Trotz dieser offensichtlichen Zusammenhänge zwischen Wirtschaft und Politik, beschränkte man sich dagegen lange in der historischen Forschung, bei der Betrachtung der Veränderungen des europäischen Staatssystems im 19. Jahrhundert, auf diplomatie-, macht- und kriegsgeschichtliche Entwicklungen. Erst neuere Forschungsansätze haben die Bedeutung der Wirtschaft für die außenpolitischen Entscheidungen der Akteure in den Fokus der Analyse gerückt. Zwar legte Eugen Franz zu dieser Thematik bereits im Jahr 1933 eine Studie vor, jedoch konzentrierte er sich in dieser mehr auf die machtpolitischen Rivalitäten der österreichischen und preußischen Regierung, als auf die Zusammenhänge von Ökonomie und Politik. Erst Helmut Böhme schenkte in seiner 1966 veröffentlichten Arbeit diesen Faktoren eine umfassende Beachtung. Für eine Berücksichtigung des österreichischen Blickwinkels sorgte dann Harm-Hinrich Brandt mit seinem 1978 vorgelegten Werk. Trotz dieser Analysen sind bis jetzt aber noch viele Fragen zum Verhältnis von Wirtschaft und Politik unbeantwortet geblieben.
Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, die Wechselwirkungen zwischen Ökonomie und Außenpolitik im Deutschen Bund im Zeitraum von 1849 bis 1871 darzustellen und kritisch zu hinterfragen. Zunächst werden im ersten inhaltlichen Abschnitt der Arbeit (Kapitel 2) kurz die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen in Österreich und den Zollvereinsstaaten im benannten Zeitraum betrachtet, um zu zeigen welchen unterschiedlichen ökonomischen Voraussetzungen die Akteure unterlagen. Danach wird im nächsten Abschnitt der Studie (Kapitel 3) die Handelspolitik in den 1850er Jahren im Deutschen Bund dargestellt. Dabei wird auf den Mitteleuropaplan, den Februarvertrag und dessen Umsetzung, sowie auf die Wirtschaftskrise von 1857 und die dadurch ausgelösten Veränderungen in der Handelspolitik eingegangen. Anschließend wird im darauf folgenden Abschnitt (Kapitel 4) die Handelspolitik in den 1860er Jahren untersucht, wobei der deutsch-französische Handelsvertrag, der Kampf um seine Annahme und die Entwicklungen in der deutschen Handelspolitik nach 1866 die zentralen Analysekategorien bilden. Abschließend werden im letzten Abschnitt der Studie die Ergebnisse in Bezug auf die Forschungsfrage zusammengefasst und die Frage beantwortet, ob die ökonomische Integration als Ursache für das Entstehen des deutschen Nationalstaates angesehen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die wirtschaftliche Entwicklung im Deutschen Bund von 1849-1871
- Die wirtschaftliche Entwicklung in den Zollvereinsstaaten
- Die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich
- Die Handelspolitik im Deutschen Bund von 1849-1859
- Vom Mitteleuroplan zum Februarvertrag
- Die Erfüllung des Februarvertrages
- Die Wirtschaftskrise 1857 - Ende des Mitteleuropaplanes?
- Die Handelspolitik im Deutschen Bund von 1860-1871
- Die Entstehung des preußisch-französischen Handelsvertrages
- Der Kampf um die Annahme des Handelsvertrages
- Ein Ausblick auf die Handelspolitik nach 1866
- Die ökonomische Integration – Ursache des deutschen Nationalstaates?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Wechselwirkungen zwischen ökonomischen Entwicklungen und Außenpolitik im Deutschen Bund zwischen 1849 und 1871. Sie hinterfragt kritisch den Einfluss der wirtschaftlichen Integration auf die Entstehung des deutschen Nationalstaates.
- Wirtschaftliche Entwicklungen in den Zollvereinstaaten und Österreich
- Handelspolitik im Deutschen Bund (1849-1859 und 1860-1871)
- Der Mitteleuroplan und der Februarvertrag
- Der preußisch-französische Handelsvertrag
- Zusammenhang zwischen ökonomischer Integration und Nationalstaatsbildung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den europäischen Kontext nach den napoleonischen Kriegen und der Revolution von 1848/49. Sie hebt die wachsenden Spannungen im Deutschen Bund hervor, die maßgeblich durch divergierende wirtschafts- und handelspolitische Vorstellungen zwischen Österreich und Preußen geprägt waren. Die zunehmende Industrialisierung und die damit verbundene Liberalisierung des Handels werden als Auslöser dieser Konflikte identifiziert. Die Einleitung betont den bisherigen Forschungsfokus auf machtpolitische Aspekte und unterstreicht die Notwendigkeit einer umfassenderen Betrachtung der ökonomischen Faktoren. Das Ziel der Arbeit wird als Darstellung und kritische Hinterfragung der Wechselwirkungen zwischen Ökonomie und Außenpolitik im Deutschen Bund (1849-1871) definiert.
2. Die wirtschaftliche Entwicklung im Deutschen Bund von 1849-1871: Dieses Kapitel analysiert die wirtschaftlichen Entwicklungen in den Zollvereinstaaten und Österreich. Im Fokus steht der Vergleich der unterschiedlichen ökonomischen Voraussetzungen beider Akteure. Während die Zollvereinstaaten einen starken Wirtschaftsboom in den 1850er Jahren erlebten, der durch günstige internationale Rahmenbedingungen, Innovationen und verbesserte Infrastruktur begünstigt wurde, zeigte sich die Entwicklung in Österreich ungleichmäßiger, mit einer Kreditkrise bereits 1855. Die Kapitel unterstreichen die unterschiedlichen wirtschaftlichen Realitäten als wichtigen Faktor für die politischen Spannungen.
3. Die Handelspolitik im Deutschen Bund von 1849-1859: Dieses Kapitel beleuchtet die Handelspolitik der 1850er Jahre. Es analysiert den Mitteleuroplan, den Februarvertrag und dessen Umsetzung sowie die Wirtschaftskrise von 1857 und deren Folgen für die Handelspolitik. Der Fokus liegt auf den politischen und wirtschaftlichen Strategien der beteiligten Staaten und wie diese die Beziehungen innerhalb des Deutschen Bundes beeinflussten. Die Auswirkungen der Krise werden im Detail untersucht, um das Wechselspiel zwischen wirtschaftlichen Ereignissen und politischen Entscheidungen zu veranschaulichen.
4. Die Handelspolitik im Deutschen Bund von 1860-1871: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Handelspolitik der 1860er Jahre. Die Entstehung und der Kampf um die Annahme des preußisch-französischen Handelsvertrages werden als zentrale Analysekategorien behandelt. Zusätzlich wird die Entwicklung der deutschen Handelspolitik nach 1866 betrachtet. Der Fokus liegt auf den strategischen Überlegungen der beteiligten Akteure und den Auswirkungen der Handelspolitik auf die politischen Beziehungen innerhalb und außerhalb des Deutschen Bundes. Die Bedeutung des Handelsvertrages für die wirtschaftliche und politische Konsolidierung wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Deutscher Bund, Wirtschaft, Handelspolitik, Österreich, Preußen, Zollverein, Industrialisierung, Mitteleuroplan, Februarvertrag, Wirtschaftskrise 1857, preußisch-französischer Handelsvertrag, ökonomische Integration, Nationalstaatsbildung.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Arbeit: "Wirtschaftsentwicklung und Handelspolitik im Deutschen Bund (1849-1871)"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Wechselwirkungen zwischen wirtschaftlichen Entwicklungen und der Außenpolitik im Deutschen Bund zwischen 1849 und 1871. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Einfluss der wirtschaftlichen Integration auf die Entstehung des deutschen Nationalstaates.
Welche Zeitspanne wird betrachtet?
Die Arbeit konzentriert sich auf den Zeitraum von 1849 bis 1871, also die Zeit des Deutschen Bundes bis zur Gründung des Deutschen Reiches.
Welche Regionen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit analysiert die wirtschaftliche Entwicklung in den Zollvereinstaaten und in Österreich. Der Fokus liegt auf den unterschiedlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen und Strategien beider Regionen.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Schwerpunktthemen: Wirtschaftliche Entwicklungen in den Zollvereinstaaten und Österreich, Handelspolitik im Deutschen Bund (1849-1859 und 1860-1871), der Mitteleuroplan und der Februarvertrag, der preußisch-französische Handelsvertrag und der Zusammenhang zwischen ökonomischer Integration und Nationalstaatsbildung.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, vier Hauptkapitel und ein Fazit (implizit). Die Kapitel befassen sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Deutschen Bund (1849-1871), der Handelspolitik von 1849-1859 (Mitteleuroplan, Februarvertrag, Wirtschaftskrise 1857), der Handelspolitik von 1860-1871 (preußisch-französischer Handelsvertrag) und schließlich der Frage nach dem Zusammenhang zwischen ökonomischer Integration und der Entstehung des deutschen Nationalstaates.
Welche Schlüsselereignisse werden analysiert?
Die Arbeit analysiert zentrale Ereignisse wie den Mitteleuroplan, den Februarvertrag, die Wirtschaftskrise von 1857 und den preußisch-französischen Handelsvertrag. Diese Ereignisse werden im Kontext der wirtschaftlichen Entwicklungen und politischen Beziehungen innerhalb des Deutschen Bundes betrachtet.
Welche Schlüsselfragen werden gestellt?
Eine zentrale Frage der Arbeit ist, inwieweit die ökonomische Integration die Entstehung des deutschen Nationalstaates beeinflusst hat. Es wird untersucht, wie wirtschaftliche Entwicklungen und Handelspolitik die politischen Beziehungen zwischen Österreich und Preußen, und damit die Entwicklung des Deutschen Bundes, geprägt haben.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit bietet keine expliziten Schlussfolgerungen im Text, jedoch lässt sich ableiten, dass die Arbeit die komplexe Wechselwirkung zwischen wirtschaftlichen Entwicklungen und politischen Entscheidungen im Deutschen Bund hervorhebt, und den bisherigen Fokus auf machtpolitische Aspekte um eine ökonomische Perspektive erweitert. Die Arbeit analysiert, wie die unterschiedlichen wirtschaftlichen Realitäten und Strategien von Österreich und den Zollvereinstaaten zu politischen Spannungen und letztendlich zur Entstehung des deutschen Nationalstaates beigetragen haben.
Welche Quellen werden verwendet? (nicht explizit im Text, aber implizit)
Die Arbeit basiert auf (implizit) historischen Quellen, die die wirtschaftliche und politische Entwicklung im Deutschen Bund zwischen 1849 und 1871 belegen. Genaueres zu den Quellen ist nicht im bereitgestellten Text enthalten.
- Quote paper
- Felix Neumann (Author), 2010, Eine politische Schlacht unter dem Deckmantel der Wirtschaft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153827