Der Theorierahmen der Arbeit bildet die Frage der Emergenz von Religiosität und letztlich auch von Religion innerhalb von säkularen, funktional differenzierten Gesellschaften. Die Religion, so die Annahme, verlagert sich in der Moderne in eine eigene "Wertsphäre", um es mit Max Weber zu sagen. Im empirischen Teil der Arbeit werden zwei Erzählungen von Probanden mit transzendenten Erfahrungen, die eine dramatische biografische Diskontinuität zur Folge haben, nach der Methode des narrativen Interview von Fritz Schütze ausgewertet. In einem Fall handelt es sich um eine erfolgreiche Konversion mit sekundärer Sozialisation in einer charismatischen Gruppierung, im anderen um eine misslungene Konversion, die nachträglich als Psychose umgedeutet wird. Die Arbeit basiert erstens auf der Husserl'schen Annahme, dass Bewusstseinssysteme von der Welt ausgeschlossen sind und sich folglich nicht ausdrücken können und zweitens, dass die Erfahrung grundsätzlich intrinsische Qualität ist –und erst in einem (nachträglichen) Deutungsrahmen religiös, mystisch oder auch psychotisch eingeordnet wird. Innerhalb der Auswertung wird unter Einbezug der Theorie von George Herbert Mead ein theoretisches Modell gebildet, das mit der Unterscheidung des 'I' und 'Me' operiert, wobei letzteres die semantischen Rahmenbedingungen liefert, um transzendente Erfahrungen einzuordnen und auf einer sozialen, kommunikativen Ebene plausibel zu machen. In einem folgenden Theoriekapitel unter systemtheoretischen Gesichtspunkten weiterentwickelt wird, wobei davon ausgegangen wird, dass die kommunikative Unterscheidung von Transzendenz und Immanenz als Kernmerkmal der Religion gilt. In Absprache mit den Probanden werden nur die ausgewerteten Stellen der transkribierten Interviews veröffentlicht, und nicht der gesamte Anhang.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Empirischer Teil: Methodologie des narrativen Interviews
- Formale Textanalyse
- Erzähler E.
- Erzähler A.
- Strukturelle Beschreibung
- Erzähler E.
- Erzähler A.
- Analytische Abstraktion
- Erzähler E.
- Erzähler A.
- Kontrastierender Fallvergleich
- Konstruktion eines theoretischen Modells
- Formale Textanalyse
- Theoretische Reflexion
- Zusammenfassung und Fazit
- Literatur
- Anhang: Interviews
- Erzählung E.
- Erzählung A.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit analysiert Konversionen aus systemtheoretischer Perspektive, mit dem Ziel, die religiöse Erfahrung und die damit einhergehende biografische Diskontinuität zu verstehen. Sie fokussiert auf die Entstehung, Entwicklung und Stabilisierung religiöser Identitäten im Kontext von Modernisierung und Säkularisierung.
- Die Beziehung zwischen moderner Gesellschaft und Religion
- Die Rolle von religiöser Erfahrung in der Biografie von Konvertiten
- Die Systemtheorie als Rahmen für die Analyse von Konversionsprozessen
- Die Bedeutung von Narrativen in der Konstruktion religiöser Identitäten
- Die Herausforderungen der religiösen Kommunikation in einer differenzierten Welt
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt in die Thematik der modernen Religion und des Konversionsprozesses ein und stellt den theoretischen Rahmen der Arbeit vor. Sie beleuchtet die Problematik der Säkularisierungsthese und verweist auf die wachsende Bedeutung religiöser Erfahrungen in modernen Gesellschaften.
- Das zweite Kapitel widmet sich der Methodologie des narrativen Interviews. Es werden zwei Fälle von Konversionen vorgestellt und anhand einer formalen Textanalyse, einer strukturellen Beschreibung und einer analytischen Abstraktion untersucht. Im Anschluss daran erfolgt ein kontrastierender Fallvergleich, der die Besonderheiten und Gemeinsamkeiten der beiden Fälle beleuchtet.
- Das dritte Kapitel widmet sich der theoretischen Reflexion der Ergebnisse. Es werden die zentralen Erkenntnisse der empirischen Analyse anhand der systemtheoretischen Konzepte von Luhmann und anderen Autoren diskutiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe der Arbeit sind Konversion, Religion, Systemtheorie, narrative Analyse, Biografie, Säkularisierung, moderne Gesellschaft, religiöse Erfahrung und Identitätsbildung. Die Arbeit fokussiert auf die Analyse von Konversionen als individuelle Lebensentwürfe im Kontext gesellschaftlicher und kultureller Entwicklungen.
- Quote paper
- Francis Müller (Author), 2009, Konversion und Systemtheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154013