Am 12. Februar 1980 legte Willy Brandt, damaliger Leiter der Nord-Süd-Kommission der United Nations (UN), dem UN-Generalsekretär einen Bericht1 mit dem Titel „Das Überleben sichern“ vor. Heute, 30 Jahre später, ist der Titel aktueller denn je: Die Weltwirtschaftskrise trifft nicht nur die Industrieländer, sondern insbesondere auch die ärmsten Länder dieser Welt; anders als die wohlhabenden Nationen haben sie wenig finanziellen Spielraum, um sich vor den Folgen zu schützen. Nach Schätzungen der Weltbank breitet sich die Armut in den rund 60 besonders armen Staaten der Erde so schnell aus, dass ca. 400.000 Kinder „zusätzlich ihren fünften Geburtstag nicht mehr erleben können.“2 Entwicklungsökonomen prognostizieren nicht nur eine rasante Erhöhung der Kindersterblichkeit, sondern auch eine enorme Zunahme sozialer Unruhen. Experten und Politiker warnen vor zivilen Unruhen, welche sogar in Kriegen enden könnten und das, obwohl die Mitglieder der (Organisation for Economic Cooperation and Development) mehr als 100 Mrd. Euro für Entwicklungszusammenarbeit jährlich ausgeben.3 Hat die Entwicklungspolitik der westlichen Länder also versagt? Über die Antwort streiten nicht nur Vertreter von internationalen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit und politisch Verantwortlichen, sondern zunehmend eine breite Öffentlichkeit in den westlichen Ländern, aber auch in den Entwicklungsländern selbst. Vereinfacht kann man aktuell (etwa seit dem Jahr 2000) von zwei konträren Hauptströmungen sprechen, die unter den Schlagwörtern ODAPlus und Homegrown Development zusammengefasst werden können. Die Anhänger des ODAPlus Ansatzes fordern einen Big Push – eine massive Erhöhung der finanziellen Mittel der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA: Official Development Assistance). Bekanntester Vertreter dieses Ansatzes ist Jeffrey Sachs. Er ist Direktor des Earth Institute an der Columbia Universität in New York, wo er zugleich auch Professor für nachhaltige Entwicklung, Gesundheitspolitik und Gesundheitsmanagement ist. Als Sonderberater arbeitet er für die Vereinten Nationen.4 Die Anhänger des Homegrown Development Ansatzes lehnen hingegen einen Big Push kategorisch ab und fordern stattdessen das Ende der Entwicklungshilfe in Form von hohen finanziellen Zuwendungen. Die Meinungen divergieren dabei zwischen der Streichung jeglicher finanzieller Hilfe bis zu deren Gewährung, sofern die Rahmenbedingungen vor Ort stimmen. ..
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsklärung und Forschungsstand
- Begriffsklärung
- Forschungsstand
- Armut und Unterentwicklung in Entwicklungsländern
- Armut; ein Definitionsversuch
- Merkmale und strukturelle Probleme der Entwicklungsländer
- Ursachen der Unterentwicklung und der Armut
- Neuere Theorien der Entwicklungspolitik
- Theorieentwicklung: Von den Klassikern zu den neueren Theorien
- Die Klassiker: Smith, Marx und Keynes
- Neuere Entwicklungstheorien: Modernisierungstheorien, Dependenztheorie und Institutionenökonomik
- Verschiedene Entwicklungsstrategien
- Endogene wachstumsorientierte Entwicklungsstrategien
- Strategie des gleichgewichtigen Wachstums
- Strategie des ungleichgewichtigen Wachstums
- Exogene Dissoziationsstrategie (Abkopplungsstrategie)
- Grundbedürfnisstrategie und das Recht auf Entwicklung
- Die Vier Dekaden der Entwicklungspolitik
- Theorieentwicklung: Von den Klassikern zu den neueren Theorien
- Aktuelle konträre Ansätze in der Entwicklungspolitik
- Big Push und Big Trap
- Der Gedanke des Big Push
- Wo ist Afrika? In der „Armutsfalle\" oder am Wendepunkt?
- Jeffrey Sachs und die Millennium Development Goals
- Jeffrey Sachs: Klinische Ökonomik
- Die Millennium Development Goals
- Leitlinien für die internationalen Entwicklungspolitik
- William Easterly: Ordnungspolitischer Ansatz
- Big Push und Big Trap
- Vergleich der unterschiedlichen Ansätze und Bewertung
- Gegenüberstellung der kontrovers diskutierten Ansätze
- Überprüfung der Anwendbarkeit des Ansatzes von Sachs
- William Easterly – Bewertung eines theoretischen Ansatzes
- Neubelebung alter Theorien und Rahmenbedingungen für eine neue erfolgreiche Entwicklungspolitik
- Die Grundüberzeugungen hinter den Ansätzen
- Anforderungen für einen neuen entwicklungspolitischen Ansatz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht aktuelle Ansätze der Entwicklungspolitik, insbesondere im subsaharischen Afrika, und bewertet diese aus historischer Perspektive. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der unterschiedlichen Strategien und ihrer theoretischen Grundlagen zu entwickeln und ihre Anwendbarkeit zu überprüfen.
- Bewertung aktueller Entwicklungsstrategien im subsaharischen Afrika
- Vergleich verschiedener theoretischer Ansätze (z.B. Sachs vs. Easterly)
- Analyse historischer Entwicklungsphasen und ihrer Auswirkungen
- Identifizierung von Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der Entwicklungspolitik
- Entwicklung von Kriterien für einen erfolgreichen entwicklungspolitischen Ansatz
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beschreibt die Zielsetzung sowie den Aufbau. Es wird die Fokussierung auf den subsaharischen Afrika und die Bewertung aktueller entwicklungspolitischer Ansätze herausgestellt. Die Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen evaluativen Teil.
Begriffsklärung und Forschungsstand: Dieses Kapitel liefert die notwendigen Begriffserklärungen zu zentralen Begriffen wie Armut und Unterentwicklung und beleuchtet den aktuellen Forschungsstand zu den behandelten Themen. Es schafft somit die Grundlage für die anschließende Diskussion der verschiedenen Ansätze der Entwicklungspolitik.
Armut und Unterentwicklung in Entwicklungsländern: Dieser Abschnitt definiert Armut, beschreibt die Merkmale und strukturellen Probleme von Entwicklungsländern und analysiert die Ursachen von Unterentwicklung und Armut. Es werden verschiedene Perspektiven auf die Problematik beleuchtet, um ein umfassendes Verständnis der komplexen Zusammenhänge zu schaffen. Dies bildet die Basis für die spätere Bewertung der verschiedenen Entwicklungsstrategien.
Neuere Theorien der Entwicklungspolitik: Dieses Kapitel präsentiert eine historische Entwicklung der Entwicklungstheorien, beginnend bei den Klassikern (Smith, Marx, Keynes) bis hin zu neueren Ansätzen wie Modernisierungstheorien, Dependenztheorie und Institutionenökonomik. Es werden die jeweiligen Konzepte und ihre unterschiedlichen Erklärungsansätze für Armut und Unterentwicklung detailliert dargestellt und in ihren historischen Kontext eingeordnet. Die verschiedenen Entwicklungsstrategien werden im Zusammenhang mit diesen Theorien betrachtet.
Aktuelle konträre Ansätze in der Entwicklungspolitik: Hier werden die gegensätzlichen Ansätze von Jeffrey Sachs und William Easterly im Detail vorgestellt und analysiert. Die Millennium Development Goals von Sachs und der ordnungspolitische Ansatz von Easterly werden kritisch beleuchtet und miteinander verglichen. Der Fokus liegt auf den unterschiedlichen Grundannahmen und den daraus resultierenden Strategien.
Vergleich der unterschiedlichen Ansätze und Bewertung: Dieses Kapitel vergleicht die in den vorherigen Kapiteln dargestellten Ansätze und bewertet deren Anwendbarkeit und Erfolgspotential. Die Stärken und Schwächen der verschiedenen Strategien werden anhand konkreter Beispiele und empirischer Befunde diskutiert. Eine kritische Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen bildet den Schwerpunkt dieses Abschnitts.
Neubelebung alter Theorien und Rahmenbedingungen für eine neue erfolgreiche Entwicklungspolitik: Dieses Kapitel untersucht, welche theoretischen Überlegungen den neueren Konzepten zugrunde liegen und leitet daraus Kriterien für einen erfolgreichen entwicklungspolitischen Ansatz ab. Es wird der Frage nachgegangen, wie die Erkenntnisse aus der Vergangenheit für die Gestaltung einer zukünftigen Entwicklungspolitik genutzt werden können.
Schlüsselwörter
Entwicklungspolitik, Armut, Unterentwicklung, Afrika, Modernisierungstheorien, Dependenztheorie, Institutionenökonomik, Sachs, Easterly, Millennium Development Goals, Big Push, Big Trap, Ordnungspolitik, Wachstumsstrategien, Grundbedürfnisstrategie.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Aktuelle Ansätze der Entwicklungspolitik
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Das Dokument bietet einen umfassenden Überblick über aktuelle Ansätze der Entwicklungspolitik, insbesondere in Bezug auf Subsahara-Afrika. Es analysiert verschiedene theoretische Perspektiven, vergleicht gegensätzliche Strategien und bewertet deren Anwendbarkeit und Erfolgspotenzial. Der Fokus liegt auf der kritischen Auseinandersetzung mit bestehenden und historischen Entwicklungstheorien und der Ableitung von Kriterien für eine zukünftige erfolgreiche Entwicklungspolitik.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument deckt ein breites Spektrum an Themen ab, darunter: Begriffserklärungen zu Armut und Unterentwicklung, historische Entwicklung der Entwicklungstheorien (von den Klassikern bis zu modernen Ansätzen wie Modernisierungstheorien, Dependenztheorie und Institutionenökonomik), Analyse verschiedener Entwicklungsstrategien (endogenes Wachstum, gleichgewichtiges/ungleichgewichtiges Wachstum, Abkopplungsstrategie, Grundbedürfnisstrategie), kontroverse Ansätze von Jeffrey Sachs (Millennium Development Goals) und William Easterly (ordnungspolitischer Ansatz), Vergleich und Bewertung der unterschiedlichen Ansätze, und schließlich die Entwicklung von Kriterien für eine zukünftige erfolgreiche Entwicklungspolitik.
Welche Theorien werden verglichen?
Das Dokument vergleicht und kontrastiert insbesondere die gegensätzlichen Ansätze von Jeffrey Sachs und William Easterly. Sachs' Ansatz, verkörpert durch die Millennium Development Goals, wird mit Easterlys ordnungspolitischem Ansatz gegenübergestellt. Darüber hinaus werden klassische Theorien von Smith, Marx und Keynes sowie neuere Theorien wie Modernisierungstheorien, Dependenztheorie und Institutionenökonomik in ihren historischen Kontext eingeordnet und in Bezug auf ihre Erklärungskraft für Armut und Unterentwicklung analysiert.
Welche geographische Region steht im Mittelpunkt?
Obwohl das Dokument allgemein die Entwicklungspolitik behandelt, liegt der Schwerpunkt auf Subsahara-Afrika. Die Bewertung aktueller Entwicklungsstrategien und die Analyse der Anwendbarkeit verschiedener Ansätze erfolgen unter besonderer Berücksichtigung der spezifischen Herausforderungen dieser Region.
Wie ist das Dokument strukturiert?
Das Dokument ist in mehrere Kapitel gegliedert, beginnend mit einer Einleitung und einer Klärung von Begriffen und dem Forschungsstand. Es folgt eine Auseinandersetzung mit Armut und Unterentwicklung, einer Darstellung neuerer Entwicklungstheorien, einer detaillierten Analyse gegensätzlicher aktueller Ansätze, einem Vergleich und einer Bewertung dieser Ansätze, und schließlich der Ableitung von Schlussfolgerungen und Kriterien für eine zukünftige erfolgreiche Entwicklungspolitik. Ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Kapitel und Schlüsselwörter erleichtern die Navigation.
Welche Zielsetzung verfolgt das Dokument?
Das Dokument zielt darauf ab, ein umfassendes Verständnis der unterschiedlichen Strategien und ihrer theoretischen Grundlagen zu entwickeln und deren Anwendbarkeit zu überprüfen. Es möchte aktuelle Ansätze der Entwicklungspolitik kritisch bewerten und Kriterien für einen erfolgreichen entwicklungspolitischen Ansatz ableiten, insbesondere im Kontext Subsahara-Afrikas. Die Arbeit betrachtet historische Entwicklungsphasen und ihre Auswirkungen und identifiziert Erfolgsfaktoren und Herausforderungen.
Welche Schlüsselbegriffe werden verwendet?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Entwicklungspolitik, Armut, Unterentwicklung, Afrika, Modernisierungstheorien, Dependenztheorie, Institutionenökonomik, Sachs, Easterly, Millennium Development Goals, Big Push, Big Trap, Ordnungspolitik, Wachstumsstrategien, Grundbedürfnisstrategie.
Für wen ist dieses Dokument gedacht?
Das Dokument richtet sich an Leser, die sich akademisch mit Entwicklungspolitik auseinandersetzen, insbesondere im Kontext von Subsahara-Afrika. Es ist geeignet für Studierende, Wissenschaftler und alle Interessierten, die ein tiefes Verständnis der verschiedenen Ansätze und ihrer theoretischen Grundlagen erwerben möchten.
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- Mirjam Eisele (Author), 2010, Entwicklung ohne Fortschritt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152851