Die Frage nach der logischen Unvereinbarkeit des christlich- theistischen Bekenntnisses (Gott als Allmächtiger, Allgütiger, Ewiger und Transzendenter) und einer Welt mit existentem Bösen samt leidvollen, schmerzlichen Erfahrungen ist ein zwangsläufiges Problem, da die Allmacht Gottes das Leid verhindern kann, was die Güte Gottes auch anstreben muss. Berühmt geworden für dieses Widerspruchsproblem ist die pointierte Formulierung des hellenistischen Philosophen Epikur: „Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es und will es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht […]“. Auf diese Behauptung soll später noch eingegangen werden.
Von größter Relevanz ist erstens festzuhalten, dass man unter einer „Theodizee“ einen Lösungsansatz für die Unverträglichkeit von (christlichem) Theismus und menschlicher Wahrnehmung von einem katastrophalen Schöpfungszustand versteht.
Einen zweiten Wesensaspekt erhält die Theodizee-Problematik in ihrer daraus folgenden Bedeutung als Existenzfrage: Mit T. W. Adorno gesprochen, erweist sich die Unbeantwortbarkeit von Theodizee für den Vernunft- und Verstandesmenschen als sicherer Gegenbeweis für die Existenz eines gütigen und allmächtigen Gott, womit sich folgenschwere Fragen hinsichtlich von Sinn und Zweck, von den letzten, alles entscheidenden Gründen der menschlichen Existenz aufwerfen.
„The existentialist finds it depressing that God does not exist, for there disappears with him all possibility of finding values in an intelligible heaven […] Everything is indeed permitted if God does not exist, and man is in consequence forlorn, for he cannot find anything to depend on within or without himself,“ resümierte Dostojewski sehr treffend.
In Folge dessen ist es von äußerster Dringlichkeit, eine plausible Erklärung zu finden, ein Ziel, dem sich viele Menschen seid langer Zeit widmen oder gewidmet haben. Die Aufgabe der vorliegenden Hausarbeit besteht darin, einige ihrer Erklärungsansätze im Rahmen einer allgemeinen Einführung zur Theodizeethematik vorzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Problemstellung
- Grundsätzliche Vorgehensweisen zur Problembehandlung
- Lösungsmodelle
- Absprechung der Existenz des Bösen
- Das Böse als Illusion
- Die „Beste aller denkbaren Welten Theorie“
- Beschränkung der Providenz
- Die Frage der Allgüte
- Die Frage der Allmacht
- Die Frage der Allwissenheit
- Darlegung einer Legitimation des Bösen
- Augustins Erbsündenlehre
- Die Free Will Defense
- Geständnis der Unkenntnis
- Absprechung der Existenz des Bösen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Theodizee, also die Rechtfertigung Gottes angesichts der Existenz von Leid und Bösem in der Welt. Sie analysiert verschiedene Lösungsansätze, die versuchen, die scheinbare Unvereinbarkeit zwischen einem allmächtigen, allgütigen Gott und einer Welt voller Leid zu erklären.
- Die Problematik der Theodizee im Spannungsfeld von Prädestination und Rationalismus
- Die verschiedenen Ansätze zur Lösung des Theodizee-Problems
- Die philosophischen und theologischen Debatten um die Existenz des Bösen
- Die Bedeutung der Theodizee als Existenzfrage für den Menschen
- Die Rolle der Vernunft und des Glaubens in der Auseinandersetzung mit dem Theodizee-Problem
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung und Problemstellung: Das erste Kapitel führt in das Thema der Theodizee ein und erläutert den historischen und philosophischen Hintergrund des Problems. Der Begriff der Theodizee wird definiert und seine Bedeutung als Spannungsfeld zwischen Prädestination und Rationalismus hervorgehoben. Das Problem der Unvereinbarkeit von einem allmächtigen, allgütigen Gott und einer Welt voller Leid wird mit dem Widerspruchsproblem von Epikur dargestellt.
- Grundsätzliche Vorgehensweisen zur Problembehandlung: Das zweite Kapitel skizziert verschiedene Ansätze zur Behandlung des Theodizee-Problems, die sich in drei Hauptgruppen einteilen lassen: Absprechung der Existenz des Bösen, Beschränkung der Providenz und Darlegung einer Legitimation des Bösen. Diese Ansätze werden kurz vorgestellt und ihre jeweiligen Schwächen und Stärken aufgezeigt.
- Lösungsmodelle: Die Kapitel 3.1 bis 3.4 befassen sich mit verschiedenen Lösungsmodellen für das Theodizee-Problem. Dabei werden verschiedene Theorien zur Erklärung des Bösen und zur Rechtfertigung Gottes vorgestellt und kritisch analysiert.
Schlüsselwörter
Theodizee, Gott, Leid, Böse, Prädestination, Rationalismus, Allmacht, Allgüte, Allwissenheit, Erbsünde, Free Will Defense, Existenzfrage, Vernunft, Glaube, Philosophie, Theologie, Epikur, Leibniz, Augustinus, Widerspruchsproblem, Schöpfung, Existentialismus, Dostojewski
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- Dipl. theol. Peter Hubertus Erdmann (Author), 2004, Theodizee. Eine allgemeine Einführung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153648