Sprichwörter, Vergleiche, Allegorien und Metaphern, Parabeln, Bildworte, Gleichnis- und Beispielerzählungen: Mehr als vierzig Worte Jesu dieser Art finden sich in den synoptischen Evangelien. All diese sprachlichen Formen werden – so verschieden oder ähnlich sie in ihrer Bedeutung auch sein mögen – unter dem Oberbegriff „Gleichnisse Jesu“ zusammengefasst, was den korrekten und differenzierten Umgang mit ihnen deutlich erschwert. Im Neuen Testament erscheint das von Luther mit Gleichnis wiedergegebene griechische Wort παραβολη außer im Hebräerbrief 9,9 und 11,19 nur bei den Synoptikern. Diese παραβολαι können wie das Gleichnis „Vom Senfkorn“ Teil der Mehrfachüberlieferung und so bei Markus (4,30-32), Matthäus (13,31-32) und Lukas (13,18-19) gleichzeitig zu entdecken sein. Sie können aber auch wie das Gleichnis „Vom verlorenen Sohn“ (Lk 15,11-32) Sondergut des jeweiligen Evangelisten sein und deshalb nur in seinem Evangelium auftauchen. Sie können ganz vereinzelt in Erscheinung treten wie das Gleichnis „Von den bösen Weingärtnern“ (Mk 12,1-9) oder zu großen thematischen Gleichnisreden verbunden sein wie im Kapitel 15 des Lukasevangeliums. Unter den Gleichnissen Jesu können äußerst knappe Schilderungen (Mk 4,26-29: „Vom Wachsen der Saat“) genauso wie sehr ausführliche Geschichten mit vielen Details und Nebenzügen (Lk 15,11-32: „Vom verlorenen Sohn“) verstanden werden, manche von ihnen sind sprichwörtlich geworden (Mt 5,13-16: „Salz und Licht“), andere weniger geläufig (Mt 25,1-13: „Von den klugen und törichten Jungfrauen“). Die Gleichnisse Jesu sind also außerordentlich vielseitig. Das Musterbeispiel eines Gleichnisses schlechthin gibt es nicht.
Anhand der Matthäusperikope „Die Arbeiter im Weinberg“ will diese Arbeit nach exegetischen Vorüberlegungen und einer kurzen Übersicht über die Geschichte der modernen Gleichnisforschung die wichtigsten gleichnistheoretischen Grundgedanken von Adolf Jülicher (1857-1938), Joachim Jeremias (1900-1979), Hans Weder (*1946) und Wolfgang Harnisch (*1953) exemplarisch dargestellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitende Worte
- Exegetische Vorüberlegungen
- Sprachlich-narrative Analyse
- Sozialgeschichtliche Analyse
- Analyse des Bedeutungshintergrunds
- Abriss einer Geschichte der modernen Gleichnisforschung
- Gleichnistheoretische Grundgedanken am Beispiel von Mt 20,1-16
- Die Trennung von Gleichnis und Allegorie: Adolf Jülicher
- Zurück zur ursprünglichen Gestalt und Botschaft: Joachim Jeremias
- Die Gleichnisse als Metaphern: Hans Weder
- Die Gleichnisse als Bühnenstücke: Wolfgang Harnisch
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit zielt darauf ab, verschiedene gleichnistheoretische Grundgedanken am Beispiel des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16) zu beleuchten. Dabei werden zunächst exegetische Vorüberlegungen zum Gleichnis angestellt und die Geschichte der modernen Gleichnisforschung kurz dargestellt. Anschließend werden die wichtigsten Ansätze von Adolf Jülicher, Joachim Jeremias, Hans Weder und Wolfgang Harnisch exemplarisch vorgestellt.
- Die Rolle von Gleichnissen im Neuen Testament
- Die Interpretation von Gleichnissen in der modernen Forschung
- Die Bedeutung der historischen und sozialen Kontextualisierung von Gleichnissen
- Die unterschiedlichen Perspektiven auf die Funktion und Aussage von Gleichnissen
- Die Bedeutung der Sprachlichkeit und des Erzählens in der Exegese von Gleichnissen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema und erläutert die Vielfalt der sprachlichen Formen, die unter dem Oberbegriff „Gleichnisse Jesu“ zusammengefasst werden. Anschließend werden exegetische Vorüberlegungen zum Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16) angestellt, wobei die sprachlich-narrative Analyse, die sozialgeschichtliche Analyse und die Analyse des Bedeutungshintergrunds berücksichtigt werden. In Kapitel 3 wird ein kurzer Überblick über die Geschichte der modernen Gleichnisforschung gegeben. In den folgenden Kapiteln werden die gleichnistheoretischen Grundgedanken von Adolf Jülicher, Joachim Jeremias, Hans Weder und Wolfgang Harnisch am Beispiel des Gleichnisses von Mt 20,1-16 beleuchtet.
Schlüsselwörter
Gleichnisse Jesu, Mt 20,1-16, Gleichnistheorie, Adolf Jülicher, Joachim Jeremias, Hans Weder, Wolfgang Harnisch, Sprachlich-narrative Analyse, Sozialgeschichtliche Analyse, Bedeutungshintergrund, Exegese, Hermeneutik.
- Quote paper
- Christian Kämpf (Author), 2009, "Siehst Du scheel drein, weil ich so gütig bin?", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152035