschland in West-Ost-Richtung um. Allmählich gliederten sich immer mehr Zuflüsse vom Gebirge im Süden und von Norden her der Ur-Donau an, die zunächst auf der Alb-Hochfläche floss und später dann das untere Altmühltal eintiefte.

Ihre größte Länge erreichte die Donau wohl vor etwa fünf bis sechs Millionen Jahren in der Übergangszeit zwischen Miozän und Pliozän. Damals bildete die Aare ihren Oberlauf, so dass man für jene Zeit auch von Aare-Donau sprechen kann. Erst im mittleren Pliozän vor etwa drei bis vier Millionen Jahren verlor die Donau die Aare als Quellfluss. Die Aare wurde damals über die Burgundische Pforte zunächst zur Saone/Rhone abgeleitet, später dann nach Norden zum Oberrhein und wurde so zu einem Teilstück des heutigen Hochrheins zwischen Waldshut und Basel. Heute markieren die Quellflüsse Breg und Brigach den Beginn der Donau, die teilweise unterirdisch oberhalb von Tuttlingen und Immendingen nach Süden entwässert (Donauversinkung) und im Aach-Topf nördlich von Singen/Hegau wieder zutage kommt, um von dort in den Hochrhein zu entwässern.

Irgendwann im frühen Eiszeitalter vor etwa 1,5 Millionen bis 800.000 Jahren verband sich der im Fichtelgebirge entspringende, ursprünglich nach Südwesten in Richtung Rhonetal abfließende Ur-Main (auch Bamberger Main genannt) mit dem westwärts strömenden Aschaffenburger Main. Damit erhielt er Anschluss an den Rhein.

Ablagerungen von Rhein, Main und Taunusbächen aus dem Eiszeitalter vor etwa 600.000 Jahren kennt man aus den Mosbach-Sanden (früher Mosbacher Sande) im heutigen Stadtgebiet von Wiesbaden. Sie sind nach dem ehemaligen Dorf Mosbach zwischen Wiesbaden und Biebrich benannt, das 1926 in Wiesbaden eingemeindet wurde. Die Mosbach-Sande enthalten Reste von Flusspferden, Rüsseltieren, Nashörnern, Wildpferden, Bisons, Bären, Wölfen, Hyänen, Säbelzahnkatzen, Jaguaren, Geparden, Riesenlöwen und Affen.

Die Entdeckung

des „Schreckenstieres“

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab der Boden des kleinen rheinhessischen Dorfes Eppelsheim viele Überreste von zumeist großen ausgestorbenen Tieren preis, die sehr zum Verständnis der Entwicklungsgeschichte der Säugetiere beigetragen haben. Besonders abenteuerlich hört sich die Entdeckung des so genannten „Schreckenstieres“ an, um dessen Erforschung sich der Inspektor des „Großherzoglichen Naturalien-Cabinets“ in Darmstadt, Johann Jakob Kaup (1803–1873), verdient gemacht hat.

Die Entdeckungsgeschichte des „Schreckenstieres“ wurde 1982 von dem damals in Darmstadt und später in Bonn arbeitenden Paläontologen Wighart von Koenigswald in einem Sonderheft der „Alzeyer Geschichtsblätter“ ausführlich und eindrucksvoll geschildert. Sein lesenswerter Beitrag trug den Titel „Das Dinotherium von Eppelsheim“.

Heute ist nicht mehr zu ermitteln, wann in den Sandgruben im Gewann „Jörgenbauer“ bei Eppelsheim die ersten fossilen Knochen und Zähne zum Vorschein kamen. Beim Abbau von Sand, den man für Bauarbeiten benötigte, wurden zwar immer wieder Tierreste entdeckt, aber in der Anfangszeit achtlos weggeworfen. Erst ab 1817 hat man Urzeitfunde aus Eppelsheim nach Darmstadt gebracht. Vermutlich geschah dies, weil der Direktor des „Großherzoglichen Naturalien-Cabinets“, Ernst Schleiermacher (1755–1844), dafür Prämien ausgesetzt hatte. An der Sucharbeit beteiligte sich auch der Mitarbeiter dieses Museums, Johann Jakob Kaup.

Vom „Schreckenstier“ waren zu jener Zeit bereits einzelne Backenzähne in Frankreich geborgen worden. Da sie eine ähnliche Form wie die von Tapiren aufweisen – sie sind bloß etwas größer – ordnete sie der Pariser Wirbeltier-Paläontologe Georges Cuvier (1769–1832) einem Riesentapir zu. Andere Gelehrte übernahmen diese Auffassung von Cuvier, der in dem damals zu Württemberg gehörenden Mömpelgard (Montbéliard) als Georg Küfer zur Welt gekommen war.

Kaup bekam 1828 aus Eppelsheim den zerbrochenen Unterkiefer eines solchen vermeintlichen Riesentapirs zu Gesicht. Dieses Fossil ließ erkennen, dass das Tier im Unterkiefer zwei kräftige Stoßzähne besaß. Kaup setzte die Kieferfragmente so zusammen, dass die Stoßzähne nach vorn und oben gerichtet waren. So sah in der Gegenwart kein Tapir aus. Ohne zu wissen, wie der Rest dieses Lebewesens gestaltet sein musste, benannte Kaup 1829 das seltsame Fossil „Deinotherium giganteum“, also „Riesiges Schreckenstier“.

1833 erhielt Kaup den nahezu vollständigen Unterkiefer eines solchen rätselhaften Tieres aus Eppelsheim. Zu seinem Erstaunen waren bei diesem Fossil die Stoßzähne nicht nach oben gerichtet. Stattdessen ragten sie eindeutig nach unten und waren rückwärts gekrümmt. Kaup korrigierte noch im selben Jahr seinen Irrtum bei der Rekonstruktion. Nun hielt er das Tier für ein Flusspferd (Hippopotamus).

Erst ein weiterer Fund bei Eppelsheim brachte Klarheit über die wahre Natur des mysteriösen Säugetieres. 1835 entdeckte der Gießener Geologe August von Klipstein (1801–1894) in einer von ihm eigens für Grabungen erworbenen Sandgrube im Gewann „Jörgenbauer“ den ersten Oberschädel des rätselhaften Tieres. Er benachrichtigte seinen Freund Kaup über diese sensationelle Entdeckung und bat ihn um Hilfe bei der Bergung des etwa 1,30 Meter langen Schädelrestes.

Über die Bergung notierte Kaup, dass 24 starke Männer, die auf einem Gerüst standen, den zuvor mit einem Gipslager, drei starken Eisenstangen und einem dicken Brett gegen Bruch gesicherten sowie noch von Gestein umgebenen Oberschädel in die Höhe zogen. Die ganze Last soll mehr als acht Zentner gewogen haben.

Ein zeitgenössischer Kupferstich von 1836 in einer Publikation von Klipstein und Kaup zeigt diese Bergung: Kaup mit Brille überwacht in der sechs Meter tiefen Grube die Bergung. Klipstein steht über Kaup am Grubenrand und begrüßt diese wichtige Entdeckung für die Wissenschaft mit einer Flasche Wein in der Hand.

Nach der gelungenen Bergung wurde der „Schreckenstier“-Oberschädel auf einen Leiterwagen gebracht. Dort ruhte er auf einer Art „Kissen“, mit dem etwaige Stöße aufgefangen werden sollten. Denn die Fahrt zum nahe gelegenen Städtchen Alzey ging über holprige Feldwege. Von Alzey aus wurde das Fossil nach Darmstadt transportiert, wo man es in der Folgezeit untersucht hat.

1836 beschrieben Klipstein und Kaup in deutscher und französischer Sprache den ein Jahr zuvor geborgenen Deinotherium-Oberschädel. Ihre Publikation trägt den langen Titel „Beschreibung und Abbildung von dem in Rheinhessen aufgefundenen colossalen Schedel des Dinotherii gigantei mit Mittheilung über die knochenführenden Bildungen des mittelrheinischen Tertiärbeckens“. Die beiden Gelehrten schilderten die geologischen Verhältnisse in Rheinhessen und die Fundsituation und beschrieben das aufsehenerregende Fossil.

Der Beschreibung des Oberschädels lag der „Atlas Dinotherii gigantei“ mit detaillierten Abbildungen des Fundes bei. Auf der Titelseite des Atlas zeigte Kaup eine Landschaft mit verschiedenen Tieren, deren Knochen in Eppelsheim gefunden wurden. Diese Zeichnung wurde von dem in Offenbach am Main geborenen Lithographen Ludwig Becker (1808–1861), der später bei einer Expedition in Australien ums Leben kam, unter Anleitung von Kaup angefertigt. Sie gilt als eine der frühesten Rekonstruktionen einer vorzeitlichen Landschaft und deren Tierwelt.

Auf dieser Zeichnung verriet Kaup deutlicher als in seinen Schriften, wie er sich das „Schreckenstier“ mit Haut und Haaren vorstellte: Der massige Körper eines Dickhäuters trägt hier einen schweren Kopf mit einem deutlichen Rüssel, den Kaup wegen der weiten Nasenöffnung am Oberschädel rekonstruierte. Aus dem Unterkiefer ragen zwei nach unten gerichtete Stoßzähne. Die Ohren sind auffallend klein. Da Kaup offensichtlich nicht wusste, ob das Tier die kurzen Beine eines Tapirs oder die langen eines Elefanten besaß, ließ er das „Schreckenstier“ mit sorgfältig untergeschlagenen Beinen am Boden rasten.

Um den fehlenden Unterkiefer zu ersetzen, hatte Kaup nach einem Fund aus der Darmstädter Sammlung, der heute noch vorhanden ist, einen passenden Ersatz anfertigen lassen. Originalgetreue Abgüsse beider Stücke, die man sorgfältig mit Ölfarbe kolorierte, wurden damals für 280 Gulden oder 600 Francs von Darmstadt aus an Museen in aller Welt verkauft.

Weil die großherzogliche Sammlung in Darmstadt nicht über die nötigen Mittel für den Erwerb des Deinotherium-Oberschädels verfügte, suchte Klipstein andere Kaufinteressenten. 1837 schafften er und Kaup das kostbare Fossil nach Paris, wo es ausgestellt wurde und die Akademie zum Erwerb bewegen sollte. Dazu kam es jedoch nicht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 143 Seiten

Details

Titel
Der Rhein-Elefant
Untertitel
Das "Schreckenstier" von Eppelsheim
Veranstaltung
-
Autor
Jahr
2010
Seiten
143
Katalognummer
V151473
ISBN (eBook)
9783640648085
ISBN (Buch)
9783640647705
Dateigröße
44800 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Rhein-Elefant, Hauer-Elefant, Dinotherium, Deinotherium, Rüsseltier, Rüsseltiere, Ur-Rhein, Urrhein, Rhein, Rheinhessen, Eppelsheim, Deinotherium giganteum, Dinotherium giganteum, Schreckenstier, Schreckenstier von Eppelsheim, Miozän, Dinotherium-Museum, Ernst Probst, Heiner Roos, Jens Lorenz Franzen, Johann Jakob Kaup
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2010, Der Rhein-Elefant, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151473

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