Reutlingen gilt im Gegensatz zum benachbarten, stark universitär geprägten Tübingen als ausgesprochener Wirtschaftsstandort mit langjähriger Gewerbetradition Aus dieser stieg Reutlingen zu einem großen Zentrum der Textilindustrie auf. Daneben entstand die Reutlinger Maschinenindustrie. Anfangs noch in starker Abhängigkeit zur Textilindustrie, da häufig Strickmaschinen produziert wurden, spezialisierte sich die Maschinenindustrie zunehmend, wobei es sich mangels Rohstoffe weitgehend um Veredelungsindustrie handelt. Es werden hier zwei für die Wirtschaftsstruktur der Region Reutlingen typische Industriebetriebe vorgestellt: die Textilfirma Heinzelmann und die Messgerätefirma Wandel & Goltermann.
Die Textilfirma Heinzelmann, deren Anfänge in einer Strickerei liegen, nahm ihren Aufschwung mit der Produktion der Dr.-Lahmann-Wäsche, einer Reform-Baumwoll-Kleidung. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde auf gestrickte modische Badekleidung („Orchideen-Badeanzüge“) umgestellt. Die häufig notwendigen Umorientierungen waren kennzeichnend für die wechselvolle Firmengeschichte. So wandte man sich nach dem Zweiten Weltkrieg dem Damenoberbekleidungsmarkt zu, ehe man sich in den siebziger Jahren zunächst auf Kombinationsmode und später verstärkt auf Sport- und Freizeitsbekleidung konzentrierte.
Aus kleinsten Anfängen und mit viel schwäbischem Tüftlergeist entwickelte sich das heutige Weltunternehmen Wandel & Goltermann, ein Spezialist für Mess- und Kommunikationstechnik. Die Anfänge lagen im Bau von Radioanlagen, ehe man sich auf die Fernmeldetechnik und auf den Bau von Fernsprechanlagen verlagerte. Über die Fernmesstechnik gelangte man schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg zu dem neuen und zukunftsträchtigen Tätigkeitsfeld der Messtechnik. Gerade durch die Entwicklung hochelektronischer Präzisionsgeräte für die Nachrichtentechnik erfolgte die internationale Expansion der Messgerätefirma Wandel & Goltermann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Heinzelmann H. GmbH & Co. Maschenmoden, Planie 20-24, Reutlingen
3. Firma Wandel & Goltemann GmbH & Co., Elektronische Messgeräte, Mühleweg 5, Eningen unter Achalm (bei Reutlingen)
4. Literaturhinweise
1. Einleitung
Schon im frühen Mittelalter findet man in Reutlingen ein ausgeprägtes Gewerbe. Am stärksten waren ursprünglich die Gerber, später die Textilhersteller vertreten. Aus diesen handwerklichen Berufen entwickelten sich nach und nach Industriebetriebe, die Lederwaren, vor allem aber Textilien herstellten. Im Zeitalter der Industrialisierung entstanden Fabriken, die zunächst Strickmaschinen, Metalltuche (wichtig für die Papierher-stellung), Papierspulen und schließlich Maschinen verschiedenster Art produzierten.
Ein charakteristisches Merkmal der Reutlinger Maschinenindustrie ist die starke Spezialisierung. Typisch ist auch, dass die Firmen nicht als Großunternehmen gegründet wurden, sondern sich aus kleinen Anfängen entwickelten. Sie befinden sich bis heute meist noch in Familienbesitz. Wegen fehlender eigener Rohstoffe handelt es sich in Reutlingen weitgehend um eine Veredelungsindustrie. Die Rohstoffe wie z. B. Baum-wolle, Kohle und Eisen mussten weit transportiert werden. Nach dem Anschluss an das Eisenbahnnetz 1859 nahm daher die Industrie in Reutlingen einen starken Aufschwung.
Textilindustrie und Maschinenfabriken finden sich heute noch zahlreich in Reutlingen. Allerdings musste gerade in den letzten Jahren manche Firma schließen oder sich gesundschrumpfen. Eine große Bedeutung für Reutlingen hat die Textil- und Technikerschule. Es findet sich dort ferner die Westdeutsche Gerberschule, jedoch ist die Zahl der Gerberbetriebe stark zurückgegangen. Des Weiteren hat sich in neuerer Zeit die Feinelektronik angesiedelt.
Aufgrund dieser Struktur werden in diesem Referat zwei für Reutlingen typische Industriebetriebe vorgestellt: die Textilfirma Heinzelmann und die Messgerätefirma Wandel & Goltermann.
2. Heinzelmann H. GmbH & Co. Maschenmoden, Planie 20-24, Reutlingen
Die Textilfirma Heinzelmann ist eine der wenigen Textilfirmen Reutlingens, die sich entgegen der allgemeinen Konjunkturlage der Branche in den letzten Jahren halten und zudem noch expandieren konnte.
Der Betrieb wurde 1886 von Hermann Heinzelmann (1838-1896) gegründet. Interessant dabei ist, dass H. Heinzelmann ganz und gar nicht aus der Textilbranche stammte. Sein Vater war Rotgerber in Alpirsbach. Er selbst ging in die Lehre zu einem Gerichtsnotar. Sein Patenonkel, der in Kehl ein neues Sägewerk errichtet hatte, holte ihn 1860 als Kaufmann und späteren Geschäftsführer in seinen Betrieb. Hier erkannte er, dass die industrielle Entwicklung nicht aufzuhalten war. Da seine Gesundheit stark angegriffen war, musste er seine Tätigkeit aufgeben und zog zu seinem Schwager nach Reutlingen. Nach seiner schnellen Gesundung wurde auch er vom Unternehmergeist der Reutlinger Gründerjahre angesteckt und blieb in eigener Sache in Reutlingen. 1886 übernahm er die im Jahre 1872 gegründete Firma G. Wizemann, eine Strickerei. Sie befand sich am Graben in Reutlingen.
Die mechanische Strickerei befand sich damals noch in den Anfängen. An ihrer Entwicklung hatte die ortsansässige Reutlinger Firma Heinrich Stoll großen Anteil, die 1891 das Patent für die Links-Links-Strickmaschine anmeldete.
[...]
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.