Betrachtet der Forscher die Verfassung an sich, bleibt ihm auch im Vergleich zu anderen präsidentiellen Regierungssystemen Lateinamerikas nur die Fest-stellung, dass es sich um ein relativ schwach ausgestattetes Präsidentenamt in Venezuela handelt. Auch die beiden Neuschöpfungen von Bürgerlicher- und Wahlgewalt sind aus demokratischer Sicht Zugewinne an Transparenz, Legiti-mation und Kontrolle der öffentlichen Institutionen sowie der Verfassung , im Rückschluss auf den politischen Einfluss des Präsidenten behindern sie ihn eher. Zusätzliche Kontrollen und Gewaltenverschränkung limitieren seine Handlungsfähigkeit und die Durchsetzung seiner politischen Agenda. Soweit die Theorie.
In der Praxis hat Chávez eine Bewegung der Armen, gesellschaftlich Benach-teiligten und Minderheiten mit politischer Langzeitvision gegründet: Die Alli-anz für den „Sozialismus des 21. Jahrhundert“. Er stellt als eine Art revolutio-närer Vorkämpfer sowohl innenpolitisch als auch international seine propagan-distischen Forderungen auf. Er will mit den Völkern des Subkontinents Latein-amerika einen Systemwechsel erreichen. Populistische Programmpunkte von Umverteilung und Verstaatlichung fehlen dabei nicht. Im Zuge dieser Vision schreckt er vor Verfassungsänderungen nicht zurück. Im Gegenteil, notfalls setzt Chávez sie ohne Parlament per Referendum durch. Der Präsident und andere öffentliche Amtsträger des Staates können mit Inkraftreten der Ände-rung uneingeschränkt wiedergewählt werden. Diese Entwicklung ist in höchs-tem Maße Ausdruck tatsächlicher präsidentieller Macht. Allein die Amtszeit-verlängerung per Referendum 2004 und die spätere tatsächliche Verfassungs-änderung, waren zuvor in keiner der alten Verfassungen vorgesehen. Das poli-tische Gewicht des Präsidenten in der Gesellschaft hat ihm zu einer Amtszeit von mehr als 21 Jahren gereicht und einen persönlich zugeschnittenen Macht-anspruch für die Zukunft sichergestellt...
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Fragestellung der Hausarbeit, Forschungsgegenstand
- 2. Kurzer historischer Exkurs zu Venezuelas Demokratisierung
- II. Verfassungsrechtliche Strukturen des Präsidentialismus in Venezuela
- 1. Übereinstimmung der verfassungsrechtlichen Strukturen in Venezuela mit der Definition des Präsidentialismus (Arbeitsergebnis Seminar)
- 2. Verfassungsrechtliche Vorprägung der Macht des Venezuelanischen Präsidenten im Verhältnis zum Parlament
- 3. Staatsorganisatorische Faktoren zur Stärkung und Schwächung der präsidentiellen Macht
- 4. Plebiszitäre Elemente in der Verfassung
- III. Potenzielle und tatsächliche Macht des Venezuelanischen Präsidenten im Politischen System
- 1. Einflussfaktoren des politischen Systems auf die Machtposition des Präsidenten
- 2. Indikatorenausprägung tatsächlicher präsidialer Macht
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert den Präsidentialismus in Venezuela, indem sie die verfassungsrechtlichen Strukturen und die tatsächliche Macht des Präsidenten untersucht. Sie setzt sich zum Ziel, die Entwicklung der Demokratie in Venezuela zu beleuchten, die Macht des Präsidenten im Verhältnis zum Parlament zu erforschen und die Faktoren zu identifizieren, die die Macht des Präsidenten stärken oder schwächen.
- Verfassungsrechtliche Strukturen des Präsidentialismus in Venezuela
- Macht des Präsidenten im Verhältnis zum Parlament
- Einflussfaktoren des politischen Systems auf die Machtposition des Präsidenten
- Faktoren, die die Macht des Präsidenten stärken oder schwächen
- Die tatsächliche Macht des Präsidenten unter Berücksichtigung der Stärkepunkte und der verfassungsmäßig gegebenen Voraussetzungen
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung stellt den Forschungsstand und die Fragestellung der Arbeit zum Thema Präsidentialismus in Südamerika dar. Der Fokus liegt auf der Bolivarischen Republik Venezuela und ihrer demokratischen Entwicklung.
II. Verfassungsrechtliche Strukturen des Präsidentialismus in Venezuela
Dieses Kapitel analysiert die verfassungsrechtlichen Strukturen des Präsidentialismus in Venezuela und untersucht, wie diese die Macht des Präsidenten im Verhältnis zum Parlament prägen. Die Arbeit beleuchtet die Rolle des Präsidenten im Verfassungsgeschehen und die Bedeutung bestimmter Titel, Kapitel und Einzelartikel der Verfassung.
III. Potenzielle und tatsächliche Macht des Venezuelanischen Präsidenten im Politischen System
Dieses Kapitel analysiert die tatsächliche Macht des Präsidenten unter Berücksichtigung der verfassungsmäßigen Grundvoraussetzungen. Es untersucht, wie sich die politische Macht des Präsidenten unter Bezugnahme auf seine persönliche Politik im Rahmen der verfassungsmäßigen Grundvoraussetzungen entfaltet.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokus-Themen der Arbeit sind: Präsidentialismus, Venezuela, Hugo Chávez, Verfassung, Parlament, Macht, Demokratie, Politik, Einflussfaktoren, politische System, Stärkepunkte.
- Quote paper
- Stefan Hein (Author), 2009, Präsidentialismus in Venezuela, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154563