Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Allgemeines zu David Hume
2.1.1 Leben und Werk
2.1.2 Einflüsse auf Hume
2.2 Zum Erkenntnisproblem
2.2.1 Ursprung und Verbindung von Vorstellungen
2.2.2 Skeptische Zweifel über die Verstandestätigkeit
2.3 Einordnung von Humes Erkenntnistheorie
2.3.1 Schwächen und Mängel
2.3.2 Auswirkungen und Bedeutung von Humes Werk
3 Schluss
4 Literaturverzeichnis:
1 Einleitung
Diese Arbeit wurde in erster Linie geschrieben, um dem Leser einen groben Überblick über Humes Erkenntnistheorie, oder Theory of Knowledge bzw. Theory of Mind, wie sie im englischsprachigen Raum bezeichnet wird, zu vermitteln und somit eine kurze, bündige und gut verständliche Einführung in diesen Teil seines Werks zu bieten. Dabei habe ich mich an Humes späterem Werk „ An Enquiry Concerning Human Understanding “ aus dem Jahre 1758 (bzw. der deutschen Übersetzung mit dem Titel „Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes“ von Julius H. von Kirchmann, 1869) orientiert (in Zitaten wurde die Recht-schreibung angeglichen), welches sich auf das erste Buch seines früheren Werkes „ Treatise of Human Nature “ von 1739/40 bezieht, in dem er bereits eine ausführliche Theorie zum menschlichen Verstand entwickelt hatte. Da Hume später jedoch selbst nur an seinem spä-teren und überarbeiteten Werk gemessen werden wollte (vgl. Vorwort zur Enquiry), wurde diesem Wunsch hier entsprochen. Wer sich allerdings intensiver mit der Thematik beschäf-tigen möchte, dem sei trotzdem geraten, sich auch mit der Treatise auseinanderzusetzen, da diese umfangreicher ist und eingehendere Erläuterungen enthält als die Enquiry. Des Weite-ren wurden diverse aktuelle englische bzw. amerikanische Monographien (siehe Literatur-verzeichnis) zur genaueren Auseinandersetzung mit Humes Erkenntnistheorie herangezogen, um die moderne Sicht und Einschätzung seines Werkes nicht außer Acht zu lassen. In den Fußnoten stehen größtenteils Kommentare, die an der einen oder anderen Stelle Anregungen zu Interpretationsmöglichkeiten geben oder mögliche Schwierigkeiten und Unstimmigkeiten in Humes Abhandlung aufzeigen sollen.
Die Arbeit gliedert sich folgendermaßen: Zuerst wird ein Einblick in Humes Leben und Wir-ken gegeben. Anschließend wird kurz darauf eingegangen, wodurch er beeinflusst und ge-prägt wurde, es wird also eine grobe philosophiegeschichtliche Einordnung seiner Philosophie vorgenommen, um dann die eigentlichen Inhalte seiner Theorie darzulegen. Am Schluss wird noch ausgeführt, in wie weit seine Schriften andere Philosophen, hierbei ist ins besondere an Kant zu denken, beeinflusst haben. Außerdem wird noch eine kritische Einschätzung unter Berücksichtigung gewisser Schwächen oder Kritikpunkte an seinem Ansatz erfolgen müssen.
2 Hauptteil
2.1 Allgemeines zu David Hume
2.1.1 Leben und Werk
David Hume wurde am 7.5.1711 in Edinburgh in eine gut situierte, aber nicht unbedingt wohlhabende, Familie geboren. Seine Mutter erzog ihn, seinen Bruder und seine Schwester alleine, nachdem der Vater schon früh verstorben war und legte dabei offenbar großen Wert auf religiöse (calvinistische) Strenge, was Hume selbstverständlich prägte. Mit zwölf Jahren kam er an das College von Edinburgh und sollte im Anschluss daran, nach dem Wunsch seiner Familie, Jura studieren. Er selbst dagegen interessierte sich schon früh viel mehr für Literatur und Philosophie, sodass es nicht verwundert, dass er sein Jurastudium abbrach und sich stattdessen philosophischen Studien zuwendete. Während dieser Zeit erlitt er schließlich einen Nervenzusammenbruch, vermutlich weil er, neben dem anzunehmenden familiären Druck, in einen Gewissenskonflikt zwischen dem ihm ins Bewusstsein gerückten philoso-phischen Gedanken und seiner internalisierten religiösen Überzeugung geriet. Er studierte auch französische Literatur und ging später nach Rheims und an das Jesuiten Kolleg in La Flèche, wo schon Descartes ausgebildet wurde. Dort stellte er 1737 sein erstes und gleich-zeitig größtes Werk, „ Treatise of Human Nature“, fertig. Als die Bände I und II des Werkes 1739 und Band III 1740 in London anonym veröffentlicht wurden, fanden sie äußerst geringe Resonanz. Hume selbst kommentierte die Reaktion als „dead-born from the press, without reaching such distinction as even to excite a murmur among zealots“ (von der Presse tot geboren, ohne die Auszeichnung zu erreichen, auch nur ein Murmeln unter Eiferern zu erregen).
Zwischen 1739 und 1745 lebte Hume in Ninewells. In dieser Zeit erschienen zwei Ausgaben von „ Essays, Moral and Political “ (1741 und 1742) mit einigem Erfolg. Als er sich 1744 dann um einen Lehrstuhl an der Universität in Edinburgh bewarb, musste er feststellen, dass zumindest an schottischen Universitäten noch immer ein wenig liberaler Geist herrschte, was die religiöse Einstellung ihrer Vertreter anging. Humes Bewerbung wurde nämlich abgelehnt, weil man ihn für einen Atheisten hielt. Infolge dessen übernahm er zuerst eine Anstellung als Tutor der Marquess of Annendale und dann eine Stelle als Sekretär von General St. Clair. Beide waren jedoch nicht von Dauer. 1748 erschien seine Abhandlung „ Philosophical Essays Concerning Human Understanding “, die später in „ An Enquiry Concerning Human Under-standing “ umbenannt wurde und eine Neufassung des ersten Buches der Treatise darstellt. Er erhoffte sich durch die kürzere und verständlichere Essayform einen größeren Erfolg, was ihm schließlich auch gelang. (Allerdings bestehen auch inhaltliche Unterschiede). Dem entsprechend erschienen 1751 „ An Enquiry Concerning the Principles of Morals “ (eine revidierte Fassung des dritten Buchs der Treatise) und 1757 „ A Dissertation on the Passions “ (gemäß dem zweiten Buch).
Nachdem er sich 1752 ein zweites Mal, diesmal an der Universität von Glasgow, erfolglos um einen Lehrstuhl (für Logik) bemühte, verfasste und veröffentlichte er von 1754 bis 1762 das sehr renommierte Geschichtswerk „ History of England “. 1763 ging er erneut nach Frankreich, genauer gesagt nach Paris, wo er Privatsekretär von Lord Hertford, dem Britischen Botschafter, wurde und Freundschaften zu den Enzyklopädisten Diderot, D`Alembert, d`Holbach, Helvetius, Buffon und zu Rousseau aufbaute. Mit Rousseau überwarf er sich allerdings später, als dieser mit ihm zusammen wieder nach England zurückkehrte. Er veröffentlichte noch einige andere Werke und erlangte eine hohe Reputation (wenn er auch bisweilen Ärger mit der presbyterianischen Kirche hatte) bis er schließlich 1776 in Edinburgh starb.
2.1.2 Einflüsse auf Hume
Meine folgenden Ausführungen stützen sich im Wesentlichen auf die Sekundärliteratur von Jeremy Joyner White, Georges Dicker und Harold W. Noonan (siehe Literaturverzeichnis).
In den frühen Jahren seines Lebens war Hume sehr stark durch seine religiöse Mutter und seine religiöse Umgebung allgemein geprägt. Erst später, als er an der Schule mit (antiker) Philosophie (u. a. Cicero) in Kontakt kam, änderte sich sein Denken nach und nach und wurde kritischer und skeptischer. Nach der Einschätzung von Jeremy J. White war Hume weitgehend ein Produkt seiner Zeit, die jedoch noch Wurzeln im Spätmittelalter und der Renaissance hatte (vgl. White 1998, S. 7). White stellt diesbezüglich zwei „trends“ in der Metaphysik und der Erkenntnistheorie heraus, der eine ist der nominalistische aus der Zeit Ockhams, der die Aufmerksamkeit von der objektiven Welt auf das erkennende Subjekt lenkt (Abstraktion führt nur zu unklaren Begriffen und täuscht uns versteckte Entitäten vor) und der andere ist der Skeptizismus, dessen Wurzeln bis in die Antike reichen. Ein zeitgenössischer Skeptiker (gest. 1706) war der Franzose Pierre Bayle, durch dessen „ Dictionnaire historique et critique “ dürfte Hume auch die anderen skeptizistischen Philosophen mindestens indirekt kennen gelernt haben. Der Skeptizismus stand, nach White, zu Humes Zeit unter anderem auch wegen der dauernden Streitigkeiten der verschiedenen Religionskonfessionen nach der Reformation in hohem Kurs, denn die Menschen zogen aus der Uneinigkeit der streitenden Parteien die Konsequenz, dass man Ansprüche auf dogmatische Wahrheiten offenbar nicht erheben könne.
Darüber hinaus wurde Hume natürlich durch die Fortschritte der modernen Naturwissen-schaften, die sie der von Francis Bacon entwickelten induktiven Methode bzw. der experi - mentellen Methode verdanken, beeinflusst. Vor allem Isaac Newton stach in der Physik durch seine wissenschaftlichen Erkenntnisse hervor und wurde von Hume verehrt. Die bedeutendste Quelle seiner Philosophie dürften für Hume, als Vertreter des Empirismus, jedoch seine Vorgänger, John Locke und George Berkeley, und natürlich die Hauptvertreter der Gegenposition, des Rationalismus, René Descartes, Gottfried Wilhelm Leibniz und Baruch Spinoza, sein. Während er sich mit Lockes Theorie sehr kritisch auseinandersetzt, stimmt er mit Berkeley in vielen Punkten überein und schätzt ihn generell sehr. Wie viel er ihrer Vorarbeit verdankt, ist umstritten, klar ist aber, dass sich viele Gedanken (z.B. über das Verhältnis von Eindrücken und Vorstellungen) schon bei Berkeley finden. Allen dreien ist gemein, dass sie als einzige Erkenntnisquelle die Erfahrung zulassen und den menschlichen Geist als „ tabula rasa“ oder „white paper“ betrachten. „ Eingeborene Ideen “ negieren sie also, in direkter Opposition zu den Rationalisten, vehement. Ebenso lehnen sie die deduktive Methode (Ableitung von evidenten Axiomen) ab, vor allem deshalb, weil sie zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen geführt hat. Eine besondere Stellung unter den Rationalisten nahm sicherlich Descartes ein, galt er doch schon damals mit seinem „ Methodischen Zweifel“ als ein Revolutionär in der Philosophie. Dieser stellte erstmals das kritische Potential des Verstandes in seinem vollen Umfang dar und war somit gerade für Hume (als Skeptiker) von positiver Wirkungskraft, wenngleich jener seine Haupt-Aussagen und Folgerungen nicht teilte.
2.2 Zum Erkenntnisproblem
2.2.1 Ursprung und Verbindung von Vorstellungen
Die in diesem Abschnitt behandelten Inhalte entsprechen denen der Sections II und III der Enquiry. Zuvor sollen hier jedoch noch ein paar Bemerkungen aus der Section I vorausge-schickt werden. Ähnlich wie Locke setzt Hume hier mit einer Metaphysikkritik an zwei Punkten an, erstens an der Leichtgläubigkeit der Menschen und ihrer Neigung zum Aber-glauben bzw. nicht beweisbaren Aussagen und zweitens der ungenauen Anwendung von Sprache, d. h. Begriffen, in der Philosophie (besonders in der Metaphysik). Er verwirft jedoch nicht grundsätzlich jeglichen Versuch, metaphysische Erkenntnisse zu erlangen, sondern verlangt, dass Aussagen über Wahrheiten in der Philosophie (ins besondere der Metaphysik) nur in soweit beansprucht werden dürfen, wie es dem Menschen, gemäß seiner gegebenen Fähigkeiten und Möglichkeiten zusteht. Dazu ist es wiederum notwendig, Begriffe eindeutig zu klären bzw. zu definieren und die Grenzen und Möglichkeiten des menschlichen Verstan-des durch eine umfassende Untersuchung desselben zu erforschen. Am Ende dieses ersten Kapitels der Enquiry schreibt er:
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