Unterort - Eine kleine Hof- und Familiengeschichte (1779-2009)


Forschungsarbeit, 2009

44 Seiten


Leseprobe


Veit Pamer

UNTERORT

Den Drëik kennt dös

enk selber kåltn!

Eine kleine Hof- und

Familiengeschichte

2009

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Erinnerung an meine Mutter Anna Pixner/Pamer (1909 – 1990), die durch die Übergabe ihres geerbten Hofes an ihrem Sohn Anton, ihm und seiner Familie eine neue Heimat gewährt hat.

Einleitung

In dieser Schrift wird versucht, ausgehend vom Jahre 1779, in dem der Theresianische Steuerkataster errichtet wurde, die wechselvolle Geschichte des Unterorthofes mit dem oftmaligen Besitzerwechsel in Verbindung mit der familiären und wirtschaftlichen Situation kurz zu behandeln und darzustellen.

Als Quellenmaterial wurden neben dem Theresianischen Steuerkataster die Verfachbücher aus dem Landesarchiv in Bozen, das Grundbuch in Meran und die Matrikelbücher in St. Martin benützt. Im zweiten Teil der Schrift konnte auch zusätzlich noch mündlich tradiertes Wissen und von Eltern, Geschwistern und Verwandten überlieferte Aussagen in die Arbeit mit einfließen.

Im Urbar Meinhards II. von 1288 werden Unterort und die unmittelbaren Nachbarhöfe noch nicht genannt, außer der „Hof im Schatten“ (Mörrer) und Pircha. Dieser Weiler, die Gegend, wo der Unterorthof liegt, trägt noch für längere Zeit den Namen „Oberschatten“, ist demnach Wald- und Weidegebiet des genannten Schattenhofes. Anscheinend erfolgte die Urbarmachung und Besiedlung von Unterort und den Nachbarhöfen erst in der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg, in der zweiten Hälfte des 17. Jh.

Da es ein schattiger Ort ist, in dem drei Monate die Sonne nicht scheint (Dezember – Februar), trägt er im 18. und beginnenden 19. Jh. auch den Namen: „Guth im Schatten, unterer Theil“, aber auch „Guth im Ort, unterer Theil“ bzw. „Guth im Ort oder Schatten“. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. setzt sich die Hofbezeichnung „Unterort“ jedoch definitiv durch.

Im Theresianischen Steuerkataster wird Unterort als zur Katastralgemeinde Christl, Propstei St. Martin, gehörend angeführt. Heute wird die Höfegruppe Unterort, Oberort, Leiter, Pircha etc. Hinteregg genannt und die Zufahrtstraße (samt Anschriftsadresse) für diese Höfegruppe „Hintereggerstraße“.

Teil I Chronologische Geschichte

des Unterorthofes in der Zeit von

1779 - 1919

Allgemeine Bemerkungen zu diesem Zeitabschnitt

In diesem Zeitraum scheinen 14 verschiedene Besitzer von Unterort auf und nur drei davon haben 20 oder mehr Jahre am Hof gelebt und gearbeitet, während die restlichen Bauern bzw. Bäuerinnen nur wenige Jahre oder manchmal nur einige Monate den Besitzstand halten konnten, um ihn dann meist wegen der angehäuften Schulden wieder zu verkaufen.

Dies lässt sich vielleicht so erklären, dass der Hof in der Regel um den Preis des Realwertes, d.h. de facto um die entsprechenden darauf lastenden Schulden gekauft wurde, welcher beinahe unmöglich vom Hof heraus zu wirtschaften war. Denn dieser liegt am Nordhang, sieht über drei Monate keine Sonne, verfügt nur über einen kleinen, eigenen Waldbestand und ist sehr schwer und mühevoll zu bearbeiten. Er warf bis in die jüngste Zeit gerade soviel ab, um eine Familie zu ernähren, aber recht viel mehr nicht.

Allerdings finden sich auch einige Käufer, so genannte Kurzzeit Hofbesitzer, die nicht in erster Linie für sich und die Familie eine „Heimat“ erwerben wollten, sondern ein Spekulationsgeschäft im Auge hatten und nur einen günstigen Zeitpunkt für einen Verkauf abwarteten, durch den sie einige Gulden Profit herausschlagen konnten.

Wie auch immer, den Hof belastete diese ganze Epoche – es ist ein Zeitraum von 140 Jahren – eine beträchtliche Schuldensumme, die durch die Zinslast immer vergrößert wurde. Näheres dazu ist im Kapitel „Hypothekarlasten auf dem Hof“ nachzulesen.

Die einzelnen Hofbesitzer in chronologischer Abfolge

1. Christian Gegele

Im Laufe der zweiten Hälfte des 18. Jh. erwarb Christian Gegele das „Hab und Guth in Orth oder Schatten“ mit allem Zubehör, nämlich eine Feuer- und Futterbehausung samt Zugebäude und übrigen Ingebäude, und besitzt einen Backofen und einen besonderen Stöckel. Ihm ist es noch gelungen, die Schulden nach dem Erwerb des Ortgutes abzutragen und sich eine solide wirtschaftliche Basis für das Leben auf dem Hof zu schaffen. Daher verwundert es nicht, dass er im Februar des Jahres 1780 seinen kleinen, schattigen Hof gegen den größeren und schöneren Bichlhof auf Glaiten getauscht hat.

Thomas Molt und Elisabeth Illmer haben den Bichlhof im Jahre 1762 von dem Erhart Auer’schen Raut-Erben käuflich erworben, kamen aber aus den Schulden nicht heraus. Zu diesem Hof gehörten zwei Bergwiesen in den Glaitner Madern und ein halbes Viertel Gerechtigkeit auf

der Seeber Alpe. Das Tauschquantum dieses Hofes hat man auf 5000 fl. geschätzt, während das von Unterort bloß auf 2000 fl. festgesetzt wurde. Allerdings waren die auf den Bichlhof überbundenen Schulden derart hoch, dass die Illmerin dem Gegele noch 1578 fl. zahlen musste.

2. Elisabeth Illmer und Thomas Molt

VB 1780 fol. 111 – 115’

Diese zweiten Besitzer bewirtschafteten den Unterorthof ganze drei Jahre, bis sie von den Schuldgläubigern gezwungen wurden, den Hof zu veräußern. Sie verkauften das Gut an den Nachbarn Paul Schweigl auf dem Leiterhof am 17.03.1783 um 1800 fl. Doch es kam am 25. April d. J. zu einer Versteigerung, bei der das Ehepaar Nikolaus Grüner und Agnes Martin den Leiterbauer um 50 fl. überboten und den Hof daher um 1850 fl. in Besitz nehmen konnten.

3. Nikolaus Grüner und Agnes Martin

VB 1783 fol.403

Das Ehepaar Grüner lebt und wirtschaftet auf dem Hof gemeinsam von 1783 bis zum Jahre 1800 und gründet eine Familie, die mit vier Söhnen gesegnet ist. Nach dem Tode von Nikolaus i. J. 1800 muss die Witwe mit den noch zum Teil minderjährigen Kindern den Hof bearbeiten und die Wirtschaft bis 1804 weiterführen. In diesem Jahr übernahm der gerade mündig gewordene älteste Sohn Johann den Hof und musste sich verpflichten, für die Mutter und die minderjährigen Geschwister zu sorgen.

4. Johann Grüner

VB 1804 fol. 487’

Johann Grüner hat die Baurschaft zu Unterort in jungen Jahren übernommen und sie so lange wie kein anderer geführt, nämlich beinahe 40 Jahre. Da möchte man meinen, dass sich die Lebensverhältnisse am Hof gebessert hätten; doch der Schein trügt, wie aus J. Grüners

Verlassenschaftsabhandlung

ersichtlich ist.

Johann Grüner an Johann Grüner

Vorgegangen beim K.K. Landgerichte Passeier

den 12. Juni 1844

Vor dem K.K. Landgerichtsaktuar Pichlmayr

Collatermassen

Gemäß Bericht vom 28. April d. Js.

starb am 17. März d. Js.

Johann Grüner

Bauer zu Unterort der Gemeinde St. Martin, 69 Jahre alt, ab intestato. Er hinterließ als Erben sein Eheweib und 9 mit ihr erzeugte Kinder als

1. Maria Grüner in Gfeis in Riffian im Dienste
2. Anna Grüner verehelichte Illmer beim Gattermayr in Schenna
3. Johann Grüner zu Hause
4. Agatha Grüner Diern in Riffian
5. Katharina Grüner Diern in St. Leonhard
Diese sind volljährig und anwesend
6. Joseph Grüner geb. 27.9.1820 wird heute volljährig erklärt
7. Peter Grüner geb. 2. Mai 1823
8. Magdalena Grüner geb. 8. Juni 1825
9. Gertraud Grüner geb. 16. Oktober 1827.

Für diese wurde bereits am 26. April d. Js. die Mutter Maria Pfitscher als Vormünderin und Peter Grüner Mangger als Mitvormund aufgestellt.

Zur Verlassenschaftsabhandlung wurde auf heute Tagsatzung angeordnet.

Vermögen

Laut gerichtlicher Inventur vom 26. April d. Js. Sind sämtliche lebende und tote Fahrnisse bewertet auf . . . 422 fl 52 kr.

An Barschaft sind vorhanden im Besitze des Sohnes Johann Grüner an der von Johann Gentili wegen einer Durchfahrt geleisteten Entschädigung . . .
38 fl. –

völlig

An Realitäten

I. Das durch Besitzvertrag vom 6. Juli 1804 erworbene Gut Unterort act. Cat. Zahl. 189 der Propstei St. Martin so aus folgenden Entien besteht:

a) die mit 270 bemerkte Feuer- und Futterbehausung samt Zugebäude und übrigen Ingebäuden nebst einem Backofen und besondern Stöckl.
b) Ein Krautgarten hinter dem Hause von 21 Klaftern[1].
c) Ein Acker aussend am Stadl gelegen von 1 Jauch[2] und 208 Klafter.
d) Ein Acker ober dem Hause gelegen von ½ Jauch und 115 Klafter
e) Eine Wiese ober dem Hause gelegen von ½ Tagmahd[3] und 13 Klafter.
f) Eine Wiese ober dem Acker von 8 Tagmahden.
Anmerkung: Gemäß Abhandlung der Anna Pichsner vom 12. Mai 1834 fol. 540 wurden aus dieser Wiese 20 Klafter an Johann Tschöll zu Oberort bereits im Jahre 1810 gegen die Waldung litt. J Cat. Z. 190 des Gutes Oberort in der Größe von 3 Morgen[4] vertauscht.
g) Etwas Galtwiesfeld um die von Rascheinbaurn Realitäten herum gelegen von 2 Tagmahd. Diese vorbeschriebenen Realitäten liegen in einem Einfange und grenzen 1. an die eigene Waldung und die Waldung des Joseph Gufler in Schatten, 2. an das Gut der Anna Schweigl zu Obereck, 3. an die Leitenwiese des Michael Öttl und 4. an die Schattnerguts Waldungen.
h) Eine Waldung mit Fichten und Lärchen besetzt, von 12 Morgen, grenzt 1. an den K … Holzlaas, 2. an die Oberortner Waldung, 3. an das eigene Galtmahd und 4. an die Schatten Guts Waldung.
i) Eine Waldung mit Fichten und Lärchen besetzt, von 2 Morgen, grenzt 1. an die Waldung des Michael Öttl, 2. an die Waldung des Andrä Holzknecht zu Leiten, 3. an die Waldung des Gutes Oberort und 4. an die Waldung des Joseph Öttl und Peter Schweigl zu Brugg.

k. Der halbe Teil der Mühlsgerechtigkeit aus den in der Leitner Etze stehenden Mit Nr. 271 ½ angezeichneten Hausmühl. Endlich gehört hierher die Waideney Gerechtsame mit den Nachbarn in deroselben, so wie dieselben in diesortigen Waldungen und anderen bestimmten Orten mit dem Vieh der Gebühr nach gemeinschaftlich zu genießen.

Diese Realitäten sind dem K.K. Rentenamte in Botzen als Pfandschaftsinhabender mit Grundrechten unterworfen und man gibt dahin jährlich um Martini 54 kr. Grundzins und 2 ½ Stücke Eyer und für Auf- und Abzug über den 4. Grad der Verwandtschaft vom ganzen Kaufschilling 7½ kr.

An Zehent gibt man jährlich 1/3 tl Star Roggen, 5 ¾ Metzen und Weizen 8 Maßl und dem Anton Waldner Zmailer in Schenna Roggen 2 Maßl und 1 Maßl Weizen. Dem Mesner in St. Martin ½ Maßl Rammelkorn.

Von litt. K. bezahlt man noch insbesondere 2 Maßl Rammelkorn.

Diese Realitäten wurden laut gerichtlicher Inventur bewertet auf … 1850 fl RW.

II. Laut Kauf vom 21 November 1818 aus dem Gute Oberort Cat. Zahl 197 aus dem Bergmahd litt. M. per 8 Tagmahd ungefähr der dritte Teil mit 2 Tagmahden 333 1/3 Klafter mit den nämlichen Grenzen und Wasserleitungsrechten, wie diese im allegierten Kaufe genau beschrieben sind.

Dieses Grundstück ist in der Pfandschaft Inhabenden mit Grundrechten unterworfen und man bezahlt hierfür 3 kr. Grundzins, dann das Teilzins mit von jedem 100 fl. des Kaufschillings betreffenden 1 kr., somit von der ursprünglichen Kaufsumme per 473 fl. 30 kr. Mit 4 ½ kr. samt der betreffenden ordinari Steuer per 3 kr.

Dieses Grundstück wurde laut der allegierten gerichtlichen Inventur bewertet auf 75 fl. RW.

Zusammenstellung des Vermögens

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darauf haften folgende

[...]


[1] Eine Klafter = 7,2 m²

[2] Ein Jauch = 1804 m²

[3] Ein Tagmahd = 2886 m²

[4] Ein Morgen = 2877 m²

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Unterort - Eine kleine Hof- und Familiengeschichte (1779-2009)
Autor
Jahr
2009
Seiten
44
Katalognummer
V154343
ISBN (eBook)
9783640677788
ISBN (Buch)
9783640677887
Dateigröße
9331 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterort, Eine, Hof-, Familiengeschichte
Arbeit zitieren
Dr. Veit Pamer (Autor:in), 2009, Unterort - Eine kleine Hof- und Familiengeschichte (1779-2009), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154343

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