„Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen!“, ob diese bekannte Parole der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) der DDR auch auf die Zeit der Tauwetterperiode in der Sowjetunion zutrifft, soll in dieser Arbeit herausgefunden werden. „Zu keiner Zeit vorher oder nachher hat die SED die kulturpolitische Ori-entierung auf die Sowjetunion so intensiv betrieben wie in den frühen fünfziger Jahren.“ Gab es in der DDR eine Tauwetterperiode ähnlich der in der Sowjetunion in den frühen fünfziger Jahren? Vor allem im Bereich der Kunst und Kultur taten sich für die Intelligenz der Sowjetunion nach Stalins Tod ungeahnte Freiheiten auf. Gab es eine solche Phase künstlerischer Freiheit in der DDR in den Jahren nach Stalins Tod ebenfalls?
Für die Sowjetunion ist der Zeitraum, der als Tauwetterperiode bezeichnet wird, relativ genau einzugrenzen. Mit Joseph W. Stalins Tod am 5. März 1953, spätestens mit Chruschtschows Geheimrede zum XX. Parteitag der KPdSU (Kommunistische Partei der Sowjetunion) vom 14. bis 26. Februar 1956, begann für die russische Gesellschaft und vor allem für die russische Intelligenz eine Periode der Erleichterungen, Freiheiten und Entstalinisierung. Diese positive Entwicklung erhielt im Oktober desselben Jahres einen ersten Dämpfer mit der militärischen Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn. Spätestens die Ablösung Nikita Chruschtschows durch Leonid Breschnew im Oktober 1964 beendete diese Tauwetterperiode.
In der DDR stellt sich die Situation ein wenig anders dar. Zum einen lässt sich keine so eindeutige zeitliche Eingrenzung vornehmen, zum anderen sind keine so klar erkennbaren Freiheitsgewinne auszumachen wie in der Sowjetunion. Der Tod Stalins stellte in der DDR ebenfalls eine Zäsur dar, allerdings mit weniger starken Auswirkungen als in der UdSSR (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken). Auch wenn es sich bei der DDR um einen zu der Zeit noch sehr von der Sowjetunion abhängigen Staat handelte, so spiegelte sich die sowjetische politische Entwicklung doch nicht vollkommen wider. Eine Auseinandersetzung und Aufarbeitung der Stalindiktatur fand kaum statt, im Gegenteil. „Am kaltschnäuzigsten verhielt sich Walter Ulbricht. [Er] ... schien sich nicht vorstellen zu können, was in den Menschen vorging.... Er erwies sich insofern als Schüler Stalins, als er meinte, man müsse den ganzen Komplex gar nicht zur Sprache bringen.“ Zu dieser Zeit bildeten die Hauptthemen der Diskussion wirtschaftliche und ideologisch Probleme.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung
- Forschungsstand
- Aufbau
- Historisch-geschichtlicher Rahmen
- Tauwetter in Sowjetunion
- Tauwetter in der DDR
- Die Liberalisierung und ihr schnelles Ende
- Der Liberalisierungsprozess
- Ende der Freiheit
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht, ob der Tod Stalins zu einer vergleichbaren Periode der Entspannung und Liberalisierung in der DDR führte wie in der Sowjetunion. Insbesondere soll untersucht werden, ob sich die intellektuellen Freiheiten im Bereich der Kunst und Kultur nach Stalins Tod auch in der DDR manifestierten.
- Die Tauwetterperiode in der Sowjetunion und ihre Auswirkungen auf die DDR
- Die Entwicklung von Freiheit und kultureller Kreativität in der DDR nach Stalins Tod
- Der Einfluss der SED auf die Kunst und Kultur in der DDR
- Vergleichende Analyse der Freiheitsgewinne in der Sowjetunion und der DDR
- Die Grenzen der Liberalisierung in der DDR
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problemstellung der Arbeit dar, beleuchtet den Forschungsstand und skizziert den Aufbau der Arbeit. Kapitel 2 erörtert den historischen Kontext der Tauwetterperiode in der Sowjetunion und in der DDR, während Kapitel 3 den Liberalisierungsprozess in der DDR und sein abruptes Ende analysiert.
Schlüsselwörter
Tauwetterperiode, DDR, Sowjetunion, Intellektuelle, Kunst und Kultur, Liberalisierung, SED, Entstalinisierung, Freiheit, Zensur.
- Arbeit zitieren
- Hendryk Zihang (Autor:in), 2009, Tauwetter in der DDR?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153303