Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Die Grundlagen des Bauerntums
III. Die Arbeit der Bauern
1. Arbeitsschritt: das Pflügen
2. Arbeitsschritt: das Säen und Eggen
3. Arbeitsschritt: das Ernten
IV. Arten der Feldwirtschaft
V. Schlussbetrachtung
VI. Abbildungen
VII. Quellen & Literatur
a) Quellenverzeichnis
b) Literaturverzeichnis
c) Abbildungsverzeichnis
I. Einleitung
Der Alltag im Mittelalter, speziell das Bauerntum, spielte eine wichtige Rolle und beschäftigt bis heute die Historiker. Dem Bauerntum viel „zweifellos der wichtigste Wirtschaftsbereich“[1] zu. Denn ihm gehörten „mehr als vier Fünftel der Bevölkerung“ [2] an. Allerdings ist das Verfassen einer Alltagsgeschichte im frühen Mittelalter laut Hans-Werner Goetz noch nicht vollständig möglich. Es bedarf einiger Forschungsarbeit und vieler Quellenbefunde, um eine fundierte Alltagsgeschichte zu erarbeiten. Goetz versucht in seinem Werk „Leben im Mittelalter vom 7. bis zum 13. Jahrhundert“ [3] einen Zugang und erste Einblicke in die verschiedenen Formen und Möglichkeiten des Alltagslebens zu vermitteln. Werner Rösener widmet sich dem Thema des Bauern im Mittelalter in seinem Werk „Bauern im Mittelalter“[4]. Hier werden die Grundlagen, der Strukturwandel und die Hauptaspekte des bäuerlichen Lebens im Hoch- und Spätmittelalter erörtert. Ein sehr wichtiges und hilfreiches Buch für meine Hausarbeit ist die Sammlung von Schriftquellen und Bildzeugnissen von Siegfried Epperlein[5]. Neben den zahlreichen Bildquellen (vgl. auch Sabine LorenzSchmidt, „Vom Wert und Wandel weiblicher Arbeit“[6] ) haben mich bei der Arbeit zwei Bücher mit Schriftquellen besonders begleitet. Zum einen „Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter“ von Günther Franz[7] und zum anderen „Quellen zur Alltagsgeschichte im Früh- und Hochmit- telalter“ herausgegeben von Ulrich Nonn .[8]
Neben den großen historischen Ereignissen dürfen die alltäglichen Arbeiten des Mittelalters nicht in Vergessenheit geraten. Die Feldarbeit und damit auch der Ackerbau waren vermutlich schon im 9. Jahrhundert die wichtigsten Zweige der landwirtschaftlichen Produktion. Zudem bildete die „Landwirtschaft die Grundlage für die meisten menschlichen Lebensbedürfnisse“[9]. Vorrangig war im Mittelalter der Anbau von Getreide. Aber auch der Anbau von Feldfrüchten (Rüben) und Hülsenfrüchten (Bohnen, Erbsen), Flachs oder Ölpflanzen (Lein, Mohn) spielten eine Rolle. Zudem bewirtschafteten die Bauern auch Gärten mit Gemüse (Gurken, Kürbis, Möhren, Kohl, Zwiebel, später auch Salat und Spinat), Kräutern und Obstbäumen. Die Arbeiten auf dem Feld verteilten sich über das ganze Jahr. Die zunächst noch primitiven Geräte für die Bodenbearbeitung machten die Arbeit nicht nur anstrengend, sondern auch wenig effektiv. Als größte technische Neuerung gilt die Einführung des Beetpflugs.
Die Quellenlage zum Bauern im Mittelalter fallt im Vergleich zu andern Disziplinen eher geringer aus. Der Bauer an sich ist selten Gegenstand des Schrifttums gewesen.[10] In theologischen Schriften, in Ständepredigten und in bestimmten normativen Rechtsquellen finden sich Quellen zur Ständelehre. In den Schriftstücken des alltäglichen Lebens und in Urkunden hingegen finden sich nur wenige Quellen hinsichtlich der Ständelehre. Erst als sich die Bauern in rechtlicher Hinsicht von den Berufskriegern lösten und als eigener Stand auftraten, wurde der Begriff des Bauern in den Quellen greifbar. In den sogenannten Urbaren - Güterverzeichnissen - wurden Einkünfte (Natural- und Geldabgaben) und Arbeitsleistungen (Frondienste) registriert.[11] „Aus diesen buchhalterischtrockenen Quellen gewinnen wir sehr konkrete Angaben über die Ausstattung des Herrenhofs (Fronhof) und der ausgegebenen Bauernstellen (Hufen), über die Arbeits- und Abgabenbelastung der abhängigen Bauern, über Bewirtschaftungsformen, Viehbestand, Getreidearten usw. Diese Quellengruppe ist für die
Alltagsgeschichte umso wichtiger, weil in erzählenden Quellen bäuerlicher All- tag kaum widergespiegelt wird.“[12]
II. Die Grundlagen des Bauerntums
Die hochmittelalterlichen Ständetheoretiker „begriffen die damalige Gesellschaft als ein Sozialsystem, das durch die drei Stände (ordines) der Geistlichen, Ritter und Bauern bestimmt sei“[13]. In einer Quelle um 1025 berichtete der Bischof von Cambrais über die Dreiständelehre. Dort heißt es, dass das „Menschengeschlecht von Anfang an dreifach geteilt ist: in Beter, Bauern und Kämpfer.“[14] Zudem stellte er eine klare Lehre darüber auf, dass diese sichjeweils zur Rechten und zur Linken unterstützen.[15] Unterscheidungen machte ebenso „Adalbero von Laon zwischen Betern (oratores), Kämpfern (pugnatores) und Bauern (laboratores)“ [16]. Um ein harmonisches Zusammenleben der Menschen zu sichern, sind die drei Institutionen wechselseitig aufeinander angewiesen. Interessant ist, dass das Wort Bauer (mittelhochdeutsch: gebure) vor dem 11. Jahrhundert in erster Linie die Mitbewohner eines Hauses bezeichneten. Als Stand treten die Bauern erst seit dem 11. und 12. Jahrhundert auf. [17] Zu beachten ist auch, „wenn in den frühmittelalterlichen Quellen soziale Gruppierungen [...] benannt werden, ist nicht von geburen, agricolae oder rustici die Rede“ [18]. Hier ist die Rede von „liberi, liti und servi, von Freien, Halbfreien und Unfreien“[19].
Im Frühmittelalter galt für alle, die Ackerbau und Viehzucht treiben, das allgemeine Recht, wie es in Volksrechten (leges) festgehalten wird. Die ständische Abgrenzung wurdejetzt nicht mehr nur durch eigene Namen, sondern auch durch spezielle Kleidung betont. Zudem wurde ihnen auch das Tragen von Waffen untersagt. In der Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen um 1150 heißt es, dass der Bauer schwarze oder graue Kleidung tragen soll. Das Saum- stück soll seinem Stand entsprechen. Die Schuhe müssen aus Rindsleder sein. [20]
Artikel 71 aus dem Bayrischen Landfrieden von 1244 beschreibt die Waffen- und Kleiderordnung von Bauern. Hier wird detailliert dargelegt, was die Bauern zum Kirchgang tragen durften: Panzer, Eisenhut, Koller, Joppen von feinem Gewebe, ein lateinisches Messer, irgendeinen Kettenpanzer und kriegerischen Schmuck. An Werktagen ist ihnen nur das Tragen von kurzen Messern gestattet. Hier wird auch nochmal erwähnt, dass die Bauern keine vornehmere Kleidung als graue und billige tragen dürfen. In dem Artikel wird auch die Androhung einer Strafe beschrieben: das verbotene Stück soll abgenommen werden und dem Richter vorgeführt werden. [21]
„Der bäuerliche Hof, der in der Grundherrschaft als Hufe (hoba, mansus) bezeichnet wird, bildet die Wirtschaftseinheit des Bauern.[22] “ Obwohl das Land dem Grundherrn gehörte, galt es „aber als Nutzungseigentum des Bauern“ [23]. Auf die verschiedenen Typen von Hufen, wie „Freienhufen (mansi ingenuiles), Unfreienhufen (mansi serviles) und Halbfreienhufen (mansi lidiles)“[24] wird hier nicht näher eingegangen. Die bäuerliche Hufe glich einem „Familienunternehmen“, denn alle Mitglieder der Familie waren als Arbeitskräfte gefordert. Die Bauersfrau hatte nicht nur die Küchen- und Textilarbeit zu erledigen, sondern sie musste auch bei der Aussaat und Ernte helfen, allerdings sollte ihr die schwere Landarbeit erspart bleiben. Der Arbeitstag der Bauern begann mit dem Sonnenaufgang und dem Krähen des Hahns und endete bei Sonnenuntergang. Der Sonntag sollte arbeitsfrei sein; allerdings sah es in der Realität oft anders aus: Tägliche Arbeiten (z. B. die Viehfütterung) und wetter- abhängige Arbeiten mussten trotz Sonntag oder Feiertag ausgeführt werden.[25]
III. Die Arbeit der Bauern
Agrartechnische Innovationen hat es nicht nur im 19. und 20. Jahrhundert gegeben, sondern auch in den Jahrhunderten davor. Vor allem in der Epoche des Hochmittelalters gab es Neuerungen, ohne die der Wandel nicht möglich gewesen wäre. Um die anwachsende Bevölkerung dauerhaft ernähren zu können, bedurfte es einer vermehrten Pflanzen- und Getreideproduktion. Der stetig wachsende Bedarf konnte nur durch innovative Arbeitsgeräte gedeckt werden. Daher war es für die Bauern und den Ackerbau unerlässlich, nicht nur neue, sondern auch effektivere Geräte einzusetzen. Aber nicht nur als Hauptnahrungsmittel war der Getreideanbau so elementar, sondern er diente auch der „bäuerlichen Ökonomie wie als Abgabe an den Grundherrn und als Saatgut für das kommende Jahr“[26]. Eher selten kam es vor, dass Überschüsse auf umliegenden Märkten verkauft wurden.
1. Arbeitsschritt: das Pflügen
Bei den mittelalterlichen Pfluggeräten ist prinzipiell zwischen Haken- und Beetpflug zu unterscheiden. Der Hakenpflug, der die ältere Form ist, ist ein symmetrisch konstruiertes Pfluggerät, was den Boden zwar aufwühlt und nach beiden Seiten krümeln lässt, aber den Boden nicht umwendet. Es besitzt zudem nur winzige beidseitige Streichbretter, mit dem die Bauern eine Furche neben die nächste Furche ziehen konnten. Die Schar war entweder keilförmig oder dreieckig angebracht. Gezogen wurde der Hakenpflug von Zugochsen. Allerdings hat sich die Art des Pflügens mit dem Hakenpflug in weiten Teilen Nordeuropas als sehr schwierig und mühsam dargestellt. Die Pflüge waren nicht optimal für die meist sehr schweren und nassen Böden geeignet. Daher war es von immenser Bedeutung einen neuen Pflug zu entwickeln.
[...]
[1] Rösener, Werner, Agrarwirtschaft, Agrarverfassung und ländliche Gesellschaft im Mittelalter. München 1992 (Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 13) S. 1.
[2] Ebd.
[3] Goetz, Hans-Werner, Leben im Mittelalter: vom 7. bis zum 13. Jahrhundert. München 1986.
[4] Rösener, Bauern im Mittelalter. München 1985.
[5] Epperlein, Siegfried, Bäuerliches Leben im Mittelalter. Schriftquellen und Bildzeugnisse. Köln 2003.
[6] Lorenz-Schmidt, Vom Wert und Wandel weiblicher Arbeit. Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Landwirtschaft in Bildern des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Stuttgart 1998 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beihefte, Nr. 137).
[7] Franz, Günther (Hrsg.), Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter. Darmstadt 1967.
[8] Nonn, Ulrich (Hrsg.), Quellen zur Alltagsgeschichte im Früh- und Hochmittelalter. Zweiter Teil. Darmstadt 2007.
[9] White Jr., Lynn, Die mittelalterliche Technik und der Wandel der Gesellschaft. München 1968. S. 39.
[10]
[11]
[12] Rösener, Bauern im Mittelalter, S. 18.
[13] Genus humanum ab initio treifarium divisum esse monstravit, in oratoribus, agricultoribus, pgnatoribus; horumque singulos alterutrum dextra laevaque foveri evidens documentum dedit. In: Franz, Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter, Nr. 49, S. 124.
[14] Ebd., S. 125.
[15] Rösener, Bauern im Mittelalter, S. 18.
[16] Ebd., S. 19.
[17] Ebd.
[18] Ebd.
[19] Nü will ich iu sagen umbe den büman, waz er näch derpfaht sollte an tragen: iz sì swarz oder grä, niht anders reloubet er dä; gêren dä enneben, daz gezimet sìnem leben; sìnen rinderìnen scuoch, dà mit ist des genuoch. In: Nonn, Quellen zur Alltagsgeschichte im Früh- und Hochmittelalter, S.14.
[20] Thoraces vel ysenhut vel colliria vel juppas de pukramo vel cultrum latinum aut aliquid catenatum vel hostile [...] ante suam deferant ecclesiam, privatis diebus non aliud quam stimulum vel reutil deferant. [...] Item nobiliori quam griseo et viliori plabatico veste non utantur et calciis bovinis [...]. Reliqui cum hiis prohibitis spolientur inventi, et persona iudici redimenda pro talento offeratur. In: Franz, Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter, Nr. 122.
[21] Goetz, Leben im Mittelalter, S. 129.
[22] Ebd.
[23] Ebd., S. 130.
[24] Nonn, Quellen zur Alltagsgeschichte im Früh- und Hochmittelalter, S.11.
[25] Lorenz-Schmidt, Vom Wert und Wandel weiblicher Arbeit, S. 55.
[26] White, Die mittelalterliche Technik und der Wandel der Gesellschaft, S. 42.
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- Stephanie Schrön (Autor), 2008, Die bäuerliche Arbeitswelt im Mittelalter: der Ackerbau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153245
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