Rechtsfragen der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Privatpiloten

Von dem luftsicherheitsrechtlichen Kontrollverfahren gem. § 7 I Nr. 4 LuftSiG i.V.m. § 4 I 2 Nr. 3 Hs. 2 LuftVG, der formellen Verfassungsmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetzes und verdachtsunabhängigen Informationserforschungseingriffen


Doktorarbeit / Dissertation, 2010

427 Seiten, Note: cum laude


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Problemaufriss

Ziel und Gang der Arbeit - Einführung in das Untersuchungsthema

Teil 1
§ 7 I Nr. 4 LuftSiG im Kontext der Sicherheitsdebatte
A) Sicherheitsgesetze in der Bundesrepublik Deutschland im Lichte der subversiven Bedrohung durch den transnationalen Terrorismus islamistischer Prägung
B) Luftsicherheit
I. Die Großluftfahrt
II. Die Allgemeine Luftfahrt

Teil 2
Einfach-rechtliche Ebene: Aspekte und Problemstellungen
A) Die Neuregelungen
I. Genesis
II. § 7 LuftSiG: Norminhalt und Neuerungen
B) (Un-)Zuverlässigkeit
I. Der (Un-)Zuverlässigkeitsbegriff
II. Der Zuverlässigkeitsbegriff in der Allgemeinen Luftfahrt
1. Der luftfahrtspezifische, eignungs- und betriebsbezogene Zuverlässigkeitsbegriff nach § 4 I 2 Nr. 3 Hs. 1 LuftVG, § 24 I Nr. 3, II 2 LuftVZO, §§ 24 c, 29 LuftVZO
a) Bezugspunkt
b) Grad/Maßstab
2. Der luftsicherheitsrelevante, missbrauchsbezogene Zuverlässigkeitsbegriff nach § 7 LuftSiG i.V.m. § 4 I 2 Nr. 3 Hs. 2 LuftVG, § 24 II 1 LuftVZO
a) Bezugspunkt
b) Grad/Maßstab
3. Verhältnis der beiden Zuverlässigkeitstatbestände
C) Entzug des Luftfahrerscheins
I. Formelle Rechtmäßigkeit
1. Zuständigkeit
2. Ordnungsgemäße Belehrung/Anhörung
II. Materielle Rechtmäßigkeit
1. Rechtmäßigkeit der Durchführung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung
a) Sachlicher Anwendungsbereich
b) Personeller Anwendungsbereich
aa) Der unstrittig betroffene Personenkreis
bb) Erfordernis der erstmaligen luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung für sog. „Altlizenzinhaber“?
(1) Zur Frage der Rechtmäßigkeit des (vorläufigen) Entzugs der Flugzeugführerlizenz, der allein an die fehlende Antragsstellung anknüpft
(α) Eine Ansicht
(β) Andere Ansicht
(γ) Stellungnahme
(δ) Zur Frage der Notwendigkeit und der Befugnis zu weiteren behördlichen Ermittlungen
(ε) Zwischenergebnis
(2) Die „Alt-Lizenzinhaber-Problematik“
(α) Eine Ansicht
(β) Andere Ansicht
(γ) Stellungnahme
2. Zur Frage der Notwendigkeit eines vorgeschalteten, die Unzuverlässigkeit feststellenden Verwaltungsaktes als Voraussetzung für den rechtmäßigen Erlaubnisentzug
a) Die Ansicht des OVG Rheinland-Pfalz
b) Gesetzlich normierter Feststellungsbescheid i.S.v. § 6 III 1 LuftSiZÜV
3. Verhältnis von Widerruf und Ruhensanordnung
D) Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gem. § 80 II 1 Nr. 4 Alt. 1 VwGO
I. Materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer Vollziehungsanordnung
II. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit hinsichtlich der Entziehung eines Luftfahrerscheins aufgrund der Nicht-Antragsstellung
III. Stellungnahme
IV. Ergebnis

Teil 3
Europarechts- und Verfassungskonformität der Neuregelungen
A) Vereinbarkeit mit europäischem Gemeinschaftsrecht
I. Verstoß gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht
II. Zur Frage des Vorliegens einer sog. „Inländerdiskriminierung“
III. Ergebnis
B) Prüfung der Verfassungsmäßigkeit
I. Formelle Verfassungsmäßigkeit
1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes
2. Zustimmungsbedürftigkeit
a) Die in Betracht kommenden, ein etwaiges Zustimmungserfordernis begründenden Normen
aa) Art. 84 I GG
(1) Auffassung des Bundesrates
(2) Stellungnahme
bb) Art. 87 d II GG
(1) Die die Zustimmungsbedürftigkeit bejahende Ansicht
(α) § 16 II 2 LuftSiG
(β) § 16 III 2 LuftSiG
(βα) Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 16 III 2 u. 3 LuftSiG
(ββ) Zur Frage des Zustimmungserfordernisses
(2) Die die Zustimmungsbedürftigkeit verneinende Ansicht
(α) § 16 II LuftSiG
(β) § 16 III 2 LuftSiG
Zur Frage der Zustimmungspflichtigkeit des „actus contrarius'“
cc) Art. 85 I 1 GG 191
(1) Einrichtung der Behörden
(a) Errichtung von Behörden
(β) Nähere Festlegung des landesbehördlichen Aufgabenkreises
(βα) Kriterien der „unmittelbaren“ und „qualitativen“ Veränderung
(ββ) Kriterium der „Erheblichkeit“
(2) Zur Frage der Zustimmungsbedürftigkeit von verfahrensregelnden
Bestimmungen in Bundesgesetzen im Bereich der Bundesauftragsverwaltung
(α) Verwaltungsverfahrensregelungen
(β) Regelungskompetenz des Bundes
(γ) Zustimmungserfordernis
(γα) Eine Ansicht
(γβ) Andere Ansicht
(γγ) Stellungnahme
dd) § 17 I LuftSiG
b) Ergebnis
II. Materielle Verfassungsmäßigkeit
1. Prüfung einer Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung
a) Schutzgut/Gewährleistungsgehalt
b) Eingriff
aa) Modernes Begriffsverständnis
bb) Zur Frage des Vorliegens eines sog. Grundrechtsverzichts
(1) Zulässigkeit eines „Grundrechts(ausübungs)verzichts“ bezüglich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
(2) Wirksame Verzichtserklärung respektive Grundrechtsausübung
(α) V erzichtswille
(β) Freiwilligkeit
(3) Zwischenergebnis
cc) Verneinung eines Grundrechtseingriffs aufgrund mangelnder Informationsverunsicherung?
dd) Ergebnis
c) Die Prüfung eines Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip respektive Übermaßverbot
aa) Legitimer Zweck
bb) Gebot der Geeignetheit respektive Zwecktauglichkeit
(1) Geeignetheitsjudikatur des BVerfG - Die „schwache Version“ der Geeignetheit
(2) Reserveursachen und Umgehungsmöglichkeiten
(3) Abstraktes Gefährdungspotenzial/Mangelnde Aufspürung potenzieller Attentäter
(α) Weites Prognoserecht und großer Einschätzungsspielraum der Legislative
(β) Charakter und Funktion der Zuverlässigkeitsüberprüfung als „Verdachts-“ bzw. „Störereruierungsmaßnahme“ zum Zwecke der Informationserforschung
(4) Zwischenergebnis
(5) § 7 I Nr. 4 LuftSiG als symbolisches Gesetz im (pejorativ konnotierten) engeren Sinn
cc) Gebot der Erforderlichkeit respektive des Interventionsminimums
(1) Anhebung der Eingriffsschwelle
(2) Andere Wege der Informationsermittlung: Anlehnung an das sog. „Airport Watch Programm“
dd) Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne respektive der Proportionalität: Verfassungsrechtliche Güterabwägung im Rahmen der Zweck­Mittel-Relation
(1) Abstraktes Gewicht des von § 7 LuftSiG konkretisierten Rechtsgutes und der betroffenen Grundrechtsposition
(α) Die staatliche Verantwortung für die Sicherheit unter dem Grundgesetz
(αα) Die Idee der Sicherheit und der moderne Staat
(αβ) (Gefühlte) Sicherheit als Fundament praktizierbarer Freiheit
(αγ) Die Konstituierung der Idee der Sicherheit und die verfassungsrechtliche Größe der „Inneren Sicherheit“
(αδ) Zwischenergebnis
(β) Die abstrakte Wertigkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
(γ) Zwischenergebnis
(2) Gefahren- und Risikovorsorge als Grundrechtsbegrenzung
(α) Die gefahrenvorsorgerische Präventionsstrategie zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus im Kontext der aufkommenden Risikowahrnehmung
(β) Kritische Stimmen
(γ) Anmerkung
(3) Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von verdachtsunabhängigen Gefahrenvorsorge- bzw. Informationserforschungsmaßnahmen
(α) Zur Frage der Verfassungswidrigkeit von grundrechtseingreifenden Ermittlungen „ins Blaue hinein“
(β) „Zurechnungszusammenhang“ - „Gefahrennähe“
(βα) Adressatenbezogene Nähebeziehung zu einer (drohenden) Rechtsgutverletzung
(ββ) Gesteigerte „ortsbezogene“ Nähebeziehung: Lastenzurechnung aufgrund der Eröffnung einer (potenziellen) Gefahrenquelle
(γ) Zur Frage des Bestehens einer verfassungsrechtlich konstituierten, generellen „Redlichkeitsvermutung“
(γα) Tangierung der (putativen) „Redlichkeitsvermutung“ und der Topos vom „Generalverdacht“
(γβ) Zwischenergebnis
(δ) Unschuldsvermutung
(ε) Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Gefahrenvorsorge
(ζ) Ergebnis
(4) Verfassungsrechtliche Grenzen der vorfeldaufklärenden
Informationssammlung als Präventionsinstrument: Rechtsprechungsanalyse
(α) Entscheidung des BayVerfGH vom 07. Februar 2006 - Vf. 69-VI-04 -
(β) Entscheidung des BVerfG vom 04. April 2006 - 1 BvR 518/02 -
(βα) Die Auffassung der Senatsmehrheit
(ββ) Kritik/Anmerkung
(5) Zur Frage der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit einer erhöhten materiellen Einschreitschwelle für die Durchführung der Zuverlässigkeitsüberprüfung
(α) Wertigkeit des verfolgten Zwecks im konkreten Fall des gesetzgeberischen Handelns
(β) Wertigkeit des betroffenen Grundrechts im konkreten Fall des gesetzgeberischen Handelns
(γ) Einstellung latent-politischer Ziele in die Zweck-Mittel-Relation
(δ) Eingriffsintensität der Zuverlässigkeitsüberprüfung
(6) Zwischenergebnis
d) Vereinbarkeit mit dem Bestimmtheitsgebot
e) Ergebnis
2. Prüfung einer Verletzung von Art. 2 I GG
3. Prüfung einer Verletzung von Art. 3 I GG
C) Endergebnis

Schlussbemerkungen

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung und Problemaufriss

Der Traum vom Fliegen ist bekanntlich so alt wie die Menschheit selbst. Die (Selbst-) Verwirklichung dieses Traums verlangt derweil in Zeiten einer erhöhten, in den vergangenen Jahren auf unheimliche Weise manifest gewordenen Terrorgefahr, in denen im Kontext einer Sicherheitsarchitektur, welche zunehmend auf frühzeitige Erkenntnisgewinnung über potenzielle Straftäter oder Störer ausgelegt ist, in verstärktem Maße auch prima facie harmlose Freizeitbeschäftigungen von überwiegend (ja, im Grenzfall ausschließlich) integeren und rechtschaffenen Bürgern ins Visier der auf keinem konkreten Verdacht beruhenden, pro­aktiven staatlichen Kontrolltätigkeit geraten, mitunter weit mehr als etwa die „bloße“ Aneignung von theoretischem Wissen und praktischem Können; nämlich: dass Innehaben einer die Lauterkeit, die Charakterfestigkeit etc. betreffenden und in regelmäßigen Abständen zu aktualisierenden „Unbedenklichkeitsbescheinigung“.

Ziel und Gang der Arbeit - Einführung in das Untersuchungsthema

Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht eine Vorschrift, die mit dem Inkrafttreten des LuftSiG, infolge der vereinnahmenden Aufmerksamkeit, die im fachwissenschaftlichen, wie im allgemeinen öffentlichen Diskurs, (verständlicherweise) der im Zentrum dieses Gesetzes stehenden[1], in § 14 III normierten Abschussermächtigung für Passagierflugzeuge zu Teil wurde, eine, wenn überhaupt nur stiefmütterliche Behandlung erfuhr, nämlich: § 7 I Nr. 4 LuftSiG.[2] § 7 I Nr. 4 LuftSiG, in-Kraft-getreten am 15. Januar 2005 durch das „Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben“ - LuftSiNeuregG - (BGBl. I 2005, 78) vom 11. Januar 2005, statuiert eine (kostenpflichtige[3] ) periodische Zuverlässigkeitsüberprüfung der Führer bestimmter Arten von motorgetriebenen Luftfahrzeugen und zwar erstmals auch von solchen Piloten, die ihre Flieger nur zu privaten Zwecken nutzen, sowie der entsprechenden Flugschüler (vgl. § 4 I 1 i.V.m. § 1 II Nr. 1-3 und 5 LuftVG). Deren Zuverlässigkeit hat die Luftsicherheitsbehörde zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs und zum Schutz vor Angriffen aus dem Luftverkehr heraus zu überprüfen.

Zu Beginn der Untersuchung, im ersten Teil, soll zunächst der Hintergrund der Neuregelungen dargestellt, ein kursorischer Überblick über die durch den Imperativ der „Sicherheit“ ausgelösten Gefahrenabwehr- und Gefahrenvorsorgegesetze der jüngeren Zeit verschafft und überdies das einschlägige Entscheidungs-Ensemble des BVerfG, dem zu Recht Grundlagencharakter zuzuerkennen ist, skizziert werden.

Anschließend befasst sich ein zweiter Teil mit einer Reihe von Rechtsfragen, die auf der einfach-rechtlichen Ebene angesiedelt sind. Hierbei steht die in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage im Mittelpunkt der Erörterung, ob auch solche Privatpiloten, die ihre Erlaubnis noch vor Inkrafttreten des LuftSiG erworben bzw. verlängert erhalten haben (sog. „Alt-Lizenzinhaber“), während der Laufzeit ihrer bestehenden und noch gültigen Luftfahrerscheine der erstmaligen Zuverlässigkeitsüberprüfung i.S.v. § 7 LuftSiG unterliegen. Insoweit wird speziell zu prüfen sein, inwiefern bereits allein die mangelnde Durchführung der Kontrolle einen Erlaubniswiderruf bzw. eine Ruhensanordnung und darüber hinausgehend die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit (gem. § 80 II 1 Nr. 4 Alt. 1 VwGO) betreffs der Entziehungsverfügung zu rechtfertigen vermag.

In einem dritten Teil ist den Einwänden nachzugehen, die in Bezug auf die Gemeinschaftsrechtskonformität des § 7 I Nr. 4 LuftSiG und hinsichtlich des verfassungsgemäßen Zustandekommens - in formeller Hinsicht, bezüglich des LuftSiG insgesamt und damit auch bezüglich - der hier maßgeblichen Gesetzesnormen erhoben werden. Was die zuweilen in Zweifel gezogene Übereinstimmung mit materiellen Verfassungssätzen anbelangt, soll zunächst eine Verletzung von Art 2 I i.V.m. Art. 1 I GG untersucht werden. Dabei wird eingangs vor dem Hintergrund dessen, dass die Durchführung der Überprüfung von der Stellung eines Antrags durch den Piloten/Flugschüler abhängig ist (vgl. § 7 II 1 LuftSiG), mit dem dieser seine Zustimmung zum staatlichen Zugriff auf die Daten bekundet, die Figur vom sog. Grundrechtsverzicht zu behandeln sein, wobei gerade der Aspekt der erforderlichen Freiwilligkeit näherer Betrachtung bedarf. Im Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitspostulat wendet sich der Text den zahlreichen Einwänden zu, die gegen die Geeignetheit der Maßnahme vorgebracht werden. In Bezug auf die Verhältnismäßigkeit i.e.S. erhebt sich im Weiteren die Frage, ob mit der Einbeziehung der in § 7 I Nr. 4 LuftSiG genannten Personen der rechtsstaatlich angemessene Ausgleich zwischen Allgemein- und Individualinteressen gewahrt worden ist. Im Rahmen der Güterabwägung wird besonders der Umstand von Relevanz sein, dass der Staat mit dem Erfordernis der Zuverlässigkeitsüberprüfung an die Betroffenen herantritt, ohne dass diese über ihr Begehren, (weiterhin) ein Kleinflugzeug zu steuern, hinaus einen Anlass dazu gegeben hätten. Da die Kontrolle im Vorfeld einer manifesten Normübertretung erfolgt, betrifft und beschwert sie unweigerlich eine überragende Vielzahl von Personen, die die Grenzen allgemeinverträglicher Freiheitsausübung nicht überschritten haben, die somit in der Terminologie aus der überkommenen polizeirechtlichen Störerdogmatik sog. „Nichtstörer“ bzw. zum Zeitpunkt der Kontrolle jedenfalls nicht Störer sind und insoweit rein vorsorglich begutachtet werden. Sonach spiegelt sich in dem Für und Wider der Zuverlässigkeitsüberprüfung auch die Dichotomie von (sichernder) Vorsorge und (freiheitlichem) Wagnis. Es ist daher angezeigt, das Problem von verdachtslosen und ereignisunabhängigen Gefahrenvorfeldeingriffen zum Zwecke der Informationsvorsorge sowie die Rechtsposition des sog. unbescholtenen Bürgers zu beleuchten. Wir wollen uns auch mit der zuweilen harschen Kritik auseinandersetzen, die sich an der Ergänzung des herkömmlichen, streng an der Gefahr-Störer-Dogmatik orientierten Gefahrenabwehrrechts durch ein „neues“ Gefahrenermittlungsrecht erhoben hat. Anschließend wird zu untersuchen sein, ob im Hinblick auf die Intensität des Grundrechtseingriffs, zu dem § 7 LuftSiG ermächtigt, eine höhere Einschreitschwelle zur Wahrung der Proportionalität gefordert ist. Im Anschluss an die Ausführungen zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird endlich auf einen möglichen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 I GG eingegangen.

Die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung hat nicht nur auf der Verbandsebene, sondern auch und v.a. unter den Luftfahrern selbst, ein großes Aufbegehren hervorgerufen und für erbitterte Renitenzen gesorgt.[4] Der Unmut, der ob der „Schnüffelei über unverdächtige Minderheiten“[5] unter vielen der sich diskriminiert fühlenden Piloten vorherrscht, drückt sich in Unverständnis und Ingrimm aus und führt nicht selten dazu, dass sich die Betroffenen, nimmt man ihre mannigfachen Bekundungen des Grolls für wahr und als Maßstab, von diesem Staat und seinen Vertretern ein (ganzes) Stück weit abwenden. In einer Demokratie kein dramatischer, so doch ein unguter Zustand. Der Staat, hatte Rousseau gesagt, werde nicht durch Gesetze zusammengehalten, sondern durch die gesetzgebende Gewalt. Er meinte: durch den Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt, durch das Ansehen, das sie genießt, das Vertrauen, auf das sie bauen kann.[6] Die Entscheidung des Bürgers für den Staat erfordert zudem, dass er sich mit ihm identifizieren kann. Sicher, von der Entfremdung vom System und seiner politischen Klasse ist es ein weiter Weg bis zur Aufkündigung der Loyalität. Gleichwohl ist demokratische Herrschaft auf das Verständnis des Bürgerpublikums angewiesen und v.a. bei belastenden Maßnahmen muss für die Betroffenen erkennbar sein, dass sie vom Staat fair behandelt worden sind.[7] Die vorliegende Arbeit versteht sich deshalb u.a. darin, insofern einen Beitrag zur Aufhellung zu leisten, als die gegen die Neuregelung vorgebrachten Einwände in nüchterner Analyse der Verfassungsrechtslage auf ihre Durchschlagskraft und Berechtigung hin überprüft werden sollen.

Teil 1

§ 7 I Nr. 4 LuftSiG im Kontext der Sicherheitsdebatte

„Der Alltag überall im Westen“, so war unlängst zu lesen, „ist heute geprägt von aufwendigen, kostspieligen, zuweilen sinnlos anmutenden Sicherheitsüberprüfungen. Auch Deutschland hat es darin zu einer wahren Meisterschaft gebracht.“[8] Diese Diagnose leitet, verbleibt man in der kritischen Perspektive, direkt zu unserem Untersuchungsgegenstand über. Die Erweiterung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung auf den in § 7 I Nr. 4 LuftSiG genannten Personenkreis bewegt sich im Spannungsfeld zwischen staatlichem Schutzauftrag und rechtsstaatlich gebotener Distanz; sie steht in rechtspolitischem Zusammenhang von Freiheit und Sicherheit. Das unablässig komplexe und interdependente Verhältnis dieser beiden gesellschaftlichen Fundamente - gleich kostbare und gesuchte Zielwerte das eines der großen Themen unserer Tage ist, fungiert als Hintergrund und Fundament der meisten Kontroversen um angemessene sicherheitspolitische (Re-)Aktionen und Konzepte, weil die „richtige“ Balance zwischen ihnen eine Chiffre darstellt, an der die Funktionalität des demokratischen Rechtsstaates zu messen ist.[9] Nimmt man speziell den Aspekt der verdachtsunabhängigen Inanspruchnahme in den Blick, so gelangt darin durchaus ein genereller - wenngleich kein ganz neuartiger, derweil in einen gesellschaftspolitischen Kontext zunehmender Orientierung auf den Wert Sicherheit eingebetteter - rechtspolitischer „Trend“ zum Ausdruck. „[I]mmer mehr unverdächtige Menschen“, bekrittelte etwa Gössner[10] in seinem Pamphlet wider den staatlichen Antiterrorkampf aus dem Jahr 2007, werden „in Verdachtsschöpfungsmaßnahmen verstrickt und mit ihren persönlichen Daten erfasst.“ „Die Sicherheitspolitik“, so lautet denn auch der - wiederum keineswegs originelle - Befund in einer kürzlich erschienenen Monographie, „hat sich von den Erfordernissen eines Anlasses und eines Verdachts gegen eine bestimmte Person verabschiedet“[11] ; „die Sicherheit der Bürger,“ - so Prantl - „vom Staat unbehelligt zu bleiben, wenn man sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, ist perdu.“[12] Die jüngere Antiterrorismusgesetzgebung enthält in der Tat eine deutliche Akzentuierung der Aufklärungsermächtigungen, die darauf angelegt sind überhaupt erst einmal Informationen über potenzielle Bedrohungsherde zu erlangen, d.h. die (erhöhten) Sicherheitsrisiken prospektiv zu bekämpfen, sie frühzeitig zu erkennen und sie und die Ungewissheiten über gefahrenträchtige Situationen nach Möglichkeit bereits im Keim zu ersticken.[13] „Das Schlimme ist“, schimpft und polemisiert insoweit der frühere Bundesminister des Inneren Baum[14], „dass wir zu einem Volk der Verdächtigen werden“; „[w]ir werden alle zu Risikofaktoren“[15]. „Der Bürger“, sekundiert der Frankfurter Strafrechtler Albrecht[16], „wird Schritt für Schritt unter Generalverdacht gestellt [...]“; er wird - so wiederum Prantl - „massiven Misstrauens- und Überwachungsmaßnahmen aus[ge]setzt, die auf keinem konkreten Verdacht beruhen“[17]. Und Ulrich Becki[18], bekanntlich ein ausgewiesener Könner der zeitgenössischen Gesellschaftsdiagnose, spricht schließlich (warnend) von einer in den Zustand des Konjunktivs versetzten „Könnte-sein-Gesellschaft“, in der „das Aufspüren von Gefahrenquellen zu einer atemlosen, ja, verdachtslosen Suche“ werde.

Bei Betrachtung des zeitlichen Regelungskontextes lässt sich vermerken, dass die Verschärfung der Zuverlässigkeitsanforderungen in eine turbulente Zeit fällt, die durch die „Gleichzeitigkeit von Bedrohung und Nichtwissen“[19], durch diffuse Ängstlichkeit und zunehmende Kontingenz geprägt ist;[20] in einer immer komplexer und vielfältiger werdenden, ganz auf das Primat Sicherheit als hochgeschätzten Leitwert setzenden - durch verschiedene Kürzel gekennzeichneten - Gesellschaft, die ihre Menschen zwar besser denn je versorgt, aber auch in verstärktem Maße anfällig ist: für unerwartete Ereignisse und plötzliche Erschütterungen; in einer Gesellschaft, die historisch neuartige, nicht eingrenzbare (Groß-) Gefahren und unbestimmte, vulgo: unvorhersehbare, in ihren Konsequenzen unumkehrbare, als zerstörerisch und unbeherrschbar wahrgenommene (Groß-)Risiken birgt. Gefahren und Risiken, die alte nicht ablösen, sondern ergänzen, die sämtlich die Eigenschaften von Ungreifbarkeit und Durchschlagskraft miteinander verbinden[21], für den Einzelnen unübersichtlicher werden, seine physische Unversehrtheit sowohl schleichend als auch schlagartig beeinträchtigen können und die der menschlichen Existenz am Beginn des 21. Jahrhunderts ihren prägenden Stempel aufdrücken, indem sie das Leben belasten, Furcht erzeugen und vielgesichtige Unsicherheiten stiften. Wo als Reaktion auf eben diese Empfindungen, auf Desorientierung und Schadensgewärtigung und angesichts gewachsener Bedrohungsperzeptionen, die Kontrollbedürfnisse, die Anstrengungen, Erwartungen und Interessen, Schadenspotenziale beherrschbar und berechenbar zu machen sowie allgemein das Verlangen nach der Generierung von erweiterter („neuer“) Sicherheit eine nachhaltige Steigerung erfahren haben.[22] Denn der Wunsch nach (staatlich organisierter) Sicherheit ist umso stärker, je mehr der Eindruck besteht, dass Vorgänge und gesellschaftliche Zustände sie vermissen lassen, je mehr m.a.W. die frustrierende Erfahrung gemacht wurde, dass die Befriedigung dieses universalen Grundbedürfnisses in Frage gestellt ist und je mehr Lebensrisiken das Individuum in seiner Umwelt sieht.[23] Fast jeder spürt, dass immer mehr alte (Verhaltens- und Erwartungs-[24] )Sicherheiten ersatzlos abhanden kommen, zerfallen, an Beständigkeit und Verlässlichkeit verlieren, dass wir - jedenfalls in der gesellschaftlichen Wahrnehmung - in einer sehr fragilen und prekär gewordenen Sicherheit leben.[25] Zumindest das persönliche Gefühl von Unsicherheit - das zweifelsohne nicht exakt den tatsächlichen Gefahren entspricht, denen eine Bevölkerung ausgesetzt ist, sondern fortwährend von der Realität der Bedrohung abdriftet - und das des Ausgeliefertseins, der Ohnmacht und nicht abbaubaren Verwundbarkeit ist wohl intensiver denn je.[26] Die Lebensumstände, die sich deutlich schneller als früher verändern[27], werden in ganz verschiedenen Sektoren als enorm unsicher empfunden. Eckart Conze hat dies kürzlich sehr eindringlich unterstrichen: „Die Erosion von Sicherheit - genauer gesagt: von Sicherheiten - und die Wahrnehmung dieser Erosion charakterisieren den politischen Diskurs unserer Tage.“[28] Seine luzide Diagnose lautet: „Wenn Wertschätzungen aus Mangellagen resultieren, dann muss in den letzten Jahren ein Mangel an Sicherheit entstanden sein, muss das Gefühl von Sicherheit abgenommen, das von Unsicherheit gewachsen sein.“[29] Es gehört fraglos zur historischen Erfahrung des Menschen, dass Wohlstand und Sicherheit von Gesellschaften immer bedroht waren und verteidigt werden mussten; Unsicherheit und Unwägbarkeiten ausgeliefert zu sein, ist ein Grundzug der menschlichen Existenz.[30] In der „terroristischen Weltrisikogesellschaft“[31] ist derweil speziell das Leben mit dem allgegenwärtigen, anonymen Risiko von (katastrophenähnlichen) Anschlägen zum Dauerzustand geraten.[32] Jeder ahnt, dass alles möglich ist.[33] Aber keines der potenziellen Opfer weiß, „ob und wann wieder etwas passiert, wer wo und wie zuschlagen und in unseren Traum eines friedlichen und gesicherten Lebens zerstörerisch eindringen wird“[34]. Dabei gilt es den Umstand einzustellen, dass der religiös­fundamentalistische Terror speziell durch seine Wahllosigkeit, durch die fehlende Selbstbeschränkung bei der beliebigen Opferauswahl gekennzeichnet ist. Er greift - im Unterschied etwa zum linksradikalen europäischen Terrorismus der siebziger Jahre - nicht nur die Entscheidungseliten und Personen aus gesellschaftspolitisch wichtigen Institutionen, sondern „jenseits von Stand und Klasse“ alle Angehörigen des Gemeinwesens als Träger der verhassten westlichen Lebensform an, die sich nicht vorauseilend unterwerfen. Die individuellen Toten und Verwundeten, die aus Sicht der Täter als entpersonalisierte Vermittler ihrer Botschaft erscheinen, sind immer nur Mittel zum Zweck, eher zufällige Opfer, zur falschen Zeit am falschen Ort.[35] Der aktuelle Schaden eines anderen Bürgers wirkt daher insofern verunsichernd, als er gleichnishafte Bedeutung zu haben scheint und als Hinweis auf die eigene Gefährdung verstanden werden kann. Diese „Entgrenzung“ physischer Gewalt, die beklemmende Ahnung, sich auch durch Wohlverhalten einem Anschlag nicht entziehen und von einer etwaigen „Selektion“ profitieren zu können, hat sonach, wo der unabwendbare „es-kann-auch-mir-passieren“-Gedanke Platz greift, bedenkt man besonders die negativen Folgen für die Empfindung der potenziellen persönlichen Betroffenheit (Identifikation mit der Opferrolle) und für die Einschätzung der sog. Copingfähigkeiten[36], gravierende Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl, darauf, „wie der öffentliche Raum erlebt wird“[37]. Wo die Sicherheit des Alltags gleichsam nur noch auf Vorbehalt existiert, hat die Gegenwart der unterschwelligen Angst vor menschlichen Boshaftigkeiten eine beständige Verdichtung erfahren und sich ein allgemeines latentes Unbehagen breit gemacht, das sich als ständiger Begleiter in unserem Innern festsetzt. Zu jeder beliebigen Zeit und an jedem Ort muss mit allem gerechnet werden: „Jedes Kleinflugzeug über der Stadt kann jetzt auch eine Bombe sein und jeder abgestellte Koffer auf einem öffentlichen Platz verursacht Stress.“[38]

A) Sicherheitsgesetze in der Bundesrepublik Deutschland im Lichte der subversiven Bedrohung durch den transnationalen Terrorismus islamistischer Prägung

Die folgenden Ausführungen sollen der Vergegenwärtigung der Hintergründe der Neuregelungen, der hier relevanten, aber auch allgemein der Novellen (bzw. Normierungswellen) auf dem Sektor der Inneren Sicherheit im Ereignisschatten der Terrorverbrechen vom „11. September“ dienen.

„Katastrophen [...] sind Ereignisse, die den Lauf der Dinge jäh unterbrechen, Eruptionen, die das Kontinuum sprengen, die Geschichte in eine andere Richtung zu reißen vermögen.“[39] Es handelt sich um das Diskontinuitätsereignis schlechthin, in dem basale Erwartungen enttäuscht und Routinen entwertet werden.[40] Das traumatisierende „Schlüsselereignis“ vom 11. September 2001, der zum ikonographischen historischen Paradigma für die Eskalation paramilitärischer Gewalt gegen die gesamte westliche Welt und zur Chiffre für Unsicherheit in unserem Gesellschaftssystem geworden ist, war eine ebensolche, eine „unfassbare“, die Menschen rund um die Erde in Echtzeit erschütternde, intendierte Katastrophe, die die Einschätzung innerer Gefahrenlagen verändert und bei vielen Bürgern dieses Kulturkreises ein bleibendes Gefühl von Bedrohtheit und Verwundbarkeit präsent gemacht hat.[41] Die tragischen Geschehnisse - oder in den Worten Helmut Schmidts: „Mammut-Verbrechen“[42] - haben die nationale Sicherheitslage ins Zentrum des innenpolitischen Interesses treten lassen und sie haben, gleichgültig, ob man sie im Rahmen des war paradigm oder des crime paradigm wahrgenommen hat, eindringlich die Notwendigkeit effizienter staatlicher Strategien zur Verhinderung und - operativen wie strukturellen - Bekämpfung des globalen (transnationalen) Terrorismus vor Augen sowie in der Folge zu einer erheblichen Veränderung zahlreicher Sicherheitsdiskurse und des Sicherheitsrechts geführt. Die durch die simultanen Anschläge mit phänomenologischer Deutlichkeit markierte, diffuse, durch ihre Koinzidenz von Allgegenwart und Unsichtbarkeit gekennzeichnete Bedrohungslage und veränderte Bedrohungsqualität durch die Globalisierung des staatenlos vagabundierenden Terrorismus der Netzwerke führte auch hierzulande zu einer breit angelegten, politischen und juristischen, vom „Nichts-wird-mehr-so-sein-wie-es-war“-Tremolo begleiteten Debatte über geeignete Abwehrstrategien, die Abwehrbereitschaft Deutschlands und über die Ausgestaltung einer rechtsstaatlich orientierten, demokratisch verantwortbaren Sicherheitspolitik.[43] Es stellte sich die Frage, ob und inwieweit die bestehende Sicherheitsarchitektur mit den zu Grunde liegenden gesetzlichen Vorgaben ausreicht, um den wirksamen Schutz der Bürger gegen sog. „kosmopolitische“ „Gewalt-NGOs“[44], gegen überall und nirgends präsente, klandestin und militärähnlich agierende Gewaltakteure zu gewährleisten. Der tödliche Schock von „9/11“ hat im Verbund mit der Antizipation künftiger Attentate eine Fülle von legislativen Vorschlägen und Maßnahmen provoziert oder stimuliert, wobei gerade die schwere Greifbarkeit der Urheber der Gefahr die Breite der staatlichen Reaktionen bedingte. Nicht nur in unseren Partnerländern in der angelsächsischen Rechtstradition, auch in Deutschland wurden unter Führung der damaligen rot-grünen Bundesregierung zahlreiche Bestimmungen der neuen resp. neu wahrgenommenen oder neu bewerteten Gefährdungslage angepasst, die unterschiedlichsten Sicherheitsmaßnahmen implementiert, terrorismusspezifische Befugnis- und Organisationsnormen ausgeweitet, ausnehmende Sicherheitsstrukturen aufgebaut und ein weit gespanntes Netz staatlicher Präventiv- und Abwehrmaßnahmen geknüpft.[45] Dabei wurde das Heil v.a. in der „Flucht nach vorn“ gesucht: Ein wesentliches Kennzeichen und eine verbindende Eigenheit der diversen „Anti-Terrorismus-Aktionen“ war die bezweckte Effektivitätssteigerung von Früherkennungsinstrumenten und mithin die Vorverlegung der Eingriffsschwelle, insb. für den Zugriff auf grundrechtlich geschützte Daten. Es gehe darum, so hat der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach[46], das Credo prägnant kundgetan, „nie wieder einen Tag zu spät einer Gefahr zu begegnen“; was - in den Worten Willkes[47] ausgedrückt - so viel heißt wie: Tunlichst zu verhindern, dass staatliche „Ignoranz“ (i.S. von „uninformiert“) „kollektive Güter gefährdet“.

Intendierte Katastrophen, wie der hier in Rede stehende „Referenzfall“ der deutschen Gesetzgebungsbemühungen, sind sicher immer auch Testfälle auf die Kraft der Freiheitsidee. Dabei können wir recht nüchtern vermerken, dass spätestens seit den Erschütterungen zu Beginn des 21. Säkulums, die für „freiheitsbegrenzende“ Sicherheit argumentierenden Politiker mehr Aufmerksamkeit und normatives Gewicht beansprucht haben. Die gesetzgeberischen Reaktionen haben, von Bürgerkritik weitestgehend entlastet, von einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz getragen, geradezu als Ausdruck von Volkes Wille[48], gemäß der Maxime „in dubio pro securitate“, eine deutliche Hinwendung zu mehr Sicherheit aufgewiesen. Es ist die Fluchtneigung aus dem umwälzenden, neuartigen Bedrohungsszenario, die die politische Willensbildung kanalisierte, das politische Bewusstsein bestimmte und im Rahmen der gesellschaftlichen Neuaushandlung des Verhältnisses von Sicherheit und Risiko[49], man könnte auch sagen: im Prozess von „securitization“ („Versicherheitlichung“) zu graduellen Verschiebungen auf der Skala der Freiheitlichkeit führte, wobei „nine-Eleven“ diese Tendenz mindestens nachhaltig forciert hat.[50]

Es bleibt die Frage: Was hat Karlsruhe dazu gesagt? Die sicherheitspolitischen Gegenmaßnahmen mündeten in eine Sequenz von bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen ein, die im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wie unter zeitgenössischen Beobachtern mehrheitlich in den höchsten Tönen gelobt, ja geradezu euphorisch gepriesen wurden[51] und die besonders der übermäßigen Einschränkung von Grundrechten der Bürger zwecks Kriminalitäts- oder Gefahrenvorsorge Einhalt geboten und den Datenschutz als gleichsam feste Determinante auch angesichts einer existenten Terrorgefährdung hoch gehalten haben.[52] Die Karlsruher Richter kassierten in verstörend rascher Folge wegen Vernachlässigung grundrechtlicher Belange gleich mehrere Sicherheitsgesetze des Bundes und der Länder, schränkten sie massiv ein oder sahen zumindest die Handhabung der Ermächtigungen im konkreten Fall als verfassungswidrig an.[53] Das kürzlich - am 02. März 2010 - ergangene Urteil zur sog. Vorratsdatenspeicherung[54] liegt durchaus auf der Linie vergangener Verdikte des Ersten Senats, etwa zur akustischen Wohnraumüberwachung („Großer Lauschangriff“) vom 03. März 2004[55], zur Überwachung des Post- und Telekommunikationsverkehrs nach dem Außenwirtschafts- und dem Kriegswaffenkontrollgesetz vom selben Tag[56], zur präventiv-polizeilichen Telefonüberwachung im niedersächsischen Polizeirecht vom 27. Juli 2005[57] und zur präventiv-polizeilichen Rasterfahndung vom 04. April 2006[58]. Der Zweite Senat hat diese Rechtsprechung in jüngster Zeit durch seine Beschlüsse zur Durchsuchung, Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern einer Rechtsanwaltskanzlei aus dem Jahre 2005[59] sowie - 2006 - von Telekommunikations-Verbindungsdaten des Computers und Mobiltelefons einer Richterin[60] komplettiert. Dann verfielen der für nichtig erklärte Europäische Haftbefehl[61] und die schon erwähnte Ermächtigung zum Abschuss entführter Passagierflugzeuge. Zuletzt traf es das nordrhein-westfälische Gesetz zur sog. Online- Durchsuchung[62] und zwei Landesgesetze zur automatisierten Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle[63]. Gemeinsam ist den meisten Entscheidungen, das deutlich erkennbare Bestreben des BVerfG, durch den Rekurs auf die Normenbestimmtheit und Normenklarheit sowie die Verhältnismäßigkeit verstärkt die parlamentarische Verantwortung zu betonen (Re-Parlamentarisierung) und anhand der Entwicklung insb. auch materieller Maßstäbe dafür zu sorgen, dass die in dem Vorsorgegedanken angelegte Dynamik nicht dazu führt, dass verfassungsrechtliche Maßstäbe unterlaufen werden (Re- Materialisierung der Anforderungen)[64] - und weiterhin, so Roggan/Bergemann, die Mahnung, an den Maßstäben des Individualschutzes festzuhalten und „individuelle Freiheit“ auch in Zeiten terroristischer Bedrohung „nicht zu Gunsten von [...] abstrakten Sicherheitsversprechen aufzugeben“[65]. Nach diesen Prolegomena, nunmehr wieder zum Untersuchungsgegenstand selbst.

B) Luftsicherheit

§ 7 LuftSiG stellt, wie dessen Vorgängervorschrift (vgl. § 29 d LuftVG a.F.), eine unmittelbare Reaktion auf terroristische Anschläge auf die zivile Luftfahrt dar.

I. Die Großluftfahrt

Der Bereich der Luftsicherheit beschäftigt Experten nicht erst seit dem Spätherbst 2001. Angriffe auf die zivile internationale Luftfahrt haben eine lange Tradition. Die technische Entwicklung und der Fortschritt des Luftverkehrs hatten ihn zu einem bevorzugten Medium und Ziel terroristischer und anderer krimineller Handlungen werden lassen.[66] Der kommerzielle Luftverkehr ist in verstärktem Maße seit Ende der 1969er/Beginn der 70er Jahre weltweit durch gewaltsame kriminelle Angriffe, v.a. durch Flugzeugentführungen, Sprengstoffanschläge gegen Flugzeuge in der Luft und am Boden sowie durch Anschläge auf Flughäfen bedroht.[67] Diese Eskalation veranlasste die Sicherheits- und Luftfahrtbehörden, auf den - mittlerweile, jedenfalls soweit es die Passagier- und Gepäckabfertigung betrifft, zu regelrechten Hochsicherheitstrakten ausgebauten - Flughäfen spezifische Sicherungsmaßnahmen („security measures“) einzuführen bzw. bereits getroffene Vorkehrungen zu optimieren.[68] Die Bedrohungsszenarien haben sich seit den Ereignissen vom „11. September“ verändert. Letztere haben in horrender Art und Weise demonstriert, dass entführte Passagierflugzeuge nicht mehr nur als Instrument politischer Erpressung, sondern als quasi-militärisches Gerät zweckentfremdet, als kinetische Massenvernichtungswaffen gegen Zielobjekte am Boden eingesetzt werden und dort verheerende Schäden verursachen können (sog. „Renegade-Fall“).[69] Dieses Datum markiert zweifelsohne eine Zeitenwende im Umgang mit den Gefahren terroristischer Einflussnahme auf die unmittelbar von den Anschlägen betroffene zivile Verkehrsluftfahrt und aktualisierte die Diskussion um die Luftsicherheit[70], um die Gefahr, die von Flugzeugen ausgeht und die wirksame Bekämpfung der aus der Luft drohenden terroristischen Akte in exponentieller Weise. Das Kolossalverbrechen hat die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in besonderer Weise auf die Sicherheit der Zivilluftfahrt gelenkt und - unter dem Druck terroristischer Gefahr - die Neigung der politischen Verantwortungsträger aller Ebenen verstärkt, neben der Schließung von existenten Sicherheitslücken, unter Würdigung sämtlicher hypothetischer Risiken, alles Erdenkliche zu tun, um die Luftsicherheit zu verbessern und das gesamte System der Luftsicherheitsmaßnahmen auf die neue Qualität der Bedrohung zu erweitern.[71]

II. Die Allgemeine Luftfahrt

In Bezug auf den Bereich der „Luftsicherheit“ bildet neben der Verkehrs- und der Militärluftfahrt die - für die hiesige Untersuchung bedeutsame - Allgemeine Luftfahrt die dritte große Säule des vielfältigen Gebildes unseres Luftverkehrssystems. Unter Allgemeiner Luftfahrt versteht man den gesamten Luftverkehr, der sich außerhalb des Linienverkehrs und des linienähnlichen Charterverkehrs bewegt und der nicht zur Militärluftfahrt gehört; sie stellt die zivile Individualverkehrskomponente der Luftfahrt dar.[72]

Die private Fliegerei ist spätestens seit einem Vorfall im Frankfurter Luftraum aus dem Jahre 2003 in den Blickpunkt der Sicherheitspolitik gerückt. Am 05. Januar drang ein geistig verwirrter 31-jähriger Student unter Anwendung von Waffengewalt auf einen Flugplatz im südhessischen Babenhausen ein, und kreiste sodann mit einem entwendeten Motorsegler, von dem zunächst niemand wusste, ob er als bemannte „fliegende Bombe“ eingesetzt werden sollte, stundenlang über der Innenstadt der Mainmetropole, wobei der Delinquent mehrfach drohte, sich mit samt des kleinmotorigen Sportflugzeugs in das Hochhaus der Europäischen Zentralbank zu stürzen, sollte ihm nicht ein Telefongespräch in die USA gewährt werden.[73] Speziell dieser Vorfall, der ohne die sogleich präsenten Erinnerungen an den „11. September“ gewiss nicht dieselbe sicherheitspolitische Brisanz und öffentliche Aufmerksamkeit erfahren hätte, war als zweites Schlüsselereignis der Auslöser, wenngleich nicht die Ursache, des Gesetzgebungsverfahrens zum LuftSiG bzw. er hat die Gesetzesverabschiedung zumindest forciert[74] und die zuständigen Behörden veranlasst, die Sicherheit der Kleinflughäfen und der Kleinflugzeuge in Deutschland zu überprüfen und in der Folge dazu geführt, die Zuverlässigkeitskontrolle i.S.v. § 7 LuftSiG - da letztlich nichts geschehen ist (der „Irrflieger“ konnte zur Landung bewegt werden), erfolgte dies als Reaktion auf antizipierte Terrorattacken[75] - auch auf Piloten auszudehnen, die ihre Flugzeuge nur zum Zwecke des Freizeitgebrauchs nutzen.

Teil 2

Einfach-rechtliche Ebene: Aspekte und Problemstellungen

A) Die Neuregelungen

Bevor wir uns im Einzelnen mit den auf der einfach-rechtlichen Ebene verhafteten Fragestellungen beschäftigen wollen, soll zunächst ein Überblick über die gesetzgeberische Entwicklung und den Inhalt der hier interessierenden Neuregelungen gegeben werden.

I. Genesis

Das LuftSiG, das den europarechtlichen Vorgaben zur Bekämpfung des Terrorismus im Luftverkehr Rechnung trägt[76], geht auf einen von der Bundesregierung am 07. November 2003 vorgelegten Entwurf für das „Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben“ - LuftSiNeuregG - (BGBl. I 2005, 78) zurück, das der Deutsche Bundestag am 18. Juni 2004, der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses[77] folgend, mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beschlossen hatte.[78] Durch das als Artikelgesetz gefasste LuftSiNeureG vom 11. Januar 2005, das am 15. Januar 2005 in Kraft getreten ist, wurde die Systematik des Sicherheitsrechts im Luftverkehr neu konzipiert. Kern des Gesetzes ist das in Art. 1 enthaltene LuftSiG; mit seinem Art. 2 wurden Änderungen des LuftVG vollzogen.[79] Dem Gesetzgeber ging es v.a. darum, eine Konzentration der luftsicherheitsrechtlichen Vorschriften in einem Spezialgesetz zu bewirken.[80] Ziel war die Schaffung von „Rechtssicherheit und [...] Rechtsklarheit“[81]. Bezüglich der in den §§ 1-12 LuftSiG enthaltenen allgemeinen Regelungen im Hinblick auf die Luftsicherheitsbehörden und deren Befugnisse bestand die Grundidee darin, die Bestimmungen zur Abwehr äußerer Gefahren für die Luftsicherheit (sog. „Security“), die bis dahin zusammen mit den Vorschriften über das Einschreiten gegen betriebsbedingte Gefahren der Luftfahrt (sog. „Safety“) verstreut im LuftVG und anderen Gesetzen enthalten waren, im LuftSiG zusammenzufassen.[82]

II. § 7 LuftSiG: Norminhalt und Neuerungen

Während in § 7 I LuftSiG der Personenkreis derer benannt ist, der sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung[83] zu unterziehen hat, finden sich in den § 7 II-V und VII-XI LuftSiG Vorschriften über das Verfahren. § 7 VI LuftSiG regelt die Rechtsfolgen einer nicht positiv abgeschlossenen oder unterbliebenen Sicherheitsüberprüfung (lediglich) für die in § 7 I Nr. 1-3 und 5 LuftSiG genannten Personen: In den Fällen des § 7 I Nr. 1 und 5 LuftSiG darf dem Betroffenen kein Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes gewährt werden und in den Fällen des § 7 I Nr. 2 und 3 LuftSiG darf er seine Tätigkeiten nicht aufnehmen.[84]

§ 7 LuftSiG ist die Nachfolgevorschrift der früheren, durch das Gesetz zur Übertragung der Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit auf den Bundesgrenzschutz (Aufgabenübertragungsgesetz) vom 23. Januar 1992 (BGBl. I, S. 178) am 01. April 1992 in das LuftVG eingefügten und mit Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben aufgehobenen Regelung zur Zuverlässigkeitsüberprüfung in § 29 d LuftVG.[85] Er steht in dessen Tradition, führt die bisherigen materiell-rechtlichen Bestimmungen fort und ordnet zudem die in § 29 d LuftVG a.F. und in der LuftVZÜV enthaltenen Verfahrensbestimmungen neu. Neben einer Ersetzung der Vorgaben zur Zuverlässigkeitsüberprüfung sieht § 7 LuftSiG mit dem erklärten gesetzgeberischen Ziel „bestehende Sicherheitslücken zu schließen“, Änderungen und Ergänzungen des alten Rechtzustands vor, die „eine umfassendere und effektivere Durchführung der Überprüfungen ermöglichen sollen“[86]. Neben der Ausführung der VO (EG) Nr. 2320/2002[87] ist auf folgende Neuerungen hinzuweisen: Eine Veränderung ggü. der früheren Rechtslage gilt es insofern zu notieren, als in § 7 VIII LuftSiG eine im Einzelfall bestehende Verpflichtung zur gegenseitigen Unterrichtung der Luftsicherheitsbehörden über die Durchführung von Zuverlässigkeitsüberprüfungen und in § 7 X LuftSiG die Mitwirkung an Überprüfungen ausländischer Stellen normiert sind. In § 7 IX LuftSiG wurde ferner eine - schon im Entwurf der Bundesregierung zum LuftSiNeuregG vorgesehene, dann aber fallen gelassene und später durch das „Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz)“ vom 05. Januar 2007 (BGBl. I 2007, 2) normierte - sog. Nachberichtspflicht der dort benannten Behörden und Stellen eingeführt.[88] Im Unterschied zum früheren Recht ist nunmehr nach § 7 III 1 Nr. 2 LuftSiG ggf. auch das Zollkriminalamt bei einer Zuverlässigkeitsprüfung zu beteiligen. Bei ausländischen Betroffenen kann eine Auskunft aus dem Ausländerzentralregister ersucht werden und, soweit im Einzelfall erforderlich, können Anfragen an die zuständigen Ausländerbehörden nach Anhaltspunkten für eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit durch den Betroffenen gerichtet werden (vgl. § 7 III 1 Nr. 4 LuftSiG). Das Zugänglichmachen von Erkenntnissen der in § 7 III 1 Nr. 2 LuftSiG genannten Stellen oder der Strafverfolgungsbehörden (vgl. § 7 IV LuftSiG) bedarf jetzt der ausdrücklichen Zustimmung dieser Stellen (§ 7 V 2 LuftSiG), nicht mehr nur einer bloßen Anhörung (vgl. § 29 d IV 2 LuftVG a.F.). Neu sind überdies Zugangs­und Beschäftigungsverbote in Bezug auf den in § 7 I Nr. 1-3 und 5 LuftSiG genannten Personenkreis im Falle nicht abgeschlossener Zuverlässigkeitsüberprüfungen (vgl. § 7 VI LuftSiG), deren Durchsetzung in die Zuständigkeit der Luftsicherheitsbehörde fällt (vgl. § 16 II LuftSiG). Zum Kreis der vom Ergebnis der Zuverlässigkeitsüberprüfung zu unterrichtenden Personen sind die beteiligten Polizei- und Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder hinzugetreten (vgl. § 7 VII 2 LuftSiG in Abweichung zu § 29 V 2 LuftVG a.F.). Des Weiteren dürfen dem Flugplatz-, Luftfahrt- oder Flugsicherungsunternehmen neben dem Ergebnis auch die dem Ergebnis zu Grunde liegenden Erkenntnisse mitgeteilt werden (vgl. § 7 VII 2 LuftSiG im Gegensatz zu § 29 V 2 LuftVG a.F.). Neuartig sind zudem die Bestimmungen über den zeitlichen Rahmen, nach dem die im Verfahren gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen bzw. zu sperren sind (vgl. § 7 XI LuftSiG[89] ). Schließlich wurde der Kreis derer, die sie sich einer entsprechenden Kontrolle zu unterziehen haben, erweitert. Während die luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfung zuvor auf einen Gruppe von Personen beschränkt war, die in nicht allgemein zugänglichen oder sicherheitsrelevanten Bereichen in Unternehmen der Luftfahrt tätig waren, wurde sie in § 7 I Nr. 2 LuftSiG auf Personen erstreckt, deren Arbeitsstätte zwar außerhalb der Sicherheitsbereiche von Flugplätzen liegt, und die daher auch keine Zutrittsberechtigung bzw. Flughafenausweise benötigen, die aber auf Grund ihrer Tätigkeit „unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs“ haben. Neben der neu erfassten Personengruppe in § 7 I Nr. 5 LuftSiG interessiert hier vor allem § 7 I Nr. 4 LuftSiG. Er statuiert erstmals eine nicht anlassbezogene, periodische Zuverlässigkeitsüberprüfung von Führern bestimmter Arten von Luftfahrzeugen und deren Flugschülern. Bis zum Inkrafttreten des LuftSiG war die allgemeine Überprüfung dieser Personen, die ihre Lizenzen und Berechtigungen nach deutschem Luftverkehrsrecht erworben hatten oder erweben wollten, nicht Gegenstand des Anwendungsbereichs von § 29 d LuftVG, sondern unterfiel abschließend § 4 I 1 Nr. 3 LuftVG i.d.F. des Elften Gesetzes zur Änderung des LuftVG vom 25. August 1998 (BGBl. I S. 2432, 3127) und der dazu ergangenen Durchführungsnorm in § 24 I Nr. 3, II LuftVZO in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 1999 (BGBl. I S. 610), zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über Anforderungen an Flugbesatzungen vom 10. Februar 2003 (BGBl. I S. 182). Nach diesen Vorschriften wurde die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit für Piloten beim erstmaligen Erwerb einer Erlaubnis oder Berechtigung überprüft. Nach § 26 a I 1 LuftVZO a.F. war (lediglich) gefordert, dass die Zuverlässigkeitsvoraussetzungen des § 24 I LuftVZO a.F. bei der Verlängerung oder Erneuerung der Lizenz fortbestanden. Bei bereits erteilten, also bestehenden Erlaubnissen, erfolgte die Kontrolle nur anlassbezogen, d.h. nur dann, wenn der Erlaubnisbehörde nachträglich Tatsachen bekannt wurden, die Bedenken an der betrieblichen Zuverlässigkeit des Luftfahrzeugführers begründeten (vgl. § 24 c II, 26 a I, § 29 I i.V.m. § 24 II LuftVZO a.F.).[90] Ein standardisiertes und formalisiertes Zuverlässigkeitsüberprüfungssystem war nicht vorgesehen. Damit existierten für zwei Personengruppen mit Bezug zum Luftverkehr jeweils eigene luftverkehrsspezifische Systeme von Zuverlässigkeitsanforderungen: die ausschließlich für Luftfahrer geltenden Maßstäbe aus den §§ 4 I 1 Nr. 3 LuftVG a.F., 24 I Nr. 3 LuftVZO a.F. sowie das grds. nur für sonstige Personen mit „berufsmäßigem“ Kontakt zu sicherheitssensiblen Flughafenbereichen und Betätigungen geltende System der Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach § 29 d LuftVG a.F. i.V.m. der LuftVZÜV[91], wobei Berufspiloten auch nur erfasst waren, soweit sie Verkehrsflugplätze i.S.v. § 38 II Nr. 1 LuftVZO anflogen. Während demnach die Privatflugzeugführer ausschließlich im Hinblick auf die ihnen obliegende Führung und Bedienung des Luftfahrzeuges zuverlässig sein sollten, bezogen sich die Zuverlässigkeitsanforderungen für das sonstige Personal auf die ihnen eingeräumten Betretungsrechte oder sonstigen Einflussmöglichkeiten auf den Luftverkehr.[92] § 7 I Nr. 4 LuftSiG erstreckt die Zuverlässigkeitsüberprüfung zusätzlich zu den schon ehedem nach § 4 I 1 Nr. 3 LuftVG a.F., § 24 I Nr. 3 LuftVZO a.F. bestehenden Zuverlässigkeitserfordernissen auf Luftfahrer i.S.d. § 4 I 1 LuftVG i.V.m. § 1 II 1 Nr. 1-3 und 5 LuftVG, d.h. im Wesentlichen auf Privat- und außerhalb von Luftfahrunternehmen tätige Berufspiloten[93], genauer: auf Führer von Flugzeugen (§ 1 II 1 Nr. 1 LuftVG), Drehflüglern (Hubschraubern) (§ 1 II 1 Nr. 2 LuftVG), Luftschiffen (§ 1 II 1 Nr. 3 LuftVG) und Motorseglern (§ 1 II 1 Nr. 5 LuftVG) sowie auf die entsprechenden Flugschüler, nicht aber auf sonstiges Luftfahrtpersonal[94]. Insofern wird für alle Piloten motorgetriebener Luftfahrzeuge, ausgenommen Ultraleichtflugzeuge, diese sind Luftsportgeräte nach § 1 II Nr. 10 LuftVG, eine zweite, nämlich luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfung vorgeschrieben, auch wenn sich die betreffenden Luftfahrer nicht auf einem Verkehrsflughafen betätigen. Denn im Unterschied zur früheren Rechtslage geht es mit dem Inkrafttreten des LuftSiG nicht mehr nur in erster Linie um die Sicherung von Verkehrsflughäfen. Mit der Erstreckung der Sicherheitsüberprüfung auf den in § 7 I Nr. 4 LuftSiG genannten Personenkreis wird ein besserer Schutz auch auf Kleinflughäfen und der Allgemeinen Luftfahrt bezweckt.[95]

Vorbehaltlich des Eingreifens eines Ausnahmetatbestands (vgl. § 7 II 4 Nr. 1 und 2 LuftSiG[96], § 8 Nr. 1 und 2 LuftSiZÜV) und im Falle einer Antragsstellung (vgl. § 7 II 1 LuftSiG)[97] findet gemäß § 1 I der auf Grundlage von § 17 I LuftSiG erlassenden und am 2. Juni 2007 in-Kraft- getretenen LuftSiZÜV vom 23. Mai 2007 (BGBl. I S. 947) eine Zuverlässigkeitsüberprüfung der in § 7 I LuftSiG genannten Personen nach Maßgabe dieser Vorschrift und der LuftSiZÜV statt. Gemäß § 1 II Nr. 4 LuftSiZÜV erfolgt die Zuverlässigkeitsüberprüfung bei Personen i.S.v. § 7 I Nr. 4 LuftSiG - wie auch bisher schon hinsichtlich der betrieblichen Zuverlässigkeit nach § 4 I 2 Nr. 3 Hs. 1 LuftVG - mit Aufnahme der Ausbildung, vor der Erteilung der Erlaubnis für Luftfahrer nach § 4 I LuftVG oder vor der Anerkennung ausländischer Erlaubnisse, soweit nicht § 1 II Nr. 1 LuftSiZÜV (Zugehörigkeit zum Personenkreis i.S.v. § 7 I Nr. 1 und Nr. 5 LuftSiG) Anwendung findet. Für Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach § 1 II Nr. 4 LuftSiZÜV ist der Antrag bei der zuständigen Luftsicherheitsbehörde nach § 2 I Nr. 3 LuftSiG zu stellen (vgl. § 3 II LuftSiZÜV) und damit anders als in den Fällen des 1 II Nr. 1, Nr. 3 LuftSiZÜV (Personen i.S.v. § 7 I Nr. 1, 3 und 5 LuftSiG) und § 1 II Nr. 2 LuftSiZÜV (Personen i.S.v. § 7 I Nr. 2 LuftSiG) nicht über das Flugplatz- oder Luftfahrtunternehmen bzw. über den Arbeitgeber. Nach § 3 III LuftSiZÜV muss der Antrag folgende Angaben enthalten:

1. den Familiennamen einschließlich früherer Namen,
2. den Geburtsnamen,
3. sämtliche Vornamen,
4. das Geschlecht,
5. das Geburtsdatum,
6. der Geburtsort und das Geburtsland,
7. die Wohnsitze der letzten zehn Jahre vor der Antragsstellung, hilfsweise die gewöhnlichen Aufenthaltsorte,
8. Staatsangehörigkeit, auch frühere und doppelte Staatsangehörigkeiten,
9. die Nummer des Personalausweises oder Passes; bei einem Pass oder Passersatz eines Ausländers auch die Bezeichnung des Papiers und des Ausstellers sowie
10. in der Vergangenheit durchgeführte oder laufende Zuverlässigkeits- oder Sicherheitsüberprüfungen.

Bei Personen i.S.v. § 7 I Nr.4 LuftSiG ist zusätzlich ein Nachweis zur erteilten oder Angaben zur angestrebten Erlaubnis für Luftfahrer nach § 4 LuftVG anzugeben oder beizufügen (vgl. § 3 III Nr. 3 LuftSiZÜV).

Bei der Antragsstellung ist der Betroffene gem. § 7 II 3 LuftSiG über

1. die zuständige Luftsicherheitsbehörde,
2. den Zweck der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung,
3. die Stellen, deren Beteiligung in Betracht kommt sowie
4. die Stellen, denen das Ergebnis der Überprüfung mitgeteilt wird,

zu unterrichten und nach § 3 IV LuftSiZÜV verpflichtet, auf Verlangen der Luftsicherheitsbehörde die o.g. Angaben zu belegen und weitere Nachweise vorzulegen.

Im Falle der Antragsstellung darf die zuständige Luftsicherheitsbehörde (vgl. § 2 Nr. 3 LuftSiG) nach § 7 III LuftSiG eine Identitätsprüfung des Betroffenen (Nr. 1) und Anfragen bei den dort genannten Stellen, wie etwa bei den Polizeivollzugs- und Verfassungsschutzbehörden der Länder, dem Bundeskriminalamt, dem Bundesamt für Verfassungsschutz oder dem Bundesnachrichtendienst vornehmen (Nr. 2) sowie unbeschränkte Auskünfte aus dem Bundeszentralregister (Nr. 3) einholen. § 4 II-VI LuftSiZÜV regelt, welche Behörden und Stellen die Luftsicherheitsbehörde unter welchen Voraussetzungen zwecks Übermittlung von Informationen oder der Erteilung von Auskünften ersuchen darf. Sofern aufgrund der Informationen der in § 7 III Nr. 2 und 4 LuftSiG genannten Behörden Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit bestehen, darf sich die Luftsicherheitsbehörde Auskünfte von den Strafverfolgungsbehörden beschaffen (§ 7 IV LuftSiG, § 4 VII 1 LuftSiZÜV)[98] und vom Betroffenen selbst weitere Informationen einholen und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen (§ 4 VII 2 LuftSiZÜV). Weiterhin gibt die Luftsicherheitsbehörde dem Einzelnen, soweit keine Geheimhaltungspflichten entgegenstehen, Gelegenheit, sich zu den erhobenen Erkenntnissen zu äußern (§ 7 V 1 LuftSiG).

Gemäß § 7 III 2 LuftSiG ist der Antragssteller verpflichtet an seiner Überprüfung mitzuwirken (vgl. auch § 3 IV LuftSiZÜV). Diese Vorschrift fand keine Entsprechung in § 29 d LuftVG a.F. Nach der amtlichen Gesetzesbegründung „trägt [sie] dem Umstand Rechnung, dass insbesondere bei ausländischen Arbeitnehmern, die sich erst seit wenigen Jahren im Bundesgebiet aufhalten, nicht selten eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Betroffenen fehlt. Alleine aufgrund des Fehlens von Eintragungen im Bundes- oder Ausländerzentralregister, fehlender Erkenntnisse der Sicherheits- und Ausländerbehörden kann in diesen Fällen keine belastbare Entscheidung über die Zuverlässigkeit des Betroffenen ergehen. Unter Berücksichtigung der besonderen Gefährdung des Luftverkehrs durch terroristische Angriffe ist es erforderlich, vom Betroffenen eine zumutbare Mitwirkung an der Überprüfung zu fordern.“[99]

[...]


[1] Lübbe, Die politische Meinung 53 (2008), S. 25, 29 f. spricht vom „wichtigsten Paragrafen“ des LuftSiG.

[2] S.a. David Schäfer, Das Luftsicherheitsgesetz ist tot - es lebe die Zuverlässigkeitsüberprüfung, abrufbar unter: http://www.kanzlei-wv.de/luftfahrtr-Dateien/Luftsicherheitsgesetz Zuverlässigkeitsüberprüfung.pdf (Zuletzt: 16. 11. 2009, 18: 53).: „In der berechtigten Aufregung über die Abschuss-Erlaubnis [...] ist eine andere Bestimmung des neuen Gesetzes von der Öffentlichkeit weitgehend übersehen worden: § 7 [...].“ Aus dem Schrifttum haben sich - jenseits der Kommentarliteratur - lediglich Baumann, ZLW 2006, S. 34 ff. u. Meyer, ZRP 2004, S. 203 ff.; ders., BayVBl. 2005, S. 603, 605; ders., NVwZ 2006, 671 f. mit einigen Problemfragen der Zuverlässigkeitsüberprüfung befasst. Aus dem Bereich der öffentlichen Berichterstattung finden sich (kritische) Beiträge im Fernsehen (Frontal 21 v. 07. 02. 2006; http://www.aopa.de/aktuelle-news/zuep-news/zdf---frontal- 21-vom-07.02.06---zuep.html [Zuletzt: 16. 11. 2009, 19:00]), im Hörfunk (Beitrag von: Sylvia Kuck v. 29. 01. 2007 im Rahmen der Sendung „Airport“ auf hr-info; http://www.aopa.de/aktuelle-news/zuep-news/sicherheit- contra-verfassung.html [Zuletzt: 16. 11. 2009, 19: 00]) und in der Zeitung (s. Timo Frasch, Nebenkrieg um die Lufthoheit, FAZ, v. 15. 02. 2006, S. 3; Sportpiloten trifft es hammerhart, Südkurier v. 18. 11. 2005, s.a. merkur- online, v. 24. 07. 2008, Piloten wollen sich nicht unter Terror-Verdacht stellen lassen; http://www.merkur- online.de/lokales/nachrichten/piloten-wollen-sich-nicht-unter-terrorverdacht-stellen-lassen-296815.html [Zuletzt: 16. 09. 2009, 20:05]; Münchner Merkur v. 26. 02. 2009, Privatpiloten unter Generalverdacht; http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/privatpiloten-unter-generalverdacht-90296.html [Zuletzt: 16. 09. 2009, 20:06]; Susanne Janssen, Pilotin wehrt sich gegen Überprüfung, Stuttgarter Zeitung, v. 29. 03. 2007; http://www.initiative-elga.at/ELGA/pressespiegel infos/Pilotin wehrt sich gegen Ueberpruefung.pdf [Zuletzt: 16. 09. 2009, 20: 08]).

[3] Gemäß § 3 Nr. 1 Alt. 1 LuftSiGebV i.V.m. Nr. 3 der Anlage des Gebührenverzeichnisses ist für die Durchführung der ZÜP eine Gebühr in Höhe von 5 € bis 150 € vom Antragssteller zu entrichten. Vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Gebührenpflicht entsprechend BVerwG, NVwZ-RR 2010, S. 146, 147.

[4] Diese schlagen den hohen Empörungston an und sehen sich von der immer weiter verbreiteten Haltung des Staates betroffen, seinen Bürgern grundlos zu misstrauen und deren Freiheitsrechte massiv einzuschränken. „Das Gesetz lasse den Glauben an den Rechtsstaat schwinden und erreiche nichts außer Staatsverdrossenheit.” (Klägervortrag in: VG Darmstadt, Beschl. v. 27. 06. 2007, Az.: 5 E 1854/06 [3]-, Iuris, Rz. 11). Verschiedene Medienberichte hätten die Zuverlässigkeitsüberprüfung auch als gesamtgesellschaftliches Problem dargestellt. Stellenweise werde sie als Testlauf für andere Berufsgruppen angesehen und „damit als weiterer Schritt in den Überwachungsstaat“ (Schwahn, in: Giemulla/Rothe [Hrsg.], Recht der Luftsicherheit, S. 56, 60 f. [Zitat, S. 61]). Die Luftfahrer seien nur „zuerst ausgesucht“ worden, da sie umfassend registriert seien und eine Randgruppe darstellten, s. nur Sibylle Glässing-Deiss, AOPA Handout, Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG, Stand: 31. 03. 2009, http://www.aopa.de/DE/upload/downloads/handouts/ZP2009.pdf (Zuletzt: 12. 12. 2009, 13: 06).

[5] So Dr. Heinrich Ehrenstein, Frage an Ingo Schmitt (CDU), v. 10. 12. 2007, http://www.abgeordnetenwatch.de/ingo schmitt-650-5875.html#questions (Zuletzt: 24. 01. 2010, 15: 16).

[6] S. Adam, in: FS Scholz, S. 443, 448.

[7] Vgl. Voigt, Den Staat denken, S. 322.

[8] Dirk Kurbjuweit/Gabor Steingart/Merlind Theile, Zeit der Exzesse, Der Spiegel, v. 07. 12. 2009, S. 152, 155.

[9] S. Prittwitz, in: Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie Frankfurt a.M. (Hrsg.), Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts, S. 225, 237; Hidalgo, in: Frühbauer/Hörter/Noweck (Hrsg.), Freiheit, Sicherheit, Risiko, S. 65, 68. Im Widerstreit von (individueller) Freiheit und (kollektiver) Sicherheit spiegelt sich die sicherheitspolitische Grundproblematik im grundgesetzlich verfassten, grundrechtlich in doppelter Pflicht und in zweifacher Hinsicht unter Bewährung stehenden, modernen Rechts- und Verfassungsstaat wieder. Vgl. auch Merz, in: Riescher (Hrsg.), Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst, S. 273, 274: Die Ambivalenz von Freiheit und Sicherheit stelle „den Kristallisationspunkt im Verständnis von 'Bürger' und 'Staatlichkeit' einer jeweiligen Zeit und Gesellschaft dar“. Zu den sicherheitsrechtlichen Diskursen und Entwicklungen in der jüngeren Zeit, s. aus dem kaum noch überschaubaren Schrifttum Möstl, Staatliche Garantie; Hassemer, vorgänge 2002, S. 10 ff.; Calliess, ZRP 2002, S. 1 ff.; dens., DVBl. 2003, S. 1096 ff.; dens., in: Müller/Schneider (Hrsg.), Sicherheit vs. Freiheit?, S. 83 ff.; Hoffmann-Riem, ZRP 2002, S. 497 ff.; Erbel, APuZ B 10-11/2002, S. 14 ff.; Denninger, ebd., S. 22 ff.; Bull, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Jahrbuch öffentliche Sicherheit 2002/2003, S.

265 ff.; Glaeßner, Sicherheit in Freiheit; Schulze-Fielitz, in: Adolf-Arndt-Kreis (Hrsg.), Sicherheit durch Recht in Zeiten der Globalisierung, S. 25 ff.; dens., in: FS Schmitt Glaeser, S. 407 ff.; Horn, ebd., S. 435 ff.; Lepsius, Leviathan 32 (2004), S. 64 ff.; dens., in: Schuppert/Merkel/Nolte/Zürn (Hrsg.), Der Rechtsstaat unter Bewährungsdruck, S. 23 ff.; Brugger, Freiheit und Sicherheit; dens., VVDStRL 63 (2004), S. 101, 102 ff.; Gusy, ebd., S. 151, 153 ff.; dens., in: Lange/Ohly/Reichertz (Hrsg.), Auf der Suche nach neuer Sicherheit, S. 321 ff.; Müller-Franken, Die Polizei 2004, S. 345 ff.; Schoch, Der Staat 43 (2004), S. 347, 350 ff., 360 ff.; Baldus, KritV 88 (2005), S. 364 ff.; Sofsky, Das Prinzip Sicherheit, S. 12 ff., 82 ff., 145 ff., 157 ff.; Stoll, Sicherheit; Schwerin, Staatsaufgabe Sicherheit; Schwetzel, Freiheit, Sicherheit, Terror; Kötter, Pfade des Sicherheitsrechts; Albrecht, Die vergessene Freiheit, insb. S. 11 ff., 21 ff., 45 ff.; Denninger, in: Koch (Hrsg.), Terrorismus - Rechtsfragen der äußeren und inneren Sicherheit, S. 83 ff.; He. Meyer, Terror und Innere Sicherheit; Middel, Terrorismusbekämpfung; Schwarz, in: Blaschke u.a. (Hrsg.), Sicherheit statt Freiheit?, S. 29 ff.; Hagemann, Vorfeld, S. 21 ff. u. passim; Würtenberger, in: Masing/Jouanjan (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung, S. 27 ff.; Krause, in: Brodocz/Llanque/Schaal (Hrsg.), Bedrohungen der Demokratie, S. 152 ff.; M. Müller, ebd., S. 189 ff.; v. Bernstorff, Freiheit - Sicherheit - Öffentlichkeit, S. 40 ff.; Hetzer, Rechtsstaat oder Ausnahmezustand?, S. 274 ff.; ders., in: Gehl (Hrsg.), Terrorismus, S. 115, 117 ff.; von Westphalen, AnwBl. 2008, S. 801 ff.; Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat; Simon, Sicherheitsstaat, S. 55 ff., 63 ff., 139 ff., passim; Anter, in: Möllers/v. Ooyen (Hrsg.), Jahrbuch öffentliche Sicherheit 2008/2009, S. 15 ff.; Schewe, Sicherheitsgefühl; Welsing, Terrorabwehr, S. 79 ff., 88 ff., 104 ff. u. passim; Conze, Die Suche nach Sicherheit, S. 905 ff. u. passim; von Arnauld/Staack (Hrsg.), Sicherheit versus Freiheit?; Riescher (Hrsg.), Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst; Münkler, in: ders./Bohlender/Meurer (Hrsg.), Sicherheit und Risiko, S. 11 ff.

[10] Menschenrechte, S. 47. Vgl. auch z.B. Kant/Roggan, Bürgerrechte & Polizei/CILIP 81 (2005), S. 11, 19.

[11] Simon, Sicherheitsstaat, S. 61; vgl. auch Giemulla, in: Reuss, Jahrbuch der Luft- und Raumfahrt 2008, S. 211.

[12] Heribert Prantl, Größter Hamster aller Zeiten, SZ, v. 16. 12. 2009, S. 4; ähnlich: Grimm, in: Zypries (Hrsg.), Die Renaissance der Rechtspolitik, S. 25, 28; Klingst, in: Graulich/Simon (Hrsg.), Terrorismus und Rechtsstaatlichkeit, S. 325, 329: „Der alte freiheitliche Satz: Der rechtschaffene Bürger kann sich den Staat vom Hals halten!, gilt längst nicht mehr. Immer mehr Unschuldige geraten in Routineüberprüfungen [...].“ Vgl. auch Arzt/Eier, DVBl. 2010, S. 816, 817: „die bloße Gesetzeskonformität des Verhaltens [...] reicht [...] nicht länger aus, um nicht ins Visier präventiv-polizeilicher Maßnahmen zu geraten [...].“

[13] Vgl. Grimm, aaO., S. 27.

[14] „Wir sind weit über Orwell hinaus“, v. 14. 06. 2006; Hans-Detlev von Kirchbach, Interview mit Gerhart R. Baum, „10 Jahre Grundrechte-Report“, einsehbar unter: http://www.gerhart-baum.de/buergerrechte/36- buergerrechte/54-wir-sind-weit-ueber-orwell-hinaus.html (Zuletzt: 30. 11. 2009, 16: 16).

[15] Baum, Rettet die Grundrechte!, S. 42; s.a. ebd., S. 39 f. „Der Geist der 'Vorbeugung' mache jeden Bürger zum Verdächtigen“ (so ders., zit. nach: Dirk Kurbjuweit/Gabor Steingart/Merlind Theile, Zeit der Exzesse, Der Spiegel, v. 07. 12. 2009, S. 152, 155). Vgl. auch (im Kontext des neuen BKA-Gesetzes) Renate Künast, Wir haben auch eine Vorbildfunktion für Europa, Das Parlament, Nr. 21/22 - 18./25. Mai 2009, S. 7: „Alle Bürger werden verdächtig [...].“ Die Klage, dass „privates Handeln [...] zunehmend unter Gefahr- bzw. Risikoverdacht gerät“, hat Anfang/Mitte der neunziger Jahre u.a. schon Hesse, Der Schutzstaat, S. 21 formuliert.

[16] ZStW 117 (2005), S. 852, 861. Zustimmend: Schuppert, Politische Kultur, S. 758 f.

[17] Heribert Prantl, SZ, v. 15./16. 12. 2001, zit. nach: Pehle, GWP 51 (2002), S. 87, 92; s.a. zuletzt im Kontext der Vorratsdatenspeicherung Wolfgang Neskovic, Deutschland misstraut seinen Bürgern, Der Tagesspiegel, v. 05. 03. 2010, S. 8: „Weil es für die Datenspeicherung keines Verdachts bedarf, wird ein prinzipielles Misstrauen des Staates gegen seine Bürger institutionalisiert: Alle Bürger werden unter Generalverdacht gestellt.“

[18] Weltrisikogesellschaft, S. 195 f.

[19] Beck, aaO., S. 211; vgl. auch Lahl, Die Polizei 2009, S. 157; Hoffmann-Riem, in: von Arnauld/Staack (Hrsg.), Sicherheit versus Freiheit?, S. 117 ff. beschreibt die „unheimliche Macht, die vom Nichtwissen ausgeht“ (Zitat:

S. 117).

[20] So ist etwa vom „kalten Jahrzehnt“ (Christoph Amend, Florian Illies, Tanja Stelzer, Die nuller Jahre, Das kalte Jahrzehnt, Zeit Magazin, v. 11. 12. 2008, S. 5), vom „nervöse[n] Jahrzehnt“ (Focus, v. 07. 12. 2009, S. 70 ff.), vom „Zeitalter der Unübersichtlichkeit“ (RichardRorty, zit. nach: Christoph Birnbaum, Das Leitmotiv, Das Parlament, Nr. 21/22 - 18./25. Mai 2009, S. 17), von einer „Dekade der Angst“ (Frank Jansen, Der Terroraktionist, Der Tagesspiegel, v. 02. 01. 2010, S. 6; s.a. dens., Eine deutsche Debatte, Der Tagesspiegel, v. 05. 01. 2010, S. 1), von der „Rückkehr der Unsicherheit“ (Conze, Die Suche nach Sicherheit, S. 16, 889, 932) und von einem „Zeitalter großer Unsicherheit“ (Bußjäger, ZfP 54 [2007], S. 5, 9; ders., ZÖR 62 [2007], S. 415, 424; vgl. auch Kapstein, in: Beck [Hrsg.], Politik der Globalisierung, S. 203, 226; DirkKurbjuweit/Gabor Steingart/Merlind Theile, Zeit der Exzesse, Der Spiegel, v. 07. 12. 2009, S. 152, 155; Tony Judt, Ein Sinn für Anstand, Die Zeit, v. 07. 01. 2010, S. 9) die Rede. Wir leben im Zeitalter der „verwundbaren Gesellschaft“ (Jenni Roth, Der Gang durch die Katastrophen, Literarische Welt, v. 15. 05. 2010, S. 34), in volatilen - oder wie Zygmunt Bauman (Flüchtige Zeiten) sagt: „flüchtigen“ - Zeiten eines krisenbedingten Gewissheitsschwundes, mannigfacher Entwertungserfahrungen und individueller Erwartungsverluste, im Globalisierungszeitalter einer sich permanent verändernden und notorisch dynamischen - in den Worten Dahrendorfs (Suche, S. 8, 25, 36 f., 53): „haltlosen“ - Welt, die zusehends nicht mehr lesbar ist, in der die Zeichen des Alltags opak werden, sowohl das erkennbare wie auch das nicht sichtbare, destruktive Gefahrenpotenzial zunimmt, sich traditionell Sicherheit gewährende Institutionen verflüchtigen und allgemein die Unsicherheitspotenziale rapide ansteigen.

[21] Vgl. Hassemer, in: von Arnauld/Staack (Hrsg.), Sicherheit versus Freiheit?, S. 39, 48; Höffe, Merkur 63 (2009), S. 293, 299 spricht im Hinblick auf Kriminalität, Terrorismus und Umweltgefahren von einer „globale[n] Gewaltgemeinschaft“.

[22] Singelnstein/Stolle, Die Sicherheitsgesellschaft, S. 15, 110, 112 ff., 129 ff., 161 f. u. passim sprechen auch angesichts des „generalisierte[n] Bedürfnisses] der Bevölkerung nach Sicherheit“ (S. 113) von der Herausbildung einer „Sicherheitsgesellschaft“. Albrecht, Die vergessene Freiheit, S. 11 sieht es als erklärten Willen dieser konsensualen „Sicherheitsgesellschaft“ an, Freiheit gegen Sicherheit einzutauschen; vgl. auch ebd., S. 47; dens., in: Schuppert/Merkel/Nolte/Zürn (Hrsg.), Der Rechtsstaat unter Bewährungsdruck, S. 55, 63 f. Und Hassemer, AnwBl. 2008, S. 413, 418 konstatiert: „Freiheitlichkeit hat derzeit keine Konjunktur.“ Ähnlich: Ulrike Ackermann, „Freiheit ist der Motor unserer Zivilisation“, Interview, Die Welt, v. 30. 01. 2010, S. 9: „In Deutschland verliert die Freiheit zugunsten eines Sicherheitsdenkens immer mehr an Wertschätzung.“

[23] Vgl. Strümpell'Peter, in: Bayerische Rückversicherung AG (Hrsg.), Gesellschaft und Unsicherheit, S. 117, 118. Einer plausiblen ökonomischen Hypothese zufolge sind Wertschätzungen immer ein Ergebnis des Mangels, wobei mit Kaufmann (Sicherheit, S. 16) von einer „Mangellage“ stets dann zu sprechen ist, „wenn etwas als fehlend empfunden wird“. Vgl. auch Kerner, Kriminalitätseinschätzung, S. 36 f.; Schrimm-Heins, Archiv f. Begriffsgeschichte 34 (1991), S. 123, 125: „Sicherheit wird [...] dann zum Thema, wenn Unsicherheit sich ausbreitet.“ S.a. dies., Archiv f. Begriffsgeschichte 35 (1992), S. 115, 204; Merz, in: Riescher (Hrsg.), Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst, S. 273, 274 Fn. 4 hat dabei treffend betont, dass „zu den wesentlichen Gründen für die menschliche Sorge um die eigene Sicherheit [...] durchaus auch alltäglich-konkrete Bedrohungen gehören“.

[24] Beim Diskurs über Sicherheit besteht in der Soziologie Konsens darüber, von Erwartungssicherheit zu sprechen (dazu: Luhmann, Soziale Systeme, S. 417 ff., 421 ff.; Bonß, in: Lippert/Prüfert/Wachtler [Hrsg.], Sicherheit in der unsicheren Gesellschaft, S. 21, 24 ff.; ders./Hohl/Jakob, in: Beck/Bonß [Hrsg.], Die Modernisierung der Moderne, S. 147 ff.) und Unsicherheit als ein Handlungsproblem zu betrachten. Handlungssicherheit baut auf Erwartungssicherheiten auf, die garantieren, dass sich die Welt als erwartbar stabil darstellt und nicht permanent als auch anders möglich erscheint; s. (m.w.N.) Syrek, Konstruktion, S. 8 ff. u. ferner Hassemer, StraFo 2005, S. 312, 316: „Unser Alltag wird weniger erwartungssicher [...].“

[25] Vgl. Grün, Angst, S. 24; Hoffmann-Riem, in: von Arnauld/Staack (Hrsg.), Sicherheit versus Freiheit?, S. 117, 120 f. Dass es Sicherheit im objektiven Sinne nicht gibt, hat Ahlf, Die Polizei 2002, S. 93, 96 f. betont. Und dass wir heute sicherer denn je lebten (so Trojanow/Zeh, Angriff auf die Freiheit, S. 119; s.a. ebd., S. 50; Kaufmann, in: Bayerische Rückversicherung AG [Hrsg.], Gesellschaft und Unsicherheit, S. 37, 38), wird man unter der Prämisse, dass „Sicherheit [...] keine Tatsache, sondern ein Gefühl“ ist (so Trojanow/Zeh, aaO., S. 47), auch nicht sagen können. Zutreffend ist dies freilich, sofern man als Bewertungsmaßstab für die „Lebenssicherheit“ die durchschnittliche Lebenserwartung Geborener heranzieht, s. Lübbe, in: Bayerische Rückversicherung (Hrsg.), Risiko ist ein Konstrukt, S. 23, 25; Schewe, Sicherheitsgefühl, S. 83 mit Fn. 186. Vgl. ferner Evers/Nowotny, Unsicherheit, S. 67. Bonß/Hohl/Jakob, in: Beck/Bonß (Hrsg.), Die Modernisierung der Moderne, S. 147, 149 sprechen von einer „neue[n] Gemengelage von Sicherheit und Unsicherheit“. Insoweit greift der Sinnspruch des Soziologen Luhmann: Wir scheinen in einer gleichzeitig immer sicherer und immer unsicherer werdenden Welt zu leben (zit. nach: Roger Köppel, Gute Aussichten, Die Weltwoche, v. 01. 01. 2009, S. 5).

[26] Vgl. Eckart Conze, Unsere Sicherheit, FAZ, v. 31. 10. 2005, S. 11; Kasper, in: Moser/Danich/Halper (Hrsg.), Schlüsselbegriffe der Demokratie, S. 211, 225. „Die Bevölkerung ist ihrer selbst nicht mehr sicher“, bringt es Hassemer, StraFo 2005, S. 312, 316 auf den Punkt. Insgesamt sind die - mit Stichworten zu benennenden - Auslöser und Quellen, aus denen sich das latente Gefühl der zunehmend überhandnehmenden Unsicherheit speist, hauptsächlich in der sich aus dem Zusammentreffen einer inneren und äußeren Entgrenzung ergebenden zentrifugalen Veränderungswucht, in der Verflüssigung und gesteigerten Komplexität der sozialen Verhältnisse, deren Modernisierung und Flexibilisierung, in dem Bedeutungsschwund traditioneller

Vergesellschaftungsmechanismen, der Schwächung integrationsfördernder Institutionen, der unaufhaltsamen Individualisierung einer anonymisierten und dynamisierten sowie in ihren Strukturen immer undurchsichtiger werdenden, zerklüfteten Gesellschaft, generell, in dem schmerzlichen Erleben von unkontrollierbaren Umwälzungen und der Angst vor den Folgeproblemen des Marktes sowie heuer, in der gewaltigen, fast unheimlichen Weltkrise auf den aus dem Ruder geratenen globalen Finanzmärkten, aber auch in der - etwa durch

Klimawandel oder sog. Hochrisikotechnologien - gefährdeten natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen und nicht zuletzt, in den realen und potenziell tödlichen terroristischen Bedrohungen und deren gesellschaftlichen Wahrnehmung zu finden.

[27] Zur „irren Geschwindigkeit des Wandels“: Bauman, Wir Lebenskünstler, S. 102 ff. „Die flüchtige Moderne“ - konstatiert ders., ebd., S. 105 - „befindet sich im Zustand permanenter Umwälzung [...].“ (Hervorh. i. Orig.).

Vgl. auch dens., Gemeinschaften, S. 85, 139. Und dies in einer Arbeitswelt, in der Flexibilität die Schlüsselqualifikation schlechthin ist, in der langfristige Beschäftigungsmuster durch unstetere Formen der Beschäftigung abgelöst worden sind und die Angst vor Verlagerung u. Rationalisierung um sich greift. S. dazu Castel, Die Stärkung des Sozialen, S. 59 ff., 92, 117 ff.; Marc Beise, Sicherheit ist nicht mehr normal, SZ, v. 17. 03. 2010, S. 4; Markus Dettmer u.a., Ära der Unsicherheit, Der Spiegel, v. 22. 03. 2010, S. 82 ff.

[28] Conze, Die Suche nach Sicherheit, S. 15.

[29] Conze, aaO., S. 16; vgl. auch ebd., S. 18, 908, 932 ff. sowie Bauman, Gemeinschaften, S. 175 u. passim.

[30] Vgl. Siemoneit, in: Frühbauer/Hörter/Noweck (Hrsg.), Freiheit, Sicherheit, Risiko, S. 115, 117 f.; Clemens Wergin, Der Terror lässt uns nicht los, Die Welt, v. 09. 01. 2010, S. 6; vgl. auch Papier, DVBl. 2010, S. 801. Dass „immer Umwelten der Unsicherheit und Bedrohung fortbestehen werden“, hat unlängst Münkler, in: ders./Bohlender/Meurer (Hrsg.), Sicherheit und Risiko, S. 11, 28 betont.

[31] Beck, Weltrisikogesellschaft, S. 147; vgl. auch ebd., S. 194: „Terrorrisikogesellschaft“. Zum gesellschaftstheoretischen Epochenbegriff der „Weltrisikogesellschaft“: ebd., S. 28 ff. u. passim; vgl. auch dens., Was ist Globalisierung?, S. 54, 73 ff., 168 ff.; grundlegend zur Risikogesellschaft: ders., Risikogesellschaft; ders., Gegengifte. Der „normative Gegenentwurf“ der Risikogesellschaft, „der ihr zugrunde liegt und sie antreibt, ist die Sicherheit“ (ders., Risikogesellschaft, S. 65). S. hierzu und zur Kritik aus der schier überbordenden Literatur etwa die Beiträge in Beck, Politik in der Risikogesellschaft sowie Prittwitz, Strafrecht und Risiko, S. 49 ff., 62 ff., 75 ff. u. passim; Evers/Nowotny, Unsicherheit, S. 32 ff.; Lash, in: Beck/Giddens/Lash, Reflexive Modernisierung, S. 195, 204 ff., 243 f.; Calliess, Umweltstaat, S. 2 ff., 65 f., 158 ff.; Conze, Die Suche nach Sicherheit, S. 569 ff.; Seelmann, KritV 75 (1992), S. 452, 453; Contiades, JÖR 53 (2005), S. 27, 38 ff., insb. S. 42; Ortwin Renn, Riskante Risikowahrnehmung, Der Tagesspiegel, v. 31. 01. 2010, S. 8 plädiert dafür, von der „Risikowahrnehmungsgesellschaft“ u. Prittwitz, aaO., S. 56 f., 61, 136 von der „Gefahrgesellschaft“ zu sprechen.

[32] Die Anschläge der jüngeren Vergangenheit, pointiert Ruf, in: Riescher (Hrsg.), Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst, S. 229, 233, evozier(t)en „das Gefühl, sich plötzlich in einem globalen Naturzustand wiederzufinden [...]“. Zum „Zeitalter des Terrorismus“: Ignatieff, Das kleinere Übel. Politische Moral in einem Zeitalter des Terrors („Age of Terror“); Depenheuer, Was wir verteidigen, FAZ, v. 26. 02. 2009, S. 8; Michael Rühle, Sicherheit in Zeiten des Terrors, FAZ, v. 01. 02. 2006, S. 6; Weißer, ZStW 121 (2009), S. 131, 158. Dabei gilt es auch für die zum Lager, zur Feindkategorie der sog. „Kreuzzügler“ und zu den Zentralmächten der westlichen Welt zählende Bundesrepublik, v.a. aufgrund ihres markanteren außen- und militärpolitischen Profils, eine neue Erscheinungsform des pseudo-religiös imprägnierten Terrors festzustellen. Es handelt sich gewiss um keine existenzielle Bedrohung, aber dennoch um eine ernste und wachsende Gefahr (s. Steinberg, Visier, S. 7 f., 15 f., S. 98; vgl. auch August Hanning, in: Huster/Rudolph [Hrsg.], Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 191, 194 ff.; dens., „Wir verdrängen die Gefahr“, Interview, Cicero, März 2008, S. 50; Schäuble, in: FS Scholz, S. 97, 99, 108; dens., Die politische Meinung 53 [2008], S. 5; Jörg Ziercke, „Mehr als 50 Deutsche in Terrorcamps“, Interview, Der Tagesspiegel v. 11. 08. 2008, S. 4; Clemens Binninger, in: Giemulla/Rothe [Hrsg.], Recht der Luftsicherheit, S. 21; Uhrlau, in: Graulich/Simon [Hrsg.], Terrorismus und Rechtsstaatlichkeit, S. 297, 298; Eisvogel, ebd., S. 57, 59 f.; Bergsdorf, Die Politische Meinung 51 [2006], S. 47, 50; Hahn, Die Kriminalpolizei 2009, S. 4; Beck, ebd., S. 6 ff.). Der - von manchem Verschwörungstheoretiker (s. Jürgen Elsässer, Terrorziel Europa, S. 314 ff., 318 f.) erhobene - Pauschalvorwurf einer Konstruktion von Unsicherheitsszenarien, einer Inszenierung und wirklichkeitsverzerrende Dramatisierung der Bedrohungslage oder einer wider besseren Wissens erfolgenden Panikmache durch interessierte Kreise (vgl. Baum, in: Giemulla/Rothe [Hrsg.], Recht der Luftsicherheit, S. 1, 4; dens., in: Huster/Rudolph [Hrsg.], Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 181, 182; Müller-Heidelberg, in: Leopold/Schiek [Hrsg.], Innere Sicherheit als Gefahr, S. 82, 93; Gössner, Menschenrechte, S. 19, 22 f.; Hirsch, in: Müller/Schneider [Hrsg.], Sicherheit vs. Freiheit?, S. 43, 55; Trojanow/Zeh, Angriff auf die Freiheit, S. 82 ff., 88 f.; Sonntag, Präventionsstaat, S. 5 ff.; Pütter, Bürgerrechte & Polizei/CILIP 80 [2005], S. 6; Lehnert/Thurn, FoR 2008, S. 117; Hawel, KJ 42 [2009], S. 64, 72; v. Denkowski, vorgänge 2009, S. 106, 109, 111; Kreissl, KritV 2008, S. 322, 323 ff.), lässt in dieser Verallgemeinerung, begibt man sich in die Welt der Fakten, bei einer auf die Realität blickenden und sie in sich aufnehmenden Betrachtung, nicht aufrechterhalten (s.a. Bull, Informationelle Selbstbestimmung, S. 20 f., 68; dens., NG/FH, 10/2008, S. 46, 48; Maike Röttger, Terrorgefahr. Nicht erst auf einen Anschlag warten, Hamburger Abendblatt, v. 23. 10. 2008, S. 2; Dietrich Alexander, Im Fadenkreuz, Die Welt, v. 19. 01. 2009, S. 6; Peter Neumann/Friedbert Pflüger, Plausible Orakel, Die Welt, v. 11.07. 2009, S. 8; Thorsten Jungholt, Der Terror ist unter uns, Die Welt, v. 27. 09. 2008, S. 8; Reinhard Müller, Gründe und Grenzen, FAZ v. 05. 03. 2010, S. 1; Ottmar Breidling, Vorsitzender Richter am OLG Düsseldorf, sprach in seiner Urteilsbegründung zum sog. Kofferbomber-Prozess vom 09. 12. 2008 davon, dass der Prozess gezeigt habe, „wie groß auch in diesem Land die Gefahr terroristischer Anschläge durch aufgeheizte und verblendete Radikal-Islamisten ist“, zit. nach: Kristian Frigelj, Nur ein Irrtum verhinderte das Blutbad, Die Welt, v. 10. 12. 2008, S. 4). In Deutschland gibt es indes die Neigung, sich in gutwilliger Blauäugigkeit irrtümlich in Sicherheit zu wiegen, s. Ramelsbeger, Dschihad, S. 10 ff.; dies., SZ, Unterschätzte Gefahr, v. 10. 12. 2008, S. 4; Merz, Nur wer sich ändert, wird bestehen, S. 32; Markus Wehner, „Dieses Land fühlt sich nicht wirklich bedroht“, FAS, v. 19. 07. 2009, S. 4.

[33] Sofsky, Das Prinzip Sicherheit, S. 15.

[34] Hoffmann-Riem, in: von Arnauld/Staack (Hrsg.), Sicherheit versus Freiheit?, S. 117, 118; ähnlich: Ortwin Renn, Riskante Risikowahrnehmung, Der Tagesspiegel, v. 31. 01. 2010, S. 8.

[35] Vgl. Stürmer, Welt ohne Weltordnung, S. 173; Grayling, Freiheit die wir meinen, S. 15; Schneckener, Transnationaler Terrorismus, S. 23; Huster/Rudolph, in: dies. (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 9, 15 f., 19; Klein, in: Isensee (Hrsg.), Der Terror, der Staat und das Recht, S. 9, 9 f.; Nitschke, in: ders. (Hrsg.), Globaler Terrorismus und Europa, S. 13, 14; Schluchter, in: ders. (Hrsg.), Fundamentalismus, S. 9, 11; Hillebrandt, in: Kron/Reddig (Hrsg.), Analysen des transnationalen Terrorismus, S. 45, 48; Schily, in: Robbers/Umbach/Gebauer (Hrsg.), Innere Sicherheit, Menschenwürde, Gentechnologie, S. 17, 24; Diebitz ARSP 91 (2005), S. 558, 560 ff.; s. zuletzt Ortwin Renn, Riskante Risikowahrnehmung, Der Tagesspiegel, v. 31. 01. 2010, S. 8 „[...] wir haben das Gefühl, wir könnten selbst das zufällige Opfer ihrer Attacke werden. Das schürt Angst [...].“ „Der moderne Terrorismus“, pointiert Göttler, in: Riescher (Hrsg.), Sicherheit und Freiheit statt

Terror und Angst, S. 47, 60, „ist ein Angstauslöser in Perfektion.“ Und Sofsky, Das Prinzip Sicherheit, S. 115 notiert treffend: „Wenn es [...] jeden treffen kann, ist jedes Gefühl von Sicherheit dahin.“

[36] Bei der Einschätzung der „Copingfähigkeiten“, die zu den das Sicherheitsgefühl konstituierenden Faktoren gehört, werden alle Eigenschaften des Einzelnen, eine gefährliche Situation zu bewältigen, erfasst, wozu etwa die Fähigkeit zählt, sich einem Angriff zu entziehen oder aufgrund von sicherem Auftreten gar nicht erst als Opfer in Betracht zu kommen; s. dazu näher Schewe, Sicherheitsgefühl, S. 115 f.

[37] Gusy, JZ 2009, S. 217, 219; zum „öffentlichen Raum“: ders., VerwArch. 92 (2001), S. 344 ff., 348 ff.; Schuppert, Politische Kultur, S. 95 ff. Tiefgründig zum Sicherheitsgefühl und dazu, dass das gesellschaftliche Verständnis von Sicherheit stets auch einen subjektiven Aspekt hat, s. Schewe, aaO., passim. Dazu, dass die Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus bereits Ende des Jahres 2002 „eine große Relevanz in der subjektiven Sicherheitswahrnehmung“ der Bürger hatten, s. die Befunde bei: Sterbling/Burgheim, Die Polizei 2003, S. 181, 182 ff., Zitat S. 185. Dabei entbehrt es in diesem Zusammenhang der Relevanz, dass Terroranschläge in der Liste der wahrscheinlichsten unnatürlichen Todesursachen keinen vorderen Rang einnehmen. Das Sicherheitsgefühl hängt weniger von wissenschaftlichen Erkenntnissen oder statistischen Wahrscheinlichkeiten der Bedrohung als vielmehr von sozial konstruierten Einstellungen in Bezug auf die Entwicklungen ab (s. Koller, in: Frühbauer/Hörter/Noweck [Hrsg.], Freiheit, Sicherheit, Risiko, S. 123, 127; vgl. auch Bonß, in: Lippert/Prüfert/Wachtler [Hrsg.], Sicherheit in der unsicheren Gesellschaft, S. 21,25 f. u. passim). Die empirische Risikoforschung weiß schon lange, dass wir drohende Gefahren (Risiken) nicht objektiv beurteilen und quantitativ einschätzen, sondern uns stattdessen an höchst persönlichen Empfindungen und subjektiven Kriterien orientieren. Als gesicherte Erkenntnis gilt, dass natürliche Risiken und solche, die einem „bekannt“ sind, die man sich selber zumutet, d.h. freiwillig eingeht und auch solche, die man (wirklich oder vermeintlich) individuell beeinflussen (kontrollieren) - und das bedeutet in der Überzeugung des Einzelnen natürlich auch: reduzieren - kann, ganz anders empfunden, nämlich v.a. unvergleichbar geringer eingeschätzt, weniger kritisch gesehen und eher in Kauf genommen werden als von Menschen verursachte Risiken und solche, die einem - wie dies beim terroristischen Großrisiko geradezu wesensgemäß der Fall ist - von außen zugemutet, von anderen aufgezwungen werden bzw. auf die man (wiederum: wirklich oder vermeintlich) keinen eigenen Einfluss hat, zumal und erst recht dann, wenn es um seltene, aber katastrophale Ereignisse („dread risks“) geht, deren Auftretenswahrscheinlichkeit sich außerordentlich schwer einschätzen lässt und es an persönlicher Erfahrung mit der Risikosituation mangelt. Vgl. Heilmann, Risiko, S. 20 ff.; Jungermann/Slovic, in: Bayerische Rückversicherung (Hrsg.), Risiko ist ein Konstrukt, S. 89, 97 ff., 104; Hoyos, in: Bayerische Rückversicherung AG (Hrsg.), Gesellschaft und Unsicherheit, S. 49, 59 f.; Prittwitz, Strafrecht und Risiko, S. 106; König, in: Münkler/Bohlender/Meurer (Hrsg.), Sicherheit und Risiko, S. 207, 216 f.; Bechmann, KritV 74 (1991), S. 212, 232; Harro Albrecht/Ulrich Schnabel, Gefahren überall, Die Zeit v. 26. 11. 2009, S. 43.

[38] Grün, Angst, S. 102.

[39] Thea Dorn, Lust an der Apokalypse, Was hinter der Katastrophenrhetorik steckt, Der Spiegel, v. 05. 01. 2009, S. 126, 127; zur Differenzierung zwischen unintendierten „Nebenfolgenkatastrophen“ (z.B. Klimawandel) und „intendierten Katastrophen“ (Terroristische Aktivitäten): Beck, Weltrisikogesellschaft, S. 49, 84, 146 f., 359.

[40] S. Trute, KritV 88 (2005), S. 342.

[41] S. zu den Ereignissen - dem „terroristische[n] Weltereignis“ (Stichweh, in: Kümmel/Collmer [Hrsg.], Asymmetrische Konflikte, S. 7, 10 f., 13) - vom 11. 09. 2001 aus der Literaturflut nur Richardson, Was Terroristen wollen, S. 185 ff.; Waldmann, in: Schluchter (Hrsg.), Fundamentalismus, S. 87, 92 ff.; dens., Terrorismus und Bürgerkrieg, S. 28 ff.; Prittwitz, in: FS Lüderssen, S. 499 ff.; s. zur Bedeutung des Datums als „Epochenwandel“, „Zäsur“ bzw. „Zeitenwende“ Schneckener, Transnationaler Terrorismus, S. 12 ff.; Habermas, Philosophie, S. 50, 52 f.; Klein, in: Isensee (Hrsg.), Der Terror, der Staat und das Recht, S. 9, 10; Grzeszick, ebd., S. 55, 55 f.; Cordt Schnibben, in: Aust/Schnibben (Hrsg), 11. September. Geschichte eines Terrorangriffs, S. 10.

[42] Zit. nach: Harzer, in: FS Lüderssen, S. 481.

[43] Die fachliche Debatte ist detailliert nachgezeichnet in: Kötter, Pfade des Sicherheitsrechts.

[44] Beck, Weltrisikogesellschaft, S. 83, 147 f.

[45] S. dazu die (scharfzüngige) Kritik von Albrecht, Die vergessene Freiheit, S. 11 ff., 21 ff. u. passim; Prantl, Terrorist als Gesetzgeber, S. 37, 43 ff., 49 ff., 58 u. passim; Baum, in: Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 181 ff.; Gössner, Menschenrechte, S. 22 f. u. passim; Bommarius, Das Grundgesetz, S. 255 ff.; Darnstädt, Der globale Polizeistaat, passim; Buckel/Kannankulam, Das Argument 244/2002, S. 34 ff.; Lepsius, Leviathan 32 (2004), S. 64, 65 ff., 78 ff.; Pehle, GWP 51 (2002), S. 87, 90 ff.; Hetzer, ZRP 2005, S. 132, 134; Leutheusser-Schnarrenberger, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 2008, S. 61 ff., insb. 63 ff., 69 f.; Krempl, in: Palm/Rötzer (Hrsg.), Medien, Terror, Krieg, S. 41, 43 f., 47 ff., 52 ff.; Hawel, KJ 42 (2009), S. 64, 65 ff., 70 ff. Diese Anschauung ist v.a. dadurch gekennzeichnet, die Sicherheitsgesetze als Ausdruck eines gewandelten Staatsverständnisses und als wirkungslose Beruhigungsmanöver eines autoritären und datensammelwütigen Staates darzustellen, dem die Vorstellung für den Rang der individuellen Freiheitsrechte abhanden gekommen sei, was sukzessive zur Selbstauflösung, zur schleichenden Aushöhlung des perforierten Rechtsstaates führe. Zur Kritik an der radikalen bzw. eilfertigen Kritik: Hans Peter Bull, Angstmache anstatt Aufklärung, FAZ, v. 17. 10. 2009, S. 8; Hannelore Crolly, Empörungszirkus, Die Welt, v. 21. 11. 2008, S. 8; Münkler, in: ders./Bohlender/Meurer (Hrsg.), Sicherheit und Risiko, S. 11, 31. An übergroßer Schärfe, Emphase und Vehemenz, an Alarmismus, ideologischem Lagerdenken und verstiegenen Polemiken fehlt es in der breit und oft mit großem rhetorischem Kaliber geführten gegenwärtigen Sicherheitsdebatte (s. zum Sicherheitsdiskurs auch jüngst Pietschmann, in: Riescher [Hrsg.], Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst, S. 127, 145 ff.) wahrlich nicht (vgl. auch Lakitsch, Gefahr und Sicherheit, S. 10, 87, 98; Baldus, in: Huster/Rudolph [Hrsg.], Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 107 u. zuletzt: Merz, in: Riescher [Hrsg.], Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst, S. 273, 281 Fn. 22; Reinhard Veser, Freiheit und Sicherheit, FAZ, v. 30. 03. 2010, S. 1) - wodurch zwangsläufig Ambivalenzen verloren gehen.

[46] In: Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 137, 138 (Hervorh. i. Orig.); ähnlich: Werthebach, APuZ B 44/2004, S. 5.

[47] Ironie des Staates, S. 262, 297.

[48] Zu den einschlägigen Umfragen: Schaar, Ende der Privatsphäre, S. 127; Hanning, in: Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 191, 205 f. Und dass sich der Zeitgeist einer Gesellschaft auch im „Geist der Gesetze“ niederschlägt, hat Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis, S. 561 notiert.

[49] Dazu näher: Herfried Münkler, Sicherheit und Risiko,

http://www.berlinpolis.de/fileadmin/Downloads/thinktank Artikel/tt 05 muenkler.pdf(Zuletzt: 08. 02. 2010,

18: 27).

[50] „[Ü]ber dem ablaufenden Jahrzehnt“, so hieß es kürzlich, stehe die Überschrift „'Security first', Sicherheit hat Vorrang“ (Dirk Kurbjuweit/Gabor Steingart/Merlind Theile, Zeit der Exzesse, Der Spiegel, v. 07. 12. 2009, S. 152, 155). Vgl. auch Hefendehl, JZ 2009, S. 165, 171 f. Zu der Präponderanz des Sicherheitsdenkens und der Verschiebung der Gewichte in Richtung Sicherheit: Grimm, in: Zypries (Hrsg.), Die Renaissance der Rechtspolitik, S. 25, 26; Schuppert, Staatswissenschaft, S. 244; Hassemer, Erscheinungsformen des modernen Rechts, S. 107, 241; ders., Du bist nicht allein, FAZ, v. 12. 03. 2009, S. 10; Simon, Sicherheitsstaat, S. 55 f., 139 f.; Papier, in: FS Starck, S. 371, 375; von Arnauld/Staack, in: dies. (Hrsg.), Sicherheit versus Freiheit?, S. 9, 16, 27; Ruf, in: Riescher (Hrsg.), Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst, S. 229, 234; Jan Ross, Von wegen Gerechtigkeit!, Die Zeit, v. 16. 10. 2008, S. 4 f.; Trute, Die Verwaltung 42 (2009), S. 85, 87; Renate Künast, Wir haben auch eine Vorbildfunktion für Europa, Das Parlament, Nr. 21/22-18./25. Mai 2009, S. 7; Peter Sloterdijk, „Die Freiheit ist das Opfer dieses Jahrzehnts“, Interview, Zeit Magazin, v. 11. 12. 2008, S. 30: „Wir leben jetzt in einer sekuritären Gesellschaft, kein Mensch interessiert sich mehr für Freiheitsthemen, alles wird der Sicherheit untergeordnet.“ Kritisch auch: Breyer, ZRP 2008, S. 65 f.; Kreissl, KritV 2008, S. 322, 331: „Sicherheit wird zu einer kulturellen Masterframe, zu einer Deutungsschablone, einer Linse, durch die wir die Welt betrachten.“

[51] Zur affirmativen Haltung s. etwa Prantl, Terrorist als Gesetzgeber, S. 38 f.; Bommarius, Das Grundgesetz, S. 258; Steinbeis/Detjen/Detjen, Die Deutschen und das Grundgesetz, S. 319; Baum, in: Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 181, 183; Kilger, AnwBl. 2008, S. 407; von Westphalen, ebd., S. 801, 801 f.; Erd, KJ 2008, S. 118, 119; Pietschmann, in: Riescher (Hrsg.), Sicherheit und Freiheit statt Terror und Angst, S. 127, 148; zur Kritik u.a.: Würtenberger, in: Masing/Jouanjan (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung, S. 27, 47; Bull, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Jahrbuch öffentliche Sicherheit 2008/2009, S. 317, 321 ff.; Pawlik, Terrorist, S. 49; Hillgruber, JZ 2007, S. 211, 211 f.; Trute, Die Verwaltung 42 (2009), S. 85, 98 ff., 103 f.; Möstl, DVBl. 2010, S. 808 ff.

[52] Zur „Philosophie dieser Rechtsprechung“: Wolfgang Hoffmann-Riem, „Zu viele Eingriffe zu Lasten der Freiheit“, Interview, SZ, v. 12./13. 04. 2008, S. 7; ders., EuGRZ 2008, S. 557, 559 ff.; ders., JZ 2008, S. 1009, 1010; Hohmann-Dennhardt, RDV 2008, S. 1, 5; s. im Einzelnen Denninger, Prävention und Freiheit, S. 23 ff.

[53] S. dazu u.a. Battis/Hecker, Die Polizei 2008, S. 309 ff.; Sachs, NJW 2009, S. 1441, 1448 f.; Poscher, Die Verwaltung 41 (2008), S. 345, 350, 372; dens., Dissent 2009, S. 13 ff. Dass die oft nur handwerklichen Mängel der Sicherheitsgesetze - entgegen etwa der Annahme von Hirsch, in: Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat, S. 164, 167, 178 u. Buchholz, Überwachungsstaat, S. 85 u. passim - „nicht als Prodigien für die alsbaldige Verwandlung der bundesrepublikanischen Ordnung in einen 'Überwachungsstaat' gedeutet werden“ können, hat jüngst sehr zutreffend Hofmann, NVwZ 2010, S. 217, 221 betont. Vgl. auch Jörg Ziercke, Nicht wie bei der Telekom, Interview, Die Welt, v. 02. 06. 2008, S. 3; Wolfgang Schäuble, Freiheit bedeutet Unvollkommenheit, Die Welt, v. 24. 10. 2008, S. 7; Bull, vorgänge 2008, S. 11, 15 f.; Rath, ebd., S. 79, 84 f., 92; Hans-Jürgen Papier, „Das Internet vergisst nicht“, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/computer/895/451606/text/ (Zuletzt: 15. 10. 2009, 15: 30); dens., DVBl. 2010, S. 801, 807. Die verfassungskonforme Balance zwischen Freiheit und Sicherheit ist in der Tat „robuster in ihrem Bestand, als oftmals angenommen wird“ (Rüpke, NVwZ 2008, S. 977).

[54] BVerfG, 1 BvR 256/08 v. 02. 03. 2010, http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20100302 1bvr025608.html (Zuletzt: 04. 03. 2010, 11: 30).

[55] BVerfGE 109, 279 ff.

[56] BVerfGE 110, 33 ff.

[57] BVerfGE 113, 348 ff.

[58] BVerfGE 115, 320 ff.

[59] BVerfGE 113, 29 ff.

[60] BVerfG, NJW 2006, S. 976 ff.

[61] BVerfGE 113, 273 ff.

[62] BVerfG, NJW 2008, S. 822 ff.

[63] BVerfG, NJW 2008, S. 1505 ff.

[64] Dazu näher: Poscher, Die Verwaltung 41 (2008), S. 345, 350 f., 372; Trute, Die Verwaltung 42 (2009), S. 85, 88 ff.

[65] Roggan/Bergemann, NJW 2007, S. 876, 881; vgl. auch Würtenberger, in: Masing/Jouanjan (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung, S. 27, 46 f.; Heinrich Wefing, Apo in roten Roben, Die Zeit, v. 13. 03. 2008, S. 1. Man könnte es plakativ auch in entsprechender Weise mit dem Axiom umschreiben, unter dem die erste Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vom 30. 11.2005 firmierte: „Mehr Freiheit wagen!“ (vgl. Protokolle der BT-Verhandlungen, 16. Wahlperiode, 4. Sitzung, Bd. 228, S. 78).

[66] Ausführliche Darstellung bei: Bentzien, ZLW 1990, 345 ff.; ZLW 1991, 144 ff., 366 ff.; vgl. auch Richter, Luftsicherheit, S. 13; Giemulla, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Jahrbuch öffentliches Recht 2004/2005, S. 261, 261 f.; Niklaus, Abschuss, S. 9 mit Fn. 2. Auf die vielschichtigen Ursachen solcher Angriffe weist Ronellenfitsch, VerwArch. 86 (1995), S. 307, 311 Fn. 13 hin. Die unterschiedlichen Gefährdungspotenziale stellt Schäffer, Terroristische Bedrohungen des Luftverkehrs, S. 6 ff. dar; s.a. Faust/Leininger, in: Hobe/v. Ruckteschell (Hrsg.), Kölner Kompendium Luftrecht, Bd. 2, S. 1123, Rz. 2; Vorrath, ZLW 2007, S. 181.

[67] Vgl. BT-Drs. 8/3431, S. 10; s.a. Borst, ZLW 1977, S. 126; Rott, NVwZ 1983, S. 460; dens., DÖV 1986, S. 598; Leitmeier, BayVBl. 1987, S. 361; Ronellenfitsch, Rechtsgutachten, S. 21.

[68] Hierzu näher: Richter, Luftsicherheit, S. 14; s.a. Giemulla, in: Reuss, Jahrbuch der Luft- und Raumfahrt 2008, S. 211, 212. Zu den im LuftVG statuierten gesetzlichen Sicherungsmaßnahmen zum Schutz gegen sog. „äußere Gefahren“ im Luftverkehr: Grabherr, in: Hofmann/Grabherr, LuftVG, § 29 c, Rz. 1; Rott, ZLW 1983, S. 10 ff.; Schneider, NVwZ 1988, S. 605 ff.; Giemulla/Schmid, NZV 1989, S. 415, 416; Wilkesmann, NVwZ 2002, S. 1316, 1318; Giemulla, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Jahrbuch öffentliches Recht 2004/2005, S. 261, 261 f.

[69] Vgl. Schäffer, Terroristische Bedrohungen des Luftverkehrs, S. 10 f.; Borsdorff/Deyda, Luftsicherheitsgesetz, S. 107 ff.; Paulke, Luftraum, S. 1 f., 80 f.; Fiebig, Der Einsatz der Bundeswehr im Innern, S. 58 f.; Niklaus, Abschuss, S. 9 ff., 39, 42, 55; Schladebach, NVwZ 2006, S. 430; Vorrath, ZLW 2007, S. 181; Lienhart, ZLW 2009, S. 1; Hartmut Kistenfeger/Markus Krischer, Jagd auf den Überläufer, Focus, v. 04. 01. 2010, S. 22, 23 f.

[70] Art. 2 Nr. 3 Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 (ABl. L 355/1 v. 30. 12. 2002) und Art. 3 II der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 (ABl. EU L 97 v. 09. 04. 2008, S. 72) definieren „Luftsicherheit“ als „die Kombination von Maßnahmen und personellen und materiellen Ressourcen, die dazu dienen, die Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen zu schützen, die die Sicherheit der Zivilluftfahrt gefährden“.

[71] Vgl. Würfel, in: Giemulla/Rothe (Hrsg.), Recht der Luftsicherheit, S. 67; Rothe, ebd., S. 72; pointiert: Jürgen Dahlkamp u.a., „Die reine Show“, Der Spiegel, v. 04. 01. 2010, S. 16, 19: „[...] seit 2001 gibt es zwei unterschiedliche Sicherheitszonen auf der Welt: die Fliegerei - und so ziemlich alles andere.“ S. im Einzelnen Rzepka, in: Gustav Heinemann-Initiative & Humanistische Union (Hrsg.), Graubuch Innere Sicherheit 2009, S. 105 ff.; zu den Reaktionen des europäischen Gesetzgebers: Lienhart, ZLW 2009, S. 1 ff.

[72] S. näher: Schwahn, in: Giemulla/Rothe (Hrsg.), Recht der Luftsicherheit, S. 56, 56 f.

[73] Zu Einzelheiten: Ein Motorsegler über der Stadt, FAZ, v. 06. 01. 2003, S. 1, 7.

[74] Vgl. Hirsch, in: Giemulla/Roth (Hrsg.), Recht der Luftsicherheit, S. 82, 83; Ladiges, Bekämpfung, S. 165; Niklaus, Abschuss, S. 34 f., 47 f.; Gareis, in: Böckenförde/Gareis (Hrsg.), Deutsche Sicherheitspolitik, S. 99, 122; vgl. auch die ausdrückliche Bezugnahme auf diesen Vorfall in: BT-Drs. 15/2361, S. 14; BR-Drs. 827/03, v. 07. 11. 03, S. 19; s. ferner Schily, in: Robbers/Umbach/Gebauer (Hrsg.), Innere Sicherheit, Menschenwürde, Gentechnologie, S. 17, 26, 31 : Dieser Vorfall, der im V ergleich zum „Extremfall“ vom 11. 09. 2001, der „viel realistischere Anwendungsfall“ des LuftSiG sei, „hat uns [...] vor Augen geführt, dass Katastrophen, die aus dem Luftraum drohen [...], nicht unbedingt einen terroristischen Hintergrund haben müssen. Allerdings hätte in dem Flugzeug, das über Frankfurt die Kreise zog, genauso gut auch ein Terrorist sitzen können.“

[75] Vgl. dazu - freilich in anderem Kontext - Beck, Weltrisikogesellschaft, S. 13, 198.

[76] Namentlich der in ihren wesentlichen Teilen am 19. Januar 2003 in-Kraft-getretenen und im April 2004 geänderten Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt vom 16. Dezember 2002 (ABl. EU Nr. L 355, v. 30. Dezember 2002, S. 1-22); geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 849/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 04. 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (ABl. L 158 v. 30. 04. 2004, S. 1 ff.; berichtigte Fassung in ABl. L 229 v. 29. 06. 2004, S. 3 f.); inzwischen ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 03. 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 (ABl. [EU] Nr. L 97 v. 09. 04. 2008,

S. 72); vgl. Art. 23 VO (EG) Nr. 300/2008. Die Erweiterung der Überprüfung auf den in § 7 I Nr. 4 LuftSiG genannten Personenkreis entspricht freilich keiner gemeinschaftsrechtlichen Forderung, s. hierzu Teil 3 A) I.

[77] Vgl. BT-Drs. 15/3338, v. 16. 06. 2004, S. 1 ff., 25 ff.

[78] 8 S. Plenarprotokoll, BT 15/115, 10545 (C), (D); BR-Drs. 509/04 v. 18. 06. 2004. Die Bundesregierung hatte am 14. 01. 2004 den Gesetzesentwurf beim Bundestag eingebracht (vgl. BT-Drs. 15/2361) und er wurde vom Bundestag mit den vom Innenausschuss empfohlenen Änderungen (vgl. BT-Drs. 15/3338 v. 16. 06. 2004) am 18. 06. 2004 als Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben beschlossen. Der Bundesrat hat daraufhin am 09. 07. 2004 das Verlangen zur Einberufung des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 II GG gestellt (vgl. BR-Drs. 509/04 v. 09. 07. 2004). Am 24. 09. 2004 hat der Bundesrat beschlossen, dem Gesetz nicht zuzustimmen und nur für den Fall, dass es nicht zustimmungsbedürftig seien sollte, Einspruch gem. Art. 77 III GG eingelegt - der am selben Tag zurückgewiesen wurde (vgl. BT-Drs. 15/3759).

[79] Vgl. dazu BT-Drs. 15/3338, v. 16. 06. 2004, S. 21 f. Kritisch zur Überführung der vormals im LuftVG geregelten Luftsicherheitsaufgaben in das LuftSiG: BR-Drs. 509/2/04, S. 1 f. (Antrag des Freistaates Bayern).

[80] Vgl. BT-Drs. 15/2361, S. 15.

[81] BR-Drs. 827/03, v. 07. 11. 03, S. 1. An der Eignung des LuftSiG, seine Ziele zu erreichen, zweifeln u.a. Meyer/Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Einl. LuftSiG, Rz. 63 (m.w.N.).

[82] Vgl. BR-Drs. 827/03, S. 19/21; BT-Drs. 15/3338, v. 16. 06. 2004, S. 1/28.

[83] Die Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 (Nr. 1.5. des Anhangs; ABl. EU Nr. L 355/6) definiert „Zuverlässigkeitsüberprüfung“ als eine „Überprüfung der Identität einer Person und ihres Werdegangs, einschließlich etwaiger Vorstrafen, als Teil der Beurteilung der persönlichen Eignung für den unbegleiteten Zugang zu Sicherheitsbereichen“. Vgl. auch Grabherr, in: Hofmann/Grabherr, LuftVG, § 29 d, Rz. 5 f.

[84] Im Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben hieß es noch: „Ohne eine abgeschlossene Zuverlässigkeitsüberprüfung, bei der keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen verbleiben, darf diesem kein Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes gewährt werden.“ S. BT-Drs. 15/3338, v. 16. 06. 2004, S. 10; zur Änderung: ebd., S. 27.

[85] Zuvor enthielt die durch das Neunte Änderungsgesetz vom 18. 09. 1980 (BGBl. I S. 1729) in das LuftVG eingefügte Vorschrift des § 29 d LuftVG a.F. eine den Schutz vor kriminellen Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs betreffende Aufgabenzuweisung an die Luftfahrtbehörden und ferner die entsprechend erforderlichen hoheitlichen Befugnisse (dazu: BT-Drs. 8/3431, v. 27. 11. 1979, S. 6 f., 13 f.). § 29 d I LuftVG d.F. vom 09. 01. 2002 (zu den Änderungen durch das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus v. 14. 12. 2001: Nolte, DVBl. 2002, S. 573, 578) hatte folgenden Wortlaut:

S. 1: Zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs (§ 29 c Abs. 1 Satz 1) hat die Luftfahrtbehörde die Zuverlässigkeit folgender Personen zu überprüfen:

1 Personen, denen zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen (§ 19 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 20 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) gewährt werden soll,
2 Personal der Flugplatz- und Luftfahrtunternehmen sowie des Flugsicherungsunternehmens, das aufgrund seiner Tätigkeit Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs hat; sofern sich Flugplatz-, Luftfahrt- oder Flugsicherungsunternehmen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben des Personals anderer Unternehmen bedienen, steht dieses eigenem Personal gleich,
3 Personen, die nach § 29 c Abs. 1 Satz 3 als Hilfsorgane eingesetzt oder nach § 31 b Abs. 1 Satz 2 mit Aufgaben nach § 27 c Abs. 2 beauftragt werden.

S. 2: Die Überprüfung bedarf der Zustimmung des Betroffenen. [...].

[86] BR-Drs. 827/03, S. 26; BT-Drs. 15/2361, S. 16; vgl. auch Frank Hofmann (SPD), Plenarprotokoll, BT 15/89 v. 30. 01. 2004, S. 7888.

[87] Insbesondere bei der Zulassung von Luftsicherheitsplänen der Flugplatzbetreiber (vgl. § 8 I 2 LuftSiG).

[88] Im Gegensatz zum ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung (s. BR-Drs. 827/03, S. 5: „[9] Werden den nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 und 4 beteiligten Behörden [...]“), war die sog. Nachberichtspflicht im abschließenden LuftSiNeuregG auf die „[...] nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 beteiligten Bundesbehörden [und die] nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 5 beteiligten Stellen [...]“ beschränkt, weil - so etwa Clemens Binninger (CDU/CSU), Plenarprotokoll, BT 15/115, v. 18. 06. 2004, S. 10539 f.; ders., in: Giemulla/Rothe (Hrsg.), Recht der Luftsicherheit, S. 22 - „die rot-grüne Regierung das Luftsicherheitsgesetz damit zustimmungsfrei [...] machen wollte“; s.a. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Plenarprotokoll, BT 15/115, v. 18. 06. 2004, S. 10541 (B); Paulke, Luftraum, S. 16; Rzepka, in: Graubuch Innere Sicherheit, S. 37, 44 f.; Hermann, in: Hobe/v. Ruckteschell (Hrsg.), Kölner Kompendium Luftrecht, Bd. 2, S. 1177, Rz. 229; zur Kritik an der Entbindung von Behörden von der Nachberichtspflicht: BR-Drs. 509/1/04, S. 5/12; BT-Drs. 15/3338, S. 28; BT- Drs. 15/3587, S. 2/4. In der seit Anfang 2007 geltenden Fassung sind nunmehr auch die beteiligten Länderbehörden einschließlich der Ausländerbehörden und das Bundesverwaltungsamt umfasst.

[89] Zur Kritik an der Regelung des § 7 XI 1 Nr. 1 LuftSiG: BR-Drs. 827/1/03, S. 21; BR-Drs. 509/1/04, S. 2 f., 4 f., 9 f. (Empfehlungen der Ausschüsse); s.a. den Bundesrat, BR-Drs. 509/04, S. 5; BT-Drs. 15/3587, S. 3; Urban, Bekämpfung des Terrorismus, S. 266; Grabherr, in: Hofmann/Grabherr, LuftVG, Einführung LuftSiG, Rz. 28.

[90] Vgl. hierzu auch BR-Drs. 827/03 (B), S. 5; BT-Drs. 15/2361, S. 26; Meyer, ZRP 2004, S. 203, 204.

[91] Die für die Konkretisierung des LuftVG erforderliche und gem. § 32 II b LuftVG (a.F.) ergangene Rechtsverordnung, die „Verordnung zur Regelung des Verfahrens der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf dem Gebiet des Luftverkehrs“ (BGBl. I, S. 2625, in-Kraft-getreten am 13. 10. 2001), wurde am 08. 10. 2001 auf Grundlage des § 29 d LuftVG (a.F.) erlassen und mit Inkrafttreten des LuftSiG wurde die LuftZÜV aufgehoben.

[92] Vgl. Baumann, ZLW 2006, S. 34, 36.

[93] Vgl. BR-Drs. 234/07, S. 10 f.; Piloten, die für Luftfahrtunternehmen tätig sind, fallen bereits unter den in § 7 I Nr. 1 LuftSiG genannten Personenkreis.

[94] Arg. e. contr. aus § 24 I Nr. 3 LuftVZO, der nur auf die „Safety“-bezogene Zuverlässigkeit Bezug nimmt.

[95] S. BR-Drs. 827/03, S. 27; BT-Drs. 15/2361, S. 17.

[96] Nr. 1: wenn der Betroffene innerhalb der letzten zwölf Monate einer zumindest gleichwertigen Überprüfung unterzogen worden ist und keine Anhaltspunkte für seine Unzuverlässigkeit vorliegen oder

Nr. 2: wenn der Betroffene der erweiterten Sicherheitsüberprüfung nach § 9 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) oder der erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen nach § 10 SÜG unterliegt. Dazu näher: Hermann, in: Hobe/v. Ruckteschell (Hrsg.), Kölner Kompendium Luftrecht, Bd. 2, S. 1164 f.

[97] Gemäß § 7 II 1 LuftSiG darf die Luftsicherheitsbehörde die Überprüfung, ohne dass Ausnahmen für bestimmte Personen vorgesehen wären (s. demgegenüber § 29 d III 3 LuftVG a.F.), nur noch auf Antrag des Betroffenen und im Gegensatz zur früheren Rechtslage, nicht mehr aufgrund eines Antrags des Arbeitgebers durchführen. Vgl. dazu BT-Drs. 15/2361, S. 17: „Damit werden elementare Mitwirkungsrechte des Betroffenen gesetzlich verankert.“ Kritiker (s.a. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Die deutsche Innen- und Rechtspolitik auf Abwegen, AOPA-Letter 05/2008, S. 8, 10) sehen in der „freiwilligen Antragsstellung“ einen gesetzgeberischen „Trick“, mit dem „das Datenschutzgesetz ausgehebelt und die Kostenpflicht auf den Piloten verlagert“ werde (so Sibylle Glässing-Deiss, AOPA Handout, Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG, http://www.aopa.de/DE/upload/downloads/handouts/ZP2009.pdf [Zuletzt: 12. 12. 2009, 13: 05]).

[98] Vgl. dazu BT-Drs. 15/2361, S. 17.

[99] BT-Drucks. 15/2361, S. 17; BR-Drs. 827/03, S. 27 f. In Betracht kommt etwa die erbetene Vorlage von Straffreiheitserklärungen, von Dokumenten zu früheren Tätigkeiten im Ausland, von Zeugnissen ausländischer Sicherheitsbehörden sowie von Unterlagen, die geeignet sind, die Identität des Betroffenen zu belegen oder glaubhaft zu machen, s. ebd. u. BR-Drs. 234/07, S. 19; dazu, dass sich die Verwaltungspraxis derweil (zulässigerweise) vom ursprünglichen Ausnahmecharakter des § 7 III 2 LuftSiG entfernt hat: Hermann, in: Hobe/v. Ruckteschell (Hrsg.), Kölner Kompendium Luftrecht, Bd. 2, S. 1167 f., Rz. 179 f.

Ende der Leseprobe aus 427 Seiten

Details

Titel
Rechtsfragen der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Privatpiloten
Untertitel
Von dem luftsicherheitsrechtlichen Kontrollverfahren gem. § 7 I Nr. 4 LuftSiG i.V.m. § 4 I 2 Nr. 3 Hs. 2 LuftVG, der formellen Verfassungsmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetzes und verdachtsunabhängigen Informationserforschungseingriffen
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Fachbereich Rechtswissenschaften)
Note
cum laude
Autor
Jahr
2010
Seiten
427
Katalognummer
V153647
ISBN (eBook)
9783640660360
ISBN (Buch)
9783640660810
Dateigröße
3147 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Zuverlässigkeitsüberprüfung, Privatpiloten, Kontrollverfahren, LuftSiG, LuftVG, Verfassungsmäßigkeit, Luftsicherheitsgesetzes, Informationserforschungseingriffen, Generalverdacht, § 7 I Nr. 4 LuftSiG
Arbeit zitieren
Nils-Lennart Hauck (Autor:in), 2010, Rechtsfragen der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Privatpiloten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153647

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