Rechtsformneutralität stellt nach überwiegender Meinung im Schrifttum eine Ausprägung der Forderung nach Gleichmäßigkeit der Besteuerung dar. Ökonomisch gesehen ist diese Forderung dann erfüllt, wenn der wirtschaftliche Erfolg unabhängig von der Rechtsformwahl besteuert wird. Als Teilaspekt der Entscheidungsneutralität ist Rechtsformneutralität unter den Gesichtspunkten Kosten-, Produktions- und Planungseffizienz sowie Ressourcenallokation neben der Finanzierungs- und Investitions-neutralität für die Besteuerung als wünschenswert anzusehen, denn eine rechtsformabhängige Besteuerung verkompliziert das Steuerrecht und verursacht vermeidbare Kosten. Rechtlich gesehen ist eine rechtsformneutrale Besteuerung dagegen umstritten. Auf Basis der Gleichmäßigkeit der Besteuerung lässt sie sich einerseits aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes des Grundgesetzes ableiten. Zudem stellt die Rechtsform an sich kein sachgerechtes Differenzierungskriterium unterschiedlich hoher Steuerlasten dar. Wird die horizontale Gerechtigkeit jedoch anhand der Frage nach der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit von unterschiedlichen Rechtsformen diskutieren, lässt sich aufgrund von Vollhaftung, beschränkter Haftung und damit verbundenen Unsicherheiten rechtsformabhängige Besteuerung aber begründen. Es ist denkbar, dass sich der Gesetzgeber bei der Unternehmensteuerreform 2008 auf diese Argumentation beruft. Denn die Reform hat das ursprünglich geplante Ziel der Rechtsform- und Finanzierungsneutralität klar verfehlt und trägt mit dem Verzicht darauf und mit der damit verbundenen Vergrößerung der Belastungsunterschiede zwischen den Rechtsformen dazu bei, dass die Frage nach der „richtigen“ Rechtsform weiterhin ein zentraler Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Beratung und der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre bleibt.
In Kapital 2 wird zunächst der Begriff der Rechtsformneutralität sowie dessen ökonomische Bedeutung näher betrachtet und eine Einordnung in die Neutralitätspostulate vorgenommen. In Kapitel 3 wird die Rechtsformneutralität in Verbindung mit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gesetzt und die Zweifel betreffend der wirt-schaftlichen Gleichwertigkeit verschiedener Rechtsformen diskutiert, sowie Ausgestaltungsmöglichkeiten einer rechtsformneutralen Besteuerung betrachtet. Kapitel 4 soll einen Überblick über die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Rechtsformneutralität zeigen. Abschließend werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Die Rechtsformneutralität als bekanntestes und unklarstes Neutralitätspostulat
- Der Begriff der Rechtsformneutralität und dessen Bedeutung
- Einordnung der Rechtsformneutralität in das Postulat der Entscheidungsneutralität
- Rechtsformneutralität und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung
- Rechtsformneutrale Besteuerung unter dem Aspekt der Gerechtigkeit
- Wirtschaftliche Gleichwertigkeit verschiedener Rechtsformen
- Ausgestaltungsmöglichkeiten einer rechtsformneutralen Besteuerung
- Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Rechtsformneutralität
- Ergebnis
- Die Rechtsformneutralität als bekanntestes und unklarstes Neutralitätspostulat
- Der Begriff der Rechtsformneutralität und dessen Bedeutung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der Frage der Rechtsformneutralität in der deutschen Besteuerung. Sie analysiert den Begriff der Rechtsformneutralität und dessen ökonomische Bedeutung, untersucht die Verbindung zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung und diskutiert die Herausforderungen der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit verschiedener Rechtsformen. Weiterhin werden die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Rechtsformneutralität beleuchtet.
- Der Begriff und die Bedeutung der Rechtsformneutralität
- Die Beziehung zwischen Rechtsformneutralität und Gleichmäßigkeit der Besteuerung
- Die wirtschaftliche Gleichwertigkeit verschiedener Rechtsformen
- Ausgestaltungsmöglichkeiten einer rechtsformneutralen Besteuerung
- Die Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Rechtsformneutralität
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Problemstellung der Rechtsformneutralität ein. Es wird die lange Tradition dieser Forderung im deutschen Steuerrecht und die Zielsetzung der Unternehmensteuerreform 2008 beleuchtet. Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Begriff und der Bedeutung der Rechtsformneutralität sowie deren Einordnung in die Neutralitätspostulate. Das dritte Kapitel untersucht die Verbindung der Rechtsformneutralität mit dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und setzt sich mit der Frage der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit verschiedener Rechtsformen auseinander. Es werden außerdem Ausgestaltungsmöglichkeiten einer rechtsformneutralen Besteuerung diskutiert.
Schlüsselwörter
Rechtsformneutralität, Unternehmensteuerreform, Besteuerung, Gleichmäßigkeit der Besteuerung, wirtschaftliche Gleichwertigkeit, Entscheidungsneutralität, Unternehmenssteuerrecht, Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften.
- Arbeit zitieren
- Bastian Schlenker (Autor:in), 2010, Rechtsformneutralität der Besteuerung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154584