Zu den bekanntesten Vertretern der sowjetischen Dorfprosa zählt Valentin G. Rasputin. Eines
seiner wichtigsten Werke ist die Povest‘ (Novelle, auch: Kurzroman) „Prošcanie s Matëroj“
(Abschied von Matjora). Nach ihrer Veröffentlichung Mitte der siebziger Jahre verursachte sie
unter den Kritikern heftige Diskussionen über ihre künstlerische Struktur, Symbolik und
Ideengehalt und nicht zuletzt über ihre Botschaft. Sogar die deutschen Übersetzungen von
Elena Panzig und Alexander Kämpfe waren umstritten.
Thema Rasputins ist die Modernisierung (in Russland) und die damit verbundenen geistigen
Schwierigkeiten. Seine Novelle setzt in der Übergangsjahreszeit des Frühlings ein und endet
wiederum in einer anderen Jahreszeit des Übergangs, im Herbst. - Mittlerweile bezeichnet man
in den Medien häufig, mitunter nicht ohne einen verächtlichen, schadenfrohen Unterton,
Russland als ein „industrialisiertes Entwicklungsland“. Es ist ein Staat, der sich seit nunmehr
annähernd einem Jahrhundert müht, den Durchbruch zur Moderne vollständig zu vollziehen.
Seit dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts befindet er sich also in einer
Übergangsepoche. Das sozialistische Experiment hat diesen Charakter nur verstärkt. Das
scheint nicht nur eine Tatsache aus westlicher Sicht zu sein; Davon wurde auch in der
Sowjetunion des 20. Jahrhunderts selbst zur Genüge gesprochen: am Anfang des Jahrhunderts
eine Übergangsphase zur konstitutionellen Monarchie (nicht erreicht), der Übergangs-
Schwebezustand zwischen den beiden Revolutionen des Jahres 1917, die NEP (Neue
Ökonomische Politik) als Übergangsvehikel zum Sozialismus, der Sozialismus als
„Zwischenstufe“ zur kommunistischen Gesellschaft, die Perestrojka-Übergangsjahre zur „freien
Marktwirtschaft“. Das zuletzt genannte Ziel ist ebenfalls längst nicht erreicht. Das
Entwicklungsland Russland modernisiert sich also auf mehr oder weniger drastische Weise
allmählich. Alle westlichen Industriestaaten haben eine ähnliche Phase ihrer Entwicklung
absolviert. In ihnen allen hat es die Sorge gegeben, wichtige ethische Werte während dieses
Transformationsprozesses einzubüßen. Zwar ist diese Transformation in Westeuropa
weitgehend vollzogen, deshalb hat aber der Disput beziehungsweise ein gewisses Bedauern
darüber nicht aufgehört, was man bei der rasanten Entwicklung verloren habe. Neuerdings
erreicht dieser Diskurs im Westen geradezu Modecharakter. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Einleitung:,,Abschied von Matjora\" - Die Povest
- 2. Verwendung und Bedeutung mythologischer Motive
- 2.1. Zur mythischen/mythologischen Ebene des Novellentextes
- 2.2. Der Inselherr
- 2.3. Der Königslärch
- 2.4. Andere mythologische Motive
- 3. Schlussfolgerungen auf die Autorenmeinung
- Literaturverzeichnis
- Anmerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit untersucht die mythische Ausweitung des ästhetischen Programms in Valentin Rasputins Povest "Prošcanie s Matëroj" (Abschied von Matjora). Die Arbeit beleuchtet die Verwendung und Bedeutung mythologischer Motive in der künstlerischen Struktur der Novelle und untersucht, wie diese Motive zur Darstellung des Konflikts zwischen Tradition und Moderne beitragen.
- Die Rolle mythologischer Motive in der Darstellung der Beziehung zwischen Mensch und Natur
- Die Bedeutung des Inselherrn und des Königslärches als mythische Figuren
- Die Verbindung von Tradition und Moderne in der Povest
- Die Kritik an der Modernisierung und deren Folgen für das russische Dorf
- Die Bedeutung der Kontinuität der Generationen und des Verlusts von Heimat
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt die Povest "Abschied von Matjora" ein und stellt den Kontext der russischen Dorfprosa in den 60er und 70er Jahren vor. Kapitel 2 untersucht die Verwendung und Bedeutung mythologischer Motive in der Novelle, wobei der Fokus auf den Inselherrn und den Königslärch als zentrale Figuren liegt. Die Analyse beleuchtet, wie diese Motive zur Veranschaulichung der Beziehung zwischen Mensch und Natur, der Tradition und der Modernisierung beitragen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit der russischen Dorfprosa, Valentin Rasputins Povest "Prošcanie s Matëroj", mythologischen Motiven, Tradition und Moderne, Heimat, Natur, Konflikt, Modernisierung, Verlust, Kontinuität der Generationen.
- Arbeit zitieren
- Harms Mentzel (Autor:in), 1997, Die Figuren des "chozjain ostrova" und des "carskij listven" in der künstlerischen Struktur der Povest': "Proscanie s Materoj", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15482