1. Einleitung
In der Germanistik hat der Simplicissimus Teutsch „[s]eit seiner Wiederentdeckung im Zuge des romantischen Interesses an zerlesenen Volksbüchern […] die verschiedensten Interpretationen gefunden“ . So wurde der Roman beispielsweise „als Darstellung des Dreißigjährigen Krieges“ im Sinne eines „Antikriegsroman“ gedeutet, oder der „Einfluß der sieben chaldäischen Planeten“ auf Simplicius wird in einer „astrologisch-alchemistische[n]“ Ansatz beschrieben. Andere Interpretatoren verstehen den Simplicissimus Teutsch als Schelmenroman oder rücken ihn in die Nähe des Bildungsromans. Darüber hinaus bietet der Untertitel des Werkes dem Leser einen Anstoß für eine weitere Lesart, indem er suggeriert, dass es sich bei dem vorliegenden Werk um eine Biographie handele: „Die Beschreibung deß Lebens eines seltzamen Vaganten / genant Melchior Sternfels von Fuchshaim / wo und welcher gestalt Er nemlich in diese Welt / was er darinn gesehen / gelernt / erfahren und außgestanden / auch warumb er solche wieder freywillig quittirt.“ Dass Versuche unternommen wurden, Grimmelshausens Simplicissimus Teutsch als Autobiographie zu verstehen, nimmt somit nicht wunder.
Gemäß „Könneckes Archivforschungen“ , welche den Lebensweg des Dichters nachzeichnen, scheinen einige Ereignisse im Leben Simplicius durchaus auf reale Erlebnisse aus dem Leben des Dichters zurückzuverweisen; für den gesamten Roman lässt sich eine solche Lesart indes nicht aufrecht erhalten. Gleichwohl sind gewisse Parallelen zwischen Grimmelshausen und seinem Protagonisten nicht von der Hand zu weisen, denn – wie das „emblematisch angelegt[e]“ Titelkupfer in seiner Funktion als Vorwort – deutlich signalisiert, lässt der Autor seinen Helden die verschiedensten Kostüme überstreifen: Simplicius erscheint unter der Feder seines Schöpfers als eine unbeständige, sich stetig wandelnde Figur, die „so mancherlei Masken annimmt, abwirft und anderen herabreißt“ , was völlig im Einklang mit der „barocken Welttheater-Vorstellung“ steht. Die Vita des Autors ist von einem nicht minder ausgeprägten Wankelmut gekennzeichnet, denn schließlich sind „[f]ast alle Schriften Grimmelshausens […] unter Pseudonymen erschienen, die er dazu auch noch ständig wechselte, um seine Identität zu verbergen bzw. zu verrätseln“ . Seine Werke signierte er häufig mit diversen anagrammatischen Anordnungen der Buchstaben seines Namens...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Wandlungen des Simplicissimus
- Kindheit als Dasein in Unwissenheit
- Die Belehrung durch den Einsiedel
- „Eintritt“ in die Welt
- Das Auf und Ab des „Sündenwegs“
- Vom „Reuterjungen“ zum Jäger von Soest
- Gefangenschaft in Lippstadt
- Reisetätigkeiten
- Gewissensbisse
- Versuch einer „Abkehr“ von der Welt
- Die „Abkehr“ von der Welt
- Das Auf und Ab des „Sündenwegs“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, die verschiedenen Wandlungen des Protagonisten Simplicius im Roman „Simplicissimus Teutsch“ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen nachzuzeichnen. Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung des Protagonisten vom naiven Kind, das im Unwissen lebt, zu einem Menschen, der durch die Unterweisung eines Einsiedlers Einblicke in die Welt und die Lehre des Christentums erhält.
- Die Entwicklung des Simplicius vom Unwissenden zum Christlichen
- Die Rolle des Einsiedlers als geistiger Mentor
- Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges auf den Simplicius
- Die Auseinandersetzung mit der Welt und die Suche nach dem „rechten Weg“
- Die Wandlung des Simplicius von der „Bestia“ zum „Menschen“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beschäftigt sich mit der Interpretation des Simplicissimus Teutsch und den verschiedenen Lesarten des Romans. Es wird auf die biographischen Parallelen zwischen dem Autor Grimmelshausen und seinem Protagonisten Simplicius hingewiesen, sowie auf die Verwendung von Pseudonymen und Maskierungen durch Grimmelshausen.
Das Kapitel „Kindheit als Dasein in Unwissenheit“ beleuchtet die kindliche Naivität des Simplicius und seine Unkenntnis der Welt. Seine Rolle als „Bestia“ im Sinne der damaligen Zeit, die den wahren Menschen erst durch christliche Unterweisung definiert, wird deutlich.
Im Kapitel „Die Belehrung durch den Einsiedel“ erfährt der Simplicius durch die Unterweisung eines Einsiedlers wichtige Erkenntnisse über die Welt und die christliche Lehre. Dieser Einsiedler wird zu seinem geistigen Mentor und führt ihn in die Welt des Glaubens ein.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokusthemen des Textes sind: Simplicissimus Teutsch, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, Barockliteratur, Bildungsroman, Schelmenroman, Dreißigjähriger Krieg, Christentum, Einsiedler, Naivität, Erkenntnis, „Bestia“, „Menschen“, Wandlung, „Sündenweg“, „Abkehr“ von der Welt.
- Arbeit zitieren
- Johannes Werner (Autor:in), 2009, Die Wandlungen des Simplicissimus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154599