Die Behandlung von Auschwitz als Stätte der Erinnerung impliziert bereits bekannte Fakten wie die industrielle Vernichtung von über einer Million Menschen, wobei die Vernichtung der Juden in heutigen Nachschlagewerken insbesondere hervorgehoben wird.
Das Konzentrationslager Auschwitz als Tat der Nationalsozialisten hervorzuheben, lässt einen weiträumigen Horizont der Betrachtung zu: Auschwitz symbolisiert hierbei den gesamten Vernichtungsapparat des Dritten Reiches unter dem Führer Adolf Hitler. In diese gerade allegorische Sichtweise inbegriffen sind damit auch alle anderen Konzentrations- und Vernichtungslager der Deutschen sowie die seit Mitte der 1930er organisierte Hetze gegen Minderheiten wie Polen und Juden. Symbol der Politik der Verfolgung und industriellen Ausrottung stellt aufgrund der hohen Zahl der Opfer eben dieses Lager Auschwitz dar. Ähnliche Anstalten wie Belzec und Chelmno erlangten bis heute keine vergleichbare 'Berühmtheit': „Auschwitz dient […] als Synonym für das Grauen des Völkermords, als Metapher von Schuld und Verstrickung im Bewußtsein [sic] der Deutschen“.
Ein zweites Problem, welches sich vor einer Bearbeitung des Themas stellt, ist die Vielfalt der Erinnerungskulturen in Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkrieges: nicht nur in kultureller Hinsicht begannen beide deutsche Staaten, die Bundesrepublik wie die Deutsche Demokratische Republik, eine Eigenart des Gedächtnisses gegenüber der Problematik Auschwitz zu entwickeln. Auch politisch, durch die verschiedentliche Ausrichtung der jeweiligen Staatsformen und -ziele bildeten sich schnell weitreichende Unterschiede in der Aufarbeitung der eigenen, der deutschen, Vergangenheit um Auschwitz.
Die Spannweite der Erinnerungskultur in Deutschland ist demnach überaus facettenreich. Durch verschiedene Auslegungen der Geschehnisse, durch neuere und ältere Deutungen sowie durch Vergessen und Geschichtsverfälschung entsteht ein für Deutschland sehr mannigfaches Bild einer Erinnerungskultur um Auschwitz.
Die vorliegende Arbeit hat die kritische Darlegung der seit 1945 herausgebildeten Bildern der Erinnerung zum Ziel. Jeweilige Eigenheiten und Kontroversen der vielgestaltigen Erinnerungslandschaft sollen darin hervorgehoben und hinterfragt werden. Gleichzeitig sollen auch die Schnittpunkte zeitlicher oder örtlicher Kontinuitäten der Erinnerungskultur in den Blick genommen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Abschnitt: 1945-1949
- II. Abschnitt: Betrachtungen zur DDR
- III. Abschnitt: Erinnerungskultur der BRD bis 1990
- 1. Das deutsche Gedächtnis 1945 bis zum Ende der 1950er Jahre
- 2. Versuche der Aufarbeitung der Geschehnisse 1958-1968 in Justiz und Literatur
- 3. Studentischer Aufbruch 1968
- 4. Holocaust (1979)
- 5. 1980er und 1990er Jahre
- 6. Historikerstreit
- IV. Abschnitt: Einblicke in die Kultur der Erinnerung um Auschwitz heute
- V. Abschnitt: Exkurs - Auschwitz im Blickfeld der Geschichtsforschung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der deutschen Erinnerung an das Konzentrationslager Auschwitz nach dem Zweiten Weltkrieg und untersucht die unterschiedlichen Gedächtniskulturen in der DDR und der BRD. Sie analysiert die vielfältigen Auslegungen des Geschehens, die Kontroversen der Erinnerungskultur und die zeitlichen oder örtlichen Kontinuitäten.
- Die Darstellung von Auschwitz als Erinnerungsort und als Tat der Nationalsozialisten
- Der Einfluss der unterschiedlichen politischen Systeme der DDR und der BRD auf die Erinnerungskultur
- Die Entwicklung der Erinnerungskultur in der BRD von den 1950er Jahren bis zum Historikerstreit von 1986
- Die Rolle der Geschichtsforschung in der Auseinandersetzung mit Auschwitz und dem Holocaust
- Die heutige Kultur der Erinnerung an Auschwitz
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Problemfeld der Auseinandersetzung mit Auschwitz als Erinnerungsort und Tat der Nationalsozialisten dar und beleuchtet die Vielfalt der Erinnerungskulturen in Deutschland. Kapitel I behandelt die Zeit von 1945 bis 1949, die Zeit der Befreiung Deutschlands und der Gründung der beiden deutschen Staaten. Kapitel II widmet sich der Erinnerungskultur der DDR. Kapitel III beleuchtet die Erinnerungskultur der BRD von 1945 bis 1990, wobei die Jahre bis zum Ende der 1950er Jahre, die Versuche der Aufarbeitung der Geschehnisse 1958-1968, der studentische Aufbruch von 1968, der Film Holocaust und die 1980er und 1990er Jahre sowie der Historikerstreit von 1986 behandelt werden. Kapitel IV gibt einen Einblick in die Kultur der Erinnerung um Auschwitz heute. Kapitel V beleuchtet die Erinnerungskultur der Geschichtsforschung zu Auschwitz und dem Holocaust.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie Erinnerungskultur, Auschwitz, Holocaust, Nationalsozialismus, DDR, BRD, Geschichtsforschung, Historikerstreit, Verdrängung, Aufarbeitung, Schuld und Gedächtnis.
- Arbeit zitieren
- Stefanie Zabel (Autor:in), 2010, Die Entwicklung der deutschen Erinnerung um das Konzentrationslager Auschwitz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154511