“The lamps are going out all over Europe. We shall not see them lit again in our lifetime” (Grey zitiert in Terraine 11).
Mit dieser Äußerung kommentierte der britische Außenminister Sir Edward Grey am 3. August 1914 im Außenministerium die deutsche Kriegserklärung an Frankreich und prophezeite epochale Veränderungen, die sich durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, den die Engländer auch Great War nennen, in Europa ereignen würden.
In allen Krieg führenden Ländern fühlten sich Schriftsteller dazu verpflichtet, die Kriegshandlungen ihrer Nation mit literarischen und künstlerischen Mitteln zu unterstützen. Die Briten waren in dieser Hinsicht den Deutschen voraus, denn schon am 2. September traf sich eine Reihe von Schriftstellern, unter anderem Robert Bridges, Thomas Hardy, Rudyard Kipling und H. G. Wells, in London, um die politische und literarische Kampagne für die Regierungspolitik zu koordinieren (vgl. Mommsen 156).
Besonders zu Beginn des Great War wurden zahlreiche patriotische Gedichte und Beiträge abgedruckt, die Ehre und Stolz ausdrückten und die Propagandamaschinerie des Ersten Weltkriegs unterstützten. Alles das geschah mit der Intention, möglichst viele junge Männer für den Kriegseinsatz zu gewinnen. Insbesondere Thomas Hardys “Song of the Soldiers” weckte Enthusiasmus, den Glauben an Englands Rechtschaffenheit und die Überzeugung von Englands Sieg im Krieg:
In our heart of hearts believing
Victory crowns the just,
And that braggarts must
Surely bite the dust
March we to the field ungrieving
In our heart of hearts believing
Victory crowns the just (Hardy zitiert in Ouditt 173).
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Virginia Woolfs Kriegssensibilitat
3. Virginia Woolfs Jacob’s Room
3.1 Jacob Flanders als Reprasentant und Opfer der britischen Kriegspropaganda
3.2 Kriegsbilder in Jacob’s Room
3.3 Kriegstrauer
3.3.1 “The Politics and Ethics of Mourning Wartime Loss”
3.3.2 Der Erzahler als distanzierter Kriegsbeobachter
4. Virginia Woolfs Mrs Dalloway
4.1 Das soziale System in Mrs Dalloway
4.2 Satire in Mrs Dalloway: Clarissa Dalloway und die Armenien-Frage
4.3 Posttraumatische Kriegsstorungen
4.3.1 Septimus Warren Smith und das Phanomen des Shell Shock
4.3.2 Lucrezia Smith als Opfer des Great War
5. Virginia Woolfs To The Lighthouse
5.1 Virginia Woolfs politische Philosophie in To The Lighthouse
5.2 Vorkriegsleben in “The Window”
5.3 Der Erste Weltkrieg in “Time Passes”
5.4 Nachkriegsleben in “The Lighthouse”
5.4.1 Nachkriegsvisionen in “The Lighthouse”
5.4.2 Kunst als Hoffnungstrager nach dem Great War
6. Fazit
7. Bibliografie
1. Einleitung
“The lamps are going out all over Europe. We shall not see them lit again in our lifetime” (Grey zitiert in Terraine 11).
Mit dieser AuBerung kommentierte der britische AuBenminister Sir Edward Grey am 3. August 1914 im AuBenministerium die deutsche Kriegserklarung an Frankreich und prophezeite epochale Veranderungen, die sich durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, den die Englander auch Great War nennen, in Europa ereignen wurden.
In allen Krieg fuhrenden Landern fuhlten sich Schriftsteller dazu verpflichtet, die Kriegshandlungen ihrer Nation mit literarischen und kunstlerischen Mitteln zu unterstutzen. Die Briten waren in dieser Hinsicht den Deutschen voraus, denn schon am 2. September traf sich eine Reihe von Schriftstellern, unter anderem Robert Bridges, Thomas Hardy, Rudyard Kipling und H. G. Wells, in London, um die politische und literarische Kampagne fur die Regierungspolitik zu koordinieren (vgl. Mommsen 156).
Besonders zu Beginn des Great War wurden zahlreiche patriotische Gedichte und Beitrage abgedruckt, die Ehre und Stolz ausdruckten und die Propagandamaschinerie des Ersten Weltkriegs unterstutzten. Alles das geschah mit der Intention, moglichst viele junge Manner fur den Kriegseinsatz zu gewinnen. Insbesondere Thomas Hardys “Song of the Soldiers” weckte Enthusiasmus, den Glauben an Englands Rechtschaffenheit und die Uberzeugung von Englands Sieg im Krieg:
In our heart of hearts believing Victory crowns the just,
And that braggarts must
Surely bite the dust
March we to the field ungrieving
In our heart of hearts believing
Victory crowns the just (Hardy zitiert in Ouditt 173).
Samuel Hynes spricht vom Mythos des Great War, wenn er sagt, dass eine Generation unschuldiger junger Manner in ihren Kopfen Werte wie Ehre, Ruhm, Mut und Patriotismus verinnerlicht hatte und eben wegen dieser Liebe zum Vaterland England, geblendet von der Propagandamaschinerie, freiwillig in den Ersten Weltkrieg zog, in der Absicht, Demokratie herzustellen und mit Stolz und Ehrfurcht ihr Vaterland zu verteidigen (vgl. Hynes X). Die jungen Manner, die uberlebten, litten ihr Leben lang unter Kriegstraumata, auch bekannt als shell shock. Erst jetzt erkannten sie, dass ihre wirklichen Gegner im Great War nicht die deutschen Soldaten waren, gegen die sie an der Front gekampft hatten, sondern die alten englischen Generale, die ihnen den Mythos vom Krieg und vom Patriotismus vorgelogen und den Tod tausender junger britischer Soldaten schamlos in Kauf genommen hatten.
Besonders durch die Tyrannei der Northcliffe-Presse wurde der Great War funktionalisiert und mythologisiert, die Zivilbevolkerung an der home front wurde dabei im Unklaren gelassen (ibid. X). Viele der Soldaten schrieben in Briefen nicht die Wahrheit uber den Krieg, aber selbst wenn sie dies taten, kam dies in den seltensten Fallen an der home front an, da alle ausgehende Post von den Offizieren zensiert wurde. Diese Zensur betraf wahrend der gesamten vier Kriegsjahre ebenfalls die Presse (vgl. Fussell 87).
Virginia Woolf sprach in einem ihrer Briefe aus dem Jahr 1916 von irrsinniger mannlicher Darstellung und bezog dies konkret auf die Presse, welche versuchte, die Realitat des Krieges bewusst zu verschleiern und fur die Zivilisten an der home front zu verharmlosen (vgl. Ouditt 173). Wie Woolf in ihrem Tagebucheintrag vom 12. Oktober 1918 vermerkte, taten die Verantwortlichen der Northcliffe-Presse alles, um auf der Notwendigkeit und der ,,Freude” des Great War zu bestehen (vgl. Woolf, Diary 1 200).
Fur Woolf war der Great War eine vollkommen mannliche Angelegenheit. Das auBert sie in einem Brief an Margaret Llewelyn Davies vom 23. Januar 1916:
I become steadily more feminist owing to The Times, which I read at breakfast and wonder how this preposterous masculine fiction [the war] keeps going a day longer - without some vigorous young woman pulling us together and marching through it - Do you see any sense in it? I feel as if I were reading about some curious tribe in Central Africa (Woolf, The Letters 76).
Zivilisten wie Virginia Woolf wurden als AuBenseiter oder sogar als Eindringlinge in diese Mannerwelt betrachtet und standen auf der sicheren Seite des Geschehens, welche Jay Winter treffend mit dem Ausdruck: “unbridgeable existential divide in the experience of war” (305) bezichnet. Konkret meint er damit die Kluft zwischen der Realitat alltaglicher Erfahrungen der Zivilisten auf der einen und den Erfahrungen der Frontkampfer auf der anderen Seite (vgl. Levenback, A Chasm 68). Als Zivilistin hatte Woolf wenig Zugang zum realen Kriegsgeschehen. Sie hatte keine mannlichen Freunde, die ihr personliche
Kriegserlebnisse hatten mitteilen konnen. Die Bruder ihres Mannes Leonard, Philip und Cecil (welcher durch eine Bombenexplosion starb), waren die einzigen Kontakte dieser Art. Nur durch Quellen aus dritter Hand konnte sich Woolf uber den Kriegsalltag informieren (vgl. Ouditt 172). Gerade dass sie als Zivilistin vom Kriegsgeschehen ausgeschlossen wurde, rief ihr Interesse an der Situation der Zivilisten hervor. Da es Woolf um eine wahrheitsgemaBe Darstellung des Great War ging, lag ihr viel daran, trotz aller Widrigkeiten moglichst nah an das Kriegsgeschehen heranzukommen und dieses realistisch wahrzunehmen.
Wahrend viele Autoren uber den Krieg in den Schutzengraben schrieben, war Virginia Woolf eine der wenigen, deren Ausfuhrungen sich nicht auf die direkte Kriegsberichterstattung oder auf die Kampfe bezogen, sondern sich mehr mit den Auswirkungen des Great War beschaftigten.
Woolfs Vision wurde nicht durch personliche Kriegserfahrungen an der Front genahrt, sondern durch ihren Wunsch, falsche Konstrukte und gefahrliche Werte, die dem Great War und seiner Propagandamaschinerie vorausgingen und viel Elend zur Folge hatten, mittels ihrer Romane offenzulegen.
In der vorliegenden Examensarbeit sollen speziell Virginia Woolfs Nachkriegsromane Jacob’s Room, Mrs Dalloway und To The Lighthouse im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Darstellungsweisen des Great War analysiert werden. Die drei Romane wurden ausgewahlt, weil sie die literarische Darstellung des Ersten Weltkrieges sowie Woolfs Kritik am Kriegsidealismus und an patriarchalischen Haltungen vorbildlich illustrieren. Des Weiteren sind die Rolle der Zivilisten wahrend des Great War und ihre Darlegung in Jacob’s Room, Mrs Dalloway und To The Lighthouse wesentlich. Zusatzlich weisen alle drei Romane zentrale Gemeinsamkeiten und Zusammenhange auf, welche sie eng miteinander verbinden.
Im Folgenden soll daher explizit untersucht werden, auf welche Art und Weise und mittels welcher Techniken Woolf ihre Kritik am Kriegsidealismus in den einzelnen Werken prasentiert, welche Rolle Zivilisten wahrend des Great War spielten, wie diese dargestellt werden und welche Gemeinsamkeiten Jacob’s Room, Mrs Dalloway und To The Lighthouse aufweisen. Ferner soll die Frage nach der Rolle Woolfs als Zivilistin im Great War behandelt werden. Inwieweit autobiografische Aspekte in die drei Romane einflieBen, ist ebenfalls Gegenstand der Analyse.
Wahrend Jacob’s Room schwerpunktmaBig von Kriegspropaganda und einem mutigen jungen Mann namens Jacob Flanders handelt, der aufopfernd dem Vaterland zuliebe in den Krieg zieht und dort ums Leben kommt, richtet Woolf in Mrs Dalloway den Fokus auf das Nachkriegsleben und beschreibt, welche Kriegstraumata der ehemalige Frontsoldat Septimus Warren Smith zu bewaltigen hat und mit welcher Ignoranz und Oberflachlichkeit ihm im Nachkriegsalltag begegnet wird. To The Lighthouse weist im Gegensatz zu Jacob’s Room und Mrs Dalloway eine dreigliedrige Struktur auf. Im ersten Teil des Romans, “The Window”, wird das Leben der Familie Ramsay vor dem Ausbruch des Great War dargestellt. Hierbei verbindet Woolf in besonderem MaBe patriarchalische Haltungen, verkorpert unter anderem durch den Charakter des Mr Ramsay, mit den Ursachen des Great War. Wahrend das zweite Kapitel, “Time Passes”, die Verwahrlosung des Sommerhauses der Familie Ramsay durch den Ersten Weltkrieg beschreibt, behandelt der dritte Teil, “To The Lighthouse”, das Nachkriegsleben der Familie Ramsay und stellt die Kunstlerin Lily Briscoe sowie die Frage nach der Aufgabe der Kunst, nach dem Chaos und der Zerstorung des Great War wieder Ordnung und Sicherheit herzustellen, in den Mittelpunkt.
Vor der eigentlichen Analyse der drei Nachkriegsromane ist zunachst eine Darstellung von Virginia Woolfs Kriegssensibilitat unerlasslich. Diese verdeutlicht, welche personlichen Beweggrunde Woolf hatte, uber den Great War zu schreiben, und fuhrt dem Leser somit den Ausgangspunkt ihrer drei Nachkriegsromane Jacob’s Room, Mrs Dalloway und To The Lighthouse vor Augen.
An dieser Stelle sei erganzend hinzugefugt, dass auch Bezug auf Briefe, Dokumente und weitere Werke von Virginia Woolf genommen wird, wenn dies fur die Gesamtbetrachtung und das Verstandnis notwendig erscheint.
Auch muss darauf hingewiesen werden, dass aus Kapazitatsgrunden auf die Rolle der Bloomsbury Group und auf den Bloomsbury-Pazifismus im Great War nicht eingegangen werden kann. Dazu sei auf ausfuhrliche Darstellungen in Christine Froulas Werk Virginia Woolf and the Bloomsbury Avant-Garde: War - Civilisation - Modernity sowie Helen Wussows The Nightmare of History: The Fictions of Virginia Woolf and D. H. Lawrence verwiesen. Propaganda und Propagandasprache konnen ebenfalls nur in aller Kurze dargestellt werden. Es sei hier besonders auf Irene Cooper Willis Analyse und Darlegung der Zeitschriftenpropaganda im Ersten Weltkrieg in England’s Holy War: A Study of English Liberal Idealism during the Great War hingewiesen sowie fur eine detaillierte Abhandlung zum Thema shell shock auf Peter Leeses Werk Shell Shock: Traumatic Neurosis and the British Soldiers of the First World War.
In einer abschlieBenden Bewertung werden die aus der Analyse gewonnenen Erkenntnisse schlieBlich wieder auf die Ausgangsfragen zuruckzufuhren und diese damit zu beantworten sein. Des Weiteren soll ein kurzer Forschungsausblick gegeben werden.
2. Virginia Woolfs Kriegssensibilitat
Die bloBe Imagination eines Krieges loste in Virginia Woolf entsetzliche Schreckensvorstellungen aus, die in zahlreichen ihrer Romane und Veroffentlichungen zum Ausdruck kommen. Schon in ihren fruhen Werken wird deutlich, dass sich Woolf beizeiten und dauerhaft mit den Konsequenzen eines Krieges auseinandersetzte. Als Leser von Woolfs Romanen muss man sich daruber im Klaren sein, dass Krieg ihre Vorstellungen und ihren Blick auf die Welt entscheidend beeinflusste. Es stellt sich folglich die Frage, warum Krieg einen derartig tief greifenden Einfluss auf Woolf ausubte und wie sich dieser Einfluss in ihren Romanen niederschlug. Wie Nancy Bazin und Jane Lauter erlautern, wurzelt diese extreme Sensibilitat gegenuber dem Krieg tief in Woolfs personlichen Erfahrungen, da sie durch den Krieg Familienangehorige und Freunde verlor (14-15). Auch wenn Woolf als Frau nicht an der Kriegsfront kampfen musste und nicht der Gefahr ausgesetzt war, im Krieg zu sterben, hatte sie bis 1914 mehrfach miterlebt, was es bedeutet, geliebte Menschen zu verlieren (ibid. 14-15). Ihre Mutter Julia Duckworth Stephen starb 1895, ihre Halbschwester Stella nur zwei Jahre spater, ihr Vater Leslie Stephen im Jahr 1904 und ihr Bruder Thoby 1906. Am 2. Dezember 1917 erfuhren Leonard und Virginia Woolf, dass Leonards Bruder Cecil Woolf in der Schlacht von Cambrai1 im Great War gefallen war und Philip Woolf verwundet wurde:
In the muddle of Bourlon Wood they were sent dismounted to support the guards and there [Cecil] was killed and another of my brother who was in the same regiment wounded by the same shell [...]. Edgar was in the same ‘show’ and not far away. Cecil and Philip left their trench together during the night of 27 November to bring in a wounded colleague, and a shell burst between them.
By the time Edgar reached the field hospital, Cecil had died (on November 29) and Philip been evacuated (Glendinning 215).
Durch diese personlichen Schicksalsschlage entwickelte Woolf tiefes Mitgefuhl fur Familien und Freunde, deren Sohne im Great War sterben mussten.
Woolf war sich nun mehr denn je im Klaren daruber, wie schnell das Leben beendet sein kann (vgl. Bazin/Lauter 14). Es ist daher nicht verwunderlich, dass in die drei analysierten Romane autobiografische Elemente aus Woolfs Leben einflossen, die mehr denn je ihre personliche Beruhrtheit durch den Great War verdeutlichen.
Als Schriftstellerin und besonders als Frau hatte Woolf in dem von Mannern dominierten Krieg eine passive Rolle inne, bei der der eigenen weiblichen Stimme keinerlei Anerkennung zuteil wurde. Dennoch oder gerade aus diesem Grund nutzte sie die Moglichkeit, die Darstellung des Great War seitens der Tageszeitung The Times als ein abscheuliches, ideologisches Konstrukt zu entlarven (vgl. Ouditt 171), das fur Woolf den Anschein einer ungeheuerlichen Vorfuhrung mannlicher Uberheblichkeit erweckte (ibid. 171). Die Darstellungsweise des Great War erschien Woolf in diesem Sinne als “preposterous masculine fiction” (ibid. 174), die der Wahrheit und der Realitat nur wenig Beachtung schenkte. Durch ihre Kriegsromane versuchte Woolf ganz bewusst, diese von Politikern und Journalisten verschleierte und verzerrte Realitat des Krieges, von der sie und alle anderen Zivilisten ausgeschlossen wurden, publik zu machen (ibid. 172). Woolf war dazu bereit, hinter die Maskerade der “preposterous masculine fiction” zu blicken und zwischen den Zeilen der von ihr gehassten Presse zu lesen, um so die real existierende Gefahr des Krieges zu verstehen und diese in ihren Werken darzustellen (vgl. Levenback, Virginia Woolf 19). Mit dieser real existierenden Gefahr meinte Woolf konkret den Tod, welcher mit der Zeit immer naher an die home front heranruckte, als sich Berichte uber Kriegstote mehrten (ibid. 19).
Besonders in ihren drei Werken Jabob’s Room, Mrs Dalloway und To The Lighthouse werden der Mythos des Great War, die Illusionen uber diesen und die Realitat der Kriegsuberlebenden beobachtet, benannt und durch Woolfs Darstellungen in Erinnerung gerufen.
Jacob’s Room ist Woolfs Protest gegen den Ersten Weltkrieg und die schockierende Kriegspropaganda, die so viele junge Manner das Leben kostete. Um ihren Hass in Worte zu fassen, erzahlt Woolf in Jacob’s Room die Geschichte eines jungen Mannes mit dem Namen Jacob Flanders, dessen Leben durch den Ersten Weltkrieg vorzeitig beendet wird. Sein Tod steht stellvertretend fur den Tod einer ganzen Generation junger Manner, der sogenannten verlorenen Generation, die im Great War ums Leben kam (vgl. Erzgraber 50-51).
Mrs Dalloway erzahlt die Geschichte des ehemaligen Soldaten Septimus Warren Smith, der sich aufgrund seiner Kriegstraumata nach der Ruckkehr von der Front nicht mehr in die Gesellschaft einfugen kann und eines Tages Selbstmord begeht.
Woolfs panische Furcht vor dem Krieg lasst sich zumindest teilweise damit begrunden, dass Krieg nicht nur Kunst zerstort, sondern den Kunstler auch von seiner Arbeit ablenkt. Dies ist eines der zentralen Themen in To The Lighthouse. So geht aus Woolfs Briefen und Tagebuchern hervor, dass der Krieg auch ihre eigene kunstlerische Kreativitat unterdruckte:
I should, if it weren’t for the war - glide my way up & up in to that exciting layer so rarely lived in: where my mind works so quick it seems asleep (Woolf zitiert in Bazin/Lauter 35). .
It seems entirely meaningless - a perfunctory slaughter, like taking a jar in one hand, a hammer in the other. Why must this be smashed? Nobody knows. This feeling is different from any before. And all the blood has been let out of common life [...] Of course all creative power is cut off (Woolf zitiert in Bazin/Lauter 35).
Its difficult, I find, to write. No audience. No private stimulus, only this outerroar (Woolf zitiert in Bazin/Lauter 35).
Sowohl in To The Lighthouse als auch in Woolfs spaterem Werk Between the Acts auBert sich Woolf uber die Art und Weise, wie Krieg und Politik die kunstlerische Freiheit und das Wohlergehen des Kunstlers vehement einschranken und diesen regelrecht bedrohen:
It is clear that the artist is affected as powerfully as other citizens when society is in chaos, although the disturbance affects him in different ways. His studio now is far from being a cloistered spot where he can contemplate his model or his apple in peace. It is besieged by voices, all disturbing.
First there is the voice which cries: ‘I cannot protect you; I cannot pay you.
I am so tortured and distracted that I can no longer enjoy your works of art.’
Then there is the voice which asks for help. ‘Come down from your ivory tower, leave your studio,’ it cries, ‘and use your gifts as doctor, as teacher, not as artist.’ Again there is the voice which warns the artist that unless he can show good cause why art benefits the state he will be made to help it actively - by making aeroplanes, by firing guns. And finally there is the voice which many artists in other countries have already heard and had to obey - the voice which proclaims that the artist is the servant of the politician. ‘You shall only practice your art,’ it says, ‘at our bidding. Paint us pictures, carve us statues that glorify our gospels. Celebrate fascism; celebrate communism. Preach what we bid you preach. On no other terms shall you exist’ (Woolf zitiert in Bazin/Lauter 35).
Aufgrund ihrer personlichen Verluste wahrend des Ersten Weltkrieges und der daraus resultierenden Kriegssensibilitat wird deutlich, dass ihre drei Romane Jacob’s Room, Mrs Dalloway und To The Lighthouse als Antworten auf den Great War zu verstehen sind und eine sehr personliche Note enthalten.
3. Virginia Woolfs Jacob’s Room
3.1 Jacob Flanders als Reprasentant und Opfer der britischen
Kriegspropaganda In Flanders fields, the poppies blow Between the crosses, row on row ...
We are the Dead. Short days ago We lived, felt dawn, saw sunset glow Loved and were loved, and now we lie In Flanders fields (McCrae 3).
Ein Drittel der fast drei Millionen britischen Soldaten, die im Great War starben, lieBen ihr Leben in Flandern (vgl. Peach 67). Virginia Woolf wirft in Jacob’s Room einen kritischen Blick zuruck auf die Kultur und Gesellschaft im Vorkriegsengland, wo die jungen Soldaten des Great War in privilegierten Verhaltnissen aufwuchsen und gelehrt wurden, mit Ehre und Ruhm im Krieg ihr Vaterland zu verteidigen. Jacob Flanders ist einer der britischen Soldaten, die mit diesen Werten in den Great War ziehen und auf Flanderns Feldern sterben. Virginia Woolf beabsichtigte mit ihrem Roman Jacob’s Room nicht, einen heroischen Bericht uber Jacob Flanders’ Leben und seinen abrupten Tod zu verfassen. Vielmehr bestand ihre Intention darin, sein kurzes Leben anhand eines ehrlichen Tatsachenberichtes zu schildern (ibid. 66). In diesem Zusammenhang stellte sich Woolf die Frage, was aus diesem jungen Mann geworden ware, wenn er nicht im Great War hatte sterben mussen (ibid. 65). In Jacob’s Room muss Jacob Flanders jedoch sterben, damit dem Leser die Folgen des Great War und der ihm vorausgegangenen Propaganda- und Wertevermittlung vor Augen gefuhrt werden.
Jacob Flanders wird 1888 in Scarborough geboren, wo er aufwachst. Dank der guten Kontakte seiner Mutter Betty Flanders, die selber nicht zur Oberschicht gehort, zieht Jacob 1906 nach Cambridge, um an der angesehenen Cambridge Universitat zu studieren. Wahrend seines Studiums unternimmt er Reisen nach Paris und Griechenland und erwahnt gegenuber seinem Freund Timmy Durrant, dass er gerne jedes Jahr nach Griechenland reisen mochte (vgl. Woolf, JR 202).
Minow-Pinkney erklart, die griechische Zivilisation “[...] was the cradle of logentric philosophy: it is perhaps appropriate then that Greek civilisation should represent an ideal for Jacob and his friends, an ideal reserved for male appreciation” (Minow-Pinkney zitiert in Hanson 44).
Woolfs konstante Anspielungen auf Griechenland und die griechische Kultur in Jacob’s Room zeigen, wie sehr sie von Jane Harrison, Anthropologin und Freundin, hinsichtlich ihrer Darstellung der patriarchalischen, mannlichen Gesellschaft in Jacob’s Room beeinflusst wurde. Diese begrundete die moderne wissenschaftliche griechische Mythologie und erklarte, dass es kriegerische, patriarchalische Kulturen bereits bei den Griechen gab: “[...] patriarchy was instituted by men’s war against goddess cults and women, and the traces of this ancient holocaust can be found in the numerous myths about large-scale rapes of women recored in Olympian mythology” (Harrison zitiert in Cramer 167).
Woolf verwendet Anspielungen auf und Bezuge zu Griechenland und zur griechischen Kultur, um die patriarchalische Gesellschaft darzustellen, in der Jacob lebt und ausgebildet wird. Woolf geht es nicht darum, die griechische Kultur an sich als monolithisch und starr zu prasentieren. Vielmehr soll die Art und Weise kritisiert werden, in der die griechische Kultur in der Viktorianischen Zeit und im Vorkriegsengland seitens der gesellschaftlichen Klasse, zu der Jacob Flanders gehort, ausgelegt wurde, um eine besondere Definition von Englishness und Mannlichkeit zu unterstutzen: “[...] that it is the logocentrism in the interpretation of Greek culture and not necessarily in Greek culture itself which has been appropriated in support of a masculinist hegemony” (Peach 74).
Jacob interpretiert die griechische Kultur so, wie ihm dies von der Gesellschaft, in der er aufwachst, vorgelebt wird. Seine innere Einstellung zu Griechenland ist durch das Bildungsideal gepragt, das fur die upper-middle class in England und eine Eliteuniversitat wie Cambridge zu Beginn des 20. Jahrhunderts maBgeblich war (vgl. Erzgraber 53). Fur Studenten gab es daher nichts Besseres als die Moglichkeit, in Cambridge studieren zu konnen (vgl. Woolf, JR 34). Mit der Aufnahme seiner Studien bildet die griechische Antike fur Jacob Flanders eine Norm, an welcher er fortan seine Gegenwart misst (vgl. Erzgraber 54). Jacobs Ausbildung an der Cambridge Universitat verstarkt seinen Sinn fur das Elitare wie auch seinen Stolz und seine Zufriedenheit daruber, ein Mitglied dieser elitaren Gesellschaft zu sein. Jacob sieht keinen Grund, sich fur seine Position rechtfertigen zu mussen, denn sein Platz innerhalb der patriarchalischen Gesellschaft ist ihm sicher (vgl. Hanson 50):
He looked satisfied; indeed masterly; which expression changed slightly as he stood there, the sound of the clock conveying to him (it may be) a sense of old buildings and time; and himself the inheritor; and then to-morrow; and friends; at the thought of whom, in sheer confidence and pleasure, it seemed, he yawned and stretched himself (Woolf, JR 57).
Auch wenn Jacob in die Gesellschaft hineinerzogen wird, offenbart sich hier dennoch seine Mittaterschaft und die seiner Kameraden an den von Mannern bestimmten patriarchalischen Verhaltnissen. Besonders deutlich wird dies beim Militarservice in der Kapelle des King’s College:
Look, as they pass into service, how airily the gowns blow out, as though nothing dense and corporeal were within. What sculptured faces, what certainty, authority controlled by piety, although great boots march under the gowns. Thick wax candles stand upright; young men rise in white gowns; while the subservient eagle bears up for inspection the great white book (ibid. 38).
Clare Hanson sieht die Mittaterschaft durch die Passivitat und Unterwurfigkeit der jungen Soldaten begrundet. Diese beangstigende Passivitat auBert sich in der folgenden Passage, besonders durch die Worter impassively; uncomplainingly und mastery (53):
[...] With equal nonchalance a dozen young men in the prime of life descend with composed faces into the depths of the sea; and there impassively (though with perfect mastery of machinery) suffocate uncomplainingly together (Woolf, JR 216).
Dennoch wird hier auch deutlich, dass der Stolz der jungen Soldaten im Falle des Jacob Flanders schlussendlich mit dessen Tod enden wird (vgl. Hanson 53).
Linden Peach argumentiert im Gegensatz zu Clare Hanson, dass Jacob nicht nur Privilegien seiner Klassenzugehorigkeit genieBt, sondern auch ein Gefangener dieser Zugehorigkeit ist. Peach sieht sein privilegiertes Leben nicht nur als Vorteil und Segen, sondern zugleich auch als fatalen Fluch, denn das Schicksal, das Jacob Flanders und seinen Kameraden bevorsteht, ist der sichere Tod auf Flanderns Feldern (69-71):
Behind the grey walls sat so many young men, some undoubtedly reading, magazines, shilling shockers, no doubt; legs, perhaps, over the arms of chairs; smoking; sprawling over tables, and writing while their heads went round in a circle as the pen moved - simple young men, these, who would - but there is no need to think of them grown old (Woolf, JR 54-55).
Woolf beschreibt die Arroganz in Bezug auf Jacobs elitare Klassenzugehorigkeit mit Sarkasmus und Ironie, wenn sie sagt: “The flesh and blood of the future depends entirely upon six young men. And as Jacob was one of them, no doubt he looked a little regal and pompous as he turned his page” (ibid. 146).
In Zusammenhang mit der Hochschatzung griechischer und mannlicher, starrer Kultur des in Jacob’s Room dargestellten upper-class education system betont Woolf die Ignoranz, die Jacob Flanders und seinen Studienfreund Timmy Durrant charakterisiert (vgl. Erzgraber 54). Jegliche Kulturen, die Jacob und Timmy kennenlernen, sind deren Ansicht nach der griechischen Kultur weit unterlegen (ibid. 54). Die Tatsache, dass Jacob Flanders nur wenig Griechisch spricht und nichts uber die Geschichte Griechenlands weiB - “Jacob knew no more Greek than served him stumble through a play. Of ancient history he knew nothing” (Woolf, JR 102), - fuhrt Erzgraber auf Woolfs Absicht zuruck, ihn nicht als einen Gelehrten darstellen zu wollen (54). Erzgraber verkennt jedoch an dieser Stelle Woolfs Intention, Jacobs und Timmys Ignoranz gegenuber der griechischen Geschichte und Kultur sarkastisch festzustellen und zu kritisieren: “Durrant quoted Aeschylus - Jacob Sophocles [...]. Moreover, Durrant never listened to Sophocles, nor Jacob to Aeschylus” (Woolf, JR 101). Als Jacob auBert, er und Timmy seien die einzigen Menschen, die Ahnung von Griechenland hatten (ibid. 102), wird er ironischerweise als military gentleman bezeichnet: “Taking Jacob for a military gentleman, the stallkeeper told him about a boy at Gibraltar [...]” (ibid. 102). Tatsachlich war Jacob weder ein Gentleman noch ein Gelehrter, sondern nur durch die Kontakte seiner Mutter in das Establishment aufgestiegen. Diese Passage deutet zunachst indirekt auch auf Angst hin, da sie mannliche Uberheblichkeit und mannliches Verhalten mit potenziellen Katastrophen verbindet. Der Aspekt der Angst wird an einer weiteren Passage in Bezug auf Jacobs Verhalten offensichtlicher: “Whether we know what was in his mind is another question. Granted ten years’ seniority and a difference of sex, fear of him comes first [...]” (Woolf, JR 128). Die Angst bezieht sich jedoch nicht auf Jacob Flanders als Person, sondern vielmehr auf die patriarchalische Maschinerie, der Jacob Flanders angehort und die seine Position in der upper-middle class Gesellschaft ermoglicht und festigt (vgl. Zwerdling, Jacob’s Room 220) sowie auf die mannliche Zivilisation, welche Jacob reprasentiert. Spater wird erneut von Angst gesprochen, dann aber mit einer direkten Bezugnahme auf die generelle Gefahr, die von Mannern ausgeht: “Nevertheless it is a fact that men are dangerous” (Woolf, JR 35).
Jacobs Aussehen wird mehrfach mit griechischer Kunst und insbesondere mit griechischen Statuen in Verbindung gebracht (ibid. 108). Diese werden als blind beschrieben (ibid. 238) und spiegeln Jacobs Blindheit sowie die Blindheit und Gleichgultigkeit des mannlichen Verhaltens wider (vgl. Hanson 45). Auch fuhrt dies auf Hansons Argumentation zuruck, welche von einer Passivitat und Unterwurfigkeit des Jacob Flanders und seiner Kameraden ausgeht und impliziert, dass sie sich blind der Vaterlandsliebe und den patriarchalischen Werten der Zeit verschrieben hatten.
Woolfs satirische Anspielungen im Roman beziehen sich auf ihr Gefuhl, dass die Welt, in der Jacob Flanders lebt, eine Welt ist, die von Mannern fur Manner geschaffen wurde und in der ausschlieBlich Manner die Entscheidungen uber den zukunftigen Verlauf der Geschichte treffen:
[...] and then the sixteen gentlemen, lifting their pens or turning perhaps rather wearily in their chairs, decreed that the course of history should shape itself this way or that way, being manfully determined, as their faces showed, to impose some coherence upon Rajahs and Kaisers and the muttering in bazaars, the secret gatherings, plainly visible in Whitehall, of killed peasants in Albanian uplands; to control the course of events (Woolf, JR 241).
Frauen wurden konsequent alle Entscheidungsbefugnisse verwehrt. Jacob auBert sich abfallig uber Frauen und befurwortet deutlich ihren Ausschluss: “No one would think of bringing a dog into church, [...], a dog destroys the service completely. [...] So do these women” (ibid. 40). Zwerdling weist darauf hin, dass Woolf aus der veroffentlichten Version von Jacob’s Room (im Vergleich zur Holograph-Version) eine Passage herausgestrichen hat, in der eine junge Frau an der elitaren Cambridge Universitat studiert. Vermutlich wollte Woolf betonen, dass die Universitaten zur damaligen Zeit eine reine Mannerdomane waren, in der fur Frauen kein Platz war (vgl. Zwerdling, Jacob’s Room 221). Erst ab 1948 war es Frauen moglich, an der Cambridge Universitat einen Studienabschluss zu erlangen (vgl. Arlen 342). Diese Argumentation fuhrt den Leser erneut auf die Tatsache zuruck, dass Jacob in einer Welt lebt, die von Mannern fur Manner geschaffen wurde.
Dieses Ausgeschlossensein von Zivilisten und besonders Frauen erklart deren Unverstandnis in Bezug auf den drohenden Great War. Fur Zivilisten wie Betty Flanders war der Krieg weit entfernt:
‘The guns?’ said Betty Flanders, half asleep, getting out of bed and going to the window, which was decorated with a fringe of dark leaves. ‘Not at this distance’, she thought. ‘It is the sea.’ Again, far away, she heard the dull sound, as if nocturnal women were beating great carpets. There was Morty lost, and Seabrook dead; her sons fighting for their country. But were the chickens safe? Was that someone moving downstairs? Rebecca with the toothache? No. The nocturnal women were beating great carpets (Woolf, JR 246).
Trotz Jacobs Arroganz und seines abwertenden Verhaltens Frauen gegenuber ist er, wie bereits in der Argumentation von Linden Peach zu sehen war, als Opfer des Great War anzusehen, denn er wird in die elitare und patriarchalische Gesellschaft hineinerzogen. Seinem Schicksal, dem Tod im Great War, kann er nicht entkommen: “Jacob Flanders, a young man driven by an unseizable force is fated to fall victim to the war” (ibid. 166). Es gibt keinen Ausweg: “All history backs our pane of glass” (ibid. 63).
In einem ihrer Tagebucheintrage beschrieb Virginia Woolf das Leben kritisch als einen schmalen Grat uber einem tiefen Abgrund (Woolf, Diary 2 72). Das Schreiben von Jacob’s Room ermoglichte Woolf, Abstand von der Unmittelbarkeit dieses Abgrundes zu nehmen. Jacob Flanders hingegen muss sich seinem Schicksal hingeben und sturzt in den Abgrund. (vgl. Levenback, A Chasm 39).
Jacob Flanders reprasentiert Woolfs Hilflosigkeit in den Jahren vor dem Ausbruch des Great War, in denen einige auserwahlte mannliche Politiker den Verlauf der Geschichte bestimmten (ibid. 39). Jacobs Hilflosigkeit entspricht der Hilflosigkeit Woolfs, die daraus resultiert, dass sie als Zivilistin auf Distanz zum Vorkriegsgeschehen gehalten wurde: “[...] the centre of things, where the fate of armies does more or less hang upon what two or three elderly gentlemen decide” (Woolf, Diary 1 204).
Fussell weist explizit auf fundamentale Werte wie Ehre und Ruhm hin, die in der Vorkriegsgesellschaft und im Hinblick auf die Propagandamaschinerie eine zentrale Rolle spielten und in den Kopfen der jungen Soldaten verinnerlicht waren: “But the Great War took place in [...] a static world, where the values appeared stable and where the meaning of abstractions seemed permanent and reliable. Everyone knew what Glory was, and what Honor meant” (21).
Virginia Woolf ging es in ihrer Darstellung nicht darum, die Charaktere an sich darzustellen, sondern deren Gedanken, Einstellungen und Verhaltensweisen als typisch mannliche Attribute zu offenbaren (vgl. Peach 73). Junge Soldaten wie Jacob Flanders ahnten nicht, auf welch fatales Spiel sie sich beim Einzug in den Great War einlieBen:
In 1914, as the young men marched to the trenches they had no idea of what they were doing, and the corpes of Homer which they carried in their pockets helped to blind them to the fact that in the mud of Flanders they would be transformed not into heroic Greek sculptures but into corpes (Mepham zitiert in Peach 74).
[...]
1 Die Schlacht von Cambrai war die erste groBe Panzeroffensive der Geschichte und begann am 20. November 1917 nahe dem Eisenbahnknotenpunkt Cambrai in Frankreich (vgl. Harris 398 ff.).
- Arbeit zitieren
- Simone Kleuser (Autor:in), 2009, "The Great War" in ausgewählten Werken von Virginia Woolf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152432
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