Am 8. Dezember 1522 wurde bei Freiberg ein missgebildetes Kalb im Mutterleib einer notgeschlachteten Kuh entdeckt, dass dem Aussehen nach an einen Mönch erinnert haben soll. Die als tierisches Monstrum ausgelegte Missgeburt wurde schnell zu einer Waffe der reformatorischen Auseinandersetzungen, indem sie in einer Prager Flugschrift von altgläubiger Seite auf Luther und sein Wirken bezogen wurde, der wiederum als Antwort selbst eine Deutung darlegte. In einer Flugschrift aus dem Jahre 1523 sind dessen Ausführungen zum Mönchskalb zusammen mit der Auslegung des Papstesel, eine 1496 am Tiber angeschwommene Eselsmissbildung, von Melanchthon und der grafischen Darstellung beider Missgeburten durch Cranach d. Ä. abgebildet. Dabei bezieht Melanchthon den Papstesel auf das römisch-katholische Papsttum und ordnet als Kompositionsbild jedem Körperteil des Tieres allegorisch eine spezielle Sünde der Kirche zu. Luther geht ähnlich vor und deutet die einzelnen Elemente des Mönchskalb im Hinblick auf das sündhafte Mönchstum der römisch-katholischen Kirche, stellt jedoch im Gegensatz zu Melanchthon bei seiner Auslegung nicht die Skizzierung des gegenwärtigen verwerflichen Zustands der Kirche, sondern die Apokalyptik in den Vordergrund, also das kommende Ende des papistischen Zeitalters.
- Arbeit zitieren
- Julius Kauschmann (Autor:in), 2021, Die Analogie zwischen dem Mönchskalb (1523) und dem goldenen Kalb (Ex 32, 1-35), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1520154