1959 prägte André Laurendeau den Begriff Joual als „[...] le parler des écoliers canadiens-français [...], parler joual, c’est précisément dire jouall au lieu de cheval.“ Diese Hausarbeit handelt von dieser für viele zunächst befremdlich anmutenden Varietät des nordamerikanischen Französisch, welches von vielen Franzosen auch abschätzig als „français rustique“ bezeichnet wird.
Der konkrete Gegenstand dieser Hausarbeit ist eine Annäherung an das Joual als Phänomen des frankophonen Sprachgebietes in und um Montreal, wobei der Schwerpunkt meiner Betrachtungen zunächst auf der Problematik von Normierungsversuchen des français québécois liegen wird, weil diese Diskussion mit derjenigen über den Stellenwert des Joual eng verzahnt ist. In einem nächsten Schritt werde ich mich mit der Entstehung und den Merkmalen des Joual als einer impliziten Norm des français québécois befassen und abschließend die Bedeutung dieser „variation de la langue française normative“ für die soziokulturelle Identität der Québécois diskutieren. Mein zentrales Anliegen besteht darin, zu zeigen, dass das Joual mehr ist als ‚schlechtes Französisch’ oder eine Sprache „contaminée par l’anglais“, als das es das Office de la langue française au Canada stigmatisiert. In dieser Seminararbeit möchte ich den Stellenwert des Joual und die damit verbundene Frage nach der kulturellen Identität der frankophonen Bevölkerungsteile Kanadas diskutieren, verbunden mit einer Darstellung der gesellschaftspolitischen und linguistischen Diskussionen der 60er und 70er Jahren in Québec.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Das Problem der Norm des français québécois
- 1.1 Die explizite Norm: Kanadische Tradition und der Purismus des Office de la langue française
- 1.2 Die implizite Norm und Register des français québécois
- 2. Das Joual
- 2.1 Entstehung des Joual
- 2.2 Merkmale und Gestalt des Joual
- 2.2.1 Phonetische/phonologische Merkmale
- 2.2.2 Lexik des Joual
- 2.3 Auf der Suche nach kultureller Identität: Das Joual und die Révolution tranquille
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Phänomen des Joual, einer umgangssprachlichen Varietät des kanadischen Französisch, und analysiert seine Bedeutung für die sprachliche und kulturelle Identität der Québécois. Sie beleuchtet die Problematik der Normierungsversuche des français québécois und die Rolle des Joual als implizite Norm.
- Die Problematik der Norm des französischen in Québec und der Einfluss des Office de la langue française.
- Die Entstehung und Entwicklung des Joual als implizite Norm des français québécois.
- Die Bedeutung des Joual für die soziokulturelle Identität der Québécois.
- Die Auseinandersetzung mit der Stigmatisierung des Joual als „schlechtes Französisch“.
- Die Frage nach der kulturellen Autonomie der Québécois im Kontext der Sprachentwicklung.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Joual als ein eigenständiges Phänomen des kanadischen Französisch vor und erläutert den Kontext der Arbeit. Sie diskutiert die verschiedenen Definitionen des Begriffs Joual und betont die Bedeutung des Themas für die frankophone Bevölkerung Kanadas. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Problem der Sprachnorm des français québécois. Es beleuchtet die Bemühungen des Office de la langue française, eine explizite Norm für das kanadische Französisch zu etablieren, und analysiert die Auswirkungen dieser Politik auf die Sprechgewohnheiten der Québécois. Das zweite Kapitel widmet sich dem Joual als einer impliziten Norm des français québécois. Es untersucht die Entstehung des Joual im Kontext der soziokulturellen Entwicklung Kanadas und analysiert seine sprachlichen Merkmale. Besondere Aufmerksamkeit wird den phonetischen und lexikalischen Eigenheiten des Joual gewidmet.
Schlüsselwörter
Französisch, Kanada, Québec, Joual, Sprachnorm, Normierungsversuche, Sprachpurismus, implizite Norm, kulturelle Identität, soziokulturelle Entwicklung, Anglizismen, Revolution tranquille.
- Quote paper
- Bastian Wiesemann (Author), 2005, Über das Problem der Sprachnorm und den Status des Joual in Québec, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154811