Der Islam gilt als die sich am schnellsten ausbreitende Religion in Afrika. Besonders auf junge Leute übt er eine starke Faszination aus.
Die tiefe Enttäuschung über die herrschenden wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse, verbunden mit dem sich immer stärker äußernden Unmut über die westliche Vorherrschaft im weltpolitischen Geschehen, kann man als äußere Gründe für dieses Phänomen sehen. Dazu kommt die Kritik am Westen als "kulturzerstörerische Macht" und die Angst, von ihm überrollt zu werden.
Der wachsende Einfluß der Fundamentalisten stellt hierzu einen Gegenpol dar, denn er bietet die Einheit und das Selbstvertrauen einer starken Weltreligion.
Auch der Norden der Republik Sudan gehört zu den islamisierten Ländern Afrikas, da der die Politik und Gesellschaft bestimmende Norden des Landes islamisch ist. Der Norden forciert die Verbreitung des Islams in den Süden des Landes, was eine der Ursachen für den schwelenden Nord-Südkonflikt des Landes ist.
Mit dem Islam verändern sich die gesellschaftlichen Bedingungen, und ein anderes religiöses und politisches Weltbild tritt an die Stelle der bis dahin gültigen Ordnung. Von den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen sind vor allem die Frauen betroffen, die sich durch die Islamisierung den vorwiegend patriarchalischen islamischen Machtverhältnissen beugen mußten.
Mit dieser Arbeit versuche ich, ein Stück Lebensgeschichte von Frauen in der Republik Sudan einzufangen und zu vermitteln. Natürlich kann dies nur ein ganz kleiner Ausschnitt der Lebensbedingungen sein, die sich nach den jeweiligen regionalen, sozialen und politischen Gegebenheiten sehr voneinander unterscheiden können.
Die strenge Geschlechtertrennung durch den Islam einerseits und vorislamische Traditionen andererseits hat im Niltal zu einer von der Männerwelt fast völlig getrennten Kultur der Frauen geführt. In der rigiden Durchführung der Geschlechtertrennung, auch von der Seite der Frauen, geht es wohl nicht um einen "Kampf der Geschlechter", sondern eher um die Betonung der eigenen Abgrenzung von den Männern.
Darin kann sich auch weibliches Selbstwertgefühl und nicht nur Unterordnung zeigen. Die Geschlechtertrennung muß also nicht nur als Polarisierung der Geschlechter aufgefaßt werden, sie kann vielmehr auch die Einordnung der "komplementären" Naturen in ein umfassendes Weltbild bedeuten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Themenwahl
- Überblick über die Region
- Das sudanesische Niltal im Spannungsfeld zwischen Islam und Volksglauben
- Aspekte des Frauenlebens in der islamischen Gesellschaft des Nordsudans
- Der legale Status der Frau
- Die Frau im Zentrum der Tugenden
- Ird, der Anstand
- Karama, die Würde
- Scharaf, die Ehre
- Ein Mädchen wird zur \"Braut\": Die Mädchenbeschneidung
- Die Zirkumzision aus medizinischer Sicht
- Soziale Aspekte
- Sozialer Wandel in den Städten
- Frauenbewegungen
- Die Beziehung der Geschlechter
- Der häusliche Innenbereich als Lebenssphäre der Frau
- Die Familie
- Die Ehe
- Die Frau nach der Menopause:
- Mittlerin zwischen privater und öffentlicher Sphäre
- Volksreligiöse Vorstellungen und Praktiken als Ausdruck einer weiblichen Gegenkultur - Dargestellt am Beispiel der Gaalijjin und der Schaikijja
- Die Gaalijjin
- Herkunft und Lebensraum
- Spirituelle Kräfte und übermenschliche Wesen
- Der \"Böse Blick\"\
- Muschahara: Die Gefahr für Frauen
- Umm as Subjan: \"Die Mutter der kleinen Kinder\"\
- Die Heiligen: Mittler zwischen Gott und Mensch
- Die Schaikijja
- Der Zar
- Die Schaicha
- Phänomene der Besessenheit
- Zar-Typen
- Das Zar-Fest
- Die Beziehung zwischen Zar und slam bei den Schaikijja
- Konsequenzen
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, einen Einblick in das Lebensmuster islamischer Frauen im sudanesischen Niltal zu geben. Sie untersucht die Auswirkungen der Islamisierung auf die Lebensbedingungen von Frauen, insbesondere im Hinblick auf ihre soziale Rolle, ihre familiäre Stellung und ihre religiösen Praktiken. Der Fokus liegt dabei auf der Darstellung von traditionellen kulturellen Elementen und deren Interaktion mit islamischen Normen und Wertvorstellungen.
- Der Einfluss des Islams auf die gesellschaftliche Rolle der Frau im Sudan
- Die Interaktion von islamischen Traditionen mit traditionellen kulturellen Praktiken
- Die Bedeutung von Volksreligion und Spiritualität im Leben von Frauen im Niltal
- Die Herausforderungen und Chancen, die sich für Frauen im Kontext des sozialen Wandels ergeben
- Die Rolle von Frauen in der Familie und im öffentlichen Leben
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Arbeit dar und beschreibt das persönliche Interesse der Autorin am Thema. Außerdem wird ein kurzer Überblick über die Region des sudanesischen Niltals gegeben. Das erste Kapitel beleuchtet die Auswirkungen des Islams auf die gesellschaftliche Rolle der Frau im Sudan. Dabei werden Themen wie der legale Status der Frau, die Bedeutung von Tugenden wie Ird, Karama und Scharaf, die Mädchenbeschneidung und der soziale Wandel in den Städten behandelt. Das zweite Kapitel konzentriert sich auf die Familie und die Ehe als Lebensräume der Frau. Es werden verschiedene Aspekte des familiären Lebens, die Rolle der Frau in der Ehe und die Position der Frau nach der Menopause beleuchtet.
Das dritte Kapitel widmet sich den volksreligiösen Vorstellungen und Praktiken als Ausdruck einer weiblichen Gegenkultur. Hierbei wird die Bedeutung von Zar-Kulten und Geisterglauben für Frauen im Niltal dargestellt. Es wird insbesondere auf die Rolle von Frauen in religiösen Zeremonien und Riten eingegangen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die folgenden Schlüsselbegriffe: Islamisierung, Frauen, Sudan, Niltal, Gesellschaft, Familie, Ehe, Volksreligion, Zar-Kult, Gegenkultur, soziale Rolle, Lebensmuster, Tradition, Wandel.
- Quote paper
- M.A. Alexandra von Bose (Author), 1992, Lebensmuster muslimischer Frauen im sudanesischen Niltal, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153987