In der GmbH ist der gesetzliche Kapitalerhaltungsschutz gemäß §§ 30, 31 GmbHG auf das Verbot von Auszahlungen an den Gesellschafter beschränkt, die zu einem Absinken des handelsbilanziellen Eigenkapitals der Gesellschaft unter die Stammkapitalziffer führen oder diesen Zustand vertiefen. Die Rechtsprechung geht seit der vom RG entwickelten „Durchgriffshaftung“ davon aus, dass der lückenhafte bilanzielle Kapitalerhaltungsschutz der §§ 30, 31 GmbHG die Gesellschaft vor der Schädigung durch ihren Gesellschafter nicht ausreichend schützt und kein adäquater Gläubigerschutz gewährleistet werden kann.
Erst mit der Grundsatzentscheidung „Trihotel“ vom 16.07.2007 soll der II. Zivilsenat des BGH durch die Zuordnung der Existenzvernichtungshaftung zum Deliktsrecht ein dogmatisch überzeugendes Haftungskonzept zur Existenzvernichtungshaftung in der GmbH entwickelt haben.
Die vorliegende Arbeit geht diesem Lösungsansatz auf den Grund.
Mit der „Trihotel“-Entscheidung des BGH wird die Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB als eine Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung eingeordnet und gehört nicht länger zur Gruppe der Durchgriffshaftung an. Damit kehrt der BGH sich von der Rechtsfigur des Missbrauches der Rechtsform zur Begründung des Durchgriffs auf den Gesellschafter ab. Der existenzvernichtende Eingriff wird als selbständige, rechtsfortbildend entwickelte Anspruchsgrundlage aufgegeben und die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung gemäß § 826 BGB allein als Anspruchsgrundlage für die neue Existenzvernichtungshaftung gewählt. Der BGH bewahrt die Figur des existenzvernichtenden Eingriffs zur Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB und ändert die Rechtsfolgen.
Die Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB ist als Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft ausgestaltet, die den Kapitalerhaltungsschutz der §§ 30, 31 GmbHG im Sinne einer erweiterten Kapitalentnahmesperre ergänzt. Die Subsidiaritätsklausel ist aufgegeben worden. Soweit sich der Schadensersatzanspruch wegen Existenzvernichtung gemäß § 826 BGB und der Erstattungsanspruch gemäß §§ 30, 31 GmbHG überschneiden, besteht Anspruchsgrundlagenkonkurrenz.
Die Außenhaftung der Gesellschafter ist wieder die eng zu verstehende Ausnahme vom Grundsatz des Trennungsprinzips gemäß § 13 II GmbHG.
Im Folgenden ist zu zeigen, dass die Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB keine „Alte Haftung im neuen Gewand“ ist, sondern eine fundierte Neuausrichtung der Rechtsprechung repräsentiert.
Inhaltsverzeichnis
- A. EINLEITUNG.
- B. WANDEL DER EXISTENZVERNICHTUNGSHAFTUNG IN DER RECHTSPRECHUNG.
- I. VON DER HAFTUNG IM QUALIFIZIERT FAKTischen KonzerN ZUR DURCHGRIFFSHAFTUNG WEGEN EXISTENZVERNICHTUNG......
- II. VON DER DURCHGRIFFSHAFTUNG wegen ExistENZVERNICHTUNG ZUR EXISTENZVERNICHTUNGSHAFTUNG GEMÄẞ § 826 BGB.
- III. DIE EXISTENZVERNICHTUNGSHAFTUNG ALS DELIKTISCHE INNENHAFTUNG GEMÄẞ § 826 BGB
- C. DIE EXISTENZVERNICHTUNGSHAFTUNG GEMÄẞ § 826 BGB ENTSPRECHEND DER „TRIHOTEL“-ENTSCHEIDUNG.
- I. SACHVERHALT „Trihotel“
- II. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE DES BGH
- III. RECHTSGRUNDLAGE
- IV. TATBESTANDSMERKMALE DER EXISTENZVERNICHTUNGSHAFTUNG ALS FALLGRUPPE DES § 826 BGB
- 1. Sittenwidrigkeit.
- 2. Vorsatz........
- 3. Schaden.....
- V. VERHÄLTNIS ZU §§ 30, 31 GMBHG.
- VI. RECHTSFOLGEN
- 1. Anspruchsgegner..
- 2. Anspruchsinhaber.
- 3. Darlegungs- und Beweislast.
- VII. ABGRENZUNG
- D. KONSEQUENZEN FÜR DIE ATTRAKTIVITÄT DER RECHTSFORM GMBH ...........
- I. ATTRAKTIVITÄT FÜR GESELLSCHAFTSGLÄUBIGER..
- II. ATTRAKTIVITÄT FÜR GESELLSCHAFTER
- III. ÜBERTRAGUNG AUF ANDERE RECHTSFORMEN.
- E. FAZIT
- ANHANG...
- 1. GRÜNDUNG DER A-GMBH (1991)..
- 2. VORRATSGESELLSCHAFT J-GMBH (1996).
- 3. VORRATSGESELLSCHAFT W-GMBH (1998) ...
- LITERATURVERZEICHNIS.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gemäß § 826 BGB, insbesondere im Kontext der „Trihotel“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Die Arbeit analysiert die Entwicklung der Rechtsprechung zur Existenzvernichtungshaftung und untersucht die dogmatischen Grundlagen der Haftung im Deliktsrecht.
- Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Existenzvernichtungshaftung von der Haftung im faktischen Konzern zur Durchgriffshaftung und schließlich zur deliktischen Haftung gemäß § 826 BGB.
- Die „Trihotel“-Entscheidung des BGH als wegweisendes Urteil zur Existenzvernichtungshaftung.
- Die Tatbestandsmerkmale der Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB, insbesondere Sittenwidrigkeit, Vorsatz und Schaden.
- Die Rechtsfolgen der Existenzvernichtungshaftung, einschließlich der Anspruchsinhaber, Anspruchsgegner und der Darlegungs- und Beweislast.
- Die Auswirkungen der Existenzvernichtungshaftung auf die Attraktivität der Rechtsform GmbH für Gesellschaftsgläubiger und Gesellschafter.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Existenzvernichtungshaftung in der GmbH ein und erläutert die Problematik des Kapitalerhaltungsschutzes gemäß §§ 30, 31 GmbHG. Sie stellt die „Trihotel“-Entscheidung des BGH als Ausgangspunkt der Arbeit vor und beleuchtet die Bedeutung des Trennungsprinzips zwischen Gesellschaft und Gesellschafter.
Kapitel B beleuchtet die Entwicklung der Rechtsprechung zur Existenzvernichtungshaftung. Es werden die verschiedenen Phasen der Haftung, von der Haftung im faktischen Konzern über die Durchgriffshaftung bis hin zur deliktischen Haftung gemäß § 826 BGB, dargestellt. Die Arbeit analysiert die Gründe für die Veränderung der Rechtsprechung und die damit verbundenen dogmatischen Herausforderungen.
Kapitel C widmet sich der „Trihotel“-Entscheidung des BGH. Es werden der Sachverhalt des Falles, die Entscheidungsgründe des BGH und die Rechtsgrundlage der Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB erläutert. Die Arbeit untersucht die Tatbestandsmerkmale der Haftung, insbesondere die Sittenwidrigkeit, den Vorsatz und den Schaden.
Kapitel D analysiert die Folgen der Existenzvernichtungshaftung für die Attraktivität der Rechtsform GmbH. Es werden die Auswirkungen der Haftung auf die Interessen von Gesellschaftsgläubigern und Gesellschaftern untersucht. Die Arbeit beleuchtet die Frage, ob die Existenzvernichtungshaftung die GmbH als Rechtsform für Unternehmen weniger attraktiv macht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Existenzvernichtungshaftung, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), das Trennungsprinzip, § 826 BGB, die „Trihotel“-Entscheidung, die Durchgriffshaftung, der Kapitalerhaltungsschutz, die §§ 30, 31 GmbHG, die Attraktivität der Rechtsform GmbH, der Gläubigerschutz und die Interessen von Gesellschaftern.
- Arbeit zitieren
- Christian Lau (Autor:in), 2009, Die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gemäß § 826 BGB entsprechend der "Trihotel"-Entscheidung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152600